He's just a boy that has lost his way - die Diskographie von Thin Lizzy (akt. Nightlife)

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Porcupine
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Re: He's just a boy that has lost his way - die Diskographie von Thin Lizzy (akt. Debüt)

Beitrag von Porcupine »

Thunderforce hat geschrieben: 30.11.2022 08:11 Ich finde das irgendwie total spannend, dass Du Thin Lizzy als Deine Lieblingsband bezeichnest, aber mit ihren frühen Alben so gut wie gar nicht vertraut bist.
Ich find's nachvollziehbar, die ersten drei Rush Alben hab ich auch noch nie komplett gehört. :D
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Re: He's just a boy that has lost his way - die Diskographie von Thin Lizzy

Beitrag von M.o.D. »

costaweidner hat geschrieben: 26.11.2022 14:04
Das gute alte DEI-Krankheitsthema. :D
Ich hatte letztes Jahr mal einen eingewachsenen Nagel und daraus resultierend einen entzündeten Zeh und bin viel zu spät zum Arzt, weswegen die Scheiße natürlich gebrezelt hat wie Sau. Die haben das dann ambulant operiert, dann wars ein halbes Jahr oder so gut und dann sah es aus als ginge das wieder los. Es hieß dann, ein kleiner Teil wäre da nicht erwischt worden, also mussten sie das im Mai nochmal machen. Da war der Eingriff dann so albern schmerzhaft, dass ich im Anschluss daran in Ohnmacht gefallen bin und in der Arztpraxis mit mir selbst eine Blumenvase zerdeppert habe. *LOL*
Vor einigen Wochen sah es dann leider erneut danach aus. Hab mir also mal eine andere Praxis gesucht und mir gestern noch mal in größerem Umfang den Zeh aufsäbeln lassen. Die Ärztin nannte es "die große Hafenrundfahrt". *huld* Also das war echt inklusive Nähen und so. Mit dem Verband komm ich nun in keinen richtigen Schuh rein und die Scheiße tut halt weh wie nix Heilihes, aber ich hoffe, nach diesem Mal ist es gegessen.
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Re: He's just a boy that has lost his way - die Diskographie von Thin Lizzy (akt. Debüt)

Beitrag von Thunderforce »

Apparition hat geschrieben: 30.11.2022 09:36 EDIT: Das Paradebeispiel sind eigentlich Kraftwerk. Die haben ja nichts unversucht gelassen, ihre Krautrock-Alben aus dem kollektiven Gedächtnis zu verbannen. Bis heute gibt es die weder zu kaufen noch auf Streamingplattformen.
Stimmt.
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Re: He's just a boy that has lost his way - die Diskographie von Thin Lizzy (akt. Debüt)

Beitrag von costa »

MetalEschi hat geschrieben: 30.11.2022 09:49
NegatroN hat geschrieben: 30.11.2022 09:16 Tatsächlich ist mir erst durch den Thread hier bewusst geworden, dass die Band vor Fighting schon Alben veröffentlicht hat. Ich hatte die irgendwie als Debüt abgespeichert und auch hier jetzt zum ersten Mal bewusst einen Ton von dem gehört, was sie davor gemacht haben.
Auf den beiden Live-Alben sind ja Songs der Alben davor.
Das stimmt natürlich. Aber auch nur von Album 3 und 4.
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Re: He's just a boy that has lost his way - die Diskographie von Thin Lizzy (akt. Debüt)

Beitrag von NegatroN »

MetalEschi hat geschrieben: 30.11.2022 09:49
NegatroN hat geschrieben: 30.11.2022 09:16 Tatsächlich ist mir erst durch den Thread hier bewusst geworden, dass die Band vor Fighting schon Alben veröffentlicht hat. Ich hatte die irgendwie als Debüt abgespeichert und auch hier jetzt zum ersten Mal bewusst einen Ton von dem gehört, was sie davor gemacht haben.
Auf den beiden Live-Alben sind ja Songs der Alben davor.
Ich kenne nur Live & Dangerous und finde es auch generell nicht ungewöhnlich, wenn sich auf Livealben Songs befinden, die auf keinem Studioalbum drauf sind. Gerade bei Bands aus den 70ern.

Insgesamt hab ich mich aber tatsächlich aus irgendeinem Grund nie wirklich intensiv mit Thin Lizzy als Band auseinandergesetzt, obwohl ich ihre Musik liebe und verehre. Aber ich hab da wirklich sehr wenig Hintergrundwissen.
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Re: He's just a boy that has lost his way - die Diskographie von Thin Lizzy (akt. Debüt)

Beitrag von tigerarmy »

Apparition hat geschrieben: 30.11.2022 09:35
Rotstift hat geschrieben: 30.11.2022 08:47 Alle TL-Liebhaber die ich kenne handhaben das genau so wie Costa, mich eingeschlossen.
Mich auch. Vermutlich ist das die 70er-Band mit der längsten Zündschnur. Deep Purple behandeln ihre ersten drei Alben ähnlich stiefmütterlich, aber das liegt auch daran, dass auf denen Ian Gillan noch nicht dabei war. Immerhin hatten die schon auf dem Debüt einen Hit mit "Hush".
DP sind mir in der Diskussion tatsächlich auch als erstes eingefallen, genau wie die genannten Rush.
Bei DP mag ich die ersten drei aber tatsächlich sehr gerne und insbesondere Book of Taliesyn habe ich eine Zeit lang sehr intensiv gehört.
Die ersten drei Rush wirklich sehr selten und die ersten TL bisher tatsächlich noch überhaupt gar nie. Das werde ich aber wie gesagt im Rahmen dieses Threads dann auch mal ändern :)
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Re: He's just a boy that has lost his way - die Diskographie von Thin Lizzy (akt. Debüt)

Beitrag von Schnabelrock »

NegatroN hat geschrieben: 30.11.2022 10:25 die auf keinem Studioalbum drauf sind. Gerade bei Bands aus den 70ern.
Das fabelhafte ARE YOU READY - das btw. Eröffnungssong einer jeden Liveband bei einem jeden Konzert hier und immerdar sein sollte - gibt es gar nicht aus dem Studio.
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Re: He's just a boy that has lost his way - die Diskographie von Thin Lizzy (akt. Debüt)

Beitrag von costa »

Schnabelrock hat geschrieben: 30.11.2022 14:50
NegatroN hat geschrieben: 30.11.2022 10:25 die auf keinem Studioalbum drauf sind. Gerade bei Bands aus den 70ern.
Das fabelhafte ARE YOU READY - das btw. Eröffnungssong einer jeden Liveband bei einem jeden Konzert hier und immerdar sein sollte - gibt es gar nicht aus dem Studio.
Und wenn mich nicht alles täuscht, ist Baby Drives Me Crazy doch auch auf keinem Album.
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Re: He's just a boy that has lost his way - die Diskographie von Thin Lizzy (akt. Debüt)

Beitrag von Schnabelrock »

Hm, den hatte ich für mich bisher immer im Nebel der frühen VÖ vermutet. Kann aber gut sein, dass er da auch nicht ist. Das gefällt mir an 70er Sachen auch oft. Neue Songs wurden live gespielt, andere Songs wurden live gespielt oder bekannte Songs wurden anders gebracht usw.
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Re: He's just a boy that has lost his way - die Diskographie von Thin Lizzy (akt. Debüt)

Beitrag von MetalEschi »

Schnabelrock hat geschrieben: 30.11.2022 15:58 Hm, den hatte ich für mich bisher immer im Nebel der frühen VÖ vermutet. Kann aber gut sein, dass er da auch nicht ist. Das gefällt mir an 70er Sachen auch oft. Neue Songs wurden live gespielt, andere Songs wurden live gespielt oder bekannte Songs wurden anders gebracht usw.
Zb 25 Minuten Dazed and Confused. :nerv:
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Re: He's just a boy that has lost his way - die Diskographie von Thin Lizzy (akt. Debüt)

Beitrag von Schnabelrock »

Ja, war nicht immer alles super. Aber dafür gab es auch Sternstunden (z. B. bei Peter Frampton), die für Längen entschädigt haben. Ich finds besser als eine Best of wie von Platte abzurappeln und am besten noch mit Zuspielungen von der Festplatte. Wo der Drummer schon mit Click einsteigen muss, damit aufgenommene Vorabparts und Livezutaten nicht im Tempo auseinanderlaufen.
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Re: He's just a boy that has lost his way - die Diskographie von Thin Lizzy (akt. Debüt)

Beitrag von MetalEschi »

Schnabelrock hat geschrieben: 30.11.2022 17:33 Ja, war nicht immer alles super. Aber dafür gab es auch Sternstunden (z. B. bei Peter Frampton), die für Längen entschädigt haben. Ich finds besser als eine Best of wie von Platte abzurappeln und am besten noch mit Zuspielungen von der Festplatte. Wo der Drummer schon mit Click einsteigen muss, damit aufgenommene Vorabparts und Livezutaten nicht im Tempo auseinanderlaufen.
Das stimmt natürlich. Da fallen mir ein paar Bands ein, bei denen das ganz mies war. Eagles zB wo man auch direkt die Studioplatte auflegen und nach jedem Lied klatschen kann.

Gibt allerdings auch ein paar 70s-Bands, von denen ich im Grunde fast nur Live-Alben auflege. Grateful Dead, Allman Brothers...
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Re: He's just a boy that has lost his way - die Diskographie von Thin Lizzy (akt. Debüt)

Beitrag von Schnabelrock »

MetalEschi hat geschrieben: 30.11.2022 17:37
Schnabelrock hat geschrieben: 30.11.2022 17:33 Ja, war nicht immer alles super. Aber dafür gab es auch Sternstunden (z. B. bei Peter Frampton), die für Längen entschädigt haben. Ich finds besser als eine Best of wie von Platte abzurappeln und am besten noch mit Zuspielungen von der Festplatte. Wo der Drummer schon mit Click einsteigen muss, damit aufgenommene Vorabparts und Livezutaten nicht im Tempo auseinanderlaufen.
Das stimmt natürlich. Da fallen mir ein paar Bands ein, bei denen das ganz mies war. Eagles zB wo man auch direkt die Studioplatte auflegen und nach jedem Lied klatschen kann.
Ich liebe die Eagles und war 3x live da. Aber ja, ein bisschen weniger Perfektion und deutlich mehr Interaktion würde ich sofort befürworten.
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Re: He's just a boy that has lost his way - die Diskographie von Thin Lizzy (akt. Debüt)

Beitrag von tigerarmy »

jetzt habe ich mir eben mal das Debüt angehört.
Also, ich sag mal so: verpasst hatte ich bisher nichts :D

Der Opener ist so schlimm, wer hat denn da damals beim Anhören im Plattenladen überhaupt bis zum Zweiten Song durchgehalten?
Das kann man doch nicht bringen und ich frag mich für was ein Produzent und eine Plattenfirma da sind, die so eine Entscheidung noch mittragen *verzweifel
Struktur und Songwriting ist wirklich nur in Ansätzen zu erkennen. Highlight ist vermutlich wirklich "Eire". Aber auch das ist alles andere als ein Klassiker. MF/KD höre ich hier nicht, aber an irgendwas erinnert es mich auch... ich komm aber nicht drauf.

Einige gute Ansätze sind schon zu erkennen. Aber auch hier wäre ein fähiger Produzent notwendig gewesen, um das alles in etwas songdienlichere Form zu gießen.
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Re: He's just a boy that has lost his way - die Diskographie von Thin Lizzy (akt. Debüt)

Beitrag von costa »

SHADES OF A BLUE ORPHANAGE (1972)

1. The Rise and Dear Demise of the Funky Nomadic Tribes (7:06)
2. Buffalo Gal (5:30)
3. I Don't Want to Forget How to Jive (1:46)
4. Sarah (2:59)
5. Brought Down (4:19)
6. Baby Face (3:27)
7. Chatting Today (4:19)
8. Call the Police (3:37)
9. Shades of a Blue Orphanage (7:06)

TOTAL PLAYING TIME: 40:09


Cover

Ein knappes Jahr nach dem Debütalbum "Thin Lizzy" hatte das Trio Lynott, Downey und Bell den Nachfolger eingespielt, der im März 1972 erschien. So richtig viel geschissen bekommen hatten sie seitdem wohl nicht, es lief mäßig. Kurz vor Release des Debüts waren Thin Lizzy komplett nach London übergesiedelt, wo sie Anfang 1971 das Debütalbum aufgenommen hatten, aber auch da war augenscheinlich nicht so recht Fuß zu fassen. Im August 1971 war noch eine EP namens "New Day" erschienen, die sich auch eher so gar nicht verkaufte. Weiß der Teufel wieso also, aber Decca Records erklärten sich bereit, ein zweites Album für die Band zu finanzieren - ebenjenes "Shades of a Blue Orphanage". Der Titel des Albums ist eine Zusammensetzung von vorherigen Bands der Mitglieder. Orphanage, bei denen Lynott und Downey zugange waren, hatte ich ja schon mal erwähnt, Eric Bell hatte neben seiner Zeit in der letzten Them-Inkarnation mit Van Morrison augenscheinlich auch in einer Band namens Shades of Blue gespielt.

Eins vorab: Ich habe ein bis zwei Songs von dem Album grob im Ohr und auch als einigermaßen gut in Erinnerung. Der Rest ist, glaube ich, diesmal ziemlicher Käse. :D Ich werde dem Ganzen sicher irgendwas abgewinnen gleich im Review, aber ich bin eben auch der Lynott-Fanboy, der ich bin.

Die Songs:
THE RISE AND DEAR DEMISE OF THE FUNKY NOMADIC TRIBES
Der Titel alleine schon, ey. Man darf sich durchaus fragen, was die Gesellen damals geritten hat. Jedenfalls beginnt das zweite Lizzy-Album erst mal mit einem zünftigen Drum-Intro. Und zünftig ist es echt, denn es dauert geschlagene 40 Sekunden. Dann setzen Bell und Lynott mit einem erstaunlich dissonanten Riff ein, das (klar, das kann man nur retrospektiv so sehen) ein bisschen die weniger melodischen Parts von Sachen wie 'Emerald' vorwegnimmt, nur ist es im Vergleich schon arger Salat. Vor allem hat das Intro nichts mit dem zu tun, was danach kommt. Dann geht's entsprechend des Titels nämlich mit Funk weiter. Wie beim Debüt schon angesprochen, den Einfluss hatten Thin Lizzy auch später noch, aber einfach mit sehr viel mehr Songwriting-Talent. Vor allem der Chorus ist hier erschreckend schwach, beziehungsweise eigentlich nicht mal als solcher zu erkennen. Wenn ich das mal mit einem späteren Funk-beeinflussten Lizzy-Song wie 'Johnny the Fox Meets Jimmy the Weed' vergleiche, ist das hier tatsächlich eher gar nix. Zumal der andere halt auch nicht sieben Minuten geht. Einsames Highlight ist hier das Gitarrensolo von Eric Bell, das zwar ewig geht, worauf ich ja normal nicht so stehe, aber Zeit hat der Song ja. Danach geht es dann wieder in einen relativ seltsam dissonanten Part, der an das Intro gemahnt und ziemlich an die Nerven zehrt. Ich meine, Lizzy waren nie eine Progband und ob sieben Minuten einen Longtrack konstatieren, kann man vermutlich diskutieren, aber das gemahnt schon ein bisschen an das, was Rush auf "Caress of Steel" verzapfen. Nicht stilistisch natürlich, sondern eher, weil man schnell den Eindruck gewinnt, dass eine Band da einigermaßen grundlos zwei Songs in einen packt, aber keinen Dunst hat, wie man das verbinden soll. Rush haben das später gelernt und Thin Lizzy halt drauf geschissen und Studioalben abgeliefert, die stilistisch so breitgefächert waren, dass sie klangen wie Sampler. :D Immer waren die Lieder in sich aber stimmig dann. Aber was für eine Quarkidee von einem Opener schon wieder. Denn nicht nur beginnt der Song de facto mit einem Drumsolo, er endet auch mit einem. Gute Güte. Bei den schlechtesten Songs der Band definitiv weit vorne, kann man nicht anders sagen.

BUFFALO GAL
Die ersten zehn Sekunden sind maximaler Unsinn, weil Phil einfach nur in nervenzerfetzendem Rhythmus "Buffalo" ruft. *LOL* Was haben die da geraucht, ey. Tatsächlich ist das aber eins der Lieder, die ich durchaus kenne und auch mag. Das ist ein sehr schöner, entspannter Song (von dem hanebüchenen Intro mal abgesehen), etwas verträumt, melancholisch, romantisch. Sowas konnte Lynott schon immer schreiben, auch wenn er es später natürlich besser gemacht hat. Vor allem konnte er sowas aber schon immer singen. Auffällig ist der einigermaßen krumme Rhythmus, den sie da immer vor der Strophe spielen. Und auch die Strophe selbst ist zwar ein 4/4-Takt, aber irgendwie komm ich nicht ganz hinter das Drumming. Downey hat zwar immer spannend Schlagzeug gespielt, aber solche Sperenzchen haben sie sich später geschenkt und eher auf Songdienlichkeit gesetzt und die Kabinettstückchen an den Instrumenten (insbesondere Bass und Schlagzeug) waren dann etwas subtiler. 'Buffalo Gal' ist ein bisschen zu lang, irgendwie verlieren sie zwischendrin mal ein bisschen den Faden, aber die eigentliche Songbestandteile - Strophe, Bridge und Chorus - sind wirklich toll. Hätten sie später kompakter hinbekommen.

I DON'T WANT TO FORGET HOW TO JIVE
Bisschen soulig, bisschen Rock'n'Roll, inklusive Piano. Ist stilistisch eher so gar nicht mein Jam und besonders mitreißend lösen sie es auch nicht. Zumal Phil hier sehr anders singt als sonst, erstens klingt er sehr in den Hintergrund gemischt und zweitens versucht er, tiefer zu singen, als er konnte, glaube ich. Eher egale Nummer, aber ist halt ein Experiment - dafür mit unter zwei Minuten kurz.

SARAH
Den Song darf man nun nicht mit dem gleichnamigen Song vom Album "Black Rose" verwechseln. Anders als Whitesnake oder so haben Lizzy nicht den gleichen Song noch mal aufgenommen, sondern es sind tatsächlich verschiedene Lieder gleichen Namens, jeweils für unterschiedliche Personen in Lynotts Leben geschrieben - dieser hier für seine Großmutter, die ihn ja mitaufgezogen hat, der spätere dann für seine Tochter. Aber da sind wir noch lange nicht.
'Sarah' darf man kitschig finden (den späteren ganz besonders), aber tatsächlich ist es einfach eine schöne Ballade, bei der man - bilde ich mir zumindest ein - man Lynotts irischen Akzent etwas raushört, was nicht in vielen Songs der Band der Fall ist. Der Song ist durchgehend ruhig gehalten, Drums gibt es keine, in erster Linie zwei (glaube ich) Akustikgitarren und ein bisschen Klavier. Schöne Nummer, brennt sich von den Melodien her nicht wahnsinnig ein, aber ist trotzdem wirklich, wirklich gut. Und vor allem ist das auch gutes Songwriting hier, was ja nicht selbstverständlich ist.

BROUGHT DOWN
Auch 'Brought Down' beginnt mit Akustikgitarren, über die sich melancholischer, wenn nicht gar trauriger Gesang legt. Tatsächlich sind die ruhigen Momente klar die Stärke der Band auf "Shades of a Blue Orphanage". Hier geht's allerdings nach einer Minute dann doch mit Drums und so weiter los, aber ein Donnerwetter bleibt aus. Stattdessen spielen sie eine langsame Nummer und Lynott erzählt hörbar eine Geschichte - hier jetzt auch schön in der ersten Person, obwohl es mitnichten um ihn selbst geht. Sprich: Eine der ganz großen Charakteristiken seiner Texte ist dann jetzt auch da. In 'Remembering' vom Debüt versucht er IMO etwas Ähnliches, aber das hier fühlt sich wie ein richtig klassischer Lynott-Text an und auch der Song schielt schon erstaunlich in die Zukunft, IMO vor allem in Richtung der beiden 1976er-Alben, auch wenn das natürlich Quatsch ist. Vor allem fiedelt sich Eric Bell im Alleingang einen ab, wie es dann später seine Nachfolger gerne im Doppel getan haben. Wenn ich an 'Brought Down' irgendetwas auszusetzen habe, dann, dass es zwischendrin ein irgendwie unpassendes und windschiefes Riff gibt, das ein bisschen die melancholische Stimmung vergurkt. Dennoch sehr guter Song.

BABY FACE
Die B-Seite beginnt mit dieser Rockmusik, von der immer alle reden. Das ist eine Sorte Song und Rhythmus, die sie auch später noch gerne hatten, insbesondere lustigerweise in den späten 70ern, als sie auch deutlich härter wurden. Hier kommt das sicherlich daher, dass eben der zweite Gitarrist zum Rumfiedel fehlt, ergo wird eben nach vorne gerockt - wobei man in einigen Parts auch deutlich eine zweite Gitarrenspur hört, aber nur um Akzente zu setzen. Tatsächlich wage ich zu behaupten, dass man Thin Lizzy hier als sie selbst erkennen könnte, auch wenn Lynott nicht singen würde. 'Baby Face' ist kein besonderes Highlight, aber ein paar Passagen nehmen spätere Songwriting-Eigenschaften schon voraus. Hier kann ich auch mal erwähnen, dass Phil Lynott alle Songs auf dem Album selbst geschrieben hat, mit Ausnahme des chaotischen Opener, für den alle drei Bandmitglieder Credits haben.

CHATTING TODAY
Auch hier sind wieder klar zwei Gitarren zu hören, allerdings beide unverzerrt. Später, als es tatsächlich zwei Gitarristen gab, haben sie das öfter mal gemacht, eine Gitarre unverzerrt zu lassen, insbesondere auf "Nightlife" und "Fighting", allerdings waren das oft eher Zweite-Reihe-Nummern, die es eher nicht auf die Live-Alben geschafft haben beispielsweise. 'Chatting Today' kommt nicht so richtig vom Fleck, was auch daran liegt, dass es außer Gitarre und Gesang gar nix zu hören gibt, obwohl das Stück einigermaßen beschwingt daherkommt oder kommen soll. Das Lied basiert sehr eindeutig auf einer Grundidee - flotte Akkorde auf der Gitarre, dazu ein bisschen Sologefaddel und Lynott singt - und das ist keine schlechte, aber über vier Minuten hält die Spannung leider nicht. Wie ziemlich viele Lieder auf dem Album fadet auch der hier aus, relativ grundlos.

CALL THE POLICE
Hier wird's wieder rockiger, diesmal allerdings ohne besonders nach der Band zu klingen, die am Werk ist. Das ist ziemlich typischer 70er-Rock, nur erkenne zumindest ich hier schon einige typische Downey-Drumfiguren wieder, die es später zum Beispiel in Zeug wie 'Sha La La' geschafft haben. Weiter oben habe ich ja angesprochen, dass Lynott in der ersten Person was zurechtgeschrieben hat. Hier erwähnt er stattdessen einen Namen, der später in vielen Texten sein Alter Ego sein sollte und zwar IMO zum ersten Mal: Johnny. Bekannt zum Beispiel aus 'Johnny' (ja, ach?). Wenn ich nicht ganz doof bin, heißt genau deshalb (also nicht wegen dem Song hier, sondern weil Phil das eben öfter gemacht hat) 'Johnny Boy' von Gary Moore genau so, weil er den ja Lynott gewidmet hat, der zu diesem Zeitpunkt bereits verstorben war. 'Call the Police' selbst ist aber ziemlich unspektakulär und eher zurecht in Vergessenheit geraten.

SHADES OF A BLUE ORPHANAGE
"Shades of a Blue Orphanage" endet mit dem Titelsong, der wie schon der Opener über sieben Minuten lang ist. Statt völlig konfus geht es hier verträumt und melancholisch los und mit irgendeiner Sorte Keyboard- beziehungsweise Orgel-Sound versehen. Rock ist das nur am Rande, aber es bewahrheitet sich einmal mehr, dass aus irgendeinem Grund die ruhigen Stücke auf diesem Album sehr viel besser funktionieren als die rockigen. Das liegt meiner Ansicht nach daran, dass Lynott für solche leicht tragischen und traurigen Songs einfach schon immer ein Händchen hatte, während Thin Lizzy als Rockband hier noch wirklich nicht wussten, wo sie eigentlich hinwollen und was der ganze Behuf werden soll. Hier wirkt es auch so, als wäre Lynott textlich beeinflusst worden von Menschen, die er persönlich kannte. Das heißt es generell über das Album, aber hier, finde ich, kommt das am Ehesten raus. Zwischendrin setzt eine Mundharmonika ziemlich schöne Akzente. Sehr sicher einer der besten Songs des Albums. Ob der jetzt tatsächlich sieben Minuten lang sein muss, darf man sicherlich diskutieren, aber ich finde nicht, dass er sich zieht - im Gegensatz zu dieser hanebüchenen Veranstaltung zum Albumbeginn.

Fazit: Auch das Zweitwerk war beim besten Willen kein großer Wurf. Zudem hatten es Thin Lizzy zum zweiten Mal in Folge geschafft, ein Album wirklich möglichst umständlich und ungünstig zu beginnen. Ich finde es schwer zu sagen, ob ich das hier oder das Debüt besser finde. Letztlich sind die guten Songs auf "Shades of a Blue Orphanage" besser als noch auf "Thin Lizzy", die nicht so guten sind dafür aber auch schlechter. Interessant ist das vor allem für Fans und wenn es teils nur ist, um nachzuhören, wo einige Trademarks der Band bereits subtil ihren Anfang gefunden haben.

Wenig überraschend verkaufte sich auch das zweite Album nicht so wirklich gut. Das führte im Anschluss zu ein paar bizarren Geschichten, auf die ich dann beim nächsten Review eingehen werde. Was allerdings kurz nach der Veröffentlich passieren sollte, war einer der schicksalsträchtigsten Momente in der Karriere von Thin Lizzy - und zwar die Veröffentlichung eines Songs, den man bei anderen Bands wohl Fluch und Segen zugleich nennen würde, mit dem aber zumindest Phil Lynott wohl nie so recht seinen Frieden gemacht hat und der dieser Band bis heute nachhängt, obwohl sie seit fast 40 Jahren aufgelöst ist. Und ich will auch nie wieder mit irgendwem darüber reden müssen, der sowieso keine Ahnung hat. :D Was ich meine, dürfte den meisten klar sein, wie es dazu kam und was das alles sollte, folgt dann allerdings demnächst in diesem Lichtspielhaus.

Drei Tipps zum Antesten:

Sarah: Brought Down: Shades of a Blue Orphanage:
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