Sportswashing

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NegatroN
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Re: Sportswashing

Beitrag von NegatroN »

Hyronimus hat geschrieben: 26.11.2022 13:54während sich genau diese Organisationen dann von Schurkenstaaten am Nasenring durch die Arena ziehen lassen, wenn Olympia und Fußball-WM dort stattfinden
Ist das so? Themen wie der Bier-Streit, die die Verbände wirklich ärgern, weil es einen Konflikt mit den Sponsoren gibt, sind in meiner Wahrnehmung eher die Ausnahme. Unter den Aspekten, den die FIFA interessieren - also Geld und Verfestigung der Machtstrukturen - dürfte Qatar bislang genau so ein Erfolg sein wie die Turniere davor.
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Hyronimus
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Re: Sportswashing

Beitrag von Hyronimus »

NegatroN hat geschrieben: 26.11.2022 14:05
Hyronimus hat geschrieben: 26.11.2022 13:54während sich genau diese Organisationen dann von Schurkenstaaten am Nasenring durch die Arena ziehen lassen, wenn Olympia und Fußball-WM dort stattfinden
Ist das so? Themen wie der Bier-Streit, die die Verbände wirklich ärgern, weil es einen Konflikt mit den Sponsoren gibt, sind in meiner Wahrnehmung eher die Ausnahme. Unter den Aspekten, den die FIFA interessieren - also Geld und Verfestigung der Machtstrukturen - dürfte Qatar bislang genau so ein Erfolg sein wie die Turniere davor.
Solange es der FIFA (und da v.a. den Funktionären) nicht die Milliardeneinnahmen wegkürzt, dürfte ihr alles andere ziemlich wurscht sein, das stimmt. Und solange die Kohle stimmt, kann man beim Auflagenkatalog auch mal an der ein oder anderen Stelle ein Auge zudrücken. Wobei ich in dem Punkt das Gefühl habe, dass das IOC noch einen Tacken schlimmer als die FIFA ist.
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monochrom
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Re: Sportswashing

Beitrag von monochrom »

NegatroN hat geschrieben: 26.11.2022 12:47
monochrom hat geschrieben: 26.11.2022 12:27Bei dem zweiten Punkt würde ich entschieden widersprechen. Die meisten Menschen hatten keinen Schimmer, wie Arbeit in den Golfstaaten funktioniert. Das Wissen darum, dass die (körperliche) Arbeit dort komplett gruselig organisiert ist, hat sich sicherlich stark verbreitet. Das Image von Katar in der Welt dürfte sich in den westlichen (und einigen anderen) Ländern deutlich verschlechtert haben. Auch Politiker und Wirtschaftsleute dürften eher vorsichtiger mit diesem Land umgehen, weil sie ahnen, dass Katar für einige Zeit mit "ziemlich gruselig" besetzt ist. Und den anderen Staaten war es vorher alles egal, und ist es jetzt immer noch.
Auf Deutschland mag das zutreffen. Aber anderswo? Ich hab zu den Spielen jetzt ein paar Berichte zu Portugal und Spanien gelesen. Das ist die ganze Kritik an Qatar so gut wie gar kein Theme, weder in den Medien noch bei den Fans. Da geht es nur um den Fußball.
Tatsächlich gehören Süd- und Osteuropa traditionell zu den Regionen, wo man die Empörung über Sport- oder Kulturveranstaltungen nicht teilt. Da interessiert das Thema generell nicht, aber auch da sehe ich keinen Sportswashing-Erfolg. Vielleicht muss da überhaupt erst ein Bewusstsein für solche Fragen entstehen.
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metalbart
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Re: Sportswashing

Beitrag von metalbart »

bei Quatar kommt eben alles zusammen. Neben den Menschenrechtsverletzungen auch die komplett ungünstige Ansetzung im Winter in ein Land ohne Fußballtradition.
Da waren Rusland und China schon andere Kaliber bei aller Kritik.
Hätte man die WM beispielsweise nach Ägypten, Marokko oder Tunesien gegeben wäre die Atmosphäre schon ganz anders. Ob dann ebenfalls so über LGBTQ Rechte gesprochen worden wäre?
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Schnabelrock
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Re: Sportswashing

Beitrag von Schnabelrock »

monochrom hat geschrieben: 26.11.2022 11:30 "Hmm, in diesem schlimmen Rechtenichtbeachterstaat fahren die Leute aber äußerst gewandt mit Autos auf Rundkursen, dass Land mag ich deshalb ab jetzt mehr." ...
Nein, ich denke in Wirklichkeit fällt so gut wie niemand auf dieses seltsame Konzept namens Sportswashing herein. Womit dann das gesamte Konzept eigentlich weg kann.
Eine Frage: Kennst Du RB Leipzig?
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monochrom
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Re: Sportswashing

Beitrag von monochrom »

Also, Katar hat eine Fußballtradition. Das kann man ihnen nun wirklich nicht absprechen.

Den Punkt finde ich aber auch uninteressant. Insgesamt erwarten wir da aber auch einfach zu viel vom Sport. Leistungssport war im Beginn ganz sicher vor allem eine Domäne der Reaktion. Turnen und Leichtathletik oder Rudern sicherlich noch mehr als Fußball, aber auch da war es nicht toll. Seit den Anfängen wurden große Sportereignisse immer auch in Autokratien vergeben. Die einigende, progressive Idee wahr immer schon bestenfalls ein: „Hier kommen junge Leute aus der ganzen Welt zusammen, um Leibesübungen zu machen.“

Und wenn da alle Länder mitmachen dürfen, also nicht nur feine Demokratien, finden die Großveranstaltungen halt auch öfter mal in den undemokratischen Ländern statt. Das ist ja eine Selbstverständlichkeit. Wie sähe denn auch die Alternative aus? 30-40 bessere Länder treten aus allen Sportverbänden aus, und erfreuen sich dann an ihren Turnieren des Anstands? Wird die Welt davon besser? Ich vermute sehr stark, dass dem nicht so ist.

Katar ist ein höchst unangenehmer Gastgeber. Momentan würde ich ihn auf Rang vier der blödesten Gastgeber einordnen, nach Italien 34, Argentinien 78 und Russland 18.
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Re: Sportswashing

Beitrag von monochrom »

Schnabelrock hat geschrieben: 26.11.2022 15:24
monochrom hat geschrieben: 26.11.2022 11:30 "Hmm, in diesem schlimmen Rechtenichtbeachterstaat fahren die Leute aber äußerst gewandt mit Autos auf Rundkursen, dass Land mag ich deshalb ab jetzt mehr." ...
Nein, ich denke in Wirklichkeit fällt so gut wie niemand auf dieses seltsame Konzept namens Sportswashing herein. Womit dann das gesamte Konzept eigentlich weg kann.
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Ich glaube nicht, dass es zielführende für die Diskussion ist, wenn man jetzt Firmen mit in die Gleichung nimmt. Red Bull tritt ja nicht die Menschenrechte mit Füßen.
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Re: Sportswashing

Beitrag von Rivers »

MetalEschi hat geschrieben: 26.11.2022 13:47
Rivers hat geschrieben: 26.11.2022 13:29 Für die FIFA bdeutet das ganze wohl auch, Demokratie, Freiheit und fußballerische Moral in die Länder zu tragen.
Für die FIFA bedeutet es, mehr Umsatz zu generieren durch eine größere Reichweite.
Klar. Und auch da hat Qatar wahrscheinlich die Schallmauer durchbrochen. Wie überhaupt die Doppelvergabe damals. Doppeltes Geld an "einem Tag".
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Re: Sportswashing

Beitrag von Rivers »

monochrom hat geschrieben: 26.11.2022 15:33 Wie sähe denn auch die Alternative aus? 30-40 bessere Länder treten aus allen Sportverbänden aus, und erfreuen sich dann an ihren Turnieren des Anstands? Wird die Welt davon besser? Ich vermute sehr stark, dass dem nicht so ist.
Es würde ja nichts am Prinzip ändern. Es ist ja die Frage, ob Qatar das Problem ist oder die FIFA, die halt - mit der UEFA oder Frankreich und anderen Ländern - irgendwas mit der Vergabe bezwecken wollte. Wenn alle austreten und eine FIFA2 gründen, dann hast Du vielleicht keine faireren Vergaben. Die FIFA hat halt die Spitze der Korruption erreicht, aber man müsste wohl schon was am Grundprinzip ändern: Weniger Mannschaften, weniger Aufwand, weniger Preise, weniger Preisgelder. Eine WM aus 16 Teilnehmern? Dann geht das auch wieder in Deutschland. Aber was ist mit dem Rest? Zusätzlich eine WM der zweiten Reihe dazu, die weltweite Europe League sozusagen?
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Re: Sportswashing

Beitrag von NegatroN »

monochrom hat geschrieben: 26.11.2022 15:33 Also, Katar hat eine Fußballtradition. Das kann man ihnen nun wirklich nicht absprechen.

Den Punkt finde ich aber auch uninteressant. Insgesamt erwarten wir da aber auch einfach zu viel vom Sport. Leistungssport war im Beginn ganz sicher vor allem eine Domäne der Reaktion. Turnen und Leichtathletik oder Rudern sicherlich noch mehr als Fußball, aber auch da war es nicht toll. Seit den Anfängen wurden große Sportereignisse immer auch in Autokratien vergeben. Die einigende, progressive Idee wahr immer schon bestenfalls ein: „Hier kommen junge Leute aus der ganzen Welt zusammen, um Leibesübungen zu machen.“

Und wenn da alle Länder mitmachen dürfen, also nicht nur feine Demokratien, finden die Großveranstaltungen halt auch öfter mal in den undemokratischen Ländern statt. Das ist ja eine Selbstverständlichkeit. Wie sähe denn auch die Alternative aus? 30-40 bessere Länder treten aus allen Sportverbänden aus, und erfreuen sich dann an ihren Turnieren des Anstands? Wird die Welt davon besser? Ich vermute sehr stark, dass dem nicht so ist.

Katar ist ein höchst unangenehmer Gastgeber. Momentan würde ich ihn auf Rang vier der blödesten Gastgeber einordnen, nach Italien 34, Argentinien 78 und Russland 18.
Der Konflikt ist im Grunde derselbe, den wir überall in internationalen Beziehungen haben. Wir sind nicht alleine auf der Welt, also müssen wir uns irgendwie zu anderen verhalten. Wir könnten alle komplett boykottieren, die unsere Werte nicht teilen. Aber das ist weder realistisch, noch sinnvoll. Weder bekommen wir dann globale Probleme gelöst oder zumindest geregelt noch würden wir selber funktionieren noch würde dadurch irgendwas in anderen Ländern besser. Eine gewisse Art von Zusammenarbeit brauchen wir also und ab dem Punkt werden wir immer wieder in Widersprüche kommen, die sich ultimativ nicht auflösen lassen, sondern Konflikt bleiben werden.

Beim Sport ist allerdings aus meiner Sicht das Thema, dass die Diskrepanz ja in erster Linie nicht von außen kommt, sondern vor allem von den Verbänden selber gemacht ist. Sie selber treten ja angeblich für Werte ein, die ihnen in der Praxis im Zweifel dann eben doch nicht so wichtig sind. Da kommt das Problem ja her. So ist es ja auch bei dem Thema mit Deutschland und der Kapitänsbinde. Es gab ja keine explizite Forderung aus der Gesellschaft an die Mannschaft, dort politisch zu agieren. Sondern es waren DFB und Kapitän, die sich hingestellt und mit breiter Brust erklärt haben, sie werden "auf alle Fälle die One Love Binde tragen", weil sie für Werte stehen. Und dann kam die Realität, in der der sportliche Erfolg eben doch über diesen Werten steht.

Das ist vielleicht auch gar nicht schlimm. Aber man sollte ehrlich gegenüber sich selber und der Gesellschaft sein. Dann könnte man eine Debatte darüber führen, wie man damit umgehen will. So bleibt das alles verlogen. Von allen Beteiligten.
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Re: Sportswashing

Beitrag von Schnabelrock »

monochrom hat geschrieben: 26.11.2022 15:42 Ich glaube nicht, dass es zielführende für die Diskussion ist, wenn man jetzt Firmen mit in die Gleichung nimmt. Red Bull tritt ja nicht die Menschenrechte mit Füßen.
Es zeigt mikro, wie und dass es funktioniert. Tatsächlich spielt dieser angebliche "Unverein" einen flotten, gepflegten Fussball, sie bauen den Verein umsichtig auf, und die Konkurrenz tut der Liga gut. Die Hysterie der woken Ultras und ultra Woken ist völlig plemplem.
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Re: Sportswashing

Beitrag von monochrom »

Rivers hat geschrieben: 26.11.2022 15:52
monochrom hat geschrieben: 26.11.2022 15:33 Wie sähe denn auch die Alternative aus? 30-40 bessere Länder treten aus allen Sportverbänden aus, und erfreuen sich dann an ihren Turnieren des Anstands? Wird die Welt davon besser? Ich vermute sehr stark, dass dem nicht so ist.
Es würde ja nichts am Prinzip ändern. Es ist ja die Frage, ob Qatar das Problem ist oder die FIFA, die halt - mit der UEFA oder Frankreich und anderen Ländern - irgendwas mit der Vergabe bezwecken wollte. Wenn alle austreten und eine FIFA2 gründen, dann hast Du vielleicht keine faireren Vergaben. Die FIFA hat halt die Spitze der Korruption erreicht, aber man müsste wohl schon was am Grundprinzip ändern: Weniger Mannschaften, weniger Aufwand, weniger Preise, weniger Preisgelder. Eine WM aus 16 Teilnehmern? Dann geht das auch wieder in Deutschland. Aber was ist mit dem Rest? Zusätzlich eine WM der zweiten Reihe dazu, die weltweite Europe League sozusagen?
Weniger Teilnehmer ist wohl utopisch, und für mich auch nicht das Problem. Ich wäre ja für weniger Riesenstadien, aber da bin ich wohl auch nicht mehrheitsfähig.
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Re: Sportswashing

Beitrag von LordVader »

Schnabelrock hat geschrieben: 26.11.2022 16:06
monochrom hat geschrieben: 26.11.2022 15:42 Ich glaube nicht, dass es zielführende für die Diskussion ist, wenn man jetzt Firmen mit in die Gleichung nimmt. Red Bull tritt ja nicht die Menschenrechte mit Füßen.
Es zeigt mikro, wie und dass es funktioniert. Tatsächlich spielt dieser angebliche "Unverein" einen flotten, gepflegten Fussball, sie bauen den Verein umsichtig auf, und die Konkurrenz tut der Liga gut. Die Hysterie der woken Ultras und ultra Woken ist völlig plemplem.
Das ist es eben. Die Mechanismen sind die selben. Und es demonstriert wie sehr das auf Dauer eben doch funktioniert.
Bei (zu) vielen ist RB inzwischen ein ganz normaler Fußballverein, und genauso wird Katar mehr zu einem „normalen Staat“. ist es nach innen eine enorme Machtdemonstration, aber halt auch den Nachbarn gegenüber und es normalisiert den Umgang miteinander weiter. Das diffundiert auch in Geschäftsbeziehungen hinein, da Binnenhafen mir sicher (habe aber keinerlei Belege, also bloße Meinung).

Das ist ja sogar nicht nur schlecht, denn durch normaleren Umgang werden auch in anderer Richtung „Werte“ vermittelt, natürlich geht es laaaaaangsam…
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Re: Sportswashing

Beitrag von monochrom »

NegatroN hat geschrieben: 26.11.2022 16:00
monochrom hat geschrieben: 26.11.2022 15:33 Also, Katar hat eine Fußballtradition. Das kann man ihnen nun wirklich nicht absprechen.

Den Punkt finde ich aber auch uninteressant. Insgesamt erwarten wir da aber auch einfach zu viel vom Sport. Leistungssport war im Beginn ganz sicher vor allem eine Domäne der Reaktion. Turnen und Leichtathletik oder Rudern sicherlich noch mehr als Fußball, aber auch da war es nicht toll. Seit den Anfängen wurden große Sportereignisse immer auch in Autokratien vergeben. Die einigende, progressive Idee wahr immer schon bestenfalls ein: „Hier kommen junge Leute aus der ganzen Welt zusammen, um Leibesübungen zu machen.“

Und wenn da alle Länder mitmachen dürfen, also nicht nur feine Demokratien, finden die Großveranstaltungen halt auch öfter mal in den undemokratischen Ländern statt. Das ist ja eine Selbstverständlichkeit. Wie sähe denn auch die Alternative aus? 30-40 bessere Länder treten aus allen Sportverbänden aus, und erfreuen sich dann an ihren Turnieren des Anstands? Wird die Welt davon besser? Ich vermute sehr stark, dass dem nicht so ist.

Katar ist ein höchst unangenehmer Gastgeber. Momentan würde ich ihn auf Rang vier der blödesten Gastgeber einordnen, nach Italien 34, Argentinien 78 und Russland 18.
Der Konflikt ist im Grunde derselbe, den wir überall in internationalen Beziehungen haben. Wir sind nicht alleine auf der Welt, also müssen wir uns irgendwie zu anderen verhalten. Wir könnten alle komplett boykottieren, die unsere Werte nicht teilen. Aber das ist weder realistisch, noch sinnvoll. Weder bekommen wir dann globale Probleme gelöst oder zumindest geregelt noch würden wir selber funktionieren noch würde dadurch irgendwas in anderen Ländern besser. Eine gewisse Art von Zusammenarbeit brauchen wir also und ab dem Punkt werden wir immer wieder in Widersprüche kommen, die sich ultimativ nicht auflösen lassen, sondern Konflikt bleiben werden.

Beim Sport ist allerdings aus meiner Sicht das Thema, dass die Diskrepanz ja in erster Linie nicht von außen kommt, sondern vor allem von den Verbänden selber gemacht ist. Sie selber treten ja angeblich für Werte ein, die ihnen in der Praxis im Zweifel dann eben doch nicht so wichtig sind. Da kommt das Problem ja her. So ist es ja auch bei dem Thema mit Deutschland und der Kapitänsbinde. Es gab ja keine explizite Forderung aus der Gesellschaft an die Mannschaft, dort politisch zu agieren. Sondern es waren DFB und Kapitän, die sich hingestellt und mit breiter Brust erklärt haben, sie werden "auf alle Fälle die One Love Binde tragen", weil sie für Werte stehen. Und dann kam die Realität, in der der sportliche Erfolg eben doch über diesen Werten steht.

Das ist vielleicht auch gar nicht schlimm. Aber man sollte ehrlich gegenüber sich selber und der Gesellschaft sein. Dann könnte man eine Debatte darüber führen, wie man damit umgehen will. So bleibt das alles verlogen. Von allen Beteiligten.
Komplette Zustimmung. Und freuen wir uns doch darüber, dass es heutzutage ein paar Verbände und immer mehr Sportler gibt, die überhaupt sowas wie Werte haben. Ich empfehle ansonsten eine Beschäftigung mit der deutschen Nationalmannschaft 78 in Argentinien. Kein Wert irgendwo in Sichtweite.
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Re: Sportswashing

Beitrag von monochrom »

LordVader hat geschrieben: 26.11.2022 16:39
Schnabelrock hat geschrieben: 26.11.2022 16:06
monochrom hat geschrieben: 26.11.2022 15:42 Ich glaube nicht, dass es zielführende für die Diskussion ist, wenn man jetzt Firmen mit in die Gleichung nimmt. Red Bull tritt ja nicht die Menschenrechte mit Füßen.
Es zeigt mikro, wie und dass es funktioniert. Tatsächlich spielt dieser angebliche "Unverein" einen flotten, gepflegten Fussball, sie bauen den Verein umsichtig auf, und die Konkurrenz tut der Liga gut. Die Hysterie der woken Ultras und ultra Woken ist völlig plemplem.
Das ist es eben. Die Mechanismen sind die selben. Und es demonstriert wie sehr das auf Dauer eben doch funktioniert.
Bei (zu) vielen ist RB inzwischen ein ganz normaler Fußballverein, und genauso wird Katar mehr zu einem „normalen Staat“. ist es nach innen eine enorme Machtdemonstration, aber halt auch den Nachbarn gegenüber und es normalisiert den Umgang miteinander weiter. Das diffundiert auch in Geschäftsbeziehungen hinein, da Binnenhafen mir sicher (habe aber keinerlei Belege, also bloße Meinung).

Das ist ja sogar nicht nur schlecht, denn durch normaleren Umgang werden auch in anderer Richtung „Werte“ vermittelt, natürlich geht es laaaaaangsam…
Sorry, aber ich finde Vergleiche zwischen RB Leipzig und Katar komplett abwegig.
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