When Shadows Grow Longer - Musik für die dunkle Jahreshälfte

Alles über Musik im Allgemeinen und ohne Bezug zu einem speziellen Genre
Benutzeravatar
MetalEschi
Stammposter
Stammposter
Beiträge: 12934
Registriert: 26.03.2004 00:21
Wohnort: Leicht nördlich vom Süden

When Shadows Grow Longer - Musik für die dunkle Jahreshälfte

Beitrag von MetalEschi »

Ich glaube, ich habe mal wieder Bock, ein bisschen Musik in Worte zu fassen. Bevor ich es ganz alleine für mich tue, habe ich mir gedacht, lasse ich euch gerne daran teilhaben. Spaß machen wird es mir ohnehin, und hier habe ich das Gefühl, dass die Sachen zumindest auch mal gelesen werden, auch wenn ich gar nicht immer das allergrößte Feedback erwarte. Wie ein guter Künstler ( :wink: ) mache ich das also in erster Linie für mich, und wenn noch ein paar Leute damit Freude haben, umso besser. :D

Lange Rede, kurzer Sinn, ein paar Worte zum Thema des Threads. Wer mich kennt weiß, dass ich immer meinen Unmut drüber auslasse, wenn der Sommer zu Ende geht, weil ich die warme und sonnige Jahreszeit der dunklen vorziehe. Dabei haben die Herbst- und Wintermonate etwas für sich: Viel Musik höre ich bevorzugt zu dieser Zeit, weil sie für mich die Stimmung der Jahreszeit sehr gut einfängt. So gesehen ist meine Sicht auf die kalten und dunklen Monate gar nicht so schlimm, wie sie manchmal rüberkommt, denn viele dieser Werke sind natürlich deutlich anspruchsvoller (bitte keine neue Diskussion, ich bitte euch), als der sonnige Glam und Glitter, der die Sommermonate bei mir in den Player wandert. Eine klare Zweiteilung gibt es bei mir natürlich nicht, einen Großteil meiner Musik höre ich unabhängig von der Jahreszeit. Dennoch gibt es eine deutliche Tendenz, dass Alben, zum Teil auch Künstler per se, in der Zeit von Oktober bis März deutlich öfter laufen als das andere halbe Jahr. Um diese Musik soll es hier gehen, dabei wird das keineswegs auf Rock und Metal beschränkt sein, zumal ich auch nicht unbedingt jeden anerkannten Klassiker, den hier eh jeder kennt, zum hundertsten Mal durchkauen will, es wird eher ein angegrautes Sammelsurium von Musikstilen sein, die ich in iregendeiner Form, durch Stimmung, Inhalt oder persönliches Erleben mit dieser Zeit verbinde. Santana und Toto werden es in diesen Thread also eher nicht schaffen, aber eine relativ breite Palette aus Black-, Death-, Doom oder anderem Düstermetal bietet sich natürlich genauso an, wie diverse andere Gothic-, Wave-, Ambient-Sachen, genauso wie mancher düsterer Folk oder Jazz- und Fusion-Zeugs.
Mein Wunsch: Wenn ihr wollt, macht einfach mit und werft eigene Ideen und Reviews oder was auch immer ein, die zum Thema passen. Das soll und muss hier keine One-Man-Show werden.

Ich freu mich drauf und werde in nächster Zeit und in bemerkenswerter Unregelmäßigkeit bald mal anfangen.
Sie lasen: Qualitätsposting von MetalEschi (c)2024
Benutzeravatar
costa
Stammposter
Stammposter
Beiträge: 31221
Registriert: 26.03.2004 00:21
Wohnort: The phone booth, it's the one across the hall
Kontaktdaten:

Re: When Shadows Grow Longer - Musik für die dunkle Jahreshälfte

Beitrag von costa »

Super Timing für den Thread. Ich hab eben beim Einkaufen mal wieder "Silver" von Jesu gehört und das ist ein absolutes Herbstwerk für mich. Eigentlich aber erst wenns auch so richtig nasskalt ist, aber geht auch jetzt schon.
How can I have disbelieved the wrong egg thing?

Letterboxd - My life in film.
Benutzeravatar
Thunderforce
Stammposter
Stammposter
Beiträge: 36472
Registriert: 26.03.2004 00:21
Wohnort: Bad Spänzer
Kontaktdaten:

Re: When Shadows Grow Longer - Musik für die dunkle Jahreshälfte

Beitrag von Thunderforce »

Jau, das wird prima. Bin gespannt und habe Bock. :)
If you twist, you fail. Twisting equals tears.
Musiksammlung | Letterboxd | Bandcamp
Benutzeravatar
Maedhros
Beiträge: 3295
Registriert: 26.03.2004 00:21
Wohnort: München

Re: When Shadows Grow Longer - Musik für die dunkle Jahreshälfte

Beitrag von Maedhros »

Find ich gut, mir geht's da ähnlich wie dir, dass es viel Musik gibt, die ich bevorzugt in der dunkleren, kälteren Jahreszeit höre.
Dazu passend gab's heute schon Dead Again und October Rust (vom Wetter war's heute ja schon Oktober) von Type 0 Negative um die Ohren.
Demnächst steht dann wohl wieder vermehrt Jethro Tull an, auch bevorzugt im Herbst bei mir.
"I hate Illinois Nazis"
Benutzeravatar
Dead_Guy
Beiträge: 4642
Registriert: 17.07.2021 21:25
Wohnort: Lemgo
Kontaktdaten:

Re: When Shadows Grow Longer - Musik für die dunkle Jahreshälfte

Beitrag von Dead_Guy »

Bin mega gehyptet, mal sehen ob ich was beitragen kann. Bis dahin beide Daumen nach oben.
Benutzeravatar
MetalEschi
Stammposter
Stammposter
Beiträge: 12934
Registriert: 26.03.2004 00:21
Wohnort: Leicht nördlich vom Süden

Re: When Shadows Grow Longer - Musik für die dunkle Jahreshälfte

Beitrag von MetalEschi »

Maedhros hat geschrieben: 17.09.2022 18:42 Find ich gut, mir geht's da ähnlich wie dir, dass es viel Musik gibt, die ich bevorzugt in der dunkleren, kälteren Jahreszeit höre.
Dazu passend gab's heute schon Dead Again und October Rust (vom Wetter war's heute ja schon Oktober) von Type 0 Negative um die Ohren.
Demnächst steht dann wohl wieder vermehrt Jethro Tull an, auch bevorzugt im Herbst bei mir.
Von JT gibt es tatsächlich mehrere Jahreszeit-Alben für mich. Einige wirken im Frühjahr besser, aber die Band hat auch einige Herbst- und Winterplatten. Könnte also durchaus sein, dass da was kommt.
Sie lasen: Qualitätsposting von MetalEschi (c)2024
Benutzeravatar
Apparition
Beiträge: 19790
Registriert: 26.03.2004 00:21
Wohnort: At the End of the Line

Re: When Shadows Grow Longer - Musik für die dunkle Jahreshälfte

Beitrag von Apparition »

Sehr gut. Ich denke da immer zuerst an Folk, was für mich aus irgendwelchen Gründen mit Herbst und Nebel verbunden ist. Vielleicht, weil ich ihn meistens dann am besten finde, wenn er ruhig und melancholisch ist. Und meistens englisch oder keltisch, weswegen die Assoziation zu einer kalten, vernebelten englischen Landschaft nicht weit ist.
That is delightful news for someone who cares.
Benutzeravatar
logos
Beiträge: 2472
Registriert: 26.03.2004 00:21
Wohnort: Printenhausen
Kontaktdaten:

Re: When Shadows Grow Longer - Musik für die dunkle Jahreshälfte

Beitrag von logos »

Wunderbar :) Wegen solcher Threads bin ich gerne hier.

Bekanntermaßen bin ich ein großer Freund von Herbst, seinen Farben, seinem Geruch und seiner befreienden Melancholie. Während ich das hier schreibe, genieße ich die umarmende Traurigkeit von Robert Smith (The Same Deep Water As You), während draußen der Regen auf's Dach prasselt. Üblicher Weise höre ich in dieser Zeit sehr viel klassische Musik (Mahler, Bruckner, usw.) und viel elektronische Musik. Gerne kann ich da mal was zu Schulze, TD oder diversen Ambient-Künstlern (z.B, 36, Rafael Anton Irisarri, etc.) schreiben, wenn gewünscht.

Und natürlich bedeutet Herbst für mich auch Marillion-Hochsaison, aber da gibt's ja schon genug Threads zu.
"Wenn man jemanden einfach so ohne Grund scheiße findet, sollte man vielleicht mal mit ihm reden. Oft findet man dann noch mehrere Gründe", Klaus K.
Benutzeravatar
MetalEschi
Stammposter
Stammposter
Beiträge: 12934
Registriert: 26.03.2004 00:21
Wohnort: Leicht nördlich vom Süden

Re: When Shadows Grow Longer - Musik für die dunkle Jahreshälfte

Beitrag von MetalEschi »

Nur zu, erwünscht ist alles was Spaß macht. Selbst die allseits bekannten Alben oder Künstler kann man ja mit Bezug auf das Threadthema nochmal aus einer neuen Perspektive betrachten.
Sie lasen: Qualitätsposting von MetalEschi (c)2024
Benutzeravatar
MetalEschi
Stammposter
Stammposter
Beiträge: 12934
Registriert: 26.03.2004 00:21
Wohnort: Leicht nördlich vom Süden

Re: When Shadows Grow Longer - Musik für die dunkle Jahreshälfte

Beitrag von MetalEschi »

Den Anfang unserer herbstlich-winterlichen Reise macht ein Mann, dessen Gesamtwerk ich noch gar nicht vollständig erschlossen habe, der für mich aber so sehr wie kaum ein anderer für so gut wie alles steht, was die herbstliche Stimmung ausmacht. Seine gewöhnungsbedürftige Stimme und sein brummeliger, hartkantiger Gesangsstil funktionieren nicht bei 30 Grad im Schatten, sondern sie braucht eine Umgebung, die sie so wirkt, wie seine Musik klingt. Die Rede ist vom großen Tom Waits, bei dem ich ein bei mir sehr seltenes Phänomen feststelle: Es gibt nur bestimmte Tage oder Phasen, an denen das alles mein Empfindungszentrum trifft. Dann aber so sehr, dass ich für diese Zeit kaum müde davon werde.

Tom Waits Musik klingt für mich also tatsächlich nach Herbst. Auf seinen frühen Jazz-Werken (evtl mit Ausnahme des noch recht klaren, weniger rauen Gesangs auf dem Debüt "Closing Time") inszeniert er sich als zweifelnden, manchmal auch verzweifelten Abtrünnigen, der des nachts in rauchigen, düsteren Spelunken den anderen Verlorenen sein Schicksal klagt. Das ist in seiner Konsequenz manchmal auch ermüdend, auf dem Quasi-Live-Doppelalbum "Nighthawks at the Diner" möchte man den offensichtlich betrunkenen (Kayfabe!) dauerklagenden Tom irgendwann vom Klavier wegtragen, und die Rauheit seines Gesangs gibt selbst den Balladen eine harte Kante. Highlight der Frühphase ist womöglich der eindringliche "Tom Traubert's Blues" vom "Small Change"-Album. Später, auf den karrieredefinierenden Highlights der 80er, die auch heute noch völlig aus der Zeit gefallen zu sein scheinen, untermalt ein breites Instrumentarium von Marimba bis zum Akkordeon sein deutlich variantenreicheres Wehklagen. "Swordfishtrombones" und vor Allem das übermächtige "Rain Dogs" klingen wie eine nächtliche Tour durchs herbstliche, verregnete New York, und in typischer Manier sind Toms Geschichten über die irgendwie vergessenen und einsamen Charaktere gleichwohl auch ein Spiegelbild seines eigenen Suchens. Höhepunkte sind wie so oft die eindringlichen Balladen, "In the Neighbourhood" oder "Time", deren authentischer Vortrag nicht immer in jedem Ton perfekt und keineswegs seelenschmeichelnd sind. Sie sind Ausbrüche von Emotion, konterkariert mit den zunächst seltsam anmutenden Varietes von Songs, denen man aber sich im Laufe der Zeit immer mehr abgewinnt.

Mit einem düsteren und schwermütigen Hybrid aus Americana, Jazz, Rock, hin und wieder sogar ein bisschen Punk setzt Tom Waits in späteren Jahren den Fokus immer mehr auf die neblig-distanzierte Stimmung und Atmosphäre seiner besten Songs. Hier finden sich dann auch die unterschätztesten Perlen seiner Discograhie, die Phase seiner Alben beginnend mit "Mule Variations" von 1999 über "Alice" und "Blood Money" (je 2002) sind möglicherweise die für diesen Thread passendsten Werke. Besonders "Alice", dessen Songs auf einem offenbar sehr seltsamen Theaterstück basieren mit seinem Fokus auf Toms große Stärke, seine episch-ergreifenden Balladen, fängt für mich die herbstliche Umgebung ein. Kaminfeuer, schmuddeliges Schaudern, pfeifender Wind, Kerzenlicht und der stets etwas grantlige, aber liebenswerte Onkel, der einen mit seinen Geschichten zwischen Realität und Utopie erschaudern und zugleich zu Haue fühlen lässt. Ein herrlicher, nachhallender Grusel legt sich da über den dunklen, leicht beleuchteten Raum.

Tom Waits Musik ist ein typisches Beispiel für Anmut in negativer Emotion: Traurigkeit, Verzweiflung, immer wieder auch Zuversicht werden in der richtigen Stimmung zu einem Ort des Wohlfühlens und Verstandenwerdens. Seine Alben sind das genaue Gegenteil von Sonne, Strand und langen Tagen und damit wie prädestiniert für dieses Thema. In den Momenten, in denen sein wehklagendes Raunen emotional mitnimmt, kann es das nicht nur einmal, sondern immer und immer wieder. Wie ein Buch, das man besonders wegen seiner Atmosphäre schätzt, und weil es den Gefühlen und Charakteren einen Raum gibt, für die man eigentlich nie Zeit hat, wenn es nicht dunkel genug ist.

Ein paar Hörproben, falls jemand nicht suchen mag:
Sie lasen: Qualitätsposting von MetalEschi (c)2024
Benutzeravatar
Thunderforce
Stammposter
Stammposter
Beiträge: 36472
Registriert: 26.03.2004 00:21
Wohnort: Bad Spänzer
Kontaktdaten:

Re: When Shadows Grow Longer - Musik für die dunkle Jahreshälfte

Beitrag von Thunderforce »

Mit Tom Waits kenne ich mich sehr wenig bis gar nicht aus, darum kann ich da erstmal wenig zu sagen.
Ich sag mal so, was ich von ihm als Schauspieler gesehen habe, hat mich mehr überzeugt *g*
Die Musik, die ich von ihm kenne (eher einzelne Songs als Alben) hat mich irgendwie nie so richtig angesprochen

Sehr schön geschrieben jedenfalls.


Anmerkung noch: Der Threadtitel erinnert mich immer an das Intro des Herbst-Gothic-Metal-Klischeekitsch-Überalbums schlechthin, "Songs of Moors and Misty Fields" von Empyrium. :D
Schlimm. *g*
If you twist, you fail. Twisting equals tears.
Musiksammlung | Letterboxd | Bandcamp
Benutzeravatar
MetalEschi
Stammposter
Stammposter
Beiträge: 12934
Registriert: 26.03.2004 00:21
Wohnort: Leicht nördlich vom Süden

Re: When Shadows Grow Longer - Musik für die dunkle Jahreshälfte

Beitrag von MetalEschi »

Da hab ichs auch her, mit der Band kann ich aber auch nichts anfangen. *g*
Sie lasen: Qualitätsposting von MetalEschi (c)2024
Benutzeravatar
Thunderforce
Stammposter
Stammposter
Beiträge: 36472
Registriert: 26.03.2004 00:21
Wohnort: Bad Spänzer
Kontaktdaten:

Re: When Shadows Grow Longer - Musik für die dunkle Jahreshälfte

Beitrag von Thunderforce »

MetalEschi hat geschrieben: 18.09.2022 10:47 Da hab ichs auch her, mit der Band kann ich aber auch nichts anfangen. *g*
Zu Recht, schlimmer Käse.
Hab ich aber als es rauskam (1997, gerade extra nachgesehen, da war ich 19, kann man vergeben *g*) sehr sehr toll gefunden damals :D
If you twist, you fail. Twisting equals tears.
Musiksammlung | Letterboxd | Bandcamp
Benutzeravatar
Thunderforce
Stammposter
Stammposter
Beiträge: 36472
Registriert: 26.03.2004 00:21
Wohnort: Bad Spänzer
Kontaktdaten:

Re: When Shadows Grow Longer - Musik für die dunkle Jahreshälfte

Beitrag von Thunderforce »

Dead_Guy hat geschrieben: 18.09.2022 11:00 Ihr Kitsch-Banausen
*g*

Musikalisch ist das eigentlich ganz okay, aber der Knödelgesang ist aus heutiger Sicht schon eher schlimm *find*
Bei The Vision Bleak hat er es ja dann eigentlich sogar noch auf die Spitze getrieben, da passt es aber irgendwie besser und war IMO soweit drüber, dass es wieder gut war.
Hör ich aber inzwischen auch nicht mehr.

Empyrium wurde mir dann ab diesem Dreifach-Album auch zu verquast und auf Kunst getrimmt, "Kein Hirtenfeuer Glimmet Mehr" and whatnot. Mit dem Ding war ich raus und hab von den Sachen danach auch nichts mehr gehört.
If you twist, you fail. Twisting equals tears.
Musiksammlung | Letterboxd | Bandcamp
Antworten