Allgemeiner Politik/Zeitgeschehen-Thread, Teil 3

Das gute alte Dark Eye Inn - die Heimat der Stammposter
chaosbraut78
Stammposter
Stammposter
Beiträge: 1274
Registriert: 26.03.2004 00:21
Wohnort: irgendwo dazwischen

Re: Allgemeiner Politik/Zeitgeschehen-Thread, Teil 3

Beitrag von chaosbraut78 »

Aber ganz generell: ich freu mich grad, dass das Forum, in dem ich ja nur noch ganz, ganz wenig Zeit verbringe, nach langem mal wieder dazu geführt hat, dass ich mir mal wieder etwas Zeit fürs Lesen und Nachdenken genommen habe.
Außerhalb der beruflichen Dinge konsumiere ich Themen meistens nur noch FastFood-artig übers Smartphone, diskutiere wenig aus und vor meiner endgültigen Meinungsbildung holt mich ja eh das nächste Ding ein. Das stört mich sehr und war früher auch anders. Ich fänds schön, wenn ich wieder mehr Diskussionskultur in meinem Leben etablieren könnte.
...Aber wisse, dass gerade jetzt und heutzutage diese Menschen mehr denn je davon überzeugt sind, vollkommen frei zu sein; und dabei haben sie selbst uns ihre Freiheit dargebracht und sie uns gehorsam zu Füßen gelegt. ...
Benutzeravatar
monochrom
Stammposter
Stammposter
Beiträge: 9599
Registriert: 26.03.2004 00:21
Wohnort: Helltown Hamburg
Kontaktdaten:

Re: Allgemeiner Politik/Zeitgeschehen-Thread, Teil 3

Beitrag von monochrom »

chaosbraut78 hat geschrieben: 21.03.2023 21:50
monochrom hat geschrieben: 21.03.2023 21:01
Apparition hat geschrieben: 21.03.2023 19:24 Das ist der Grund, warum ich das Herausgreifen von emotionalen Extremszenarien hier irritierend finde, weil es nämlich genau diesen Eindruck füttert. Es gibt die ohne Zweifel, ich finde es nur nicht hilfreich die als repräsentatives Beispiel heranzuziehen.

Aber wie gesagt, davon abgesehen fand ich die Argumentation schon schlüssig und sehe wenn dann eher eine Frage der Auslegung von Strafrecht als des Rechts selbst.
Erstmal: Fast komplette Zustimmung.

Er wollte da aber ganz sicher kein repräsentatives Beispiel liefern, sondern halt eben ein mögliches Szenario, bei dem dann vielleicht noch etwas genauer zwischen Totschlag und Mord differenziert werden muss. Wie häufig so etwas dann ist, wird in dem Artikel ja gar nicht gefragt, es lwürde ja schon ausreichen wenn solch ein Szenario auch nur sehr selten vorkommt.

Und ich finde die nachzuweisende niedere Absicht bei der Unterscheidung zwischen Mord und Totschlag eigentlich schon klug.
Zum letzten Satz - das finde ich auch. Allerdings würde ich ein "Wenn ich Dich nicht haben kann, darf Dich keiner haben und schließlich bin ich verzweifelt" schon als recht nieder einstufen, und da kann ich die eine oder andere BGH-Entscheidung diesbezüglich eher nicht mehr nachvollziehen. Da würde es mich interessieren, ob heute die maßgeblichen Entscheidungen aus den 00er-Jahren noch so gefällt werden würden. Ich glaube und hoffe, dass nicht.
Je länger ich jetzt also drüber nachdenke, desto mehr denke ich, dass ein Appell, hier die bisherige Rechtsauslegung zu überdenken, vielleicht wirklich überfällig ist und vielleicht ist ja auch nur das der Inhalt der SPd-Erklärung zum Femizid.

Der erste Satz im ZEIT-Artikel ("Die SPD fordert, alle Femizide als Mord zu bestrafen.") stört mich nämlich immer noch und ich befürchte, dass das verkürzter Unfug ist (weswegen ich weiter kritisch auf den Artikel schiele).
Weißt du was - ich finde dass du da Recht hast. Und zum letzten Punkt müssen wir wohl noch abwarten, was genau damit gemeint ist.

Denn auch aus diesem Artikel hier wird noch nicht ganz klar, was die SPD denn eigentlich im Detail will:

https://www.zeit.de/politik/deutschland ... alt-frauen

Wollen sie da nur an der Rechtsauslegung rütteln, so wäre das sehr gut. Da bin ich mir aber nach wie vor nicht sicher. Das könnte auch eine Nullnummer sein, bei der am Ende eine Formulierung mit in die Gesetze aufgenommen wird, die nichts bewirkt, aber das eigene Klientel zufrieden aufseufzen lässt.

Das Ziel sollte auf jeden Fall sein, dass "patriarchalisches Besitzdenken", wenn man es denn nachweisen kann, von so vielen Richtern wie möglich als niederer Beweggrund erkannt und angemessen beurteilt wird. Wie man am Besten dahin kommt, weiß ich immer noch nicht. Es dauert ja bei manchen Dingen, bis sie in die Mehrheit der Leute eingesickert sind.

Und diese dumme Tendenz der 90er und Nullerjahre, kulturspezifische Begründungen für Handlungen anzuführen, die abzulehnende Taten entschuldigen, wird wieder weniger. Da waren wir teilweise auf ganz dummen Pfaden, auch den Ruf nach Anerkennung von Scharia-Urteilen um Dinge zu schlichten vernehme ich kaum mehr.
I, too, wish to be a decent manboy
Benutzeravatar
NegatroN
Stammposter
Stammposter
Beiträge: 27717
Registriert: 26.03.2004 00:21
Wohnort: Schräg dahoam
Kontaktdaten:

Re: Allgemeiner Politik/Zeitgeschehen-Thread, Teil 3

Beitrag von NegatroN »

Ich hab mit dem Thema dasselbe Problem, das ich immer habe, wenn nach Strafverschärfungen gerufen wird: ich halte das für populistische Symbolpolitik ohne realen Effekt. Bei Bagatelldelikten ändert das Strafmaß etwas bei der Abschätzung des Täters. Wer 500 € für Falschparken zahlen muss statt 15, der wird sich überlegen, ob er das macht. Aber dass der Mann, der den hier erwähnten Aschenbecher hebt, um seiner Frau den Schädel einzuschlagen, mittendrin einhält, weil ihm ggf. lebenslänglich und nicht „nur“ 15 Jahre Gefängnis drohen, erscheint mir sehr abwegig.

Wenn es wirklich im Affekt ist, wird gar nicht nachgedacht. Wer es plant, will gar nicht bestraft werden, sondern komplett davon kommen. Aber niemand wiegt Haftjahre ab.

Es ist fraglos ein Unding, wenn Frauen aus einem Besitzdenken heraus getötet werden. Aber über das Strafrecht wird man das nicht lösen. Das müssen wir schon gesellschaftlich tun.
And we’re bored of the fireworks
We want to see the fire
We’re long past being careful of what we wish for
chaosbraut78
Stammposter
Stammposter
Beiträge: 1274
Registriert: 26.03.2004 00:21
Wohnort: irgendwo dazwischen

Re: Allgemeiner Politik/Zeitgeschehen-Thread, Teil 3

Beitrag von chaosbraut78 »

Das mag jetzt sehr nach Goldwaage klingen, aber imo beinhaltet die Erklärung keinen populistischen Ruf nach Strafverschärfung, sondern fordert eine andere juristische Einschätzung dieser Taten ohne dass am Strafmaß selbst etwas verändert wird.
Das ist in meinen Augen ein wichtiger Unterschied, weil eine andere juristische Bewertung wahrscheinlich auch eine andere gesellschaftliche Bewertung im Schlepptau hätte.
...Aber wisse, dass gerade jetzt und heutzutage diese Menschen mehr denn je davon überzeugt sind, vollkommen frei zu sein; und dabei haben sie selbst uns ihre Freiheit dargebracht und sie uns gehorsam zu Füßen gelegt. ...
Benutzeravatar
NegatroN
Stammposter
Stammposter
Beiträge: 27717
Registriert: 26.03.2004 00:21
Wohnort: Schräg dahoam
Kontaktdaten:

Re: Allgemeiner Politik/Zeitgeschehen-Thread, Teil 3

Beitrag von NegatroN »

Hm. Mord hat ein anderes Strafmaß als Totschlag. Ich kann den Punkt schon sehen, aber wenn es nicht darum gehen würde, sondern um die inhaltliche Bewertung, dann würde das ja bedeuten, dass Totschlag gesellschaftlich schon irgendwie OK wäre. Das finde ich nicht so richtig schlüssig.

Aus meiner Sicht besteht das Problem nicht darin, dass wir solche Taten nicht schlimm fänden, wenn sie passieren. Sondern es besteht im Vorfeld und eine Umgebung heraus, aus der sich solche Taten ableiten. Man kann das Problem nicht von hinten lösen. Die Denkweise, die zu solchen Taten führt, beginnt schon in der Kindheit. Da steckt die Aufgabe drin.
And we’re bored of the fireworks
We want to see the fire
We’re long past being careful of what we wish for
Benutzeravatar
Rorschach
Beiträge: 1363
Registriert: 15.04.2010 19:46
Wohnort: osnabrück

Re: Allgemeiner Politik/Zeitgeschehen-Thread, Teil 3

Beitrag von Rorschach »

Vorab, ich bin kein Jurist. Ein wenig Einblick in Rechtsprechung und Rechtsauslegung habe ich allerdings durch meine Tätigkeit als Schöffe.

Mein Eindruck ist dabei, dass es hier und da ein Missverhältnis zu geben scheint (!) wenn man die Strafen zu verschiedenen Delikten betrachtet. Ein Diskussion um Strafverschärfungen oder auch Senkung der Strafmündigkeit verbietet sich nicht von selbst, ist allerdings sehr oft durch Emotionen und subjektive Betrachtungen verzerrt und insofern schwierig.

Ich habe mich letztens via Facebook mit einem Bekannten gestritten. Es ging da um einen ziemlich ekelhaften Artikel (also eher eine Kolumne bzw. Meinung), in der der Autor derbe über einen Richter herzog, der für die Vergewaltigung einer 15-Jährigen 2 Jahre auf Bewährung und 3000,- € Geldstrafe aussprach. Der Schreiber behauptete, dass der Richter das Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung sowie die gesellschaftlichen Folgen seines Urteils hätte berücksichtigen müssen. Außerdem sei dem Richter Täter- vor Opferschutz gegangen und das Leid des Opfers nicht angemessen berücksichtigt worden. Den ersten Teil halte ich für grundfalsch und sogar gefährlich, den zweiten für eine haltlose Unterstellung. Ich bin mir sicher, dass der Richter sich sein Urteil nicht leicht gemacht haben wird. Mein Bekannter war da etwas anderer Meinung und brachte Punkte an, die auch im Artikel durchklangen und denen ich durchaus eine Daseinsberechtigung zugestehe.

Der Populist schreit, es könne nicht sein dass Schwarzfahrer in Haft müssen und Kinderschänder Bewährung kriegen. Das ist natürlich so Unsinn, aber im Kern eine berechtigte Frage: Wird in der aktuellen Gesetzgebung (an die sich ein Richter natürlich halten muss) in den Strafmaßen angemessen berücksichtigt, welche Langzeitfolgen ein Verbrechen, insbesondere Gewaltverbrechen und Verbrechen gegen die sexuelle Selbstbestimmung, haben? Ich bin kein Jurist, wie gesagt, und weiß das daher nicht. Gefühlt (!) allerdings meine ich, dass hier vielleicht mal drüber nachgedacht werden sollte.
Wir leben in einer virtuellen Scheinwelt. So einfach ist das. Eine Welt voller Mutanten und Zombies mit einem IQ geringer als eine Dillgurke.

mit 300 km/h generierter Stoll
Benutzeravatar
Rotstift
Beiträge: 13927
Registriert: 26.03.2004 00:21
Wohnort: Steinfeld

Re: Allgemeiner Politik/Zeitgeschehen-Thread, Teil 3

Beitrag von Rotstift »

chaosbraut78 hat geschrieben: 22.03.2023 08:06 Das mag jetzt sehr nach Goldwaage klingen, aber imo beinhaltet die Erklärung keinen populistischen Ruf nach Strafverschärfung, sondern fordert eine andere juristische Einschätzung dieser Taten ohne dass am Strafmaß selbst etwas verändert wird.
Das ist in meinen Augen ein wichtiger Unterschied, weil eine andere juristische Bewertung wahrscheinlich auch eine andere gesellschaftliche Bewertung im Schlepptau hätte.
MMn sollte eher so sein dass die juristische Bewertung dem gesellschaftlichen Wandel folgt. Dies wäre ja hier durchaus auch gegeben.
Mille millions de mille sabords!

Music is no good if it can't be sung by the human voice in some way. (John Tavener)

Im übrigen bin ich der Meinung dass die AfD der politische Arm des Rechtsterrorismus ist.
Benutzeravatar
Schnabelrock
Beiträge: 19893
Registriert: 26.03.2004 00:21
Wohnort: banned

Re: Allgemeiner Politik/Zeitgeschehen-Thread, Teil 3

Beitrag von Schnabelrock »

Montag und Dienstag waren alle Leitmedien voller Berichte und "Fotos" über Trumps bevorstehende Festnahme und die sich anschließenden Häuserkämpfe und heute nicht ein Wort mehr darüber. Schon etwas enttäuschend.
In dubio contra googlio.
chaosbraut78
Stammposter
Stammposter
Beiträge: 1274
Registriert: 26.03.2004 00:21
Wohnort: irgendwo dazwischen

Re: Allgemeiner Politik/Zeitgeschehen-Thread, Teil 3

Beitrag von chaosbraut78 »

Mal kurzen Pauseneinwurf:

Die Erklärung der SPD ist diese hier:

https://www.spd-landtag-bw.de/wp-conten ... aerung.pdf
...Aber wisse, dass gerade jetzt und heutzutage diese Menschen mehr denn je davon überzeugt sind, vollkommen frei zu sein; und dabei haben sie selbst uns ihre Freiheit dargebracht und sie uns gehorsam zu Füßen gelegt. ...
Benutzeravatar
monochrom
Stammposter
Stammposter
Beiträge: 9599
Registriert: 26.03.2004 00:21
Wohnort: Helltown Hamburg
Kontaktdaten:

Re: Allgemeiner Politik/Zeitgeschehen-Thread, Teil 3

Beitrag von monochrom »

chaosbraut78 hat geschrieben: 22.03.2023 14:59 Mal kurzen Pauseneinwurf:

Die Erklärung der SPD ist diese hier:

https://www.spd-landtag-bw.de/wp-conten ... aerung.pdf
Das klingt doch anfangs ziemlich gut, und danach sogar hervorragend.
I, too, wish to be a decent manboy
chaosbraut78
Stammposter
Stammposter
Beiträge: 1274
Registriert: 26.03.2004 00:21
Wohnort: irgendwo dazwischen

Re: Allgemeiner Politik/Zeitgeschehen-Thread, Teil 3

Beitrag von chaosbraut78 »

Find ich auch. Es klingt vor allem in kleinster Weise populistisch.
Leider wurden die Zeitungsartikel dazu dem ganzen nicht wirklich gerecht und das find ich recht enttäuschend.
...Aber wisse, dass gerade jetzt und heutzutage diese Menschen mehr denn je davon überzeugt sind, vollkommen frei zu sein; und dabei haben sie selbst uns ihre Freiheit dargebracht und sie uns gehorsam zu Füßen gelegt. ...
Benutzeravatar
NegatroN
Stammposter
Stammposter
Beiträge: 27717
Registriert: 26.03.2004 00:21
Wohnort: Schräg dahoam
Kontaktdaten:

Re: Allgemeiner Politik/Zeitgeschehen-Thread, Teil 3

Beitrag von NegatroN »

chaosbraut78 hat geschrieben: 22.03.2023 17:07 Find ich auch. Es klingt vor allem in kleinster Weise populistisch.
Leider wurden die Zeitungsartikel dazu dem ganzen nicht wirklich gerecht und das find ich recht enttäuschend.
Populistisch ist wahrscheinlich der falsche Ausdruck. Es ist aus meiner Sicht eher eine Scheinlösung, die gut klingt (für andere und für einen selber). Ich finde viele Maßnahmen in dem Paper sehr sinnvoll. Da gäbe es auch noch einige mehr. Darauf sollte der Fokus liegen. Die juristische Seite ist für mich nach wie vor maximal eine Nebenaspekt, der aber letztlich wenig bis keine Relevanz hat. Genau der steht aber im Vordergrund. Das wäre vielleicht noch nicht mal ein Problem, aber meine Befürchtung ist, dass man fälschlicherweise glaubt, damit ja was wichtiges erreicht habe statt die Bemühungen auf die Maßnahmen zu konzentrieren, die wirklich was bringen würden. Schlimmstenfalls lässt man die ganz bleiben, weil sie eben nicht so publikumswirksam sind wie die Änderung des Strafrechts.
And we’re bored of the fireworks
We want to see the fire
We’re long past being careful of what we wish for
Benutzeravatar
monochrom
Stammposter
Stammposter
Beiträge: 9599
Registriert: 26.03.2004 00:21
Wohnort: Helltown Hamburg
Kontaktdaten:

Re: Allgemeiner Politik/Zeitgeschehen-Thread, Teil 3

Beitrag von monochrom »

NegatroN hat geschrieben: 22.03.2023 17:34
chaosbraut78 hat geschrieben: 22.03.2023 17:07 Find ich auch. Es klingt vor allem in kleinster Weise populistisch.
Leider wurden die Zeitungsartikel dazu dem ganzen nicht wirklich gerecht und das find ich recht enttäuschend.
Populistisch ist wahrscheinlich der falsche Ausdruck. Es ist aus meiner Sicht eher eine Scheinlösung, die gut klingt (für andere und für einen selber). Ich finde viele Maßnahmen in dem Paper sehr sinnvoll. Da gäbe es auch noch einige mehr. Darauf sollte der Fokus liegen. Die juristische Seite ist für mich nach wie vor maximal eine Nebenaspekt, der aber letztlich wenig bis keine Relevanz hat. Genau der steht aber im Vordergrund. Das wäre vielleicht noch nicht mal ein Problem, aber meine Befürchtung ist, dass man fälschlicherweise glaubt, damit ja was wichtiges erreicht habe statt die Bemühungen auf die Maßnahmen zu konzentrieren, die wirklich was bringen würden. Schlimmstenfalls lässt man die ganz bleiben, weil sie eben nicht so publikumswirksam sind wie die Änderung des Strafrechts.
Du kannst da Recht haben. Es gibt da einen teil, der in Gelaber, unnötigen Gesetzteszusätzen, Kommissionen und Arbeitsgruppen enden kann, und dass ohne Verbesserung der Lage der Frauen. Der hier:

"Gemeinsame Erklärung
der Konferenz der Rechtspolitischen Sprecher*innen
der SPD-Fraktion(en) des Bundestages, des Abgeordnetenhauses, der Bürgerschaften
und Landtage am 06.03.2023 in Stuttgart
Gewalt gegen Frauen wirksam bekämpfen!
Frauenfeindliche Gewalt ist in unserer Gesellschaft weit verbreitet und muss entschieden be-
kämpft werden. Das zeigt die erschreckend hohe Zahl an Gewaltdelikten von Männern ge-
genüber ihren Partnerinnen oder Ex-Partnerinnen. Diese Taten richten sich gegen die
Selbstbestimmung von Frauen und sind geprägt von patriarchalem Besitzdenken. Das ist
frauenfeindlich, diskriminierend und verletzt den Grundsatz der Geschlechtergleichheit.
Eine konsequente und angemessene Bestrafung von Täter*innen ist ein wichtiger Bestand-
teil zur Bekämpfung von frauenfeindlicher Gewalt. Geschlechtsspezifische Motive müssen
klar benannt werden und bei der Strafzumessung von Gesetzes wegen strafschärfend be-
rücksichtigt werden. Wird eine Frau getötet, weil sie eine Frau ist, muss dies als Femizid an-
erkannt werden und regelmäßig als Mord aus niedrigen Beweggründen bestraft werden. Da-
neben wollen wir die Entscheidungsträger*innen in der Justiz und bei den Strafverfolgungs-
behörden im Umgang mit frauenfeindlicher Gewalt noch besser sensibilisieren. Wir wollen
deswegen Fortbildungen zum Thema geschlechtsbezogene Gewalt weiter stärken. Zur Ver-
hinderung von Gewalteskalationen müssen Fallkonferenzen noch flächendeckender stattfin-
den, in denen die Behörden und Frauenhilfeeinrichtungen vertrauensvoll zusammenarbeiten.
Wir begrüßen die Beratungen auf europäischer Ebene über Maßnahmen zur Bekämpfung
von Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt. Der Richtlinienvorschlag der Kommission
stellt Straftaten gegen Frauen wegen ihres Geschlechts in den Mittelpunkt und erkennt die
besondere Schwere derartiger Straftaten an. Die Istanbul-Konvention als wichtigstes völker-
rechtliches Instrument im Kampf gegen geschlechtsspezifische Gewalt werden wir vorbehalt-
los und wirksam umsetzen.
Dazu zählt auch, entsprechend Artikel 31 der Konvention für eine stärkere Berücksichtigung
von frauenfeindlichen Gewaltdelikten in familienrechtlichen Verfahren zu sorgen: Gewalttä-
tige Vorfälle sind in Sorge- und Umgangsverfahren zwingend zu berücksichtigen. Das elterli-
che Umgangsrecht darf nicht die Sicherheit eines Elternteils oder des Kindes gefährden. Kin-
der müssen als zumindest mittelbar Betroffene gleichermaßen geschützt werden.
Die strafrechtliche Bekämpfung von frauenfeindlichen Taten muss durch wirksame präven-
tive Maßnahmen flankiert werden. Wir werden eine ressortübergreifende politische Strategie
gegen Gewalt entwickeln, die Gewaltprävention und die Rechte der Betroffenen in den Mit-
telpunkt stellt."

Viel besser klingt es danach:

"Gewaltbetroffene Frauen brauchen verlässlichen Schutz. Das Recht darauf werden wir für
jede Frau und ihre Kinder absichern. Wir werden einen bundeseinheitlichen Rechtsrahmen
für eine verlässliche Finanzierung von Frauenhäusern sicherstellen und das Hilfesystem be-
darfsgerecht ausbauen. Künftig ist eine Bundesbeteiligung an der Regelfinanzierung vorge-
sehen. Regionale Projekte wie die Schaffung von „Häusern der Familie“, in denen Behörden
Fälle von häuslicher Gewalt übergreifend bearbeiten, sollen ausgebaut werden.
Vor Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen, aber auch vor Krankenhäusern oder ärztli-
chen Praxen, die Schwangerschaftsabbrüche vornehmen, kommt es verstärkt zu Aktionen
von Abtreibungsgegner*innen. Dies geschieht z.B. durch so genannte Mahnwachen, durch
gezielte Ansprache oder Beschimpfung der schwangeren Frauen. Diese so genannten Geh-
steigbelästigungen stigmatisieren Ratsuchende, setzen sie massivem psychischem Druck
aus, stören den Beratungsbetrieb nachhaltig und behindern den freien Zugang zu Schwan-
gerschaftsabbrüchen. Die Meinungsfreiheit und die Versammlungsfreiheit schützen das Äu-
ßern und Ausdrücken von Meinungen. Sie gelten aber nicht schrankenlos und finden ihre
Grenze in dem körperlichen Bedrängen und der psychischen Beeinträchtigung anders Den-
kender. Wir streben ein klar formuliertes gesetzliches Verbot von Gehsteigbelästigungen vor
Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen und Einrichtungen, die Schwangerschaftsabbrü-
che vornehmen, an. Dieses Verbot bietet eine klare Eingriffsgrundlage für präventive ver-
sammlungs- und polizeirechtliche Maßnahmen wie zum Beispiel Auflagen, Verlegungen an
einen anderen Ort oder Platzverweise und beseitigt so bestehende Rechtsunsicherheiten in
der Behördenpraxis. Wir wollen, dass Gehsteigbelästigungen auch ordnungswidrigkeitsrecht-
lich sanktioniert werden.
Um gerade auch Frauen vor digitalen Übergriffen im Netz zu schützen, wollen wir gezielt
nicht nur gegen einzelne rechtswidrige Inhalte, sondern gegen ganze Accounts vorgehen.
Zur Durchsetzung des digitalen Gewaltschutzes werden wir ein gerichtliches Verfahren
schaffen, in dem Betroffene und Opferschutzorganisationen die zeitweilige oder dauerhafte
Sperrung auch von anonymen Accounts in sozialen Netzwerken erreichen können, wenn mit
diesen Konten rechtswidrige Taten begangen wurden. Die letztendliche Entscheidung über
Sperrungen soll nicht länger allein von den Betreibern sozialer Netzwerke getroffen werden.
Das Verfahren ersetzt nicht die Strafverfolgung im Einzelfall. Vielmehr geht es uns in diesem
Kontext darum, die Sichtbarkeit und den Einfluss von auch anonymen „Hass-Accounts“ zu
mindern und die Betreiber sozialer Netzwerke in die Pflicht zu nehmen. Daneben braucht es
gegen digitale Übergriffe auch weitere Maßnahmen wie eine bessere personelle und techni-
sche Ausstattung der Polizei, den Ausbau von „Internetstreifen“, mehr anlassbezogene klas-
sische Polizeiermittlungen auf offenen Plattformen, sowie eine sachkundige und zügige
Strafverfolgung, etwa durch Zentralstellen, Schwerpunktstaatsanwaltschaften oder Sonder-
dezernate."
I, too, wish to be a decent manboy
chaosbraut78
Stammposter
Stammposter
Beiträge: 1274
Registriert: 26.03.2004 00:21
Wohnort: irgendwo dazwischen

Re: Allgemeiner Politik/Zeitgeschehen-Thread, Teil 3

Beitrag von chaosbraut78 »

NegatroN hat geschrieben: 22.03.2023 17:34
chaosbraut78 hat geschrieben: 22.03.2023 17:07 Find ich auch. Es klingt vor allem in kleinster Weise populistisch.
Leider wurden die Zeitungsartikel dazu dem ganzen nicht wirklich gerecht und das find ich recht enttäuschend.
Populistisch ist wahrscheinlich der falsche Ausdruck. Es ist aus meiner Sicht eher eine Scheinlösung, die gut klingt (für andere und für einen selber). Ich finde viele Maßnahmen in dem Paper sehr sinnvoll. Da gäbe es auch noch einige mehr. Darauf sollte der Fokus liegen. Die juristische Seite ist für mich nach wie vor maximal eine Nebenaspekt, der aber letztlich wenig bis keine Relevanz hat. Genau der steht aber im Vordergrund. Das wäre vielleicht noch nicht mal ein Problem, aber meine Befürchtung ist, dass man fälschlicherweise glaubt, damit ja was wichtiges erreicht habe statt die Bemühungen auf die Maßnahmen zu konzentrieren, die wirklich was bringen würden. Schlimmstenfalls lässt man die ganz bleiben, weil sie eben nicht so publikumswirksam sind wie die Änderung des Strafrechts.
Um eine Änderung des Strafrechts geht es ja nicht, sondern eine, ich sag jetzt mal, ÜBerdenken einer vielleicht vorschnellen Verneinung von niederen Beweggründen bei Beziehungstaten.
Ich zitiere mal aus einem Artikel der BPB dazu: "Noch immer stellt der 1. Strafsenat des BGH darauf ab, dass "[g]erade der Umstand, dass eine Trennung vom Tatopfer ausgegangen ist, [...] als gegen die Niedrigkeit des Beweggrundes sprechender Umstand beurteilt werden" dürfe. "
MIr erscheint diese Haltung nicht mehr zeitgemäß und so finde ich den Diskurs darüber unter Juristen sehr wichtig. Und der wird ja auch geführt.

Die Publikumswirksamkeit sehe ich da eigentlich gar nicht. Das ist kein Thema, das groß aufregt. Hier ist es ja auch nur aufgekommen, weil Mono auf den Kommentar in der Zeit hingewiesen hat, und seine Gedanken dazu geäußert hat und wir das aufgegriffen haben. Und der Kommentar ausschließlich darauf bezogen war.
Dass tatsächlich aus irgendeinem medialen Grund nur der Nebenaspekt der SPD-Erklärung überhaupt in der Presse beleuchtet wurde, steht tatsächlich nochmal auf einem anderen Blatt.
...Aber wisse, dass gerade jetzt und heutzutage diese Menschen mehr denn je davon überzeugt sind, vollkommen frei zu sein; und dabei haben sie selbst uns ihre Freiheit dargebracht und sie uns gehorsam zu Füßen gelegt. ...
Benutzeravatar
OriginOfStorms
Stammposter
Stammposter
Beiträge: 15733
Registriert: 26.03.2004 00:21
Wohnort: Münster, wo sonst!?

Re: Allgemeiner Politik/Zeitgeschehen-Thread, Teil 3

Beitrag von OriginOfStorms »

Der FDP und CDU in Teilen des Ostens traue ich nicht weiter als ich sie werfen kann. Und mit meinem Meniskus im rechten Knie sollte ich niemanden werfen....

https://www.spiegel.de/politik/deutschl ... d4ca072795
¡No pasarán!
Antworten