Allgemeiner Politik/Zeitgeschehen-Thread, Teil 3

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Nagrach
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Re: Allgemeiner Politik/Zeitgeschehen-Thread, Teil 3

Beitrag von Nagrach »

Was ist, wenn sie gar keine Füße haben?!
Ich hatte einen Traum und dieser Traum war wundervoll.
Europacup - Es war ein Auswärtsspiel, in Amsterdam.
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monochrom
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Re: Allgemeiner Politik/Zeitgeschehen-Thread, Teil 3

Beitrag von monochrom »

tafkasc hat geschrieben: 18.03.2023 00:43 Ich hab generell massive Zweifel, dass sich die Folgen von Wahlrechtsreformen gut abschätzen lassen. Gerade in einem stark parteibasierten und regulierten System wird sich der Fokus IMO immer weiter nach Berlin verschieben. Und das ist gerade nicht nur eine territoriale Verschiebung, sondern vor allem auch eine strukturelle. Welche Kausalitäten da wirken, wird man eh erst im Nachgang sehen.

https://twitter.com/TobiWeiskopf/status ... 6005554176 - Krass, was für Anreize sich in diesem Wahlkreis und in diesem Wahlkampf zu engagieren - für quasi alle Kandidaten aller Parteien. Aber bäh - wie *ungerecht*, dass man mit 20,5 % absolute und 0,3 % mehr als der zweite direkt gewählt wird. Konsequentialismus ohne Werte ist kalt. Werte ohne Konsequenzen sind blind. 5 Euro ins Phrasenschwein.

Aber ein kleinerer und günstigerer BT ist natürlich einfach ein Wert an sich.
ich bin bezüglich des neuen Wahlgesetzes ziemlich gespalten. Auf der einen Seite ist praktisch alles, was da von der Union kam, lediglich zum eigenen Vorteil gereichendes Blabla. Furchtbar, und einer demokratischen Partei auch unwürdig. Ein Wahlrecht sollte dazu führen, dass der Wählerwille möglichst genau abgebildet wird, und da geht es halt um die Prozente, die in äquivalent viele Sitze umgewandelt werden müssen. Von dem her sind Überhangmandate oder mathematisch minderwertige Auszählmethoden (d'Hondt!) dem anständigen Demokraten ein Graus.

Mit dieser Grundsicht auf die Dinge ist eine Prozenthürde, welche überwunden werden muss, auch immer problematisch. Wenn es sie überhaupt geben muss (Ich tendiere da zu einem zögerlichen ja), dann darf sie auf keinen Fall zu hoch sein. Ich weiß nicht, ob mich das Argument von starken Regionalparteien, welche dann auch in der höheren Instanz irgendwie vertreten sein sollten, vollends überzeugt (Noch ein zögerliches eher schon), finde aber, und das wenig zögerlich, unsere 5%-Hürde zu hoch. Das sollten 2 oder 3 sein.

Und dann ist da noch die andere Frage, und zwar die nach Direktkandidaten. Ich finde die nicht völlig uninteressant, bin aber der Ansicht diese muss hinter dem "Prozente ergibt Sitze"-Prinzip zurückstehen. Und Ausgleichsmandate blähen den Bundestag auf. Das ist nicht so toll, vor allem weil es anscheinend die Abläufe schwieriger macht, das Kostenargument interessiert mich hingegen garnicht. Vielleicht wäre es gut, wenn die einer Partei zustehenden Mandate so verteilt werden würden, dass die DIrektkandidaten mit den besten Ergebnissen zuerst bedient werden würden? Das würde bei den Regionalparteien natürlich dazu führen, dass nicht alle Wahlkreissieger in den Bundestag kämen, aber irgendwas ist ja immer, und das bei jedem Wahlgesetz.

Noch besser fände ich zum Ermitteln dieser Direktkandidaten natürlich Stichwahlen eine Woche nach der Bundestagswahl. Ich denke dass damit viele Probleme gelöst wären, auch für die CSU und die Linke. Zwar nicht so, wie die das wollen würden, aber die beiden Parteien reden sich ein perfektes Wahlgesetz ja tatsächlich ausschließlich so hin, wie es ihnen am meisten nützt.
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monochrom
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Re: Allgemeiner Politik/Zeitgeschehen-Thread, Teil 3

Beitrag von monochrom »

Feindin hat geschrieben: 21.03.2023 08:17
monochrom hat geschrieben: 21.03.2023 08:11 Überholverbot für Aliens
Kommt auf ihren CO2 Fußabdruck an
Ich bin jetzt mal Populist.

Sogar wenn da Alien beim Autofahn des Zeozwei aus da Atmosfärn raussaga dat das es nua a so kracht, lass i mi von so am dahergflogn Tentakla no lang ned übahoin. So a Marsiana foart gfälligst bei de LKW, da aussairdischa Krattla!
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Re: Allgemeiner Politik/Zeitgeschehen-Thread, Teil 3

Beitrag von Schnabelrock »

Die grünen Männchen wollen immer die Welt retten, aber wir produzieren in Deutschland nur 3% der Geschwindigkeitsverbote weltweit !!1!! !!??
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Re: Allgemeiner Politik/Zeitgeschehen-Thread, Teil 3

Beitrag von Schnabelrock »

IronKlausi hat geschrieben: 20.03.2023 21:26
Schnabelrock hat geschrieben: 17.03.2023 14:32 Wusstest Ihr, dass Direktgewinner eines bay. Wahlkreises nach § 43 Abs. 2 Landeswahlgesetz iVm Art. 14 Abs. 4 Landesverfassung Bayern dann keinen Sitz im Landtag erhalten, wenn die dazugehörige Partei die 5%-Hürde in Bayern nicht nimmt?
Ja, genauso wie es in den meisten Landeswahlgesetzen (Ausnahmen: Berlin, Brandenburg, Sachsen, Schleswig-Holstein) keine Grundmandatsklausel gibt. Was trägt das Ganze also zur Diskussion bei?
Das kannst Du ganz nach individuellem Geschmack für Dich fruchtbar machen oder kannst es auch lassen.
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Re: Allgemeiner Politik/Zeitgeschehen-Thread, Teil 3

Beitrag von Apparition »

monochrom hat geschrieben: 21.03.2023 08:11 Die Zeit hatte einen ziemlich guten Meinungsartikel von einem Juristen zum Thema Femizide. Aber der ist hinter der Paywall, also diskutieren wir stattdessen halt über Überholverbot für Aliens oder so.
Ich habe ihn gelesen und werde nicht 100% schlau draus. Mein Eindruck ist, dass die 2. Seite des Artikels gereicht hätte, weil er da überzeugend darlegt, dass die bestehende Rechtsprechung eigentlich ausreicht, um Mordmerkmale bei Tötungsdelikten an Frauen festzustellen. Die erste Seite liest sich ein bisschen unangenehm wie Framing. Mein Eindruck ist, dass er sich da ein Stück weit widerspricht. Einerseits das Argument, dass Totschlag im Prinzip der "Grundzustand" von Tötungsdelikten ist, andererseits ein bewusst böses Trennungssenario, um mildernde Umstände einzuführen, die zur Einstufung "nur" als Totschlag führen. Das passt für mich nicht recht zusammen.
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Re: Allgemeiner Politik/Zeitgeschehen-Thread, Teil 3

Beitrag von monochrom »

Apparition hat geschrieben: 21.03.2023 17:46
monochrom hat geschrieben: 21.03.2023 08:11 Die Zeit hatte einen ziemlich guten Meinungsartikel von einem Juristen zum Thema Femizide. Aber der ist hinter der Paywall, also diskutieren wir stattdessen halt über Überholverbot für Aliens oder so.
Ich habe ihn gelesen und werde nicht 100% schlau draus. Mein Eindruck ist, dass die 2. Seite des Artikels gereicht hätte, weil er da überzeugend darlegt, dass die bestehende Rechtsprechung eigentlich ausreicht, um Mordmerkmale bei Tötungsdelikten an Frauen festzustellen. Die erste Seite liest sich ein bisschen unangenehm wie Framing. Mein Eindruck ist, dass er sich da ein Stück weit widerspricht. Einerseits das Argument, dass Totschlag im Prinzip der "Grundzustand" von Tötungsdelikten ist, andererseits ein bewusst böses Trennungssenario, um mildernde Umstände einzuführen, die zur Einstufung "nur" als Totschlag führen. Das passt für mich nicht recht zusammen.
Für mich schon. Und ich habe es gerne, wenn Gerichte sich die gesamte Sachlage angucken, und dann am Ende differenziert richten. Und natürlich muss er an der Stelle ein schwierigeres Szenario angucken, um die mögliche Bandbreite von Tötungsdelikten auzuzeigen. Ich fand eigentlich dass die Schwäche eher darin lag, dass sein Szenario nicht krass genug war. Man könnte auch Jahrzehnte der Demütigung anführen, dann wird viel schneller klar warum da eine Differenzierung notwendig ist, und warum unser Strafrecht da eigentlich schon sehr gut aufgestellt ist.

Framing, ein Ausdruck den ich nicht verwende und der meiner Meinung nach auch dabei ist, zu einem kompletten Quatschausdruck zu verkommen, sehe ich da garnicht. Ich wüsste auch garnicht wozu da was geframed werden sollte, es geht ja nur darum Fallbeispiele mit großer Bandbreite anzuführen, also eigentlich nur auf die Komplexität hinzuweisen. Persönlich ärgert mich schon fast, dass man das tun muss, aber wenn die SPD da mit so einem "Alles über einen Kamm scheren"-Gesetz daher kommen will, ist es anscheinend notwendig.
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Re: Allgemeiner Politik/Zeitgeschehen-Thread, Teil 3

Beitrag von Apparition »

monochrom hat geschrieben: 21.03.2023 18:37
Apparition hat geschrieben: 21.03.2023 17:46
monochrom hat geschrieben: 21.03.2023 08:11 Die Zeit hatte einen ziemlich guten Meinungsartikel von einem Juristen zum Thema Femizide. Aber der ist hinter der Paywall, also diskutieren wir stattdessen halt über Überholverbot für Aliens oder so.
Ich habe ihn gelesen und werde nicht 100% schlau draus. Mein Eindruck ist, dass die 2. Seite des Artikels gereicht hätte, weil er da überzeugend darlegt, dass die bestehende Rechtsprechung eigentlich ausreicht, um Mordmerkmale bei Tötungsdelikten an Frauen festzustellen. Die erste Seite liest sich ein bisschen unangenehm wie Framing. Mein Eindruck ist, dass er sich da ein Stück weit widerspricht. Einerseits das Argument, dass Totschlag im Prinzip der "Grundzustand" von Tötungsdelikten ist, andererseits ein bewusst böses Trennungssenario, um mildernde Umstände einzuführen, die zur Einstufung "nur" als Totschlag führen. Das passt für mich nicht recht zusammen.
Für mich schon. Und ich habe es gerne, wenn Gerichte sich die gesamte Sachlage angucken, und dann am Ende differenziert richten. Und natürlich muss er an der Stelle ein schwierigeres Szenario angucken, um die mögliche Bandbreite von Tötungsdelikten auzuzeigen. Ich fand eigentlich dass die Schwäche eher darin lag, dass sein Szenario nicht krass genug war. Man könnte auch Jahrzehnte der Demütigung anführen, dann wird viel schneller klar warum da eine Differenzierung notwendig ist, und warum unser Strafrecht da eigentlich schon sehr gut aufgestellt ist.

Framing, ein Ausdruck den ich nicht verwende und der meiner Meinung nach auch dabei ist, zu einem kompletten Quatschausdruck zu verkommen, sehe ich da garnicht. Ich wüsste auch garnicht wozu da was geframed werden sollte, es geht ja nur darum Fallbeispiele mit großer Bandbreite anzuführen, also eigentlich nur auf die Komplexität hinzuweisen. Persönlich ärgert mich schon fast, dass man das tun muss, aber wenn die SPD da mit so einem "Alles über einen Kamm scheren"-Gesetz daher kommen will, ist es anscheinend notwendig.
Ich sehe das schon auch so, dass natürlich nicht jede Tötung einer Frau ein Femizid in dem Sinn ist, also dass sie getötet wird, weil sie eine Frau ist. Mein Eindruck ist aber, dass wir hier von Tötungen reden, denen allermeistens eine Beziehung vorausgegangen ist. Kern der Debatte war doch, dass solche Tötungen i.d.R. eher als "Beziehungsdrama" verharmlost werden und damit quasi über diese Bezeichnung mildernde Umstände geltend gemacht werden, weil dem Täter (in der Regel halt doch meistens ein Mann) halt irgendwie übel mitgespielt wurde. Also genau die andere Richtung, als in dem Artikel skizziert wird. Wenn das ein Hirngespinst ist, das nur durch entsprechende Berichterstattung und Wortwahl entsteht, in der Realität der Rechtsprechung aber gar nicht überproportional häufig so bewertet wird, dann bin ich dabei. Ich weiss ehrlicherweise nicht, ob das so ist. Das ist der Grund, warum ich das Herausgreifen von emotionalen Extremszenarien hier irritierend finde, weil es nämlich genau diesen Eindruck füttert. Es gibt die ohne Zweifel, ich finde es nur nicht hilfreich die als repräsentatives Beispiel heranzuziehen.

Aber wie gesagt, davon abgesehen fand ich die Argumentation schon schlüssig und sehe wenn dann eher eine Frage der Auslegung von Strafrecht als des Rechts selbst.

EDIT: Bei nochmaligem Nachdenken liegt mein Problem vielleicht genau daran: Der Autor skizziert, was gemäß Strafrecht jetzt schon möglich ist, das Problem liegt aber ggf. daran, ob die Delikte angemessen bewertet werden. Dann ist aber der Vorstoß der SPD ggf. tatsächlich nicht hilfreich und symbolisch. Wobei er am Ende ja genau die Tür aufmacht und schreibt, dass man dann eher noch schärfer formulieren müsste.
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Re: Allgemeiner Politik/Zeitgeschehen-Thread, Teil 3

Beitrag von Ex pluribus plumbum »

monochrom hat geschrieben: 21.03.2023 08:39 ich bin bezüglich des neuen Wahlgesetzes ziemlich gespalten. Auf der einen Seite ist praktisch alles, was da von der Union kam, lediglich zum eigenen Vorteil gereichendes Blabla. Furchtbar, und einer demokratischen Partei auch unwürdig. Ein Wahlrecht sollte dazu führen, dass der Wählerwille möglichst genau abgebildet wird, und da geht es halt um die Prozente, die in äquivalent viele Sitze umgewandelt werden müssen. Von dem her sind Überhangmandate oder mathematisch minderwertige Auszählmethoden (d'Hondt!) dem anständigen Demokraten ein Graus.

Mit dieser Grundsicht auf die Dinge ist eine Prozenthürde, welche überwunden werden muss, auch immer problematisch. Wenn es sie überhaupt geben muss (Ich tendiere da zu einem zögerlichen ja), dann darf sie auf keinen Fall zu hoch sein. Ich weiß nicht, ob mich das Argument von starken Regionalparteien, welche dann auch in der höheren Instanz irgendwie vertreten sein sollten, vollends überzeugt (Noch ein zögerliches eher schon), finde aber, und das wenig zögerlich, unsere 5%-Hürde zu hoch. Das sollten 2 oder 3 sein.

Und dann ist da noch die andere Frage, und zwar die nach Direktkandidaten. Ich finde die nicht völlig uninteressant, bin aber der Ansicht diese muss hinter dem "Prozente ergibt Sitze"-Prinzip zurückstehen. Und Ausgleichsmandate blähen den Bundestag auf. Das ist nicht so toll, vor allem weil es anscheinend die Abläufe schwieriger macht, das Kostenargument interessiert mich hingegen garnicht. Vielleicht wäre es gut, wenn die einer Partei zustehenden Mandate so verteilt werden würden, dass die DIrektkandidaten mit den besten Ergebnissen zuerst bedient werden würden? Das würde bei den Regionalparteien natürlich dazu führen, dass nicht alle Wahlkreissieger in den Bundestag kämen, aber irgendwas ist ja immer, und das bei jedem Wahlgesetz.

Noch besser fände ich zum Ermitteln dieser Direktkandidaten natürlich Stichwahlen eine Woche nach der Bundestagswahl. Ich denke dass damit viele Probleme gelöst wären, auch für die CSU und die Linke. Zwar nicht so, wie die das wollen würden, aber die beiden Parteien reden sich ein perfektes Wahlgesetz ja tatsächlich ausschließlich so hin, wie es ihnen am meisten nützt.
Klingt alles ganz vernünftig für mich.
"Rock 'n' roll means well, but it can't help tellin' young boys lies." (Drive-by Truckers)

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Re: Allgemeiner Politik/Zeitgeschehen-Thread, Teil 3

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https://www.twitch.tv/wildmics

Ein Livestream passend zum Thema Wahlrecht.
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Re: Allgemeiner Politik/Zeitgeschehen-Thread, Teil 3

Beitrag von chaosbraut78 »

monochrom hat geschrieben: 21.03.2023 08:11 Die Zeit hatte einen ziemlich guten Meinungsartikel von einem Juristen zum Thema Femizide. Aber der ist hinter der Paywall, also diskutieren wir stattdessen halt über Überholverbot für Aliens oder so.
Mich interessiert der Artikel, bzw. die Erklärung der SPD zu Femiziden, dann doch deutlich mehr als die Überholverbote für Aliens.

Allerdings kommen mir bei dem Artikel ein paar Fragezeichen. Ich bin durchaus ebenfalls der Meinung, dass die aktuellen Normen völlig ausreichen, um Totschlag von einem Mord zu unterscheiden. Ich verstehe die Erklärung der SPD allerdings nicht so, als sei gefordert, grundsätzlich die Tötung von Frauen immer als Mord zu bewerten, sondern kritisch und vielleicht kritischer als jetzt, die Beweggründe zu hinterfragen. Darin sehe ich nicht verwerfliches.
Ein Femizid ist ein Mord, ein tödlich endender Ehekrach kann Totschlag sein. Daran will aber doch imo auch die SPD nichts ändern. Ich verstehe die Erklärung wirklich als Forderung danach, als Gericht hier wirklich sehr, sehr differenziert zu richten (um bei Monos Worten zu bleiben) und nicht mit Begrifflichkeiten wie "Beziehungsdrama" (Ehrenmord, Familientragödie...) zu verharmlosen.
Und bei manchen Totschlags-Urteilen sträuben sich einem halt schon sehr die Nackenhaare und man fragt sich, ob der Richter noch alle am Sträußchen hat, wenn er die offensichtlichen Mordmerkmale nicht erkennt. Aber wie gesagt, die Normen reichen ja, es geht um die Handhabung.

Tödlich endende Ehekrachs mit Frauen als Täter kommen übrigens deutlich seltener vor, sind aber prozentual betrachtet angeblich deutlich häufiger Morde.
Dem läge das in der Regel recht ungleiche Kräfteverhältnis zugrunde - will man als Frau den Partner töten, muss es zwangsläufig vorbereitet und geplant, und damit heimtückisch sein. Als Mann reicht halt im Zweifelsfall schon mal der Aschenbecher im Affekt. Könnte man ja auch mal gucken, ob das jetzt fair ist.
...Aber wisse, dass gerade jetzt und heutzutage diese Menschen mehr denn je davon überzeugt sind, vollkommen frei zu sein; und dabei haben sie selbst uns ihre Freiheit dargebracht und sie uns gehorsam zu Füßen gelegt. ...
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Re: Allgemeiner Politik/Zeitgeschehen-Thread, Teil 3

Beitrag von monochrom »

Apparition hat geschrieben: 21.03.2023 19:24 Das ist der Grund, warum ich das Herausgreifen von emotionalen Extremszenarien hier irritierend finde, weil es nämlich genau diesen Eindruck füttert. Es gibt die ohne Zweifel, ich finde es nur nicht hilfreich die als repräsentatives Beispiel heranzuziehen.

Aber wie gesagt, davon abgesehen fand ich die Argumentation schon schlüssig und sehe wenn dann eher eine Frage der Auslegung von Strafrecht als des Rechts selbst.
Erstmal: Fast komplette Zustimmung.

Er wollte da aber ganz sicher kein repräsentatives Beispiel liefern, sondern halt eben ein mögliches Szenario, bei dem dann vielleicht noch etwas genauer zwischen Totschlag und Mord differenziert werden muss. Wie häufig so etwas dann ist, wird in dem Artikel ja gar nicht gefragt, es lwürde ja schon ausreichen wenn solch ein Szenario auch nur sehr selten vorkommt.

Und ich finde die nachzuweisende niedere Absicht bei der Unterscheidung zwischen Mord und Totschlag eigentlich schon klug.
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Re: Allgemeiner Politik/Zeitgeschehen-Thread, Teil 3

Beitrag von monochrom »

chaosbraut78 hat geschrieben: 21.03.2023 20:40
monochrom hat geschrieben: 21.03.2023 08:11 Die Zeit hatte einen ziemlich guten Meinungsartikel von einem Juristen zum Thema Femizide. Aber der ist hinter der Paywall, also diskutieren wir stattdessen halt über Überholverbot für Aliens oder so.
Mich interessiert der Artikel, bzw. die Erklärung der SPD zu Femiziden, dann doch deutlich mehr als die Überholverbote für Aliens.

Allerdings kommen mir bei dem Artikel ein paar Fragezeichen. Ich bin durchaus ebenfalls der Meinung, dass die aktuellen Normen völlig ausreichen, um Totschlag von einem Mord zu unterscheiden. Ich verstehe die Erklärung der SPD allerdings nicht so, als sei gefordert, grundsätzlich die Tötung von Frauen immer als Mord zu bewerten, sondern kritisch und vielleicht kritischer als jetzt, die Beweggründe zu hinterfragen. Darin sehe ich nicht verwerfliches.
Ein Femizid ist ein Mord, ein tödlich endender Ehekrach kann Totschlag sein. Daran will aber doch imo auch die SPD nichts ändern. Ich verstehe die Erklärung wirklich als Forderung danach, als Gericht hier wirklich sehr, sehr differenziert zu richten (um bei Monos Worten zu bleiben) und nicht mit Begrifflichkeiten wie "Beziehungsdrama" (Ehrenmord, Familientragödie...) zu verharmlosen.
Und bei manchen Totschlags-Urteilen sträuben sich einem halt schon sehr die Nackenhaare und man fragt sich, ob der Richter noch alle am Sträußchen hat, wenn er die offensichtlichen Mordmerkmale nicht erkennt. Aber wie gesagt, die Normen reichen ja, es geht um die Handhabung.

Tödlich endende Ehekrachs mit Frauen als Täter kommen übrigens deutlich seltener vor, sind aber prozentual betrachtet angeblich deutlich häufiger Morde.
Dem läge das in der Regel recht ungleiche Kräfteverhältnis zugrunde - will man als Frau den Partner töten, muss es zwangsläufig vorbereitet und geplant, und damit heimtückisch sein. Als Mann reicht halt im Zweifelsfall schon mal der Aschenbecher im Affekt. Könnte man ja auch mal gucken, ob das jetzt fair ist.
Ah, hier kommen interessante Argumente. Ob bisher die Beweggründe bei einer Tätung einer Frau (oder eines Menschen) nicht kritisch genug hinterfragt wurden, kann ich wirklich nicht sagen. Gefühlt - aber nö, den Satz schreib ich jetzt einfach nicht, was sollen meine blöden Ahnungen. Manchmal interessiere ich mich ein wenig für so einen Fall, der hochkocht, aber eher selten. Leute mit mehr Ahnung: Bitte an die Front der Diskussion!

Spannend finde ich deinen letzten Absatz. Erstmal wusste ich nicht, das dem so ist, also dass wenn Frauen den Partner töten, deutlich häufiger Mord geurteilt wird. Falls das wirklich am Kräfteverhältnis liegt, und damit dann tatsächlich die Planung leichter nachgewiesen werden kann, so ist das bedauerlich, aber vielleicht bis zu einem gewissen Grad unvermeidbar.

Generell fand ich die Wikipedia-Seite zu Femizid übrigens einen guten Einstieg in ein komplexes Thema, dem ich bisher ziemlich aus dem Weg gegangen bin, da ich unangenehme Themen gerne mal vermeide.

https://de.wikipedia.org/wiki/Femizid
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Re: Allgemeiner Politik/Zeitgeschehen-Thread, Teil 3

Beitrag von Rotstift »

IronKlausi hat geschrieben: 20.03.2023 21:26
Schnabelrock hat geschrieben: 17.03.2023 14:32 Wusstest Ihr, dass Direktgewinner eines bay. Wahlkreises nach § 43 Abs. 2 Landeswahlgesetz iVm Art. 14 Abs. 4 Landesverfassung Bayern dann keinen Sitz im Landtag erhalten, wenn die dazugehörige Partei die 5%-Hürde in Bayern nicht nimmt?
Ja, genauso wie es in den meisten Landeswahlgesetzen (Ausnahmen: Berlin, Brandenburg, Sachsen, Schleswig-Holstein) keine Grundmandatsklausel gibt. Was trägt das Ganze also zur Diskussion bei?
Weil das das Geheule der CSU als Heuchelei entlarvt.
Mille millions de mille sabords!

Music is no good if it can't be sung by the human voice in some way. (John Tavener)

Im übrigen bin ich der Meinung dass die AfD der politische Arm des Rechtsterrorismus ist.
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Re: Allgemeiner Politik/Zeitgeschehen-Thread, Teil 3

Beitrag von chaosbraut78 »

monochrom hat geschrieben: 21.03.2023 21:01
Apparition hat geschrieben: 21.03.2023 19:24 Das ist der Grund, warum ich das Herausgreifen von emotionalen Extremszenarien hier irritierend finde, weil es nämlich genau diesen Eindruck füttert. Es gibt die ohne Zweifel, ich finde es nur nicht hilfreich die als repräsentatives Beispiel heranzuziehen.

Aber wie gesagt, davon abgesehen fand ich die Argumentation schon schlüssig und sehe wenn dann eher eine Frage der Auslegung von Strafrecht als des Rechts selbst.
Erstmal: Fast komplette Zustimmung.

Er wollte da aber ganz sicher kein repräsentatives Beispiel liefern, sondern halt eben ein mögliches Szenario, bei dem dann vielleicht noch etwas genauer zwischen Totschlag und Mord differenziert werden muss. Wie häufig so etwas dann ist, wird in dem Artikel ja gar nicht gefragt, es lwürde ja schon ausreichen wenn solch ein Szenario auch nur sehr selten vorkommt.

Und ich finde die nachzuweisende niedere Absicht bei der Unterscheidung zwischen Mord und Totschlag eigentlich schon klug.
Zum letzten Satz - das finde ich auch. Allerdings würde ich ein "Wenn ich Dich nicht haben kann, darf Dich keiner haben und schließlich bin ich verzweifelt" schon als recht nieder einstufen, und da kann ich die eine oder andere BGH-Entscheidung diesbezüglich eher nicht mehr nachvollziehen. Da würde es mich interessieren, ob heute die maßgeblichen Entscheidungen aus den 00er-Jahren noch so gefällt werden würden. Ich glaube und hoffe, dass nicht.
Je länger ich jetzt also drüber nachdenke, desto mehr denke ich, dass ein Appell, hier die bisherige Rechtsauslegung zu überdenken, vielleicht wirklich überfällig ist und vielleicht ist ja auch nur das der Inhalt der SPd-Erklärung zum Femizid.

Der erste Satz im ZEIT-Artikel ("Die SPD fordert, alle Femizide als Mord zu bestrafen.") stört mich nämlich immer noch und ich befürchte, dass das verkürzter Unfug ist (weswegen ich weiter kritisch auf den Artikel schiele).
...Aber wisse, dass gerade jetzt und heutzutage diese Menschen mehr denn je davon überzeugt sind, vollkommen frei zu sein; und dabei haben sie selbst uns ihre Freiheit dargebracht und sie uns gehorsam zu Füßen gelegt. ...
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