Allgemeiner Politik/Zeitgeschehen-Thread, Teil 3

[M.o.D.]

Dazu braucht es aber auch die Mittel. Die hat in zunehmenden Maße eher der Gegner.

Stimme Dir weitestgehend zu - in der Hoffnung, das es genug halbwegs vernünftige Leute im Kreml gibt, die Putin ggf. vom Drücken des berühmten Knopfes abhalten.

[NegatroN]

Bitter für Russland, ja.
Oder hältst du nach der Entwicklung der letzten Wochen dieses angestochene, röchelnde Biest immer noch für übermächtig?
Pure Verzweiflung ist das.

Bitter für alle. Es werden noch mehr Leute sinnlos umkommen, auf beiden Seiten, und es ist nicht abzusehen, dass das in naher Zukunft mal aufhört. Und ich ehe es ähnlich wie M.o.D., je kritischer die Lage für Russland wird, desto verzweifelter die Mittel, die zum Einsatz kommen. Da wird noch sehr viel Blut fließen. Wenn Moskau jetzt die Referenden durchpeitscht, werden sie argumentieren, die Ukraine greife russisches Territorium an. Was dann passiert, kann man nur ahnen.

Ich bin da nicht so sicher. Putins größter Feind sitzt im eigenen Land. Bislang hat taktisch alles darauf abgezogen, die "Spezialoperation" nach innen als notwendig und erfolgreich zu verkaufen. Die Angriffe auf die Krim, die Gebietsverluste und jetzt auch die Teilmobilmachung sind alles Widersprüche zu dieser Story. Dass letztere jetzt kommt, ist in der Tat Verzweiflung. Aber eben nach innen, nicht nach außen. Vielleicht erreicht Putin den Punkt absoluter Verzweiflung und ein "nach mir die Sintflut". Das russische Volk, die Eliten und auch andere in der Führung werden das nicht tun. Die Wahrscheinlichkeit, dass die die interne Notbremse ziehen, ist deutlich höher als dass die bereitwillig in den Abgrund springen.

Ich bestreite nicht, dass das alles gefährlich ist. Das war es die ganze Zeit. Aber insgesamt "verbessert" sich die Situation eher als dass sie sich verschlechtert.
(bewusst in Anführungszeichen, weil nichts gut daran ist, dass jeden Tag Menschen leiden und sterben)

[wolverin]

Bitter für Russland, ja.
Oder hältst du nach der Entwicklung der letzten Wochen dieses angestochene, röchelnde Biest immer noch für übermächtig?
Pure Verzweiflung ist das.

Bitter für alle. Es werden noch mehr Leute sinnlos umkommen, auf beiden Seiten, und es ist nicht abzusehen, dass das in naher Zukunft mal aufhört. Und ich ehe es ähnlich wie M.o.D., je kritischer die Lage für Russland wird, desto verzweifelter die Mittel, die zum Einsatz kommen. Da wird noch sehr viel Blut fließen. Wenn Moskau jetzt die Referenden durchpeitscht, werden sie argumentieren, die Ukraine greife russisches Territorium an. Was dann passiert, kann man nur ahnen.

Ich bin da nicht so sicher. Putins größter Feind sitzt im eigenen Land. Bislang hat taktisch alles darauf abgezogen, die "Spezialoperation" nach innen als notwendig und erfolgreich zu verkaufen. Die Angriffe auf die Krim, die Gebietsverluste und jetzt auch die Teilmobilmachung sind alles Widersprüche zu dieser Story. Dass letztere jetzt kommt, ist in der Tat Verzweiflung. Aber eben nach innen, nicht nach außen. Vielleicht erreicht Putin den Punkt absoluter Verzweiflung und ein "nach mir die Sintflut". Das russische Volk, die Eliten und auch andere in der Führung werden das nicht tun. Die Wahrscheinlichkeit, dass die die interne Notbremse ziehen, ist deutlich höher als dass die bereitwillig in den Abgrund springen.

Ich bestreite nicht, dass das alles gefährlich ist. Das war es die ganze Zeit. Aber insgesamt "verbessert" sich die Situation eher als dass sie sich verschlechtert.
(bewusst in Anführungszeichen, weil nichts gut daran ist, dass jeden Tag Menschen leiden und sterben)

Okay, so viel Optimismus hätte ich da jetzt nicht hineingelegt, aber auch nicht den Pessimismus der drohenden Apokalypse.

Meiner Meinung nach zielt Putin darauf ab, nach den Scheinreferenden in der Ostukraine, diese als russisches Staatsgebiet zu konsolidieren. Möglicherweise möchte er eine Situation wie am 38. Breitengrad schaffen.
Die zusätzlich mobilisierten Truppen sollen dieses "Neurussland" (*brech*) schützen.

[MetalEschi]

Die hastige "Annexion" der ukrainischen Gebiete ist ja eigentlich auch das Eingeständnis der russischen Seite, dass die Kapazitäten für einen weiteren Eroberungskampf aufgebraucht sind. Da wird man jetzt versuchen, den Gegner durch Drohung aufzuhalten, dass ein Angriff auf "russisches Staatsgebiet" schlimme Konsequenzen hat usw. Ähnlich ist man auf der Krim ja auch vorgegangen.
Russland kann nicht mehr richtig kämpfen und das Volk, dem der Einsatz in der Ukraine monatelang als Erfolg verkauft wurde, will es nicht. Eine Generalmobilmachung wird unter diesen Gesichtspunkten nicht funktionieren, und aus militärischer Sicht angesichts der Abstriche bei einsatzfähigem Kriegsgerät vermutlich auch nicht.

[infected]

Bitter für Russland, ja.
Oder hältst du nach der Entwicklung der letzten Wochen dieses angestochene, röchelnde Biest immer noch für übermächtig?
Pure Verzweiflung ist das.

Bitter für alle. Es werden noch mehr Leute sinnlos umkommen, auf beiden Seiten, und es ist nicht abzusehen, dass das in naher Zukunft mal aufhört. Und ich ehe es ähnlich wie M.o.D., je kritischer die Lage für Russland wird, desto verzweifelter die Mittel, die zum Einsatz kommen. Da wird noch sehr viel Blut fließen. Wenn Moskau jetzt die Referenden durchpeitscht, werden sie argumentieren, die Ukraine greife russisches Territorium an. Was dann passiert, kann man nur ahnen.

Nach allem was man beispielsweise von Carlo Masala, dem ISW und anderen Fachleuten die in dieser Materie tiefer drinstecken liest, wäre das wohl eher ein Zeichen von Schwäche. Die Teilmobilmachung ein Mittel um härter gegen Deserteure und Verweigerer vorgehen zu können, Leute die eben bereits ausgebildet sind (selbst bei den Freiwilligenverbänden haben sie Probleme diese vernünftig auszurüsten oder gar einsetzen zu können) als der Versuch möglichst viel unausgebildetes Kanonenfutter zu generieren (was in Teilen aufgrund der demographischen Entwicklung Russlands auch gar nicht mehr möglich wäre), da die Infrastruktur für eine größere Mobilisierung und Ausbildung nicht gegeben ist (und diese aufgrund der hohen logistischen Anforderungen eher schwächen als unterstützen würden). Die Referenden sind da ein Versuch den Ist-Zustand einzufrieren, bevor weitere größere Gebietsverluste drohen, und auch hier wieder zu bluffen (auch um Stärke nach innen zu demonstrieren). Letzten Endes würden diese aber eher noch den Status der Krim darüber hinaus schwächen und diese aus Sicht der aktuell immer noch eher bremsenden USA zu einem legitimen Ziel machen (und eine Ausweitung der Waffenlieferungen über die bisher gelieferten Typen hinaus ermöglichen).

[infected]

Die hastige "Annexion" der ukrainischen Gebiete ist ja eigentlich auch das Eingeständnis der russischen Seite, dass die Kapazitäten für einen weiteren Eroberungskampf aufgebraucht sind. Da wird man jetzt versuchen, den Gegner durch Drohung aufzuhalten, dass ein Angriff auf "russisches Staatsgebiet" schlimme Konsequenzen hat usw. Ähnlich ist man auf der Krim ja auch vorgegangen.
Russland kann nicht mehr richtig kämpfen und das Volk, dem der Einsatz in der Ukraine monatelang als Erfolg verkauft wurde, will es nicht. Eine Generalmobilmachung wird unter diesen Gesichtspunkten nicht funktionieren, und aus militärischer Sicht angesichts der Abstriche bei einsatzfähigem Kriegsgerät vermutlich auch nicht.

Und selbst bei der Krim funktioniert es ja nicht (mehr), was man ja an der zunehmenden Anzahl von unvorsichtigen Rauchern auf Militärstützpunkten ablesen kann.

[Hyronimus]

Bitter für Russland, ja.
Oder hältst du nach der Entwicklung der letzten Wochen dieses angestochene, röchelnde Biest immer noch für übermächtig?
Pure Verzweiflung ist das.

Bitter für alle. Es werden noch mehr Leute sinnlos umkommen, auf beiden Seiten, und es ist nicht abzusehen, dass das in naher Zukunft mal aufhört. Und ich ehe es ähnlich wie M.o.D., je kritischer die Lage für Russland wird, desto verzweifelter die Mittel, die zum Einsatz kommen. Da wird noch sehr viel Blut fließen. Wenn Moskau jetzt die Referenden durchpeitscht, werden sie argumentieren, die Ukraine greife russisches Territorium an. Was dann passiert, kann man nur ahnen.

Ich bin da nicht so sicher. Putins größter Feind sitzt im eigenen Land. Bislang hat taktisch alles darauf abgezogen, die "Spezialoperation" nach innen als notwendig und erfolgreich zu verkaufen. Die Angriffe auf die Krim, die Gebietsverluste und jetzt auch die Teilmobilmachung sind alles Widersprüche zu dieser Story. Dass letztere jetzt kommt, ist in der Tat Verzweiflung. Aber eben nach innen, nicht nach außen. Vielleicht erreicht Putin den Punkt absoluter Verzweiflung und ein "nach mir die Sintflut". Das russische Volk, die Eliten und auch andere in der Führung werden das nicht tun. Die Wahrscheinlichkeit, dass die die interne Notbremse ziehen, ist deutlich höher als dass die bereitwillig in den Abgrund springen.

Ich bestreite nicht, dass das alles gefährlich ist. Das war es die ganze Zeit. Aber insgesamt "verbessert" sich die Situation eher als dass sie sich verschlechtert.
(bewusst in Anführungszeichen, weil nichts gut daran ist, dass jeden Tag Menschen leiden und sterben)

Sehe ich genauso. Mal ganz davon abgesehen, dass sich jede weitere Eskalation auch gegenüber den Ländern, die sich Russland gegenüber neutral verhalten, für Putin und Co. negativ auswirken könnte.

[MetalEschi]

Die abschreckende Wirkung, die Putins erneuter Aufriss heute haben sollte, ist auch ziemlich verpufft.

[infected]

Insgesamt sollen wohl jetzt 300.000 Reservisten mobilisiert werden. Quelle
Bezüglich einer immer wieder mal angesprochenen Generalmobilmachung und warum das nicht mehr funktionieren würde hat Kamil Galeev (zu dessen Hintergrund stehen hier ein paar Informationen: https://www.derstandard.de/story/200013 ... aine-krieg) auch etwas in einem längeren Thread geschrieben geschrieben:

Regarding mobilisation, Putin can declare it, indeed. But it will be a risky decision. The USSR maintained a massive infrastructure for the total mobilisation which has been mostly dismantled in post-Soviet Russia. Mobilisation is more likely to trigger political chaos(...)

https://twitter.com/kamilkazani/status/ ... 6RIgA&s=19

[Schnabelrock]

Putins größter Feind sitzt im eigenen Land.

Hoffen wir, es ist so. Vor längerer Zeit war ich sowieso überzeugt, die "demokratische Durchdringung" in Russland sei viel höher und der Demokratisierungsprozess nicht mehr umkehrbar. Das war leider eine große Fehleinschätzung. Daher bin ich da jetzt skeptisch.

[NegatroN]

Putins größter Feind sitzt im eigenen Land.

Hoffen wir, es ist so. Vor längerer Zeit war ich sowieso überzeugt, die "demokratische Durchdringung" in Russland sei viel höher und der Demokratisierungsprozess nicht mehr umkehrbar. Das war leider eine große Fehleinschätzung. Daher bin ich da jetzt skeptisch.

Ich beziehe mich da nicht auf demokratische Durchdringung, sondern "nur" auf Egoismus. Die Menschen (auf egal welcher Ebene) werden nicht einfach einem ideologischen Feldzug folgen, wenn klar ist, dass der ihnen nur Schmerzen und keinen Nutzen bringt. Das ist kein Selbstläufer. Ein Auflehnen ist schwierig und riskant. Aber an irgendeinem Punkt ist Mitgehen riskanter als sich zu verweigern.

[Hyronimus]

Auf alle Fälle scheinen die Russen die Lust am Reisen zu entdecken - just in dem Moment, in dem ihr Land sie doch am dringendsten braucht: https://www.spiegel.de/ausland/ukraine- ... 8018edf0b7

[Kaleun Thomsen]

Reaktionen aus erster Hand ( als die Teilmobilmachung noch ein Gerücht war ): https://www.youtube.com/watch?v=GinidKAV5PA

Kann den Kanal nach wie vor nur allerwärmstens empfehlen.

[MetalEschi]

Das britische Verteidigungsministerium lehnt sich schon recht weit aus dem Fenster:

Der britische Verteidigungsminister wertete die Teilmobilmachung als Zeichen dafür, dass die "Invasion scheitert". Zusammen mit seinem Verteidigungsminister Sergej Schoigu habe Putin Zehntausende Bürger in den Tod geschickt, erklärte Ben Wallace. "Noch so viele Drohungen und noch so viel Propaganda können die Tatsache nicht verhehlen, dass die Ukraine diesen Krieg gewinnt, die internationale Gemeinschaft geeint ist und Russland weltweit zu einem Geächteten werden wird."

Von der Tagesschau.

[NegatroN]

Die spannende Frage ist nur, was mit "gewinnt" tatsächlich gemeint ist.