Allgemeiner Politik/Zeitgeschehen-Thread, Teil 3

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infected
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Re: Allgemeiner Politik/Zeitgeschehen-Thread, Teil 3

Beitrag von infected »

borsti hat geschrieben: 22.06.2022 00:03
Rotstift hat geschrieben: 21.06.2022 22:53 Bei den Waffenlieferungen an die Ukraine wird ja gerne "zu wenig, zu langsam" geklagt. Hier ein mMn guter Artikel warum das oft zu kurz gedacht ist:

https://www.dailykos.com/stories/2022/6 ... our-HIMARS
Ein Problem ist, dass die öffentlichen Debatten dazu fast ausschließlich von Laien geführt werden - das schließt uns hier mit ein. Ein weiteres ist, dass oft ausgerechnet die populistischsten Positionen Gehör finden und Diskutiert werden. Die Wahrheit wird, wie immer eigentlich, irgendwo in der Mitte liegen.

Das Deprimierende ist, dass es bislang überhaupt keine Perspektive für ein Ende dieses Krieges gibt. Aus meiner Sicht ist es fast schon absurd, dass der öffentliche Diskurs plötzlich von einem angeblich möglichen (aber in Wahrheit absolut unrealistischen) EU-Beitritt der Ukraine dominiert wird.
Der EU-Beitritt ist aber eine (wichtige) Perspektive für die Zeit nach Ende dieses Kriegs. Direkt möglich, nein, absolut unrealistisch aber definitiv nicht, vielleicht sollten wir die Ukraine diesbezüglich auch nicht unterschätzen. Perspektiven für das Ende des Kriegs, was soll da im Moment möglich sein? Russland will diesen Krieg, auch wenn es ihn nicht so nennt, führt ihn schon mit teils genozidalen Tendenzen (s. auch den Beitrag zu den 'Filtrationscamps', bis zu 300.000 Kinder wurden verschleppt und zur Zwangsadoption freigegeben, Ukrainer werden in das Staatsgebiet Russlands, teils bis nach Sibirien, verschleppt und in den so freigewordenen Wohnungen/Häusern russisch-stämmige angesiedelt, Stahl, Getreide, industrielle Anlagen geplündert und verschachert) und so lange die Ukraine wohl nicht nennenswerte Teile wieder befreien und Russland entsprechend kriegsmüde wird, kann wird es wohl kein Ende geben, da jeder Waffenstillstand nur ein Luftholen vor der nächsten von Russland gestarteten Runde sein wird (so zumindest die Meinung recht vieler Kommentatoren und Menschen mit mehr Fachkenntnis quer durch die Medien).
Angesichts dessen sehen momentan die Perspektiven ja eher so aus das in Frankreich wohl Kapazitäten in den entsprechenden Unternehmen hochgefahren werden um die Ukraine hier auch weiterhin nachhaltig mit Lieferungen unterstützen zu können und in Bulgarien und Rumänien werden wohl Fabriken aus Sowjetzeiten wieder reaktiviert um der Ukraine entsprechende Munition für die alten Geschütze aus Sowjetzeiten zur Verfügung zu stellen. Da fehlt mir hier in Deutschland jegliche konkretere Aussage wie das mittelfristig mit möglichen Lieferungen weitergehen kann bzw. wie man sich da positionieren will.
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NegatroN
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Re: Allgemeiner Politik/Zeitgeschehen-Thread, Teil 3

Beitrag von NegatroN »

Rotstift hat geschrieben: 21.06.2022 22:53 Bei den Waffenlieferungen an die Ukraine wird ja gerne "zu wenig, zu langsam" geklagt. Hier ein mMn guter Artikel warum das oft zu kurz gedacht ist:

https://www.dailykos.com/stories/2022/6 ... our-HIMARS
Dass das komplex ist, ist keine Frage. Aber seit längerem wird ja auch hinter den Kulissen bemängelt, dass es überhaupt nicht ernsthaft versucht wird.
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Re: Allgemeiner Politik/Zeitgeschehen-Thread, Teil 3

Beitrag von infected »

NegatroN hat geschrieben: 22.06.2022 08:57
Rotstift hat geschrieben: 21.06.2022 22:53 Bei den Waffenlieferungen an die Ukraine wird ja gerne "zu wenig, zu langsam" geklagt. Hier ein mMn guter Artikel warum das oft zu kurz gedacht ist:

https://www.dailykos.com/stories/2022/6 ... our-HIMARS
Dass das komplex ist, ist keine Frage. Aber seit längerem wird ja auch hinter den Kulissen bemängelt, dass es überhaupt nicht ernsthaft versucht wird.
Und selbst von dem was angekündigt wurde werden wohl einige Sachen nicht (anscheinend ist der Ringtausch mit der Slowakei geplatzt, da Deutschland hier nicht genügend Panzer im Austausch liefern will) oder nur verspätet (Ringtausch mit Griechenland kommt erst zustande wenn Griechenland die Austauschgeräte erhalten hat, was bedeuten würde das eine Lieferung wohl nicht vor Jahresende, evtl auch noch später) zustande kommen wird. Womit dann auch das Argument 'geht schneller, können es direkt verwenden und ohne Schulung bedienen' hinfällig wäre. Und es fehlt schlicht und ergreifend auch eine Aussage darüber wie es mittelfristig seitens Deutschlands mit der Unterstützung weitergehen soll, da bleiben die Ankündigungen doch sehr vage. Die größeren Sorgen hat Jens Plötz, der außenpolitischem Berater von Scholz ist, wohl eher wegen dem zukünftigen Verhältnis zu Russland. Und das scheint dementsprechend auch immer noch das weitere Vorgehen der hiesigen Außenpolitik zu bestimmen.
https://www.handelsblatt.com/politik/de ... l?tm=login
Ohne Paywall finde ich leider nur gerade diesen Focus-Artikel:
https://www.focus.de/politik/deutschlan ... 81650.html
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Re: Allgemeiner Politik/Zeitgeschehen-Thread, Teil 3

Beitrag von Schnabelrock »

Schätzt mal: Incel-Jahres-Hauptversammlung?

https://twitter.com/SophieFruehwald/sta ... 2d2b657877
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Re: Allgemeiner Politik/Zeitgeschehen-Thread, Teil 3

Beitrag von Hyronimus »

Schnabelrock hat geschrieben: 22.06.2022 11:15 Schätzt mal: Incel-Jahres-Hauptversammlung?

https://twitter.com/SophieFruehwald/sta ... 2d2b657877
Und wie sie direkt mit "Selber doof!" genau dieselbe Kritikfähigkeit beweisen wie die Mutterpartei :nerv:
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Re: Allgemeiner Politik/Zeitgeschehen-Thread, Teil 3

Beitrag von Apparition »

Schnabelrock hat geschrieben: 22.06.2022 11:15 Schätzt mal: Incel-Jahres-Hauptversammlung?

https://twitter.com/SophieFruehwald/sta ... 2d2b657877
Schön wär's, meine Erfahrung sagt mir leider, dass Männer, die sich herablassend über Frauen äußern, meistens nicht über fehlenden Zuspruch beschweren können.
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borsti
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Re: Allgemeiner Politik/Zeitgeschehen-Thread, Teil 3

Beitrag von borsti »

infected hat geschrieben: 22.06.2022 08:56
Der EU-Beitritt ist aber eine (wichtige) Perspektive für die Zeit nach Ende dieses Kriegs. Direkt möglich, nein, absolut unrealistisch aber definitiv nicht, vielleicht sollten wir die Ukraine diesbezüglich auch nicht unterschätzen.
Ich habe eher das Gefühl, dass die Ukraine plötzlich durch die rosarote Brille gesehen wird.

Sollte die EU ihre Kriterien nicht ganz klar absenken, dann sehe ich tatsächlich keine realistische Chance auf einen Beitritt der Ukraine in den nächsten Jahrzehnten.

In Wahrheit würde man das Land wohl weiterhin in dem Schwebezustand lassen, in dem es schon lange war, ohne eine wirkliche Perspektive zu bieten.

In der aktuellen Situation wirkt die Diskussion auf mich aber tatsächlich so, als würde man im Westflügel eines Hauses darüber nachdenken, neu zu Tapezieren, während im Ostflügel ein unkontrolliertes Feuer brennt, das auf immer mehr Gebäudeteile übergreift man von dem man keine Ahnung hat, wie man es löschen soll.
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Re: Allgemeiner Politik/Zeitgeschehen-Thread, Teil 3

Beitrag von Wishmonster »

borsti hat geschrieben: 22.06.2022 15:21
infected hat geschrieben: 22.06.2022 08:56
Der EU-Beitritt ist aber eine (wichtige) Perspektive für die Zeit nach Ende dieses Kriegs. Direkt möglich, nein, absolut unrealistisch aber definitiv nicht, vielleicht sollten wir die Ukraine diesbezüglich auch nicht unterschätzen.
Ich habe eher das Gefühl, dass die Ukraine plötzlich durch die rosarote Brille gesehen wird.

Sollte die EU ihre Kriterien nicht ganz klar absenken, dann sehe ich tatsächlich keine realistische Chance auf einen Beitritt der Ukraine in den nächsten Jahrzehnten.

In Wahrheit würde man das Land wohl weiterhin in dem Schwebezustand lassen, in dem es schon lange war, ohne eine wirkliche Perspektive zu bieten.

In der aktuellen Situation wirkt die Diskussion auf mich aber tatsächlich so, als würde man im Westflügel eines Hauses darüber nachdenken, neu zu Tapezieren, während im Ostflügel ein unkontrolliertes Feuer brennt, das auf immer mehr Gebäudeteile übergreift man von dem man keine Ahnung hat, wie man es löschen soll.
Das man mit der Ukraine kein "gewöhnliches" Land in die EU einbinden will, dürfte jedem Beteiligten klar sein. Hier geht es um mehr, als um eine normale Mitgliedschaft. Von daher kann ich mir gut vorstellen, dass die Ukraine auch aufgenommen würde, wenn sie nicht alle Kriterien erfüllt.

Noch ist das eh alles im Konjunktiv, da wir erstmal Hoffen müssen, dass es die Ukraine als Staat in Zukunft noch geben wird. Aber in diesen extrem harten Zeiten kann der Zuspruch der EU ein kleines Lichtlein am Horizont sein, dass den Ukrainer*innen ein wenig mehr Hoffnung gibt. Gerade jetzt kann Symbolpolitik sehr wichtig sein.
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Re: Allgemeiner Politik/Zeitgeschehen-Thread, Teil 3

Beitrag von NegatroN »

borsti hat geschrieben: 22.06.2022 15:21
infected hat geschrieben: 22.06.2022 08:56
Der EU-Beitritt ist aber eine (wichtige) Perspektive für die Zeit nach Ende dieses Kriegs. Direkt möglich, nein, absolut unrealistisch aber definitiv nicht, vielleicht sollten wir die Ukraine diesbezüglich auch nicht unterschätzen.
Ich habe eher das Gefühl, dass die Ukraine plötzlich durch die rosarote Brille gesehen wird.

Sollte die EU ihre Kriterien nicht ganz klar absenken, dann sehe ich tatsächlich keine realistische Chance auf einen Beitritt der Ukraine in den nächsten Jahrzehnten.

In Wahrheit würde man das Land wohl weiterhin in dem Schwebezustand lassen, in dem es schon lange war, ohne eine wirkliche Perspektive zu bieten.

In der aktuellen Situation wirkt die Diskussion auf mich aber tatsächlich so, als würde man im Westflügel eines Hauses darüber nachdenken, neu zu Tapezieren, während im Ostflügel ein unkontrolliertes Feuer brennt, das auf immer mehr Gebäudeteile übergreift man von dem man keine Ahnung hat, wie man es löschen soll.
Ich denke mal, dass es da weniger darum geht, der Ukraine einen tatsächlichen schnellen Beitritt zu ermöglichen, sondern vor allem darum, Russland auf allen Ebenen möglichst geschlossen klar zu machen, dass man die Ukraine nicht aufgeben und er mit seinem Plan nicht durchkommen wird. Das ist auch völlig richtig so. Je geschlossener und entschiedener der Westen gegen Russland zusammensteht, desto schlechter sind Putins Chancen.
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Re: Allgemeiner Politik/Zeitgeschehen-Thread, Teil 3

Beitrag von Schnabelrock »

NegatroN hat geschrieben: 22.06.2022 15:32 Ich denke mal, dass es da weniger darum geht, der Ukraine einen tatsächlichen schnellen Beitritt zu ermöglichen, sondern vor allem darum, Russland auf allen Ebenen möglichst geschlossen klar zu machen, dass man die Ukraine nicht aufgeben und er mit seinem Plan nicht durchkommen wird. Das ist auch völlig richtig so. Je geschlossener und entschiedener der Westen gegen Russland zusammensteht, desto schlechter sind Putins Chancen.
Damit legt man, m. E. ohne klaren Nutzen, schon die Enttäuschungen, Zerwürfnisse, Widersprüche und "lose ends" der Jahre 2025 - 2035 an.
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Re: Allgemeiner Politik/Zeitgeschehen-Thread, Teil 3

Beitrag von borsti »

NegatroN hat geschrieben: 22.06.2022 15:32
borsti hat geschrieben: 22.06.2022 15:21
infected hat geschrieben: 22.06.2022 08:56
Der EU-Beitritt ist aber eine (wichtige) Perspektive für die Zeit nach Ende dieses Kriegs. Direkt möglich, nein, absolut unrealistisch aber definitiv nicht, vielleicht sollten wir die Ukraine diesbezüglich auch nicht unterschätzen.
Ich habe eher das Gefühl, dass die Ukraine plötzlich durch die rosarote Brille gesehen wird.

Sollte die EU ihre Kriterien nicht ganz klar absenken, dann sehe ich tatsächlich keine realistische Chance auf einen Beitritt der Ukraine in den nächsten Jahrzehnten.

In Wahrheit würde man das Land wohl weiterhin in dem Schwebezustand lassen, in dem es schon lange war, ohne eine wirkliche Perspektive zu bieten.

In der aktuellen Situation wirkt die Diskussion auf mich aber tatsächlich so, als würde man im Westflügel eines Hauses darüber nachdenken, neu zu Tapezieren, während im Ostflügel ein unkontrolliertes Feuer brennt, das auf immer mehr Gebäudeteile übergreift man von dem man keine Ahnung hat, wie man es löschen soll.
Ich denke mal, dass es da weniger darum geht, der Ukraine einen tatsächlichen schnellen Beitritt zu ermöglichen, sondern vor allem darum, Russland auf allen Ebenen möglichst geschlossen klar zu machen, dass man die Ukraine nicht aufgeben und er mit seinem Plan nicht durchkommen wird. Das ist auch völlig richtig so. Je geschlossener und entschiedener der Westen gegen Russland zusammensteht, desto schlechter sind Putins Chancen.
Auf der Ebene verstehe ich es auch. Was ich nicht verstehe, ist, dass inzwischen der Eindruck entsteht, als würde sich alles ganz langsam normalisieren, als könnte man mit einem Krieg irgendwo im Osten schon irgendwie umgehen, während der politische Alltag weitergeht. Man spricht über einen EU-Beitritt der Ukraine, man berät über den Wiederaufbau. Aus meiner Sicht wird hier der Eindruck erweckt, als sei das jetzt mal eine schwierige Phase, die aber vorbeigeht und dass das natürlich nur eine Frage der Zeit sei. Dabei hat sich an der Situation, dass das Land ernsthaft um seine bloße Existenz auf der Landkarte kämpft, gar nichts geändert.
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Re: Allgemeiner Politik/Zeitgeschehen-Thread, Teil 3

Beitrag von NegatroN »

Schnabelrock hat geschrieben: 22.06.2022 15:39
NegatroN hat geschrieben: 22.06.2022 15:32 Ich denke mal, dass es da weniger darum geht, der Ukraine einen tatsächlichen schnellen Beitritt zu ermöglichen, sondern vor allem darum, Russland auf allen Ebenen möglichst geschlossen klar zu machen, dass man die Ukraine nicht aufgeben und er mit seinem Plan nicht durchkommen wird. Das ist auch völlig richtig so. Je geschlossener und entschiedener der Westen gegen Russland zusammensteht, desto schlechter sind Putins Chancen.
Damit legt man, m. E. ohne klaren Nutzen, schon die Enttäuschungen, Zerwürfnisse, Widersprüche und "lose ends" der Jahre 2025 - 2035 an.
Das denke ich nicht, gerade weil der Aufnahmeprozess ja langfristig angelegt ist. So macht man klar, dass man die Ukraine eindeutig als Kandidaten sieht, weil sie eben als souveränes Land zu Europa gehört. Das bedeutet aber nicht, dass sie nicht trotzdem die formalen Bedingungen erfüllen muss, um tatsächlich Mitglied zu werden.
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Re: Allgemeiner Politik/Zeitgeschehen-Thread, Teil 3

Beitrag von NegatroN »

borsti hat geschrieben: 22.06.2022 15:45Auf der Ebene verstehe ich es auch. Was ich nicht verstehe, ist, dass inzwischen der Eindruck entsteht, als würde sich alles ganz langsam normalisieren, als könnte man mit einem Krieg irgendwo im Osten schon irgendwie umgehen, während der politische Alltag weitergeht. Man spricht über einen EU-Beitritt der Ukraine, man berät über den Wiederaufbau. Aus meiner Sicht wird hier der Eindruck erweckt, als sei das jetzt mal eine schwierige Phase, die aber vorbeigeht und dass das natürlich nur eine Frage der Zeit sei. Dabei hat sich an der Situation, dass das Land ernsthaft um seine bloße Existenz auf der Landkarte kämpft, gar nichts geändert.
Das eine ist ja Teil des anderen. Eben weil man sehr klar machen will, dass man die Ukraine unbedingt und ohne Wenn und Aber als souveränen Staat erhalten und nicht Putin überlassen will, muss man für eine Zeit danach planen. Wann auch immer die kommen wird.
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Re: Allgemeiner Politik/Zeitgeschehen-Thread, Teil 3

Beitrag von infected »

NegatroN hat geschrieben: 22.06.2022 15:46
Schnabelrock hat geschrieben: 22.06.2022 15:39
NegatroN hat geschrieben: 22.06.2022 15:32 Ich denke mal, dass es da weniger darum geht, der Ukraine einen tatsächlichen schnellen Beitritt zu ermöglichen, sondern vor allem darum, Russland auf allen Ebenen möglichst geschlossen klar zu machen, dass man die Ukraine nicht aufgeben und er mit seinem Plan nicht durchkommen wird. Das ist auch völlig richtig so. Je geschlossener und entschiedener der Westen gegen Russland zusammensteht, desto schlechter sind Putins Chancen.
Damit legt man, m. E. ohne klaren Nutzen, schon die Enttäuschungen, Zerwürfnisse, Widersprüche und "lose ends" der Jahre 2025 - 2035 an.
Das denke ich nicht, gerade weil der Aufnahmeprozess ja langfristig angelegt ist. So macht man klar, dass man die Ukraine eindeutig als Kandidaten sieht, weil sie eben als souveränes Land zu Europa gehört. Das bedeutet aber nicht, dass sie nicht trotzdem die formalen Bedingungen erfüllen muss, um tatsächlich Mitglied zu werden.
Und sie sind trotz Krieg dabei erste Bereiche anzugehen, wie beispielsweise die Ratifizierung der Istanbulkonvention.
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Re: Allgemeiner Politik/Zeitgeschehen-Thread, Teil 3

Beitrag von infected »

NegatroN hat geschrieben: 22.06.2022 15:47
borsti hat geschrieben: 22.06.2022 15:45Auf der Ebene verstehe ich es auch. Was ich nicht verstehe, ist, dass inzwischen der Eindruck entsteht, als würde sich alles ganz langsam normalisieren, als könnte man mit einem Krieg irgendwo im Osten schon irgendwie umgehen, während der politische Alltag weitergeht. Man spricht über einen EU-Beitritt der Ukraine, man berät über den Wiederaufbau. Aus meiner Sicht wird hier der Eindruck erweckt, als sei das jetzt mal eine schwierige Phase, die aber vorbeigeht und dass das natürlich nur eine Frage der Zeit sei. Dabei hat sich an der Situation, dass das Land ernsthaft um seine bloße Existenz auf der Landkarte kämpft, gar nichts geändert.
Das eine ist ja Teil des anderen. Eben weil man sehr klar machen will, dass man die Ukraine unbedingt und ohne Wenn und Aber als souveränen Staat erhalten und nicht Putin überlassen will, muss man für eine Zeit danach planen. Wann auch immer die kommen wird.
+1
Zu oft wurde (zu Recht) immer wieder angemahnt das in solchen Kriegen die Perspektive für danach fehlt, das keine Ideen oder Konzepte vorhanden sind. Jetzt wird es stückweise angegangen, wie lange es auch immer dauern wird. Und ja, wie @wishmonster zu Recht angemerkt hat, es ist auch eine strategische Entscheidung der EU.
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