Über den Satz von Rotstift denke ich jetzt seit diesem Posting nach und denke nicht, dass er stimmt. Meine Wahrnehmung ist nicht, dass die SPD nicht mehr der Sozialdemokratie verpflichtet wäre oder diese nicht mehr repräsentieren würde. Ganz im Gegenteil würde ich sagen, dass das sehr vielen Politikern in der SPD enorm viel bedeutet und sie sich dem weit mehr verpflichtet fühlen als die Politiker anderer Parteien ihrer Ideologie. Die Quote von denen, für die die eigene Partei alternativlos ist und für die keine andere Partei auch nur vorstellbar ist, ist in der SPD in meiner Wahrnehmung eklatant höher als bei den anderen.Rotstift hat geschrieben: ↑06.03.2023 19:12Das war mal die Sozialdemokratie.Mausepeter hat geschrieben: ↑06.03.2023 18:55 Dann bist du halt nicht links, einfache Logik
Nee, und ernsthaft: es muss doch noch etwas geben zwischen Kommun-/Sozialismus und "Der Markt regelt schon". Wie auch immer das konkret aussehen mag. Da bin ich dann jedenfalls.
Der Punkt ist eher, dass sich der Kapitalismus in den letzten 100 Jahren massiv verändert hat. Massive Globalisierung mit multinationalen Konzernen und globalen Finanzmärkten mit Hochgeschwindigkeitstrading, Digitalisierung in allen Bereichen, ein politischer Flickenteppich gegenüber einem global ziemlich geschlossen arbeitenden Finanz- und Wirtschaftssystem. Die Sozialdemokratie - sowohl in Deutschland wie auch in allen anderen Ländern - hat darauf keine umfassene Antwort darauf gefunden, wie sie damit umgehen kann und müsste. Man arbeitet sehr kleinteilig an wirklich vielen Aspekten. Gerade zu Zeiten der Großen Koalitionen gab es kein einziges Gesetz, dem die SPD nicht ihren Stempel aufgedrückt und versucht hat, soziale Gerechtigkeit mitzudenken. Aber das alles ist eben auf einer ganz tiefen Detailbasis. Die große Erzählung, was ein Sozialer Kapitalismus als Gegenentwurf zum Neoliberalismus im 21 Jahrhundert sein kann und muss, die fehlt. Nicht nur als Erzählung für die Wähler, sondern ganz grundsätzlich als Konzept. Die meisten Parteien haben keine vollumfänglichen Antworten auf die Frage, was ihre Ideologie in der modernen Welt bedeutet. Die Konservativen aus meiner Sicht nicht weniger als die Sozialdemokratie. Aber bei der Sozialdemokratie ist der Gap am auffälligsten, weil das den Alltag der Menschen ganz massiv betrifft.
Die Lösung ist hier aber nicht einfach eine neue linke Partei, sondern die Lösung muss konzeptionell sein. Die Antwort auf die aktuellen Probleme findet man eben nicht bei Marx. Solange man versucht, Fragen von heute mit Antworten von gestern zu lösen, wird es nicht besser werden.