Eric Clapton

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Rivers
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Eric Clapton

Beitrag von Rivers »

Ausgehend vom Maiden Thread wird es vielleicht mal Zeit, ein paar Worte über Clapton zu verlieren. Vielleicht unter dem Motto: Einflußreicher Gitarrist trotz weniger einflußreicher Alben. Irgendwoher muss es ja kommen. Und ohne jetzt vielleicht zu sehr in die Gitarrentechnik abzudriften und zu technisch zu werden, finden wir vielleicht paar Erklärungen. Und ohne zu sehr in sein grauseliges Privatleben einzusteigen, finden wir vielleicht auch da was.

Disclaimer: Ich halte Clapton privat heute für einen verdusselten alten Mann, ungepflegt und gezeichnet von einem Leben, das er sich schon mehrmals selbst nehmen wollte, in Drogen und Alkohol ertränkte und welches - außer der Musik - relativ ziellos erscheint. Zuletzt negativ aufgefallen ist er durch den Anti-Corona-Maßnahmen Song mit Van Morrison und zuletzt durch eine Single-Auskopplung gegen den Ex-Premier Boris Johnston oder gegen was auch immer. Alter weißer Mann schüttelt seine Hand gegen den Himmel.

Clapton ist - soweit das mein Eindruck im Gitarrenlager ist - weitaus weniger beliebt als es scheint. Eher so ein Phantom, bei dem die Leute seinen wilden Zeiten vor 60 Jahren nachtrauern. Und dann rumjammern, dass das seit 50 Jahren nicht mehr so wiedergekommen ist. Viele halten ihn für relativ langweilig und seine Blues-Interpretationen für altbacken und unmutig. Auf der anderen Seite loben viele seinen Ton, den er aus seinen Stratocaster Gitarren rausholt, dabei sind das allesamt aufgepimpte Modelle mit aktiven Schaltungen, die den Klang verstärken, und die man mit einer Gitarre von der Stange so nicht nachmachen kann.

Eine Menge Verwirrung um diesen Mann, der Mitte der 60er angefangen hatte die Bühne zu stürmen und den Gitarrenton zu revolutionieren, Anfang der 70er fast tot durch Heroin war, Ende der 70er fast tot durch Alkohol war, Mitte der 80er mit Hilfe von Phil Collins ein Comeback feierte und sich langsam wieder in das positive Scheinwerferlicht schob. Dann ein privater Rückschlag durch den Unfalltot seines Sohnes. Das umjubelte Unplugged Konzert, dass Startschuß für eine bis heute nicht endende Serie von Unplugged Konzerten ist. Die Konzentration auf die Blues Schiene und dann...? Ja was dann? Seit 30 Jahren irgendwas von Alben, Touren, Alben, Touren.

Gucken wir mal, was das hier gibt.

Ich habe jetzt nicht viel vor und auch nichts vorbereitet. Auf in eine Diskussion würde ich sagen. Vielleicht ein paar Lieblingsvideos.
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GoTellSomebody
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Re: Eric Clapton

Beitrag von GoTellSomebody »

Feine Sache, Rivers. Slowhand war der allererste Gitarrist, den ich als besonderen Gitarristen wahrgenommen habe, vielleicht weil er da schon unter seinem eigenen Namen auftrat. Mark Knopfler, David Gilmour, Ian Crichton, Keith Scott und Major Heuser definierten sich für mich zunächst durch ihre Bands. Durch Clapton bin ich relativ schnell zu Rory Gallagher gekommen, den ich direkt noch besser fand, weil er in meinen Ohren schlicht spektakulärer und wilder war, und zu Stevie Ray Vaughan, der einfach nur saucool war.

Das Live-Album Just One Night war meine Einstiegsdroge, und die beiden letzten Songs der B- und D-Seite, After Midnight und Further On Up The Road haben mich damals vollkommen geflasht. Bis zum Unplugged-Album habe ich seine musikalische Entwicklung verfolgt, danach war ich zu sehr nur noch mit diesem Metal beschäftigt.

Also, hau rein, ich bin gespannt!
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Rivers
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Re: Eric Clapton

Beitrag von Rivers »

Der Startschuss des ganzen Hypes ist wohl der folgende Song. Erster Song auf dem John Mayall & Bluesbreakers Album. 1966.
Clapton hat vorher bei kurz den Yardbirds gespielt, wo dann auch früher oder später Jimmy Page und Jeff Beck und Peter Green spielten. Zu der Zeit gibt es auch wohl einen Hit, aber jetzt nichts Berauschendes.

Bei John Mayall spielte Clapton einen lauten, sehr sehr lauten Sound, direkt und relativ aggressiv - v.a. wenn man das mit dem Clapton aus den letzten Jahrzehnten vergleicht, wo diese Aggression nur selten rauskommt. Hier war es die einfache Kombination aus einer Gibson Les Paul und einem Marshall Amp. Also das, was auch z.B. Slash - in natürlich moderner Form - heutzutage noch nutzt. Und tausend andere Gitarristen auf der Welt. Damals war das relativ neu und progressiv. Die Blueser, zu denen Clapton sich ja auch zählen wollte, spielten meistens mit wesentlich weniger Zerre. Der Marshall Amp in der Version war gerade mal 2 Jahre vorher erfunden worden. Zeitgleich spielte Clapton eine Les Paul. Eine Gitarre, die damals relativ unbeliebt war. Etwa 15 Jahre alt, ein klobiges unmodernes Teil, hielt sich 9 Jahre am Markt und wurde 1960 halt schon fast eingestellt und durch die SG (AC/DC Angus Young Gitarre) ersetzt. Bis Clapton kam.

Mit dem Album und diesem ersten "wuuuup" und dem Gniedelriff da oben revolutionierte Clapton die englische Musikszene, brachte die Les Paul wieder ins Spiel und etablierte mit anderen Musikern die Marshall Amps in der Rockszene. OK, das hat er nicht allein gemacht, da waren The Who, Fleetwood Mac, Hendrix und andere dabei. Aber es war schon ausschlaggebend. Blick in die Zukunft: Kurze Zeit später kam Jimi Hendrix nach Europa. Der spielte aber halt keine Les Paul, sondern die damals moderner aussehenden Fender Stratocaster auf Marshalls. Für Clapton Grund genug zu wechseln und nie wieder richtig zurückzukehren. Für die Gitarrenszene eigentlich die zweite Revolution. Und die, die man heute eher kennt. Ich komme irgendwie immer zu dem Schluß, dass da alles irgendwie gleichzeitig war, wenn man aber den britischen Blickwinkel hat, war Clapton relativ früh relativ progressiv unterwegs, während amerikanische Musik-Historiker eher sich auf Hendrix konzentrieren als auf Clapton.

Und die Legacy, d.h. das Erbe aus diesem einen Album und den folgenden paar Jahren bei Cream ist enorm. Zum einen hat die Gitarre, die Clapton da nutzte und live einsetzte schon Heilgen Gral Status bekommen. Das Ding wurde geklaut und existiert wohl noch. John Bonnamassa weiß wohl auch wo. Die Leute lecken sich die Finger nach diesen Gitarre, die irgendwann in den 50ern hergestellt worden sind und sprechen denen schon magische Eigenschaften zu. Die Preise für diese alten Raritäten sind im 5 stelligen Bereich. Leider wird die Firma Gibson dem Ruf heute eigentlich nicht mehr gerecht, stellen seit 70 Jahren das Zeug immer noch her, mit allen Fehlern, die diese Gitarren konstruktionsbedingt haben. Tja, und Marshall haben mit diesen Amps halt ihren Ruf bis heute gestartet. Da hat sich schon mehr getan, die Amps wurden weiterentwickelt und leistungsstärker. Ich habe mal solche Amps (nicht aus der Zeit, aber von der Bauart) gespielt. Gerade in England gibt es mit den Vox Amps noch interessante Gegenstücke. Wer das nicht kennt: Ihr glaubt nicht, was für ein Lärm daraus kommen kann. Von einem Punkt aus dem Raum brüllt einen die Gitarre an, dass die Wände wackeln können. Nunja. Empfehlenswertes Video dazu:

https://www.youtube.com/watch?v=elQ4NLGdHC0

Ihr könnt ja mal in das "Bluesbreakers" Album reinhören. Ich finde es - bis auf den Sound - halt relativ dröösch. Interessanter wurde Clapton später, als er bei Cream spielte und sich dort Blues, Jazz und Psych-Rock vermischte. Aber dazu später mal mehr.
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Frank2
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Re: Eric Clapton

Beitrag von Frank2 »

Den Musiker Clapton mag ich vor allem in der Livesituation.
Vor allen Dingen sein Livealbum mit Winwood aus New York halte
ich für eines der besten überhaupt.
Abgesehen von Cream und Blind Faith haben mich seine Studioarbeiten
jedoch nie vollständig überzeugen können.
Als Gitarristen halte ich ihn gar für hoffnungslos überbewertet.
Bin gespannt auf die Weiterführung des Threads, vielleicht entdecke
ich doch noch was für mich.
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Alphex
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Re: Eric Clapton

Beitrag von Alphex »

Clapton ist - soweit das mein Eindruck im Gitarrenlager ist - weitaus weniger beliebt als es scheint.
Was das Interpretieren von klassischen Blues-Stücken aneght, ist Clapton sicher ein Ausnahmetalent. Kenne auch wenige Leute, die das abstreiten. Der Punkt ist eher - klassischer Blues ist nun kein sonderlich aktives Genre mehr. Was das angeht ist er doch ohnehin noch recht bekannt und beliebt. Ist jetzt nicht so, als ob Namen wie BB King oder Albert King hier im Forum oder bei Jüngeren Gitarrenambitionierten häufig fallen.

Clapton hat halt drei dicke Songs im Leben (mit)geschrieben, die man kennt - Sunshine of Your Love, Layla und Tears in Heaven. Als "wow, was für ein Gitarrenspiel!"-Nummer taugt davon vermutlich nur der Älteste; und der Neueste davon ist auch schon über 30 Jahre alt. Während Neil Young in den 90ern als Grunge-Altvater auf einmal wieder hip war und seitdem auch immer wieder mit Statements wohlwollend zitiert wurde, hat ein Clapton halt seit den 80ern nur politische Ausfälle der Marke "England den Weißen" oder das Drama mit Lady Harrison.
"Wenn man in der Metalszene unterwegs ist, dann bekommt man quasi NIE politische Statements zu hören. Auch deswegen liebe ich diese Szene so. Politik ist dort nunmal kein Thema. Fast schon ein Tabuthema."
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Rivers
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Re: Eric Clapton

Beitrag von Rivers »

Alphex hat geschrieben: 06.08.2022 23:02
Clapton ist - soweit das mein Eindruck im Gitarrenlager ist - weitaus weniger beliebt als es scheint.
Was das Interpretieren von klassischen Blues-Stücken aneght, ist Clapton sicher ein Ausnahmetalent. Kenne auch wenige Leute, die das abstreiten. Der Punkt ist eher - klassischer Blues ist nun kein sonderlich aktives Genre mehr. Was das angeht ist er doch ohnehin noch recht bekannt und beliebt. Ist jetzt nicht so, als ob Namen wie BB King oder Albert King hier im Forum oder bei Jüngeren Gitarrenambitionierten häufig fallen.

Clapton hat halt drei dicke Songs im Leben (mit)geschrieben, die man kennt - Sunshine of Your Love, Layla und Tears in Heaven. Als "wow, was für ein Gitarrenspiel!"-Nummer taugt davon vermutlich nur der Älteste; und der Neueste davon ist auch schon über 30 Jahre alt. Während Neil Young in den 90ern als Grunge-Altvater auf einmal wieder hip war und seitdem auch immer wieder mit Statements wohlwollend zitiert wurde, hat ein Clapton halt seit den 80ern nur politische Ausfälle der Marke "England den Weißen" oder das Drama mit Lady Harrison.
Sehe ich anders, aber da kommen wir noch zu. Speziell was in den 90ern abging. Das so ungefähr die Zeit, wo noch ein paar spannende Dinge passiert sind ehe sich sein Stil festigte und die Turbulenzen legten. Ich trenne das aber von dem politischen Ausfällen. Wie gesagt, das ist für mich eine Folge der konsequenten Art sich die Birne weichzusaufen. Ich hatte letztens einen Podcast über Jan Ulrich gehört (https://wrint.de/2022/07/24/wr1387-jan-ullrich/) und sehe da ein paar Parallelen.
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David Lee Hasselhoff
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Re: Eric Clapton

Beitrag von David Lee Hasselhoff »

Ich bin kein großer Clapton-Fan, aber was mir bei ihm schon auffällt: Sein Timing ist schlicht perfekt. Da sitzt jeder Ton auf die Millisekunde genau.
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Rotstift
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Re: Eric Clapton

Beitrag von Rotstift »

Und nicht zu vergessen: Den Anstoß zu Rock against Racism hat er auch gegeben.
Mille millions de mille sabords!

Music is no good if it can't be sung by the human voice in some way. (John Tavener)

Im übrigen bin ich der Meinung dass die AfD der politische Arm des Rechtsterrorismus ist.
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Re: Eric Clapton

Beitrag von sharkattack2 »

Allein für seinen Beitrag hier für, gehört dem Erich ein Orden verliehen (wie auch für viele andere seiner Gast-Beiträge):
...und einfach so, wird auch keiner Mr. Slowhand. Gut, über seine Solo-Schaffensphase kann man streiten, mioh langweilt das meiste (vorallem, wenn er versucht, ganz besonders "schwarz zu singen :gaehn: ). Aber auch hier gab es hin- und wieder Highlights.
Eins meiner Fave's davon:
...aber am besten war der Erich, tatsächlich, im Bandgefüge...bei Cream, in erster Linie, natürlich.. :)
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Rivers
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Re: Eric Clapton

Beitrag von Rivers »

Kapitel 2: Cream


Relevantes Video:
1966: Clapton ist bei den Bluesbreakers wieder ausgestiegen, nachdem er dort das mächtige selbstbetitelte Album eingespielt hatte. Mit Ginger Baker am Schlagzeug und Jack Bruce am Bass gründeten die drei die Band "Cream". Dabei standen die Zeichen auf "mutige Entscheidung", hatten sich Baker und Bruce doch bei einer vorherigen Band tüchtig geprügelt. Für Spannungen war also gesorgt.

Nach 2 bis 3 Jahren war es auch schon wieder gut. November 1968 gaben sie ihr letztes Konzert und verschwanden in alle Winde. Baker und Clapton zogen dann mit Steve Winwood weiter, dazu später mehr.

Was innerhalb dieser kurzen Zeit so alles passierte ist unglaublich schwer zu rekapitulieren und der Einfluß von Cream auf die Musik auch schwer nachzufassen. Keine Band klingt heute so und es wäre auch seltsam, wenn nochmal heute so eine Band auftauchen würde. Das Reunion Konzert von vor paar Jahren hat das deutlich gezeigt. Trotz des hohen Alters, ein Trio - halt eine Band aus 3 Leuten - ist echt eine ziemlich schwere Kategorie von Musik. Und je lauter es wird - und Cream waren schon ziemlich laut - desto schwieriger wird es, die Lücken zu füllen.

Wie auch immer, das erste Album: Fresh Cream. Mit "I Feel Free" ein seltsam psychedelisches Wunderwerk von Harmonien und Drive mit einem wunderbaren Anfangsakkord. Aber halt ein schrecklicher Stereo-Effekt, der einem die Ohren bluten lässt. Insgesamt noch ein lustig, lautes Pop-Unterfangen. N.S.U, Dreaming, I'm So Glad als Beispiele. V.a. mit dem cleveren mehrstimmigen Gesang. Gleichzeitig die brutale und laute Gitarre vor dem Holterdipolter von Bruce und Baker: Sweet Wine, Rollin' and Tumblin', Spoonful (beide mit der Harmonika). Schwer für die heutigen Ohren, weil ungewohnt kühl und mit einer räumlichen Leere, die man heute in der Musik nicht mehr hat.

Disraeli Gears (1967) hat nun auf einmal richtige Hits: Strange Brew, ein psychedelisches Blues-Cover. Sunshine Of Your Love, tausendmal gecovert und sehr nach Hendrix klingend. Tales of Brave Ulysses, von dem sich Led Zeppelin eine Scheibe abschneiden konnten. Daneben die psychedelischen Songs: World of Pain, Dance the Night Away, SWLABR mit ihren seltsamen Harmonien. Ein verrücktes Werk, das auch irgendwie nach gequirlter Affenscheiße klingt. Verrückte Welt damals und trotzdem

Wheels of Fire (1968) war nun ein Doppelalbum, eine Mischung aus Studio und Live. Die erste Platte enthält wiederum tolle Hits: White Room, was nun wirklich toll fließt und eine schöne ungewohnte Akkordfolge hat. Politican, was breit stampfend daherkommt. As You Said, was aus den 67er Beatles Zeiten kommt und woraus Led Zeppelin ein ganzes Album hätten draus machen können. :D

Die Live Scheibe hat nun das oben gespielte Crossroads: Wahrscheinlich die Mona Lisa des Bluesrock. Schwer zu sagen, was da mehr begeistert: Das einfache Riff, was aber immer durch einen Solo-Einschub aufgelockert wird. Der brömpelnde Bass, der sowieso schon hochtourig fährt, aber irgendwann einfach mal in den nächsten Gang schaltet. Oder das wirre Schlagzeug, dass irgendwann einfach nur noch verrückt losmarschiert und sowohl Dauerfeuer auf der Basedrum, als auch auf den Becken und den Toms hat. Gekrönt von 2 Soli, bei denen das zweite ziemlich ungeduldig hereinbricht und zeigt, wie sehr Clapton es schafft das doch starre Bluesschema mit seiner Gitarre zu umfließen, wie Wasser einen Stein. Das Lied müsste man aufhängen, es ist schon immer wieder erstaunlich.

Zurück zum Wheels Of Fire: Wer sich durch 7 Minuten Traintime durchhören kann, schafft auch ZZ Tops "Mellow Down Easy", 7 Jahre später. Wer eine Viertelstunde Schlagzeugsolo mag, ist bei "Toad" gut aufgehoben.

Zu guter letzt gab es 1969 noch den Nachfolger "Goodbye", da war die Band schon aufgelöst. Wieder eine Mischung aus Live-Musik und Studio. Badge schaut da natürlich heraus, kommt aber nicht an die Live-Aufnahmen von Clapton Solo ran.

Was ist es denn nun bei Cream, was die Band so besonders macht? Wenn mir z.B. die Musik nicht gefällt? *g*

Naja, schwer zu sagen, es ist ein bisschen die Zeit: Zu der Zeit haben die Beatles ihr Sgt. Pepper rausgebracht, die englische Psychedelic Szene war in ihrer Blütezeit. Blues - auf der anderen Seite - war noch nicht so verbreitet wie heute. Die Mischung von Psychedelic Rock und Blues war schon eine Lücke.

Insbesondere die Live-Konzerte von Cream, daher auch die Alben mit der Mischung aus Live und Studio. Damals war es halt recht neu, wenn ein Trio mit (den oben schon erwähnten) 100 Watt Verstärkern für über eine Stunde ein Publikum beschallte und dabei 20 Minuten am Stück irgendwas improvisierte. Konzerte waren kurz (die Beatles spielten mehrere an einem Tag). Cream brüllte auf die Zuschauer ein, die waren wahrscheinlich gut high und hielten deshalb auch mal ein 15 Minuten Schlagzeugsolo aus. Heute rasten die Leute dann eher negativ aus, es hat sich halt komplett gewandelt.

Wenn die Beatles die Musik mit ihren Eigenkompositionen an sich rissen, die Stones den Rotz und die Jugend reinbrachten, waren Cream wohl die, die den Weg für den Rock erfanden, von dem wir heute noch zehren. Improvisationen auf Basis vom Blues. Neben dieser europäischen Entwicklung, die mit Cream auch nach Amerika schwappte, kam von Amerika dann zur gleichen Zeit Hendrix nach Europa und überlagerte mit einem Einfluß die Musikgeschichte, ebenfalls mit der Mischung Blues und (später) psychedelic.

Wie schon geschrieben: Clapton nahm Hendrix als Anlass, von den Gibson Gitarren auf die Stratocasters zu wechseln. Der Wechsel bringt einen großen Soundwechsel mit sich. Die Gibsons waren Gitarren mit einem warmen, fetten Sound, fast cremig. Clapton nahm diesen Sound und wärmte ihn noch mehr auf, indem er die Höhen herausnahm.

Nach Hendrix wechselte er und sein Sound wurde dünner, schneidiger. Nur noch selten kam er auf diesen warmen und vollen Sound zurück, die nächsten Jahre, bis etwa Mitte der 80er, blieb er bei seinem dünnen, mehr an Country angelehnten Sound. Die Fans vermiesten ihm das gehörig. Neben den schlechten Solo-Alben kam dann noch ein dünner Live-Sound raus, der einem Gitarrenhelden von damals nicht gut stand. Somit sehnten sich Fans lange nach dem Sound von Cream zurück. Clapton hat es aber nicht gemacht. Irgendwann pimpte er seinen Sound auf, versuchte beide Welten zu vereinen, aber eigentlich blieb er doch auf der dünnen, drahtigen Fender Seite und entwickelte dann auch erst spät den Sound, den wir heute mit ihm verbinden.

Aber gut, Cream: Für einige der frühe Höhepunkt in Claptons Schaffen. Da war er noch jung, gefüllt mit Drogen, aber weitab von den Mengen später. Als nächstes kam eine kurze, aber sehr schöne Kooperation mit Steve Winwood (Blind Faith), dann das erste Solo-Album unter dem Namen "Derek and the Dominoes", welches eine Menge toller Songs mit krasser Energie beinhaltet. Und auch den Layla Song. Danach dann das erste richtige Soloalbum unter eigenem Namen, was schon alle Vor- und Nachteile des nächsten Jahrzehnts vereint. Ab da wird es düster. Dort beginnt der Absturz, der gesundheitliche Super-GAU. Aber dazu später mehr.

Anspieltipps:

Spoonful (im Wahnsinn)

https://www.youtube.com/watch?v=hH_YhoULx4A

Sunshine Of Your Love (im Wollmützen Style)

https://www.youtube.com/watch?v=Bwmf58-GkG0

Strange Brew (im Playback, aber bis zum Mundwinkel zugedröhnt)

https://www.youtube.com/watch?v=hftgytmgQgE

Das ganze Royal Albert Hall Konzert von 1968 kann man sich zwar ganz OK anschaune, aber da war die Band schon anders als ein halbes Jahr vorher. Da ist die Energie dann doch noch einige Stufen höher.
Zuletzt geändert von Rivers am 25.09.2022 19:52, insgesamt 1-mal geändert.
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Apparition
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Re: Eric Clapton

Beitrag von Apparition »

Schöne Zusammenfassung, die mich daran erinnert, dass ich mich eigentlich mal durch das komplette Cream-Schaffen hören wollte. Liebe für "White Room"!

Einmal hätte aber auch gereicht. :D
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Alphex
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Re: Eric Clapton

Beitrag von Alphex »

Ach, schau an. Hatte die ganze Zeit überlegt, woran mich Crossroads erinnert. Es war: Motörhead - Whorehouse Blues. Klar, Bluesschema, aber finde das schon bisschen mehr als nur das.
"Wenn man in der Metalszene unterwegs ist, dann bekommt man quasi NIE politische Statements zu hören. Auch deswegen liebe ich diese Szene so. Politik ist dort nunmal kein Thema. Fast schon ein Tabuthema."
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Rivers
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Re: Eric Clapton

Beitrag von Rivers »

Apparition hat geschrieben: 25.09.2022 13:17 Schöne Zusammenfassung, die mich daran erinnert, dass ich mich eigentlich mal durch das komplette Cream-Schaffen hören wollte. Liebe für "White Room"!

Einmal hätte aber auch gereicht. :D
Huch?

Huch?

Copy & Paste Fehler. Dachte selbst schon, ist aber ziemlich lang geworden. :D
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Re: Eric Clapton

Beitrag von David Lee Hasselhoff »

Hm. Schaut wohl aus, als sollte ich mich auch mal näher mit Cream befassen. Danke!
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Schnabelrock
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Re: Eric Clapton

Beitrag von Schnabelrock »

Rivers hat geschrieben: 25.09.2022 13:02 Nach Hendrix wechselte er und sein Sound wurde dünner, schneidiger. Nur noch selten kam er auf diesen warmen und vollen Sound zurück, die nächsten Jahre, bis etwa Mitte der 80er, blieb er bei seinem dünnen, mehr an Country angelehnten Sound. Die Fans vermiesten ihm das gehörig.
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