Der Philosophie/ Theologie Thread

Hier kommt alles rein, was nichts mit dem Rock Hard oder mit Musik zu tun hat
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Re: Der Philosophie/ Theologie Thread

Beitrag von NegatroN »

Mustafa_Manson hat geschrieben:Meinem Ethikempfinden nach kann man Menschenleben nicht arithmetisch erfassen.
Es gibt Varianten, wo wir das aber in jedem Fall tun. Bei einem Katastropheneinsatz teilen Rettungskräfte Verletzte in Kategorien ein, um möglichst viele zu retten. Das bedeutet dann auch, dass ein Schwerverletzter im Zweifelsfall liegen gelassen wird, wenn man stattdessen 3 andere retten kann. Da wird ihnen wohl auch niemand vorwerfen, dass sie arithmetisch werten.

Ein anderer Extremfall ist der Attentäter, der mit Sprengstoff auf eine Menschenmenge zuläuft und den ein Scharfschütze stoppen kann. Auch hier ist es für mich keine Frage, der muss schiessen.

Du hast natürlich recht, das alles sind keine rein arithmetischen Fragen, es kommen andere Aspekte dazu. Aber das ist immer so, in jeder Situation. Ich finde für mich auf alle Fälle keine Lösung, die immer richtig wäre.
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Mustl
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Re: Der Philosophie/ Theologie Thread

Beitrag von Mustl »

Mein theologischer Beitrag zur Frage: Ist der IS islamisch?


Ja mei, freilich ist er islamisch, weil ihn Muslime gemacht haben, und sich dabei auf die Religion beziehen.

Die theologisch interessantere Frage ist die, ob er "ganz besonders" islamisch ist, nehmen seine Anhänger doch den Koran wörtlich.

Da sage ich ganz klar nein!
Das Herauspicken einzelner Sätze aus dem Koran und die Hineininterpretation eigener Interessen, ungeachtet
gewichtiger Gebote die dagegen sprechen, ist keineswegs "ganz besonders" islamisch.

Die Theologie hinter IS ist intellektuell auf Kindergarten-Niveau, was aber leider auch dem Niveau der Zielgruppe entspricht.

Daher finde ich es auch daneben, wenn Kritiker im Interesse eines pauschalen Haudraufs auf Religionen, die Theologie hinter IS als eben durchaus als "besonders islamisch" darstellen wollen.
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Re: Der Philosophie/ Theologie Thread

Beitrag von NegatroN »

Es kommt drauf an, was mit "ganz besonders" gemeint ist. Wenn es bedeuten soll, dass die IS-Typen echtere Muslime sind als andere, dann geb ich dir Recht. Aber oftmals ist nur gemeint, dass sie der Religion einen wesentlich höheren Stellenwert einräumen als andere, also Fanatiker sind.
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Re: Der Philosophie/ Theologie Thread

Beitrag von monochrom »

Wie man "am meisten" islamisch oder christlich oder sonstwas sein kann, ist ja eh erstmal schwierig zu definieren, bzw hört sich eher absurd an.

Ist man christlicher, wenn man mehr von Auferstehung, Jungfrauengeburt oder heiligem Geist überzeugt ist als der Nachbar, der da nur zu 40% dran glaubt?


Auf der anderen Seite: Ist man mehr Kommunist, je mehr man von Marxschen Thesen überzeugt ist. Irgendwie schon ein wenig, oder?
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Re: Der Philosophie/ Theologie Thread

Beitrag von Sambora »

"besonders" kann allerdings auch im Sinne von "anders" aufgefasst werden.
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Re: Der Philosophie/ Theologie Thread

Beitrag von NegatroN »

monochrom hat geschrieben:Auf der anderen Seite: Ist man mehr Kommunist, je mehr man von Marxschen Thesen überzeugt ist. Irgendwie schon ein wenig, oder?
Ich glaube, dass man auch hier eher die Frage stellen muss, wie überzeugt derjenige selber ist und welchen Stellenwert das bei ihm einnimmt.
Wobei ich die Frage letztlich auch gar nicht für so irre interessant halte.

Der Punkt um den es eigentlich geht, ist ja ein ganz anderer. Nämlich der, inwieweit eine bestimmte Ideologie zu einer bestimmten Interpretation führt (bzw. führen muss) oder nicht. Also die Frage, ob Kommunismus immer zu dem wird, was wir als den real existierenden Sozialismus erlebt haben oder ob der Islam immer zum IS wird. Auf den Punkt läuft es ja in den Debatten immer wieder raus.
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Re: Der Philosophie/ Theologie Thread

Beitrag von monochrom »

NegatroN hat geschrieben:
monochrom hat geschrieben:Auf der anderen Seite: Ist man mehr Kommunist, je mehr man von Marxschen Thesen überzeugt ist. Irgendwie schon ein wenig, oder?
Ich glaube, dass man auch hier eher die Frage stellen muss, wie überzeugt derjenige selber ist und welchen Stellenwert das bei ihm einnimmt.
Wobei ich die Frage letztlich auch gar nicht für so irre interessant halte.

Der Punkt um den es eigentlich geht, ist ja ein ganz anderer. Nämlich der, inwieweit eine bestimmte Ideologie zu einer bestimmten Interpretation führt (bzw. führen muss) oder nicht. Also die Frage, ob Kommunismus immer zu dem wird, was wir als den real existierenden Sozialismus erlebt haben oder ob der Islam immer zum IS wird. Auf den Punkt läuft es ja in den Debatten immer wieder raus.
Immer wohl nicht, gerade bei Büchern/Ideologien die so vielschichtig sind.

Gerade die religiösen Bücer zeichnen sich ja dadurch aus, das sich dort gute, unverständliche, seltsame, doofe und schreckliche Stellen schön abwechselnd die Klinke in die Hand geben. Das führt ja zwangsläufig dazu, das sich über die Zeit alle möglichen Gruppierungen bilden, die dann die einen oder anderen Stellen betonen, entschärfen oder ignorieren.

Man muss sich ja von jedem Gläubigen immer erstmal im Detail erklären lassen, was er sich da so zurechtgezimmert hat, bevor man überhaupt die Positionen kennt, die man dann doof finden kann. Ansonsten ist das ja ein ewiges Ausgeweiche. "Ich bin Christ, glaube aber weder an Auferstehung, Wunder, Kreuzigung, Göttlichkeit Jesu (bzw sind wir Menschen halt alle göttlich), Übernatürliches noch kann ich mit der Kirche, in der ich bin, irgendetwas anfangen ausser sie macht gerade Sozialarbeit. Von den 10 Geboten finde ich vier wichtig, und die Bibel halte ich für eine Sammlung von komischen Mythen. Aber ich bin Christ!"
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Re: Der Philosophie/ Theologie Thread

Beitrag von NegatroN »

monochrom hat geschrieben:Immer wohl nicht, gerade bei Büchern/Ideologien die so vielschichtig sind.

Gerade die religiösen Bücer zeichnen sich ja dadurch aus, das sich dort gute, unverständliche, seltsame, doofe und schreckliche Stellen schön abwechselnd die Klinke in die Hand geben. Das führt ja zwangsläufig dazu, das sich über die Zeit alle möglichen Gruppierungen bilden, die dann die einen oder anderen Stellen betonen, entschärfen oder ignorieren.

Man muss sich ja von jedem Gläubigen immer erstmal im Detail erklären lassen, was er sich da so zurechtgezimmert hat, bevor man überhaupt die Positionen kennt, die man dann doof finden kann. Ansonsten ist das ja ein ewiges Ausgeweiche. "Ich bin Christ, glaube aber weder an Auferstehung, Wunder, Kreuzigung, Göttlichkeit Jesu (bzw sind wir Menschen halt alle göttlich), Übernatürliches noch kann ich mit der Kirche, in der ich bin, irgendetwas anfangen ausser sie macht gerade Sozialarbeit. Von den 10 Geboten finde ich vier wichtig, und die Bibel halte ich für eine Sammlung von komischen Mythen. Aber ich bin Christ!"
Alles richtig.

Aber: Auch wenn jede Schrift interpretiert werden kann, so machen manche Schriften eine bestimmte Auslegung einfacher als eine andere. Ich bin auch nicht der Ansicht, dass der Islam gezwungenermaßen zum IS führen muss. Es ist aber mit Sicherheit leichter, einen Jihad mit dem Koran zu begründen als mit dem Buch Mormon.
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Re: Der Philosophie/ Theologie Thread

Beitrag von Mustl »

NegatroN hat geschrieben:Es kommt drauf an, was mit "ganz besonders" gemeint ist. Wenn es bedeuten soll, dass die IS-Typen echtere Muslime sind als andere, dann geb ich dir Recht. Aber oftmals ist nur gemeint, dass sie der Religion einen wesentlich höheren Stellenwert einräumen als andere, also Fanatiker sind.

Ich denke nicht, dass man Menschen, bei denen Religion einen hohen Stellenwert einnimmt, alleine deshalb als Fanatiker bezeichnen kann.

Es kommt schon auf den Inhalt an, und wenn ein Muslim aus Gläubigkeit heraus strengstens für Güte, Wahrheit, und gegen Gewalt, Ungerechtigkeit, etc. eintritt, kann ich da schwer einen Fanatiker sehen.
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Re: Der Philosophie/ Theologie Thread

Beitrag von NegatroN »

Mustafa_Manson hat geschrieben:Ich denke nicht, dass man Menschen, bei denen Religion einen hohen Stellenwert einnimmt, alleine deshalb als Fanatiker bezeichnen kann.

Es kommt schon auf den Inhalt an, und wenn ein Muslim aus Gläubigkeit heraus strengstens für Güte, Wahrheit, und gegen Gewalt, Ungerechtigkeit, etc. eintritt, kann ich da schwer einen Fanatiker sehen.
Nicht einen hohen, aber einen zu hohen. Fanatismus bedeutet ja, dass jemand von einer Idee oder Ideologie besessen ist und alles andere dem unterordnet - ganz unabhängig davon, um was es sich dabei handelt. Von dem her wäre auch ein extremes Vertreten von positiven Inhalten Fanatismus.

Du darfst auch nicht vergessen, dass das extreme Vertreten von Werten immer negative Konsequenzen haben kann. Auch wenn es an sich erst mal positive Werte sind. Ab einem bestimmten Grad kommst du da immer zu einem "der Zweck heiligt die Mittel" und negativen Auswirkungen.
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Re: Der Philosophie/ Theologie Thread

Beitrag von Chris777 »

Wenn etwas in den Fanatismus abrutscht dann ist es auch nicht mehr gut. So oder so.

Und zur Defintion von Glaube(n): Glaube an sich ist ja nicht an bestimmte Parameter gebunden. Wie Mono schon schrob. Glaube kann auch einfach irgendeine Sache von Hunderten sein, die aber dann besonders wichtig für jemanden ist, und sollte natürlich auch nicht in den Fanatismus abrutschen.

Zu IS: Jemand der sich gläubiger definiert als andere, isoliert sich nur so noch mehr von Anderen. Und der Glaube wird hier ja als Deutungshoheit verstanden und Entschuldigung für jede Form von Unmoral. Quasi das Diktat des Glaubens. Die IS glaubt ja daran das sie die Welt von den Ungläubigen befreien muss, nutzt es natürlich auch als Doktrin und als Machtphilosophie.
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Re: Der Philosophie/ Theologie Thread

Beitrag von monochrom »

Mustafa_Manson hat geschrieben:
NegatroN hat geschrieben:Es kommt drauf an, was mit "ganz besonders" gemeint ist. Wenn es bedeuten soll, dass die IS-Typen echtere Muslime sind als andere, dann geb ich dir Recht. Aber oftmals ist nur gemeint, dass sie der Religion einen wesentlich höheren Stellenwert einräumen als andere, also Fanatiker sind.

Ich denke nicht, dass man Menschen, bei denen Religion einen hohen Stellenwert einnimmt, alleine deshalb als Fanatiker bezeichnen kann.

Es kommt schon auf den Inhalt an, und wenn ein Muslim aus Gläubigkeit heraus strengstens für Güte, Wahrheit, und gegen Gewalt, Ungerechtigkeit, etc. eintritt, kann ich da schwer einen Fanatiker sehen.
Man kann halt leider so schwer strengestens oder fanatisch für Gelassenheit bis Wurschtigkeit eintreten. :D

Ist so ein Grundproblem.
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Re: Der Philosophie/ Theologie Thread

Beitrag von Dimebag666 »

Mustafa_Manson hat geschrieben: Es kommt schon auf den Inhalt an, und wenn ein Muslim aus Gläubigkeit heraus strengstens für Güte, Wahrheit, und gegen Gewalt, Ungerechtigkeit, etc. eintritt, kann ich da schwer einen Fanatiker sehen.
Strengstens für Güte einzutreten klingt für mich aber schon nach einem Oxymoron.
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Re: Der Philosophie/ Theologie Thread

Beitrag von Mustl »

Chris777 hat geschrieben: Die IS glaubt ja daran das sie die Welt von den Ungläubigen befreien muss
Was zahlreichen Stellen im Koran diametral zuwider läuft. Um sowas überhaupt aus dem Koran herauszulesen, muss man wirklich Teilsätze aus dem Zusammenhang reißen.
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Re: Der Philosophie/ Theologie Thread

Beitrag von monochrom »

Ich finde aber das der Mustl da im Prinzip schon Recht hat - mich nervt es auch, wenn die orthodoxesten Positionen als die echtesten wahrgenommen werden.

Und es erscheint mir auch falsch. Es ist nicht derjenige der beste Werder-Fan, der am dogmatischsten gegen alles ist, was nicht grün-weiss ist. Es ist nicht derjenige der beste Rollenspieler, der sich am sklavischsten an die Regeln hält. Es ist nicht derjenige der beste Koch italienischen Essens, der keine Zutat zulässt die nicht schon seit mindestens 400 Jahren auf dem Schuhfortsatz Europas angebaut wird.
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