Der Philosophie/ Theologie Thread

Hier kommt alles rein, was nichts mit dem Rock Hard oder mit Musik zu tun hat
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Mustl
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Re: Der Philosophie/ Theologie Thread

Beitrag von Mustl »

SirFranklin hat geschrieben: Lass bei den Evangelien mal den ganzen Schmonz mit Gott weg und du findest ein Manifest des Humanismus, imho. Das ist auch das, was du bei Kant finden kannst,
Natürlich.
Der "Schmonz" ist die mythologische Aufarbeitung, also quasi die Umsetzung der Idee in eine kulturelle Bilderwelt, die auch emotional verständlich ist.
Wir sind als Persönlichkeiten schließlich Kulturwesen.

Der Kern auch der Evangelien ist die Idee, das Ideal, das Erstrebenswerte, welches ihr kulturelles und logisches Ultimo in "Gott" findet.
Der Ausweg aus dem Regress der Kausalität.
"Gott ist die Liebe" lautet die christliche Definition.

Die Evangelien etwa als historische Texte im modernden Verständnis (wie es seit Ranke gilt) zu nehmen, kann aus meiner Sicht nur zu Fehldeutungen führen.

Nietzsches Kritik aber ist radikal. Er lehnt jegliche idealistischen und moralischen Werte ab, und präsentiert seine "absolute Lebensbejahung".
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Mustl
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Re: Der Philosophie/ Theologie Thread

Beitrag von Mustl »

Aber um mal auf Marx zurück zu kommen:

Wie schätzt ihr die Rolle des Frühsozialismus um Personen wie z.B. Saint-Simon als Einfluss für Marx ein?
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Mustl
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Re: Der Philosophie/ Theologie Thread

Beitrag von Mustl »

Ein Kant vs Nietzsche Philo-Battle (jeweils zu ihren besten Zeiten) wäre so meine Vorstellung
des ultimativen Philosophiegequatsches.*g*

Kant analysiert mit unerreichter Exaktheit die Bereiche der Logik, der Wissenschaft und des Glaubens, und stellt im Rahmen seines Idealismus seinen "Gott" als Begriff der reinen praktischen Vernunft hin.

Nietzsche weiß, dass er gegen die logische Exaktheit eines Kant nicht argumentieren kann, und das will er auch nicht.
Er schmeisst das ganze "System" um Moral und Idealismen hin, und präsentiert seine "absolute Lebensbejahung".
:prost:
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Re: Der Philosophie/ Theologie Thread

Beitrag von NegatroN »

Nach all dem abstrakten Gesabbel hier mal ein ganz konkretes und durchaus spannendes Phänomen:
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Re: Der Philosophie/ Theologie Thread

Beitrag von Mustl »

Ich kann hier in der Arbeit schlecht das Video schauen, aber die Fragestellung ist mir bekannt.
Im Grunde der Konflikt zwischen utilitaristischer und idealistischer Ethik.

Ich persönlich fühle mich bei letzterer wohler.
Sprich: Ich töte grundsätzlich keinen Menschen, auch wenn ich damit 5 Andere retten könnte.
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Re: Der Philosophie/ Theologie Thread

Beitrag von NegatroN »

Mustafa_Manson hat geschrieben:Ich kann hier in der Arbeit schlecht das Video schauen, aber die Fragestellung ist mir bekannt.
Im Grunde der Konflikt zwischen utilitaristischer und idealistischer Ethik.

Ich persönlich fühle mich bei letzterer wohler.
Sprich: Ich töte grundsätzlich keinen Menschen, auch wenn ich damit 5 Andere retten könnte.
Das Video beleuchtet einen etwas anderen Aspekt.

Szenario 1: Der Wagen fährt auf ein Gleis zu, auf dem 4 Personen sind. Mit einem Hebel kannst du den Wagen auf ein Gleis lenken, auf dem nur eine Person ist. Die meisten Befragten geben in dem Fall an, dass sie das tun würden.

Szenario 1: Der Wagen fährt auf das gleiche Gleis zu, aber in diesem Fall müsstest du eine Person von einer Brücke vor den Wagen stoßen, um diesen zu stoppen. Hier sagen die meisten Befragten, dass sie das auf gar keinen Fall tun würden.

Das ist immerhin interessant, weil es eigentlich dasselbe ist, sich aber tatsächlich sehr anders anfühlt.
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Re: Der Philosophie/ Theologie Thread

Beitrag von Rawonamking »

Von der Zahl her dasselbe aber im zweiten Fall bringe ich einen Unbeteiligten, der selber bisher nicht in Todesgefahr stand zu Tode ... finde das ist von der Situation her auch noch mal was Anderes ....

... und noch eins schärfer: Selber springen (wenn man dick genug wäre *g*) - wer würde das tun?
Über das Leben Anderer zu entscheiden fällt offensichtlich in jedem Fall "leichter" ...

4 Leben für 1 ... das immerhin in allen Fällen ...
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Re: Der Philosophie/ Theologie Thread

Beitrag von NegatroN »

Rawonamking hat geschrieben:Von der Zahl her dasselbe aber im zweiten Fall bringe ich einen Unbeteiligten, der selber bisher nicht in Todesgefahr stand zu Tode ... finde das ist von der Situation her auch noch mal was Anderes ....
Das ist im ersten Fall ganz genau so. Wenn man die Weiche nicht betätigt, passiert ihm nichts. Der einzige Unterschied ist, dass man ihn im ersten Fall indirekt zum Tode verurteilt (durch Ändern der Fahrtrichtung des Wagens) und im zweiten direkt (durch Schubsen der Person).
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Re: Der Philosophie/ Theologie Thread

Beitrag von Rawonamking »

Du verstehst denke ich auch was ich meine: im ersten Fall steht der 1 auf den Schienen und es gibt die "Wahl" mit der Weiche : Die Vier oder der Eine.

Im zweiten Fall stehen nur 4 auf den Schienen und der 1 muss "erst raufgeschubst" werden.
Dabei ist es mehr das "aktive" Schaffen einer neuen Situation, die den Tod der 4 verhindert auf Kosten des Einen (so als würde ich einen Baumstamm auf die Schienen schmeißen ..)
Man spielt mehr "Schicksal" als im andern Fall ... man übernimmt mehr "Verantwortung" für das was geschieht ...

Im ersten Fall ist es eher eine "passive" Wahl zwischen zwei möglichen "Zugunglücken" von denen ich eines "verhindern" kann ...

Vorschlag: Wir könnten auf der Brücke ja auch einen ähnlichen Hebel wie an der Weiche installieren, der eine vorbereitete Falltür öffnet - ich glaube ich hätte damit die gleichen Probleme wie mit dem Handschubs über das Brückengeländer ... :o

Tja und was ist nun mit SELBER springen? Über das eigene Leben kann man doch freier verfügen als über das eines Anderen - es ist immerhin MEIN LEBEN. Muss man dann nciht springen wenn man die Möglichkeit hat die Vier zu retten?
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Re: Der Philosophie/ Theologie Thread

Beitrag von NegatroN »

Rawonamking hat geschrieben:Tja und was ist nun mit SELBER springen? Über das eigene Leben kann man doch freier verfügen als über das eines Anderen - es ist immerhin MEIN LEBEN. Muss man dann nciht springen wenn man die Möglichkeit hat die Vier zu retten?
Die Option wäre natürlich vorzuziehen, aber es gibt sie in dem Gedankenspiel eben nicht. *g*
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Re: Der Philosophie/ Theologie Thread

Beitrag von Ragdoll »

NegatroN hat geschrieben: Szenario 1: Der Wagen fährt auf ein Gleis zu, auf dem 4 Personen sind. Mit einem Hebel kannst du den Wagen auf ein Gleis lenken, auf dem nur eine Person ist. Die meisten Befragten geben in dem Fall an, dass sie das tun würden.
Ich kann das Video gerade nicht schauen.
Aber die Fortgeschrittenen-Version dieses Szenarios geht davon aus, dass die 1 Person dein Kind, bzw. ein enger Verwandter von Dir ist.
Wie sieht denn dann die Entscheidung aus? *g*
Ich spreche zu Ihnen als eine Frau, die aus einem der reichsten Länder der Welt kommt; einem Land mit einer blutigen, nach Gas stinkenden Geschichte... Reich ist die Welt, in der ich lebe, vor allem an Tod und besseren Möglichkeiten zu töten.“
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Re: Der Philosophie/ Theologie Thread

Beitrag von Rawonamking »

NegatroN hat geschrieben:
Rawonamking hat geschrieben:Tja und was ist nun mit SELBER springen? Über das eigene Leben kann man doch freier verfügen als über das eines Anderen - es ist immerhin MEIN LEBEN. Muss man dann nciht springen wenn man die Möglichkeit hat die Vier zu retten?
Die Option wäre natürlich vorzuziehen, aber es gibt sie in dem Gedankenspiel eben nicht. *g*
Das stimmt: Ich habe deswegen so gefragt, weil ich bezogen auf Szenario 2 denke: Wenn ich nicht auch selbst bereit bin zu springen - dann "dürfte" ich auch den Dicken nicht schubsen ...
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Re: Der Philosophie/ Theologie Thread

Beitrag von NegatroN »

Ragdoll hat geschrieben:
NegatroN hat geschrieben: Szenario 1: Der Wagen fährt auf ein Gleis zu, auf dem 4 Personen sind. Mit einem Hebel kannst du den Wagen auf ein Gleis lenken, auf dem nur eine Person ist. Die meisten Befragten geben in dem Fall an, dass sie das tun würden.
Ich kann das Video gerade nicht schauen.
Aber die Fortgeschrittenen-Version dieses Szenarios geht davon aus, dass die 1 Person dein Kind, bzw. ein enger Verwandter von Dir ist.
Wie sieht denn dann die Entscheidung aus? *g*
Man kann das ja beliebig varriieren. Die eine oder die vier Personen können in beiden Szenarien alt, jung, krank, Verbrecher, Prominente oder Nobelpreisträger sein. Das wird bei den meisten Menschen Einfluß auf die Entscheidung haben. Was vor allem eins zeigt: wir weisen unterschiedlichen Leben unterschiedlichen Wert zu, auch wenn wir das meist bestreiten.

Sam Harris hat dazu mal was schönes gesagt: Selbstverständlich ist nicht jedes Leben gleich viel wert. Aber unsere Welt ist eine bessere, wenn wir in den meisten Fällen so tun als ob.


Ich habe im Übrigen keine Antwort auf die Frage, wie ich in den verschiedenen Szenarien reagieren würde. Zwar bin ich mir ziemlich sicher, dass ich niemanden vor den Zug stoßen würde. Aber nur ziemlich, nicht völlig. Grundsätzlich gehe ich eher in die Richtung, überhaupt nicht einzugreifen und damit auch nicht darüber zuentscheiden, wen es letztlich trifft. Auch nicht in Szenario 1. Aber ob es in einem vergleichbaren konkreten Fall wirklich so wäre, kann ich nicht sagen.
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Re: Der Philosophie/ Theologie Thread

Beitrag von NegatroN »

Rawonamking hat geschrieben:
NegatroN hat geschrieben:
Rawonamking hat geschrieben:Tja und was ist nun mit SELBER springen? Über das eigene Leben kann man doch freier verfügen als über das eines Anderen - es ist immerhin MEIN LEBEN. Muss man dann nciht springen wenn man die Möglichkeit hat die Vier zu retten?
Die Option wäre natürlich vorzuziehen, aber es gibt sie in dem Gedankenspiel eben nicht. *g*
Das stimmt: Ich habe deswegen so gefragt, weil ich bezogen auf Szenario 2 denke: Wenn ich nicht auch selbst bereit bin zu springen - dann "dürfte" ich auch den Dicken nicht schubsen ...
Interessanter Punkt. Darüber muss ich erst nachdenken.
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Re: Der Philosophie/ Theologie Thread

Beitrag von Mustl »

Meinem Ethikempfinden nach kann man Menschenleben nicht arithmetisch erfassen.
Daher bleibe ich bei allen Variationen bei meiner obigen Aussage.

Beim Fall mit den nahestehenden Personen ist es keine rein ethische Entscheidung.
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