Der Philosophie/ Theologie Thread

Hier kommt alles rein, was nichts mit dem Rock Hard oder mit Musik zu tun hat
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Mustl
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Re: Der Philosophie/ Theologie Thread

Beitrag von Mustl »

Oder auch einfach nur Namen .



Labereien über Philosophen



Ich werfe mal Nietzsche in die Runde. Der hat mich in Sachen Denkmechanik durchaus beeinflusst, aber seine Ansichten kann ich natürlich nicht teilen.
Der ist einfach zu extrem. Meine Wertvorstellungen verbieten es mir, Nietzsche zu begleiten.

Wenn man ihm aber rein gedanklich und künstlerisch folgt, so ergeben sich unheimlich tiefe, oftmals auch klare Gedankenwelten.

Nietzsche hat in der Philosophiewelt jedenfalls mal seine dicken Eier gezeigt.

Ich persönlich sehe seinen gesellschaftlichen Einfluss - auch bis in die heutige Zeit hinein- durchaus gegeben.
Zuletzt geändert von Mustl am 03.10.2010 01:00, insgesamt 1-mal geändert.
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JoS
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Re: Der Philosophie/ Theologie Thread

Beitrag von JoS »

Nietzsche - allein das Klischee bedienend - natürlich. Zu extrem? Zu polyvalent!
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Mustl
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Re: Der Philosophie/ Theologie Thread

Beitrag von Mustl »

JoS hat geschrieben:Nietzsche - allein das Klischee bedienend - natürlich. Zu extrem? Zu polyvalent!

Findest du ?

Klar kann man ihn für verschiedene Argumentationen benutzen, aber seine direkten Aussagen - und ich nehme hier den Zarathustra als sein Hauptwerk an - sind... naja, entweder extrem krank, extrem genial oder einfach nur ein kunstvolles Weltbild.

Worüber wir hier sicher nicht zu diskutieren brauchen, sind irgendwelche "satanistischen Philosophien", die sicherlich von Nietzsche beeinflusst irgendwas versuchen, aber doch in jeder Hinsicht hinter ihm weit zurückbleiben.

Was ich persönlich ihm jedoch am meisten anrechne, ist die konsequente Ablehnung jeglicher Vorstellung von "Idealwelten".
Sozusagen ein absolut glasklarer Atheismus.
Kein Kant, kein Platon. Nur Dionysos und Apollon.

Das schaffen die meisten heutigen "Atheisten" nicht.

Da bleibt meist ein Rest hängen (z.B. Moral) an das man irgendwas wie "Gott" dranhängen könnte.

Bei Nietzsche geht das nicht.
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JoS
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Re: Der Philosophie/ Theologie Thread

Beitrag von JoS »

Die Instrumentalisierung durch Ideologien ist sicher ein kardinales Problem der Rezeption Nietzsches. Aber genau hier liegt mein Ansatz. Ich kann den Nationalsozialismus, den Marxismus, das Bigotte oder eben auch den Satanismus aus Nietzsche herleiten und ich denke, er liegt in gewisser Weise sehr nahe bei Kant. Um einen Kommilitonen zu zitieren: "Kants Philosophie kannst du in zwei Worten zusammenfassen: Denk selbst!".

Bei Nietzsche ist es ähnlich. Zarathustra ist eine Anleitung zur Betrachtung des Selbst jenseits gesellschaftlicher Normen. Das wirklich große Problem ist das Topos Liebe, den was in der Liebe geschieht, ist jenseits von Gut und Böse.
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Mustl
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Re: Der Philosophie/ Theologie Thread

Beitrag von Mustl »

Hm, kannst du das mit der Nähe zwischen Kant und Nietzsche genauer erklären ?

Aus meiner Sicht gibt es da ganz grundlegende Unterschiede.

Kant geht ja davon aus, daß sich unsere Welt von der "Welt an sich" unterscheidet.
Ich sehe da Parallelen zu Platons Ideenwelt, aber auch zum christlichen Gottesreich.


Diese "Idealwelt" soll dann der "reinen Vernunft" zugänglich sein; diese wiederum ist nur durch "echte" Freiheit praktikabel.
"Echte" Freiheit bedeutet aber nicht nur die Loslösung von aufgedrückten Ideologien, sondern auch die Erhabenheit über die Triebe.
Die Praxis der Vernunft führt dann letztendlich zu einer Idealordnung, in der die Menschen freiwillig weil aus Vernunft ihre Pflichten erledigen und Gutes tun.
Das alles funktioniert laut Kant nur mit dem Glauben an Gott als oberster Moral- und Vernunftinstanz.


Nietzsche hingegen verwirft jede Art von "Idealwelt" und sieht die eigentliche und einzige Realität in dem tatsächlichen Geschehen selbst.
Alles andere sind nur Gedankenprodukte, die nur in der Vorstellung existieren, und die nur dazu dienen, den Menschen irgendeine Ordnung einzureden, meist um sie damit zu "erziehen" bzw. im Zaum zu halten.

So sieht er Moral letztendlich als Waffe der "Schwächeren" gegen die "Starken".
Durchaus "berechtigt" eingesetzt (zwischen "berechtigt" und "unberechtigt" unterscheidet konsequenterweise nicht), aber im Falle einer Oberherrschaft ein Hemmschuh für die menschliche Entfaltung.

So nennt er die Bibel als das Werk, das den allermeisten Schaden an den Menschen angerichtet hat.

Nicht etwa wegen der blutigen Geschichten, sondern wegen dem Gefängnis aus Moral und Handlunsvorschriften, in das sie den Menschen zwängt.


Sein "Übermensch" ist jemand, der sich keine Illusionen über irgendwelche anderen Welten macht, sondern völlig im hier und jetzt lebt, und dabei keinerlei Schranken kennt. Mit entsprechendem Willen ist er damit zu ganz großen Taten fähig.

Wobei diese natürlich auch "guter" Natur sein können.
Die Natur selbst und das Leben setzen nicht nur auf Vielfalt, sondern auf Überfluss, also reichlich für alle - wenn denn die Bedingungen stimmen.
Wenn dies aber nicht der Fall ist, gibt es auch kein Mitleid.



So zumindest verstehe ich die Beiden, wobei es zu Nietzsche auch ganz andere Interpretationen gibt, wie du richtig festgestellt hast.

Aber Gemeinsamkeiten zwischen Nietzsche und Kant erschließen sich mir eigentlich weniger.
Am allerehesten sicher die Selbstbestimmtheit des Menschen, die aber jeweils in völlig anderem Rahmen gesehen wird.
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Re: Der Philosophie/ Theologie Thread

Beitrag von Mustl »

Dank zeno.org sind viele Werke der großen Meister auch nur ein paar Mausklicks entfernt.

Hier ein wenig Nietzsche, radikal aber höchst niveauvoll, jedenfalls amüsant bis fasziniernd :


http://www.zeno.org/Philosophie/M/Nietz ... hilosophie


Auch darin haut er mal wieder auf Kant (den er gelegentlich C'ant nennt) rein :

"Die Welt scheiden in eine »wahre« und eine »scheinbare«, sei es in der Art des Christentums, sei es in der Art Kants (eines hinterlistigen Christen zu guter Letzt –) ist nur eine Suggestion der décadence ..."


und hier rechnet er kurz und knapp mit der "wahren" also "eigentlichen" Welt ab :

http://www.zeno.org/Philosophie/M/Nietz ... abel+wurde

Dabei kommt er sogar auf den "Höhepunkt der Menschheit" zu sprechen. *g*
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Re: Der Philosophie/ Theologie Thread

Beitrag von DonPromilllo »

Was muss man denn von Kant so gelesen haben? Gibt es ein "Best Of" Werk?
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Re: Der Philosophie/ Theologie Thread

Beitrag von Mustl »

DonPromilllo hat geschrieben:Was muss man denn von Kant so gelesen haben? Gibt es ein "Best Of" Werk?

Stöber halt einfach mal rein :

http://www.zeno.org/Philosophie/M/Kant,+Immanuel


Kurzfassungen findest du sicher bei Wikipedia oder so.
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JoS
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Re: Der Philosophie/ Theologie Thread

Beitrag von JoS »

DonPromilllo hat geschrieben:Was muss man denn von Kant so gelesen haben? Gibt es ein "Best Of" Werk?
Es gibt die drei Kritiken in einer 4-bändigen stw Serie...recht günstig und das Fundament seiner Philosophie.
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Re: Der Philosophie/ Theologie Thread

Beitrag von Mustl »

Nietzsche war ja nun nicht gerade bescheiden.
So bemerkte er, daß sein Zarathustra das größte Werk ist, daß der Menschheit geschenkt wurde.

Dazu erklärte er, daß er wohl erst nach vielen Generationen verstanden werden wird. Quasi ein Visionär. *g*

Nun, das bringt ihm manchmal den Ruf eines Wichtigtuers unter den Philosophen ein, aber wenn man seine Texte dann liest, kommt man doch nicht herum, sie ernstzunehmen.

Hier ein sehr beliebter Text, in dem der Tod Gottes ausgerufen wird :

http://www.dober.de/religionskritik/nietzsche1.html


Ich finde auch den ganzen Zarathustra sehr faszinierend. Sicherlich vollgestopft mit Symbolik und mythologischen Bildern - was natürlich Interpretationsmöglichkeiten zulässt, und vielleicht auch damit die angesprochene "Polyvalenz" begründet.
Aber die Bilder wirken auch. Und genau das ist etwas, was Nietzsche anderen Philosophen voraus hat.

Helmut Barz hat es so erklärt, daß in den Werken Nietzsches das "Dionysische" aufblitzt.

Soll etwa heißen, daß es vom Leser nicht nur rein intellektuell begriffen wird, sondern eine emotionale Botschaft vermittelt wird, die die eigentliche Aussage ausmacht.

Klar : So funktionieren mythologische Bilder.

Nietzsche hat also auch zum Feld der Mythologie einiges beigetragen. So wird er etwa von Joseph Campbell desöfteren zitiert, wenn es um einflussreiche mythologische Bilder geht.
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Re: Der Philosophie/ Theologie Thread

Beitrag von Mustl »


schlimme Koranverse


Im Sarrazin-Thread wurden mal wieder die bösen Koranverse ins Feld geworfen, gemäß denen der Koran den Muslimen vorschreibt, Ungläubige zu töten und womöglich noch mit Gewalt zum Islam zu zwingen.

Ja, was die Terroristen da machen, mag sogar so aussehen.

Trotzdem ist es völliger Blödsinn.

Hier mal ein genauerer Blick auf ein paar der gängisten Beispiele :


"Und tötet sie, wo immer ihr auf sie stoßt, und vertreibt sie, von wo sie euch vertrieben haben; denn die Verführung (zum Unglauben) ist schlimmer als Töten. Und kämpft nicht gegen sie bei der heiligen Moschee, bis sie dort gegen euch kämpfen. Wenn sie aber gegen euch kämpfen, dann tötet sie. Solcherart ist der Lohn der Ungläubigen."


Schonmal sehr böse. Kann man da auch was anderes als "Tötet sie, tötet sie" rauslesen ?

Ich denke schon. Wenn man ein wenig das Umfeld betrachtet, so ergibt sich mir ein anderes Bild :

"Und kämpft auf dem Weg Allahs gegen diejenigen, die gegen euch kämpfen, doch übertretet nicht. Wahrlich, Allah liebt nicht diejenigen, die übertreten.

Und tötet sie, wo immer ihr auf sie stoßt, und vertreibt sie, von wo sie euch vertrieben haben; denn die Verführung (zum Unglauben) ist schlimmer als Töten. Und kämpft nicht gegen sie bei der heiligen Moschee, bis sie dort gegen euch kämpfen. Wenn sie aber gegen euch kämpfen, dann tötet sie. Solcherart ist der Lohn der Ungläubigen.

Wenn sie aber aufhören, so ist Allah Allverzeihend, Barmherzig.
Und kämpft gegen sie, bis es keine Verwirrung (mehr) gibt und die Religion Allah gehört. Wenn sie aber aufhören, so soll es keine Gewalttätigkeit geben außer gegen diejenigen, die Unrecht tun. [2:190 - 193] "


So übersetzt Rassoul. Azhar übersetzt den letzten Vers so :

"Ihr sollt diese Feinde bekämpfen, damit die Gläubigen nicht verfolgt werden und damit der Glaube an Gott vorherrscht. Wenn sie die Feindseligkeiten einstellen, dürft ihr sie nicht angreifen. Nur die Ungerechten dürfen angegriffen werden. "



Nunja, klingt für mich nach einer Rechtfertigung von Verteidigung, die aber auch die Verhältnismäßigkeit einhalten muss.


Schauen wir weiter :

"Sie wünschen, daß ihr ungläubig werdet, wie sie ungläubig sind, so daß ihr alle gleich werdet. Nehmt euch daher keine Beschützer von ihnen, solange sie nicht auf Allahs Weg wandern. Und wenn sie sich abwenden, dann ergreift sie und tötet sie, wo immer ihr sie auffindet; und nehmt euch keinen von ihnen zum Beschützer oder zum Helfer , [4:89]"

da rate ich, einfach weiterzulesen :

"mit Ausnahme derer, die zu Leuten gelangen, mit denen ihr ein Bündnis habt, und die zu euch kommen, weil ihre Herzen davor zurückschrecken, gegen euch oder gegen ihr eigenes Volk zu kämpfen. Und wenn Allah es gewollt hätte, hätte Er ihnen Macht über euch geben können; dann hätten sie sicherlich gegen euch gekämpft. Darum, wenn sie sich von euch fernhalten und nicht gegen euch kämpfen, sondern euch Frieden bieten; dann hat Allah euch keinen Grund gegen sie gegeben. [4:90]"



Da kann ich auch nicht anders : Verteidigung !



Wird auch gerne genommen :

"O ihr, die ihr glaubt, kämpft gegen jene, die euch nahe sind unter den Ungläubigen, und lasset sie euch hart vorfinden; und wisset, daß Allah mit den Gottesfürchtigen ist. [9:123]"



Ja, die "Kampfsure 9".
Da steht auch sowas :


"Und wenn die heiligen Monate abgelaufen sind, dann tötet die Götzendiener, wo immer ihr sie findet"



Aber wenn man dann doch weiterliest, so trifft man plötzlich auf :


"und wenn einer der Götzendiener bei dir Schutz sucht, dann gewähre ihm Schutz, bis er Allahs Worte vernehmen kann; hierauf lasse ihn den Ort seiner Sicherheit erreichen. Dies (soll so sein), weil sie ein unwissendes Volk sind. [9:6]"



Wie jetzt ? Denen Schutz bieten ? Wie kann das sein, wo man sie doch töten soll ?


Auch da ist es ratsam, weiterzulesen :

"Wollt ihr nicht gegen Leute kämpfen, die ihre Eide gebrochen haben und die den Gesandten zu vertreiben planten - sie waren es ja, die euch zuerst angegriffen haben -? Fürchtet ihr sie etwa? Allahs Würde geziemt es eher, daß ihr Ihn fürchtet, wenn ihr Gläubige seid. [9:13]"



Folglich denjenigen Ungläubigen Schutz geben, die nicht kämpfen, aber diejenigen töten, die mordend umhertreiben.





Nun, eine weitere Erläuterung dieser Thematik findet man auch da :

" Vielleicht wird Allah Zuneigung setzen zwischen euch und denen unter ihnen, mit denen ihr in Feindschaft lebt; denn Allah ist Allmächtig und Allah ist Allverzeihend, Barmherzig.
Allah verbietet euch nicht, gegen jene, die euch nicht des Glaubens wegen bekämpft haben und euch nicht aus euren Häusern vertrieben haben, gütig zu sein und redlich mit ihnen zu verfahren; wahrlich, Allah liebt die Gerechten.
Doch Allah verbietet euch, mit denen, die euch des Glaubens wegen bekämpft haben und euch
aus euren Häusern vertrieben und (anderen) geholfen haben, euch zu vertreiben, Freundschaft
zu schließen. Und wer mit ihnen Freundschaft schließt - das sind die Missetäter.[60:7-9 ]"



Und ferner :


"Die Vergeltung für eine Übeltat soll ein Übel gleichen Ausmaßes sein; dessen Lohn aber, der vergibt und Besserung bewirkt, ruht sicher bei Allah. Wahrlich, Er liebt die Ungerechten nicht.
Jedoch trifft kein Tadel jene, die sich wehren, nachdem ihnen Unrecht widerfahren ist.
Tadel trifft nur solche, die den Menschen Unrecht zufügen und auf Erden ohne Rechtfertigung freveln. Ihnen wird eine schmerzliche Strafe zuteil sein.
Und wahrlich, wer geduldig ist und vergibt - das ist gewiß eine Tugend der Entschlossenheit in allen Dingen.[42:40-43]"






Scheint eine kriegerische Zeit gewesen zu sein damals. Die ersten Muslime waren schon auch Verfolgungen ausgesetzt.
Folglich lese ich aus den schlimmen Versen dieser Art wie gesagt nur eine Rechtfertigung für Verteidigung heraus.

Und ja, auch die schlimmsten Terroristen wähnen sich nur als Verteidiger gegen die angreifenden Monster aus dem Westen.

Ich persönlich frage mich zwar, wie man das mit der im Koran geforderten Verhältnismäßigkeit der Verteidigung in Einklang bringen kann, aber die werden sich das schon irgendwie zurechtreimen.



Und da wir grad beim Reimen sind :

Selbstverständlich gibt es auch verschiedenste Arten und Methoden, den Koran auszulegen.
Und da der Islam (von ein paar kleineren Strömungen abgesehen) keine hierarchische Struktur wie etwa die katholische Kirche kennt, steht ein Muslim immer direkt vor Gott. Die Gelehrten sind eigentlich nur als Berater da.

Das birgt natürlich die Gefahr individuell fundamentalistischer Ausrichtungen.

Aber andererseits auch die Chance, den Islam auch im Einklang mit dem Koran so auszulegen, daß keinerlei Konflikte mit der modernen Welt entstehen.



P.S.

Die andere Behauptung, gemäß der Muslime Ungläubige gewaltsam zum Islam zwingen sollen, ist eigentlich der Erwähnung gar nicht wert, da der Koran solches mehrmals völlig eindeutig ablehnt. Z.B.:

"Und hätte dein Herr es gewollt, so hätten alle, die insgesamt auf der Erde sind, geglaubt. Willst du also die Menschen dazu zwingen, Gläubige zu werden? [10:99]"
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Re: Der Philosophie/ Theologie Thread

Beitrag von infected »

Mustafa_Manson hat geschrieben:
Selbstverständlich gibt es auch verschiedenste Arten und Methoden, den Koran auszulegen.
Und da der Islam (von ein paar kleineren Strömungen abgesehen) keine hierarchische Struktur wie etwa die katholische Kirche kennt, steht ein Muslim immer direkt vor Gott. Die Gelehrten sind eigentlich nur als Berater da.

Das birgt natürlich die Gefahr individuell fundamentalistischer Ausrichtungen.

Aber andererseits auch die Chance, den Islam auch im Einklang mit dem Koran so auszulegen, daß keinerlei Konflikte mit der modernen Welt entstehen.
Auch wenn das folgende jetzt nicht direkt auf die Koranverse eingeht:
Gerade diesen Punkt hier finde ich ziemlich interessant. Ichhatte kürzlich von Malise Ruthven "Der Islam - Eine kurze Einführung" gelesen und da wurde besonders dieser Punkt als wesentlicher Unterschied hervorgehoben. Um es mal etwas flapsiger zu formulieren, dadurch dass wir lange Zeit eine feste Institution hatten, die den Glauben "gemanaged" hatte und auch die Auslegung der Bibel vornahm, deren Chefs, also die Päpse, moralisch doch sehr flexiblen waren, hat das dann zu einer gewissen Zeit dafür gesorgt, dass es in Europa zu umfassenden Umwälzungen bis hin zur Entwicklung der Aufklärung kam (auch weil die Leute sich daran gewöhnten, dass die Auslegung der Bibel schon mal leicht variieren konnte und es so auch zu neuen Ideen und Entwicklungen kommen konnte). Ganz allgemein gesprochen (ohne jetzt auf unterschiede zwischen den einzelnen Strömungen einzugehen) wurde halt hier auch weiter argumentiert, das es gerade dadurch, dass jeder einzelne den Koran auslegt, mittelfristig zu einem Wettlauf hin zu konservativeren Auslegunge kommt, da man sich meist in dem Rahmen ja nur auf den gemeinsamsten kleinen Nenner einigen könnte. So ab und an musste ich halt schon darüber nachdenken aber ich weiß noch nicht so richtig, was ich von dieser These halten soll, aber irgendwie hat die Idee schon was, dass so etwas tolles wie die Aufklärung durch die verkorksten Päpste des Mittelalters .
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Re: Der Philosophie/ Theologie Thread

Beitrag von Mustl »

Kann ich jetzt ehrlich gesagt nur schwer nachvollziehen.

Besonders reformfreudig ist die katholische Kirche ja nicht.

Das macht sie zwar weniger anfällig für Extreme, aber hemmt auch eine Modernisierung.

So denke ich auch, daß die Aufklärung (trotz christlicher Aufklärer) insgesamt eher eine Gegenbewegung zur Kirche war.

Aber vielleicht meint die Autorin das irgendwie Komplementär ?



Das mit dem "Wettlauf hin zu konservativeren Auslegungen" beim Islam kann auch nicht nachvollziehen.
Ein "kleinster Nenner" liegt doch eher im Allgemeinen als im Speziellen.

Der kleinste gemeinsame Nenner im Islam ist schlicht "Glauben und gute Werke tun".

Konservativismen werden doch eher beeinflusst durch angestammte Kulturen, die nochmal kräftig anziehen, um ihre Felle nicht davonschwimmen zu lassen.
Oder durch Gegenbewegungen zu einer als allzu glaubensfern empfundenen Welt.
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Re: Der Philosophie/ Theologie Thread

Beitrag von NegatroN »

Ich halte das fehlen einer institutionalisierten Kirche übrigens im Moment für eins der größeren Probleme, die der Islam hat.

Das mag jetzt absurd klingen, weil ich mich sehr oft gerade gegen institutionalisierte Religion ausgesprochen habe. Aber in diesem konkreten Fall fehlt einfach die Instanz, die mit Breitenwirkung eine gemäßigte Interpretation der Schrift verbreiten kann. Was sie natürlich auch tun müsste und was nicht gezwungenermaßen so sein müsste. Aber wenn es so wäre, würde es die Stellung der Muslime wohl vereinfachen.
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Re: Der Philosophie/ Theologie Thread

Beitrag von infected »

Mustafa_Manson hat geschrieben:Kann ich jetzt ehrlich gesagt nur schwer nachvollziehen.

Besonders reformfreudig ist die katholische Kirche ja nicht.

Das macht sie zwar weniger anfällig für Extreme, aber hemmt auch eine Modernisierung.

So denke ich auch, daß die Aufklärung (trotz christlicher Aufklärer) insgesamt eher eine Gegenbewegung zur Kirche war.

Aber vielleicht meint die Autorin das irgendwie Komplementär ?



Das mit dem "Wettlauf hin zu konservativeren Auslegungen" beim Islam kann auch nicht nachvollziehen.
Ein "kleinster Nenner" liegt doch eher im Allgemeinen als im Speziellen.

Der kleinste gemeinsame Nenner im Islam ist schlicht "Glauben und gute Werke tun".

Konservativismen werden doch eher beeinflusst durch angestammte Kulturen, die nochmal kräftig anziehen, um ihre Felle nicht davonschwimmen zu lassen.
Oder durch Gegenbewegungen zu einer als allzu glaubensfern empfundenen Welt.
Naja, vielleicht habe ich es auch zu sehr verkürzt. Die Kirche als solche hat die Reformfreudigkeit nur indirekt unterstützt, indem sie die Bibel je nach Erfordernissen passend ausgelegt hat (und dadurch eben auch den widerspruch förderte). Dies wiederum hätte der Bibel ein stückweit das absolute genommen, wodurch letztendlich wiederum indirekt das Entstehen neuer Ideen befördert worden wäre. Ich schaue mal das ich am Wochenende die entsprechenden Passagen scanne/bei Googlebooks suche und hier hereinstelle, vielleicht macht das dann mehr Sinn. Aber letztendlich geht die Autorin hinsichtlich ihrer Überlegungen auch in eine ähnliche Richtung wie Negatron.
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