Vierundfünfzig mal Liebe

Hier sammeln sich nur die Perlen an Threads, die niemals im Datennirvana verschwinden dürfen.
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PetePetePete
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Re: Vierundfünfzig mal Liebe

Beitrag von PetePetePete »

Wenn ich von der FMP wiederkomme, wird es hier übrigens recht bald weitergehen. Die nächsten zwei Reviews sind in den letzten tagen schon beinahe fertig geworden, ich schaffs heute abend aber leider nicht mehr die zu überarbeiten und zu posten. Nächste Woche dann.
Ich habe inzwischen auch wieder Bock drauf, nachdem ich über weite Teile der letzten Monate nahezu null Elan hatte, mich hinzusetzen und mich nicht nur für zwei, drei Durchläufe mit einem einzelnen Album zu beschäftigen, sondern meine Eindrücke, Meinungen und Emotionen auch noch niederzuschreiben. Ich habs ab und zu immer mal wieder versucht, es kam aber nur Käse dabei raus. Derzeit läufts aberauch privat wieder etwas besser bei mir, das hilft natürlich auch bei so einem Projekt.

Die Liste hat sich logischerweise seit Erstellung im letzten Sommer nicht geändert. Es gäbe zwar zwei, drei Alben, die ich gerne in die Liste gepackt hätte, die ich vor nem Jahr aber noch nicht gut genug kannte - oder auch gar nicht - aber in die Top 30 wären die nicht gekommen. Ich hab mir jene Titel auf die Rückseite meiner tollen Liste geschrieben, vielleicht knöpfe ich mir die ja noch nachträglich vor, aber erstmal möchte ich mich langsam bis zur #1 vorarbeiten und dann mal sehen. Das wird so auch schon noch ne ganze Zeit dauern.
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costa
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Re: Vierundfünfzig mal Liebe

Beitrag von costa »

PetePetePete hat geschrieben:Wenn ich von der FMP wiederkomme, wird es hier übrigens recht bald weitergehen.
Noch im Zug? :D
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Re: Vierundfünfzig mal Liebe

Beitrag von PetePetePete »

Die Prokrastination war stark, aber nicht unbesiegbar.
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Re: Vierundfünfzig mal Liebe

Beitrag von PetePetePete »

24. Songs: Ohia - The Lioness (2000)


'The Lioness' ist eines der wenigen Alben dieser Liste, bei dem ich nicht genau weiß, wie ich es entdeckt habe oder auch wann ich das Album erstmals gehört habe. Ich weiß nur noch, wann ich mich darin verliebt habe. März 2011, kurz vor meinem Geburtstag. Ein unfassbar egaler und durchschnittlicher Tag, ein typischer Mittwoch eben (zumindest gefühlt war es ein Mittwoch, in jedem Fall war es ein Wochentag). Aus irgendeinem Grund hatte ich am nächsten Tag frei und habe mich darum mit ner fetzigen Flasche Wein und meinen guten alten Sennheiser-Kopfhörern auf meinen Sessel geschält und stundenlang Musik gehört. Sonic Youth und Motörhead, Rancid und die Pixies. Wirklich einfach nur querbeet durch den Plattenschrank. Manchmal ganze Alben, manchmal nur einzelne Songs, mal bin ich rumgesprungen und durchgedreht, mal habe ich im Sessel herumgeschwooft oder bin mit geschlossenen Augen auf Reisen gegangen. Meiner Meinung nach so ziemlich die beste Art, einen Abend zu verbringen. Irgendwann habe ich dann Songs: Ohia gehört. Zwar wusste ich, wie 'The Lioness' so ungefähr klingt und warum ich es besaß, aber wirklich erinnern es intensiv gehört zu haben, konnte ich mich nicht. Das sollte sich nun alles ändern.
Letztlich sollte ich das neun Songs und knapp 40 Minuten lange Album bis spät in die Nacht, vier mal am Stück, hören und den Abend zu einem der tollsten Musikabende meines Lebens machen.
Jason Molina, Sänger, Songwriter und einziges beständiges Mitglied dieses Projekts, singt hier auf eine so hoffnungslose Art und Weise über die Flüchtigkeit und Unbeständigkeit von Beziehungen und das so sinnlose und doch unvermeidbare Festhalten an jene, oft bereits zerbrochenen, Verbindungen mit einem geliebten Menschen, wie ich es auf keinem anderen Stück Musik je gehört habe.

Allein schon im ersten Song 'The Black Crow'. Die bluesige, minimalistische, aber eindringliche Gitarre mit unverkennbarer Country oder Alternative Country-Schlagseite beschwört eine Weite hinauf, die Molina mit seiner hohen und oft schon prädigenden Stimme bis zum Rand ausfüllt, ohne den Song jedoch zu sehr zu dominieren. Klar, der Gesang ist auf diesem Album das bestimmende Element, aber er lässt der, im Vergleich zu anderen Molina-Veröffentlichungen, durchaus variablen Instrumentierung, zu jedem Zeitpunkt genügend Raum, um auch für sich auf den Hörer zu wirken. Das ist bei einem so von Gesang und Text bestimmten Album unheimlich wichtig und eine viel zu selten gelobte Stärke dieser Platte.
Da gibt der Opener auch gleich mal die Richtung vor, denn der Song ist 7:16 lang, damit der klar längste Song der Platte, und auch der, der dieses Gefühl von "Weite" am besten darstellt. Es gibt längere Instrumental-Momente (Passagen wäre übertrieben), die Strophe/Chorus-Dynamik ist etwas verschoben und trotz eines wirklich persönlichen und definitiv nicht aufbauenden Textes hat der Song etwas Befreiendes an sich. Ein großartiger Schachzug, ihn an den Anfang zu stellen.
Aber dann... 'Tigress'. Der Song, der mich beim ersten Hören damals am meisten umgehauen hat. Erneut dieses leichte Country-Gefühl in der Instrumentierung, das sich durch das ganze Album ziehen wird, diesmal jedoch untermalt von orgelartigen Keyboards in Richtung des Refrains und der Hook (DIE HOOK!!1!), die es nicht nur auf diesem Album, sondern auch in Molinas Diskographie so zuvor noch nie zu hören gab. Dieser Orgel-Touch wird durch die erneut eindringlichen Vocals noch mehr unterstützt und man kann sich nur zu gut vorstellen, wie dieses Stück in einer sandigen, alten Kirche in einem modernen Western vorgetragen wird. Ein kurzes, sehr dynamisches und mitreißendes Stück und meiner Meinung nach immernoch das Highlight der Platte.
Vielleicht DAS Highlight, aber definitiv nicht das einzige Highlight. Ein monotoner Drumbeat und erneute Orgelsounds kennzeichnen in 'Being in Love' einen der wenigen Teile des Albums, in denen man nicht automatisch den Vocals zuhört, weil die Musik eben so eindringlich ist und Molina sich wirklich zurücknimmt. Atmosphärisch ohne Ende. So wie auch der darauffolgende Titeltrack, auch wenn hier wieder traditionell (für Songs: Ohia-Standards) instrumentiert und gesungen wird. Der bedächtigste Songstart des Albums, der aber sehr schnell zum intensivsten Stück wird, das wir auf diesem Album hören werden, obwohl es eigentlich die vollen sechseinhalb Minuten bedächtig bleibt. Kling komisch, ist aber echt so. Es steigert sich einzig die Härte, mit der die Instrumente gespielt werden. Die Drums werden lauter und schärfer, die Seiten der Gitarre werden etwas präziser und ebenfalls schärfer gespielt. Und dieses Spiel zwischen Strophe und Bridge, zwischen Milde und Härte, hin zum getrageneren Chorus sind eine der faszinierendsten Songwriterischen Spielereien, die mir als Hörer je untergekommen sind. Wenn ihr nach Lesen des Reviews in nur einen Song reinhören wollt, wählt bitte 'Lioness'.
Auf der zweiten Albumhälfte finden sich dann das wundervoll leidenschaftlich gesungene 'Coxcomb Red', das so minimalistische und herzzerreißende 'Back on Top' - einer der wenigen, halbwegs positiv vorausschauenden Tracks auf 'The Lioness' - und das vielleicht noch minimalistischere, aber deutlich weniger einfühlsame 'Baby take a look', bevor das Album mit dem kurzen, aber prägenden Track #9, 'Just a spark', endet. Just a spark... oh Mann. Ich wünschte, ich könnte das Stück auf der Gitarre spielen. So simpel und trotzdem so eindringlich. Nur fünf Zeilen Text, in die ich aber schon die Welt hineininterpretiert habe - erneut so unfassbar und dennoch beinahe unscheinbar gesungen.

Will that look be your only reply
You lower your head in reply
Here it is white and full like a pale ghost across the sky
And here it is crescent like a dagger from your heart into mine
Here it is just a spark to shine
Here it is just a spark to shine

Oben genannte Highlights hin oder her, das hier ist der ultimative Songs: Ohia-Moment. Ein Mann, eine Gitarre, eine Stimme, ein Text. Besser geht Musik nicht.
Nach 'The Lioness' hat Molina als Songs: Ohia, als Magnolia Electric Co. oder als Jason Molina noch so manches besitzenswertes Album herausgebracht, aber der Klasse von diesem unfassbaren Album ist er immer hinterhergelaufen bis er 2013 an den Folgen jahrelangen Alkoholmissbrauchs starb.


Reinhören.
The Black Crow https://youtu.be/6c9lHmvbsdQ
Tigress https://youtu.be/lG9ZH-1TSUQ
Lioness https://youtu.be/wxAaf16xXRk
Just a spark https://youtu.be/1IegxBmBNgQ
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Apparition
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Re: Vierundfünfzig mal Liebe

Beitrag von Apparition »

"Lioness" hab ich gestern Abend mal gehört. Klingt wirklich schön (und irgendwie so, wie das Albumcover aussieht), entspannend aber eben nicht flach. So richtig eingedrungen bin ich da jetzt zwar nicht, aber ich kann zumindest nachvollziehen, dass einen das packt.
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Re: Vierundfünfzig mal Liebe

Beitrag von Thunderforce »

Geht mir auch so. Von den Hörbeispielen fand ich "Tigress" am besten, vermutlich weils nach einem Hören der offensichtlichste Hit ist und auch weniger "spröde" wirkt, als die anderen Lieder (wohl wegen der Orgel)
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costa
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Re: Vierundfünfzig mal Liebe

Beitrag von costa »

Jau, schönes Review. Überraschung war jetzt eher gering, hast mir ja schon vor 'nem halben Jahr verraten, was kommt. :D

Edit: 'Tigress' und 'Lioness' klingen aber toll. Zu letzterem übrigens:
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Re: Vierundfünfzig mal Liebe

Beitrag von PetePetePete »

Das Cover kannte ich schon. Ja, doch darf man machen. Bin ich nicht böse drum, mir würds aber auch nicht fehlen, wenn ichs nie gehört hätte. *g*

Ich könnte mir sonst noch vorstellen, dass das Album was für Fans von Sachen aus dem 16HP-Dunstkreis ist. Oder vielleicht gar Townes van Zandt-Kenner und -Möger.


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Re: Vierundfünfzig mal Liebe

Beitrag von costa »

PetePetePete hat geschrieben:Das Cover kannte ich schon. Ja, doch darf man machen. Bin ich nicht böse drum, mir würds aber auch nicht fehlen, wenn ichs nie gehört hätte. *g*
Dachte ich mir. Hab's jetzt auch eher gepostet für Leute, die mit dem Namen 40 Watt Sun vielleicht eher was anfangen können als mit Songs: Ohia. Aber ich glaube, die schauen hier nicht rein. *g*
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Re: Vierundfünfzig mal Liebe

Beitrag von Apparition »

Bin mir auch nicht sicher, ob es ein besonderes Kompliment ist, von 40 Watt Sun gecovert zu werden. *g*

Ach so, das mit dem Gesang: der packt mich gerade nicht so richtig (ist aber schon gut), und das ist wohl der Knackpunkt, ob man mit dem Album was anfangen kann. Solche Musik lebt halt extrem von der Stimme.
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Re: Vierundfünfzig mal Liebe

Beitrag von Susi666 »

costaweidner hat geschrieben:Aber ich glaube, die schauen hier nicht rein. *g*
Ha! Und schon widerlegt, deine These... :D
(Hab hier aber auch nur aus Langeweile reingeschaut, ich geb's zu...Dafür hör ich mir jetzt aber auch Cover und Original an...)
Kennt ihr dieses leichte Prickeln der Vorfreude und Herzklopfen, wenn ihr einen Thread öffnet, dessen neueste Antwort mit hoher Wahrscheinlichkeit mit beleidigter Leberwurst bestrichen ist?

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Re: Vierundfünfzig mal Liebe

Beitrag von TragicIdol »

Brauch ich wohl eigentlich. *g* Kenne bisher halt "Lioness" über das schon erwähnte Cover von 40 Watt Sun.
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Re: Vierundfünfzig mal Liebe

Beitrag von infected »

PetePetePete hat geschrieben:Das Cover kannte ich schon. Ja, doch darf man machen. Bin ich nicht böse drum, mir würds aber auch nicht fehlen, wenn ichs nie gehört hätte. *g*

Ich könnte mir sonst noch vorstellen, dass das Album was für Fans von Sachen aus dem 16HP-Dunstkreis ist. Oder vielleicht gar Townes van Zandt-Kenner und -Möger.


Achso, danke fürs Feedback, ihr drei schönen Menschen. :-)
Das dürfte so schon hinkommen :)
Das Album habe ich, aber seit bestimmt 6-7 Jahren nicht mehr gehört. Danke für das Erinnern und das - wie immer - gut geschriebene Review. Das werde ich dann heute als Anlass nehmen und das Album nachher wieder heraussuchen und hören.
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Re: Vierundfünfzig mal Liebe

Beitrag von Apparition »

Wenn hier übrigens nicht mindestens ein Album von The God Machine auftaucht, mag ich Dich nicht mehr.

*komplett unfass @ Musik*
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Re: Vierundfünfzig mal Liebe

Beitrag von costa »

Hier is' aus, wa, Meisterkerl?
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