Allgemeiner Politik/Zeitgeschehen-Thread

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DerMitDemHut
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Re: Bundestagswahl 2013 Thread

Beitrag von DerMitDemHut »

NegatroN hat geschrieben:
DerMitDemHut hat geschrieben:
Nein. Sei froh, dass Du in einem Bundesland lebst und arbeitest, was nicht durch ihre bildungspolitische Stümperei verhunzt wurde.

http://www.haz.de/Nachrichten/Politik/D ... ngebuehren

Sehr undemokratisch, ihre Aussage. Sie führt auch das damalige Urteil des Bundesverfassungsgerichtes ad absurdum, das zumindest den Unionsgeführten Bundesländern den Weg für die Studiengebühren bereitet hat.

Hochschulbildung ist Sache der BUNDESLÄNDER, darum haben wir ja unter einem eine Föderalistische Republik.

Ihre Argumentation ist stumpf, technokratisch und fehlerhaft.
Ich kennen den Artikel und ich teile ihre Meinung nicht. Aber ich halte ihre Meinung nicht für stumpf, sie hat wenigstens Argumente.

Scheinargumente. Argumente wie "es kann nicht sein, dass eine Krankenschwester die Ausbildung ihres Chefarztes bezahlen muss..." Dieses Argument ist vollkommener Unfug und wird jedesmal so oft ins Felde geführt von Gebührenbefürwortern, wie er anschliessend wieder widerlegt wird.

Ein Arzt verdient mehr, als eine Krankenschwester. Also zahlt er auch höhere Steuern. Einem medizinisch und naturwissenschaftlich gebildeten Arzt würde ich auch mein Herz bei einer eventuell anstehenden Herztransplantation eher anvertrauen, als einer Krankenschwester. Einem Ingenieur würde ich die Berechnung der Statik einer Brücke oder eines tragenden Stützpfeilers eher anvertrauen, als einem Maurer oder Zimmermann.

Zumal ich gerne wissen möchte, wieviel Studiengebühren Wanka damals bezahlt hat. Wasser predigen und Wein saufen können Bildungspolitiker unionsgeführter Länder nämlich gut. In der Vergangenheit als reiches Schnösel-Söhnchen umsonst studieren können und später die offene Tür, durch die man gehen konnte (weitgehend kostenfreies Studium) hinter sich zuknallen und den nachfolgenden Generationen an Studenten das nicht gönnen wollen, was man selbst genossen hat. Dieses "was nichts kostet, ist auch nichts wert"-Geplärre der Gebührenbefürworter ist dadurch auch widerlegt. Dann dürften die Abschlüsse von Merkel, Wanka und zahlreichen Ärzten und Ingenieuren, die ich kenne, auch nichts wert sein.

Durch ihre himmelschreiende Forderung nach bundesweiten Studiengebühren will Wanka die letzte Bastion des Föderalismus in Deutschland, nämlich die autonome Hoheit der Bundesländer über ihre Schul- und Hochschulbildung stürzen und höhlt somit das Fundament der Existenzberechtigung unseres föderalen Bundesstaates aus. Dann können wir die Bundesländer gleich abschaffen, wenn wir ihnen auch noch die Kontrolle über ihre Hochschulen entreissen und bundesweit zentralisieren. Die Abschaffung der Bundesländer würde auch erhebliche Kosten sparen.

Die Studiengebühren wurden eingeführt, nachdem 2005 ein Gesetzesentwurf der Rot-Grünen Regierung, welcher Studiengebühren auf Bundesebene verbieten wollte, vom Verfassungsgericht gekippt wurde mit dem Argument, dass dieser Gesetzesentwurf die Bildungshoheit der einzelnen Bundesländer beschneiden würde. Ein bundesweites Verbot von Studiengebühren sei also nicht verfassngskonform. Bundesweite Studiengebühren wie Wanka sie befürwortet sind es also? Aha. Das Urteil von 2005 schliesst nämlich genau das aus. Bildung (und dazu gehört auch Hochschulbildung) ist alleinige Sache der Bundesländer und nicht des Bundes und nur diese entscheiden, ob es Studiengebühren gibt oder nicht. Das ist Wille des Wählers (wie jetzt in Bayern, wo ein Volksbegehren gegen Studiengebühren Erfolg zu haben scheint) und hat nicht Wille eines konservativen Mary Thatcher-Verschnittes zu sein, die den Studierenden von heute den Zucker nicht gönnen will, den sie vor 35 Jahren selbst noch von der Torte geleckt hat.

Den Willen des Volkes zu erfüllen ist Demokratie. Wanka bezeichnet genau dies aber im HAZ Interview als Populismus. Seit wann ist es Populismus, wenn Volksvertreter das tun, was das Volk von ihnen will? Für mich sind diese Aussagen von Wanka im Kern zutiefst antidemokratisch, elitär und nicht nachvollziehbar.

Davon abgesehen hat sie als Ministerin in Niedersachsen nicht viel Bewegendes geleistet, ausser bei diversen ersten Spatenstichen für neue Uni-Gebäude (zuletzt sogar in Sichtweite meines Büros) debil und überheblich in die Kamera zu grinsen und dabei keine Gelegenheit auslassen zu wollen, für das Bezahlstudium zu werben. Denn was nichts kostet, kann auch nichts wert sein. Danke, Frau Wanka!
*bildsignatur sei die DerMitDemHut gefallen tut*


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Und er hat sein helles Licht bei der Nacht
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Schon angezündt’! Das gibt ein Schein
und damit so fahren wir bei der Nacht
ins Bergwerk ein


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NegatroN
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Re: Bundestagswahl 2013 Thread

Beitrag von NegatroN »

Du musst mich nicht davon überzeugen, dass Studiengebühren falsch sind, die Meinung hab ich eh schon. *g*

Sie bleibt eben eine Unionspolotikerin, von dem her ist es auch nicht verblüffend, dass sie da eine sehr andere Haltung hat als ich. Trotzdem halte ich ihre Argumentation da für weniger blöd als die von anderen. Auch die Sache mit der Krankenschwester ist nicht ganz falsch, allerdings ziehe ich da einen anderen Schluss draus. Nämlich den, dass jede Form von Bildung staatlich gefördert gehört, nicht nur die universitäre. Allerdings ist die auch wiederum mehr als eine Ausbildung und sollte deswegen auch nochmal anders gesehen werden.

Genau da sind wir aber an dem Punkt, dass die Frage der Studiengebühren tatsächlich vor allem eine ideologische ist. Bildung muss einer Gesellschaft das Geld wert sein. Wenn man es rein pragmatisch als Ressourcenmanagement sieht, kommt man bei Wanka raus.

Das ist dann aber nicht populistisch. Populistisch ist, was Seehofer macht - die Meinung im Wahlkampf mal wieder umwerfen. Aber nicht aus Einsicht, sondern weil er die Stimmen braucht.
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moralz
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Re: Bundestagswahl 2013 Thread

Beitrag von moralz »

Frau Wanka hat als ehemalige DDR-Bürgerin übrigens auch ein kostenloses Universitätsstudium genießen können.
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NegatroN
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Re: Bundestagswahl 2013 Thread

Beitrag von NegatroN »

moralz hat geschrieben:Frau Wanka hat als ehemalige DDR-Bürgerin übrigens auch ein kostenloses Universitätsstudium genießen können.
Das hat damit ab nichts zu tun. Unter der Voraussetzung knapper Landes- und Bundeshaushalte ergeben Studiengebühren schon Sinn. Dann ist die Alternative nämlich ansonsten Einsparungen an den Unis.
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moralz
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Re: Bundestagswahl 2013 Thread

Beitrag von moralz »

NegatroN hat geschrieben:
moralz hat geschrieben:Frau Wanka hat als ehemalige DDR-Bürgerin übrigens auch ein kostenloses Universitätsstudium genießen können.
Das hat damit ab nichts zu tun. Unter der Voraussetzung knapper Landes- und Bundeshaushalte ergeben Studiengebühren schon Sinn. Dann ist die Alternative nämlich ansonsten Einsparungen an den Unis.
Schon klar, war auch nur ne Antwort auf:
DerMitDemHut hat geschrieben:[...] Zumal ich gerne wissen möchte, wieviel Studiengebühren Wanka damals bezahlt hat. Wasser predigen und Wein saufen können Bildungspolitiker unionsgeführter Länder nämlich gut.[...]
Wobei ich der Meinung bin, dass langfristiges Investieren in Bildung und Wissenschaft mehr Ertrag bringt, als kurzfristiges Sparen. Und bei Studiengebühren bleiben halt Menschen auf der Strecke, die sich selbst mit Kredit das Studium nicht leisetn können.
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Re: Bundestagswahl 2013 Thread

Beitrag von NegatroN »

moralz hat geschrieben:
Wobei ich der Meinung bin, dass langfristiges Investieren in Bildung und Wissenschaft mehr Ertrag bringt, als kurzfristiges Sparen. Und bei Studiengebühren bleiben halt Menschen auf der Strecke, die sich selbst mit Kredit das Studium nicht leisetn können.
Es ist halte ne Zwickmühle.
Dabin ich völlig bei dir, IMO müssen wir Bildung so hoch priorisieren, dass genug Geld dafür da ist. Und Bildung muss einen anderen Stellenwert haben als nur Ausbildung zu sein und einen nur für einen Job vorzubereiten. Dass die Konservativen das vergessen haben und sich dieser dämlichen Wirtschaftshörigkeit unterwerfen, ist das Schlimme daran.
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Re: Bundestagswahl 2013 Thread

Beitrag von Dimebag666 »

Wie ist es eigentlich in den Bundesländern mit Studiengebühren, ist das all inclusive, d.h. 500 € Semester und sonst nichts oder fallen die ganzen Nebenkosten für Bücherei etc. auch noch an? Wenn ich bei meinen Geschwistern sehe, was da ohne Studiengebühren für Kosten im Semester anfallen, das ist auch schon happig.

Dazu kommt noch diese Massenabfertigung, die ich in der Form von meiner privaten Hochschule (bezahlt der AG) nicht kenne und auch nicht in der Form hätte haben wollen.
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Re: Bundestagswahl 2013 Thread

Beitrag von Cherusker »

Über die Bücherei-Kosten kann ich nichts sagen, aber zumindest sind bei uns die Skripte dann inklusive gewesen.
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Rotstift
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Re: Bundestagswahl 2013 Thread

Beitrag von Rotstift »

Warum wird eigentlich den Studenten vorgeworfen, sie studierten auf Kosten der Allgemeinheit? Auszubildende bezahlen für ihre Ausbildung auch nichts, und Berufsschulen trägt ebenfalls der Staat.
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Im übrigen bin ich der Meinung dass die AfD der politische Arm des Rechtsterrorismus ist.
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Re: Bundestagswahl 2013 Thread

Beitrag von Tolpan »

Also die Ruhr-Uni-Bochum hat damals ihren normalen Semsterbeitrag von 220 Euro weiterhin erhoben. Davon war aber auch der Löwenanteil das Busticket für den gesamten VRR. Sprich, das kam noch auf die 500 Euro Studiengebühren obendrauf.
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Re: Bundestagswahl 2013 Thread

Beitrag von OriginOfStorms »

Rotstift hat geschrieben:Warum wird eigentlich den Studenten vorgeworfen, sie studierten auf Kosten der Allgemeinheit? Auszubildende bezahlen für ihre Ausbildung auch nichts, und Berufsschulen trägt ebenfalls der Staat.
Wie ist es beim Meister?!!?
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Re: Bundestagswahl 2013 Thread

Beitrag von Leviathane »

OriginOfStorms hat geschrieben:
Rotstift hat geschrieben:Warum wird eigentlich den Studenten vorgeworfen, sie studierten auf Kosten der Allgemeinheit? Auszubildende bezahlen für ihre Ausbildung auch nichts, und Berufsschulen trägt ebenfalls der Staat.
Wie ist es beim Meister?!!?
Oder jedes andere Abendstudium? VWA, FOM etc. kosten bis zu 300 EUR monatlich.
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Re: Bundestagswahl 2013 Thread

Beitrag von gunto »

Tolpan hat geschrieben:Also die Ruhr-Uni-Bochum hat damals ihren normalen Semsterbeitrag von 220 Euro weiterhin erhoben. Davon war aber auch der Löwenanteil das Busticket für den gesamten VRR.
Hier muss man wirklich auch genau hinsehen, wie sich solche Semesterbeiträge an den Unis zusammensetzen. Semstertickets hast Du ja schon angesprochen, ansonsten sind dort neben Verwaltungsgebühren vor allem die Beiträge für die studentische Selbstverwaltung zur Finanzierung ihrer eigenen Arbeit und für die Studentenwerke drin, die jeweils von den Studierendenparlamenten bzw. von Verwaltungsräten beschlossen werden (ist aber natürlich von Bundesland zu Bundesland verschieden, wie das im Detail aussieht). Auch Semestertickets für den Nahverkehr gehen i.d.R. auf Initiativen der Studierendenschaften zurück. Zum Großteil handelt es sich dabei also um Beiträge, die nicht von der Hochschule selbst (geschweige denn vom Land) festgesetzt werden, sondern die lediglich von der Hochschule "eingetrieben" werden, um dann in bestimmte zweckgebundene Töpfe zu fließen (z.B. für studentisch organisierte Kinderbetreungseinrichtungen, Rechtsbeihilfen oder Deutschkurse) oder um an bestimmte (Teil-)körperschaften zur Selbstverwaltung weitergereicht zu werden.
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Re: Bundestagswahl 2013 Thread

Beitrag von Rotstift »

Leviathane hat geschrieben:
OriginOfStorms hat geschrieben:
Rotstift hat geschrieben:Warum wird eigentlich den Studenten vorgeworfen, sie studierten auf Kosten der Allgemeinheit? Auszubildende bezahlen für ihre Ausbildung auch nichts, und Berufsschulen trägt ebenfalls der Staat.
Wie ist es beim Meister?!!?
Oder jedes andere Abendstudium? VWA, FOM etc. kosten bis zu 300 EUR monatlich.
Stimmt natürlich. Aber entgegen landläufiger Meinung ist ein Studium ja auch ohne Gebühren nicht gratis. Meines hat erst meine Eltern, dann mich ca 800 DM im Monat gekostet.
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Im übrigen bin ich der Meinung dass die AfD der politische Arm des Rechtsterrorismus ist.
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Re: Bundestagswahl 2013 Thread

Beitrag von OriginOfStorms »

Im übrigen halte ich die geäußerte Meinung jemand dürfe nicht für Studiengebühren sein wenn er selbst keine zahlen musste für völligen Schnickschnack. Da kann man doch stattdessen bitte besser mit einem der vielen guten Argumente kommen.
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