So, da es hier ja letztens Thema war, habe ich die letzten knapp zwei Wochen dreimal Bolognese gekocht, bzw koche ich gerade zum dritten mal, und ich glaube, ich habe etwas pervers wundertolles entdeckt und das Rezept nahezu perfektioniert. Irgendwo zwischen einem angeblich-klassischen Ragout á la Bolognese und der in der westlichen Welt so beliebten Tomaten-Hackfleischsoße.
Here we go.
Anfangen tun wir mit einem Pfund Möhren, ein paar Zehen Knobi und zwei mittelgroßen Zwiebeln. Alles entweder fein würfeln oder ihr schummelt wie ich und zerkleinert das ganze etappenweise in der Küchenmaschine. Möhren geschält - muss man nicht, aber imo ist Möhrenschale bitter - und zwei, dreimal durchgebrochen und zerkleinert. Die Zwiebein geschält, grob in Stücke geschnitten und auch zerkleinert, Knoblauch ebenfalls schälen und mit rein. Das Gemüse wird stundenlang kochen und eh zerfallen, darum ist es den Aufwand des würfelns imo absolut nicht wert.
Öl in einem mindestens sieben liter großen Topf heißwerden lassen und das Gemüse großzügig bei voller Hitze anschwitzen. Da ist ne Menge Wasser drin, da wollen wir einiges von rausbekommen, außerdem kann ein bisschen Farbe ja nie schaden, die ist aber nicht zwingend notwendig. Unter rühren habe ich das feine Gemüse wohl knapp zehn Minuten im Topf gehabt, bevor ich es in eine Schüssel gekippt habe und erneut Öl im Topf habe heißwerden lassen. Ich würde vorschlagen für so ein Gericht keinen Edelstahltopf, sondern irgendwas beschichtetes zu nehmen. Es macht nichts, wenn sich unten ein karamellisierter Fond bildet, wir löschen nachher ab und kratzen den ganzen Geschmack vom Boden ab. Das geht auch in Edelstahl, man braucht aber so viel mehr Fingerspitzengefühl, damit es nicht verbrennt.
Ist das Öl heiß kommen drei Pfund Rinderhack in den Topf, Holzlöffel in die Hand und ab gehts. Ich will keinen Hackfleischball in meiner Soße, sondern alles Hackfleisch krümelig und das kriegt man nur jetzt him. Also rühren, rühren, Klumpen zerstechen, rühren, klumpen zerstechen uswusf. So acht minuten lang, dass lasse ich das Fleisch erstmal kurz allein, lasse die Flüssigkeit verkochen und rühre nur gelegentlich. Wenn die Flüssigkeit weg ist, die aus dem Fleisch ausgetreten ist, und es anfängt zu zischen, dann kann man wieder öfter rühren, sodass das Fleisch gleichmäßig braun wird. Während dies geschieht, kommt die "Geheimwaffe" ins Spiel. Ein Pfund Hühnerlebern. Gibts tiefgefroren im Rewe (so sieht die Packung aus
https://shop.rewe.de/p/stolle-haehnchen ... 0g/3851818) und bestimmt auch woanders, aber ich habs nur hier gefunden ohne eine Unsumme beim Geflügelschlachter aufm Markt zu bezahlen. Die aufgetauten Lebern kommen nun auch in die Küchenmaschine oder man zerkleinert sie mit dem Messer. Es muss keine Leberwurst *g* werden, aber eben auch nicht mehr allzu stückig.
Keine Bange, man schmeckt die Leber nachher nicht raus und nach drei Stunden kochen ist da auch nciht mehr viel von über, aber die Soße wird herzhafter, der Geschmack fleischiger und ihr müsst euren Gästen ja nicht verraten, dass sie da drin sind, sollte es zickige Esser in der Familie geben. Die letzen zehn Minuten des Hackfleischbratens kommen nun die zerkleinerten Lebern dazu, denn werden die zulange gebraten, geben die zuviel vom nicht so willkommenen Teil ihres Eigengeschmacks ab.
Jetzt wird abgelöscht und zwar mit Weißwein. Ja, Weißwein, nicht Rotwein. Und zwar nehme ich auf diese Menge eine komplette Flasche Wein, ein Dreiviertelliter. Und nun wird alles, was sich womöglich am Topfboden abgesetzt hat mit dem Holzlöffel abgekratzt. Zum einen weil es reiner Geschmack ist, zum anderen weil es euch sonst in den nächsten Stunden an- und verbrennt. Aber Peter, warum denn Weißwein? Weil Weißwein besser zum kochen ist. Süß, sauer, kein so starker Eigengeschmack, der versucht sich gegenüber dem herzhaft-fleischigem der Soße oder der süßen Fruchtigkeit der Tomaten zu behaupten wie es Rotwein tun würde. Außerdem wird wirklich lange gekochter Rotwein irgendwann leicht bitter, Weißwein nicht.
Danach kommen Möhren und Zwiebeln wieder in den Topf, wir rühren drei bis vier EL Tomatenmark unter und kippen sechs 400g Dosen gehackte Tomaten dazu. Gut verrühren und jetzt müssen wirs zum kochen bringen und zwei Stunden ohne Deckel auf kleinstmöglicher Flamme so kochen lassen, dass es nachm Umrühren nach ein paar Sekunden wieder zu blubbern beginnt. Nicht doll, aber eben schon ein paar Blasen in der Topfmitte. Denn umgerührt wird nun für zwei Stunden alle 15 bis 20 Minuten und nach jedem Rühren kurz die Flamme wieder hochzudrehen, damits wieder anfängt zu kochen ist unfassbar nervig. Also gleich so, dass es nachm Rühren von allein sofort weiterkocht.
Nach den zwei Stunden wird gewürzt. Als erstes habe ich vier Würfel eingefrorenen Fleischsaft vom Spanferkel genommen. Sowas habt ihr natürlich nicht, ich war jedoch im Herbst bei meinem Onkel aufm 50sten und da gabs Spanferkel und all der Fleischsaft, der da beim zerschneiden rausgelaufen ist, habe ich mitgenommen und am nächsten Tag das oben getrocknete Fett/Schmalz abgeschöpft und diesen reinen, Pökelfleischsaft in Eiswürfelformen weggefroren. Instant-Geschmack das Zeug. Ich wäre niemandem böse, der stattdessen nen EL Hähnchenbouillon ausm Glas an die Bolognese macht, sonst braucht man halt ne ganze Menge mehr Salz und muss mit ein paar anderen Gewürzen auch etwas großzügeger sein als ich es war. Denn ich habe nun getrocknete Kräuter dazugegeben, je ein EL Basilikum, Oregano und Petersilie, sowie ein halber EL Thymian. Außerdem ordentlich frisch gemahlener schwarzer Pfeffer, immernoch ne ganze Menge Salz, ein TL brauner Zucker und 50-60 ml Balsamicoessig. Das harsche an dem Essig wird gleich noch wegkochen, aber dieses tolle süß-saure gibt der Bolognese einfach einen Kick, den man sonst nicht hinbekommt. Er verstärkt nochmal das was der Weiß ins Gericht bringt, nur mit noch nem kleinen Twist im Geschmack dazu, den ich nicht so beschreiben kann.
Nun eine weitere Stunde kochen (natürlich immernoch ohne Deckel), regelmäßig rühren, zum Schluss noch einmal probieren, ich brauche noch etwas Balsamico und etwas mehr Salz, das lasse ich nochmal kurz einkochen und dann kommt die Flamme aus. Und wenn die Flamme auskommt, kommt die Pasta ins kochende Wasser. Wen ich die Pasta abgegossen habe, kommt eine handvoll frischer, grob gehackter Basilikum in die Sauce und fertig ist etwas, das die gut dreieinhalb Stunden Vorbereitungs- und Kochzeit absolut rechtfertigt.
Und ihr werdet sehen, dass die Bolognese trotz drei Stunden kochen ohne Deckel nicht doll einreduziert ist, aber dennoch deutlich dicker wird. Ich denke, das ist so weil die einzelnen Komponenten zerfallen, also das Gemüse wird quasi zum Teil der Sauce, die Tomaten sind auch nur noch ein Schatten ihres vorigen selbst udn auch das Fleisch, das wir ja schon am Anfang ordentlich außeinandergestochen haben, ist noch weiterzerfallen und wir haben im Endeffekt einen Brei hier. einen wundervoll homogenen Brei voller Geschmack.
Wir essen von dieser sehr großen Menge jetzt zwei Tage und dann friere ich ein. Eine Hälfte in einer Schale für ne Lasagne, der Rest in Eiswürfelbehältern. Sind die über nacht gefroren, löse ich die Würfel raus und packe die Würfel in einen großen Zip-Lock Gefrierbeutel und nehme dann pro Portion drei Würfel raus wann immer ich sie brauche. Schnell in der Mikrowelle auftauen, ein Spritzer Balsamico für die Farbe, die etwas verblasst im Froster und auch um wieder ein bisschen Pepp reinzubringen und man hat ne wunderbare Mahlzeit binnen zehn Minuten oder wie lange man auch immer braucht, um die Pasta zu kochen.
Zutaten:
Olivenöl
1 Pfund Karotten
2 mittelgroße Zwiebeln
4 Zehen knoblauch
3 Pfund Hackfleisch
1 Pfund Hähnchenleber
3-4 EL Tomatenmark
6 Dosen gehackte Tomaten (400g)
1 EL Hühnerbouillon ausm Glas
1 EL getr. Basilikum
1 EL getr. Petersilie
1 EL getr. Oregano
1/2 EL Thymian
60ml Balsamico Essig
Salz und Pfeffer
Beweisvideo: