Grönland
Allmählich kommen wieder mehr Lebewesen ins Sichtfeld. Wir haben schönes Wetter und fahren Richtung Grönland. Wenn man aus der NWP rauskommt, steil nach Nordosten, dann kommt man nach Uumannaq, von dort geht es kreuz und quer die Westküste Grönlands herunter. Disco Bay (von dort kommen die großen Eisberge, auch der Fiesling, der die Titanic aufschlitzte), Illulissat, Kangerlussuaq/ Söndre Strömfjord. Googelt gerne mal nach
In Kangerlussuaq war mal wieder ein Freitag sprich: general cleaning. Üblicherweise zog sich die Crew dafür um: irgendwelche Schlabberklamotten, kurze Hosen, Shirts. Als wir gerade so mittendrin am Messingpolieren waren, tönte es plötzlich von der Brücke: “Polarlichter!! Alle an Deck!” Wir also raus. In sommerlichen Klamotten bei ungefähr 2°, aber das war total egal, weil über der Bucht ein unglaubliches Farbspektakel war. Die ganze Bucht leuchtete neongrün, am Himmel waberten große Lichtbögen in grün und ab und an violett. Oben an Deck stand alles quer durcheinander: Crew, Küche, Passagiere in Abendkleidung, Nachtkleidung, in Bademänteln, Pyjamas, Winterjacken, kurzen Hosen und alles schnatterte zuerst, wurde dann aber ganz still. Das ist ein unfassbares Erlebnis und ich habe nicht die richtigen Worte, um Polarlichter so zu beschreiben, dass man das “nachlesen” könnte. Man meint etwas zu hören, weil die Bewegungen am Himmel so schnell und wabernd sind, aber es ist natürlich totenstill. Gänsehaut bis zum Anschlag und nicht nur, weil wir kaum etwas anhatten. Man versteht, warum die Alten glaubten, dass käme von Göttern oder dergleichen. Dafür bin ich sehr sehr dankbar, ich habe ja vieles Schöne gesehen auf dieser Tour, aber die Aurora Borealis gehörte eindeutig zu den Höhepunkten.
Am nächsten Morgen dann helle Panik. Der Kapitän hatte Nachtwache auf der Brücke, das Schiff lag vor Reede vor Kangerlussuaq. Als die Ablöse kam, fanden sie Kapitän Aye bewusstlos auf dem Boden liegen. Der Schiffsarzt forderte Unterstüzung von Land an. Was genau ihm fehlte, haben wir nie wirklich erfahren, aber es war ziemlich ernst. Er musste von Bord getragen werden, Gottseidank war der nächste Kapitän (die fahren immer 3 Monate am Stück, dann frei, dann wieder Fahrt) bereits an Bord und so konnte Kapitän Raasch übernehmen. Aber es war ziemlich traurig, den so zu sehen. Und der Typhoon tutete dann siebenmal zum Abschied. Das ist ua. das Zeichen, wenn ein Kapitän mit den Füßen voran ein Schiff verlässt. Bis heute zähle ich mit, wenn ich Schiffssirenen höre
Mit Käpt´n Raasch hatten wir dann aber einen echten Seebären, der wahnsinnig gut navigieren konnte und seemännisch einfach richtig was drauf hatte. Und seine Gattin war mit an Bord gekommen, und plötzlich hatten wir alle wieder eine Mama. Eine ganz entzückende Dame mit einem Herzen so groß wie ein Blauwal, die einen auch mal knuddelte wenn man schniefend auf dem Moordeck stand und Heimweh hatte.
