Allgemeiner Politik/Zeitgeschehen-Thread, Teil 2

Hier sammeln sich nur die Perlen an Threads, die niemals im Datennirvana verschwinden dürfen.
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NegatroN
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Re: Allgemeiner Politik/Zeitgeschehen-Thread, Teil 2

Beitrag von NegatroN »

Rotstift hat geschrieben:Zu Thiel: Natürlich muss man sich auch mit konträren Positionen auseinandersetzen, alles andere wäre infantil. In seinem Fall kann ich halt keinen Gewinn darin erkennen, mich mit Dingen auseinanderzusetzen die im besten Falle wohlbekannt und im schlechtesten einfach grundfalsch sind.
Du würdest den Inhalt dieses Interviews tatsächlich so zusammenfassen?
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infected
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Re: Allgemeiner Politik/Zeitgeschehen-Thread, Teil 2

Beitrag von infected »

NegatroN hat geschrieben:
Rotstift hat geschrieben:Zu Thiel: Natürlich muss man sich auch mit konträren Positionen auseinandersetzen, alles andere wäre infantil. In seinem Fall kann ich halt keinen Gewinn darin erkennen, mich mit Dingen auseinanderzusetzen die im besten Falle wohlbekannt und im schlechtesten einfach grundfalsch sind.
Du würdest den Inhalt dieses Interviews tatsächlich so zusammenfassen?
Ich würde es wohl so ähnlich zsuammenfassen, auch wenn der Teil bezüglich der Kritik am Silicon Valley und deren konkreten Auswirkunegn auf unser Leben durchaus interessant ist, aber für mich überwiegen in dem Interview insbesondere die von mir oben angeführten Punkte. Vieles von dem, was er als Lösung unserer jetzigen Probleme anpreisen will war meiner Meinung nach letzten Endes doch ab Mitte der 80er eher eine der Ursachen für einen Teil unserer heutigen Probleme (Dereguluerung, die ab Mitte der 80er erst den Savings&Loans Banken-Crash verursachte und dann im weiteren zur Weltfinanzkrise 2008; die Steuererleichterungen, die letzten Endes die Entkopplung von Lohnentwicklung und Produktivitätssteigerung mit befeuerte).
Und gerade die Linke hat doch da im wesentlichen den Fehler begangen, sich dieser (neoliberale) Argumentation anzuschließen und war damit von wesentlichen Teilen ihrer eigenen Positionen abgerückt (was auch ein Teil des exitsierenden Glaubwürdigkeitsproblems bei der Sozialdemokratie in Europa ist).
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Re: Allgemeiner Politik/Zeitgeschehen-Thread, Teil 2

Beitrag von NegatroN »

Das geht mir wirklich gar nicht so. Ich nehm da sehr viele Fragen mit (teils neue, teils auch schon bekannte), auf die ich nach wie vor keine so klare Antwort habe, wie ihr zu haben scheint.
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infected
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Re: Allgemeiner Politik/Zeitgeschehen-Thread, Teil 2

Beitrag von infected »

NegatroN hat geschrieben:Das geht mir wirklich gar nicht so. Ich nehm da sehr viele Fragen mit (teils neue, teils auch schon bekannte), auf die ich nach wie vor keine so klare Antwort habe, wie ihr zu haben scheint.
Auf alles eine klare Antwort habe ich definitiv auch nicht, aber vieles von dem, was er hier gerade anpreist, ist halt eigentlich schon wiederaufgewärmtes, insbesondere eben die Punkt Deregulation und Reagonimics aka Steuersenkung (wobei ja erste Schätzungen auf der Basis von Ist-Zahlen anlässlich des Tax Day USA aktuell davon ausgehen, dass insbesondere kleine und mittlere Einkommen stärker belastet werden durch Trumps Steuerreform).
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Re: Allgemeiner Politik/Zeitgeschehen-Thread, Teil 2

Beitrag von Rotstift »

Ich würde weite Teile des Interviews so zusammenfassen: Es enthält Gutes und Neues. Aber das Neue ist nicht gut und das Gute ist nicht neu.
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tafkasc
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Re: Allgemeiner Politik/Zeitgeschehen-Thread, Teil 2

Beitrag von tafkasc »

infected hat geschrieben:Das ist mir ja durchaus klar, aber zur Zeit basiert unser Wachstum eben immer noch konkret auf einem steigenden Input (Rohstoffe, Energie), die eben aus nicht regenerativen Quellen stammen und solange wir da keine vollständige Entkopplung schaffen bzw. vollständig auf regenerative Quellen bzw. Kreislaufwirtschaft umstellen, halte ich eine solche Aussage für hochproblematisch angesichts der Herausforderungen im Bereich der Klimapolitik.
Wenn "wir" jetzt DE ist, dann stimmt das gar nicht so ganz; wenn "wir" die Welt ist, dann schon (was sich natürlich auch auf dt. Importe auswirkt). Aber es ist eben auch Inhalt aller Klimaabkommen, dass es Puffer für die Entwicklungsländer geben muss. Ich glaube nicht, dass es einen Entwicklungspfad ohne Wachstum in Geldeinheiten gibt, der sich (regional, national, global) durchsetzen lässt. Das hat mit der Frage, inwiefern der nachhaltig entkoppelt ist, nicht direkt was zu tun. Wenn der Trend der Entkoppelung positiv ist, dann sollte man das eigentlich begrüßen, auch wenn (zunächst) keine vollständige Entkopplung vorliegt. Man sollte sich auf die Beschleunigung dieses Trends konzentrieren. Die Mittel dazu sind bekannt (Steuern, Zölle, Abkommen mit nachhaltigen Lenkungswirkungen).
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Re: Allgemeiner Politik/Zeitgeschehen-Thread, Teil 2

Beitrag von infected »

tafkasc hat geschrieben:
infected hat geschrieben:Das ist mir ja durchaus klar, aber zur Zeit basiert unser Wachstum eben immer noch konkret auf einem steigenden Input (Rohstoffe, Energie), die eben aus nicht regenerativen Quellen stammen und solange wir da keine vollständige Entkopplung schaffen bzw. vollständig auf regenerative Quellen bzw. Kreislaufwirtschaft umstellen, halte ich eine solche Aussage für hochproblematisch angesichts der Herausforderungen im Bereich der Klimapolitik.
Wenn "wir" jetzt DE ist, dann stimmt das gar nicht so ganz; wenn "wir" die Welt ist, dann schon (was sich natürlich auch auf dt. Importe auswirkt). Aber es ist eben auch Inhalt aller Klimaabkommen, dass es Puffer für die Entwicklungsländer geben muss. Ich glaube nicht, dass es einen Entwicklungspfad ohne Wachstum in Geldeinheiten gibt, der sich (regional, national, global) durchsetzen lässt. Das hat mit der Frage, inwiefern der nachhaltig entkoppelt ist, nicht direkt was zu tun. Wenn der Trend der Entkoppelung positiv ist, dann sollte man das eigentlich begrüßen, auch wenn (zunächst) keine vollständige Entkopplung vorliegt. Man sollte sich auf die Beschleunigung dieses Trends konzentrieren. Die Mittel dazu sind bekannt (Steuern, Zölle, Abkommen mit nachhaltigen Lenkungswirkungen).
Es geht nicht um das Wachstum in Geldeinheiten sondern um dessen Kopplung mit steigendem Ressourcenverbrauch, letzteres ist meiner Meinung nach das Problem.
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Re: Allgemeiner Politik/Zeitgeschehen-Thread, Teil 2

Beitrag von Apparition »

Am faszinierendsten an dem Interview finde ich eigentlich, dass es für Thiel nur zwei Dinge zu geben scheint: Stagnation und Disruption. Zumindest scheinen nur die beiden zu zählen. Dass ihm als Großunternehmer Stagnation ein Gräuel ist und Disruption Chancen eröffnet kann ich nachvollziehen, und dass einen das zum Trump-Fan macht, passt durchaus dazu. Nur: wie eingeschränkt kann eine Weltsicht sein? Für jemand in seiner Position ist das eigentlich schon erschreckend, aber vielleicht ist das in Führungsebenen von DigiTech-Unternehmen durchaus verbreitet.

Insgesamt spricht da jemand, der sehr überzeugt von sich ist und es deshalb nicht nötig hat, in Nuancen zu denken. Dann kommt halt so Quark raus wie "Nationalismus und Faschinsmus waren Jugendbewegungen und werden deshalb nie wieder passieren, weil wir alle zu alt dafür sind."

Je länger ich drüber nachdenke, umso weniger spannend finde ich das Interview.
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Re: Allgemeiner Politik/Zeitgeschehen-Thread, Teil 2

Beitrag von NegatroN »

Anderes Thema, ein Interview mit dem Geschäftsführer von Mozilla, das ich weitestgehend unterschreiben würde:

https://www.sueddeutsche.de/digital/moz ... -1.4413739

Ich gehe immer mehr dazu über, Google und alle verknüpften Produkte so weit wie möglich aus meiner Infrastruktur zu verbannen (was extrem schwierig bis unmöglich ist). Aus der Kombination von Marktmacht und Geschäftsmodell hat sich etwas gebildet, was extrem ungut ist.

Das ist inzwischen auch ein zentraler Unterschied zu Apple, um den alten Streit zwischen Android und iOS mal wieder von einer anderen Seite zu befeuern. Bei Firmen wie Apple oder Netflix bist du der Kunde und sie müssen deine Interessen berücksichtigen. Nicht, weil sie bessere Menschen sind, sondern weil du sie dafür bezahlst. Bei Google (inkl. Youtube, Android, ...) und Facebook bist du nicht der Kunde, du bist das Produkt. Die Kunden sind die Unternehmen, die da Werbung schalten. Deren Interessen sind relevant, nicht deine. Deswegen ist das iPhone grundsätzlich ein Produkt für dich und deine Interessen, während Android-Phones genau wie alle Google-Produkte in erster Linie Datenstaubsauger sind, bei denen deine Interessen zweitrangig sind. Ein einfaches Beispiel ist die Navigation. Bei Apple werden sämtliche Daten über eine abgeschlossene Navigation in Apple Maps geschreddert, sobald du die Navigation beendest. Google Maps fügt alle Daten, die während der Navigation gesammelt werden, deinem UserProfil hinzu, das Google über dich anlegt. Das ist bei jeder Anwendung so und dagegen kannst du absolut nichts tun. Und das ist nicht OK.
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Re: Allgemeiner Politik/Zeitgeschehen-Thread, Teil 2

Beitrag von Apparition »

NegatroN hat geschrieben:Anderes Thema, ein Interview mit dem Geschäftsführer von Mozilla, das ich weitestgehend unterschreiben würde:

https://www.sueddeutsche.de/digital/moz ... -1.4413739

Ich gehe immer mehr dazu über, Google und alle verknüpften Produkte so weit wie möglich aus meiner Infrastruktur zu verbannen (was extrem schwierig bis unmöglich ist). Aus der Kombination von Marktmacht und Geschäftsmodell hat sich etwas gebildet, was extrem ungut ist.

Das ist inzwischen auch ein zentraler Unterschied zu Apple, um den alten Streit zwischen Android und iOS mal wieder von einer anderen Seite zu befeuern. Bei Firmen wie Apple oder Netflix bist du der Kunde und sie müssen deine Interessen berücksichtigen. Nicht, weil sie bessere Menschen sind, sondern weil du sie dafür bezahlst. Bei Google (inkl. Youtube, Android, ...) und Facebook bist du nicht der Kunde, du bist das Produkt. Die Kunden sind die Unternehmen, die da Werbung schalten. Deren Interessen sind relevant, nicht deine. Deswegen ist das iPhone grundsätzlich ein Produkt für dich und deine Interessen, während Android-Phones genau wie alle Google-Produkte in erster Linie Datenstaubsauger sind, bei denen deine Interessen zweitrangig sind. Ein einfaches Beispiel ist die Navigation. Bei Apple werden sämtliche Daten über eine abgeschlossene Navigation in Apple Maps geschreddert, sobald du die Navigation beendest. Google Maps fügt alle Daten, die während der Navigation gesammelt werden, deinem UserProfil hinzu, das Google über dich anlegt. Das ist bei jeder Anwendung so und dagegen kannst du absolut nichts tun. Und das ist nicht OK.
Ja. Jetzt kann man darüber streiten, ob es besser wird, wenn man von den einen 50% der Marktmacht zu den anderen wechselt (wenn wir mal bei Smartphones bleiben), es zeigt aber nur, dass hier Diversifizierung not tut und die verbliebene Konkurrenz anhand der falschen Parameter verläuft. Ich habe ja unter anderem deswegen vor Apple immer zurück geschreckt, weil ich das abgeschlossene Ökosystem mit mäßiger Kompatibilität nach außen als einschränkend empfinde, aber vielleicht ist das der falsche Ansatz.
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Re: Allgemeiner Politik/Zeitgeschehen-Thread, Teil 2

Beitrag von NegatroN »

Apparition hat geschrieben:Ja. Jetzt kann man darüber streiten, ob es besser wird, wenn man von den einen 50% der Marktmacht zu den anderen wechselt (wenn wir mal bei Smartphones bleiben), es zeigt aber nur, dass hier Diversifizierung not tut und die verbliebene Konkurrenz anhand der falschen Parameter verläuft. Ich habe ja unter anderem deswegen vor Apple immer zurück geschreckt, weil ich das abgeschlossene Ökosystem mit mäßiger Kompatibilität nach außen als einschränkend empfinde, aber vielleicht ist das der falsche Ansatz.
Bei Smartphones ist es nicht 50/50, sondern 85/15 für Google. In anderen Bereichen ist es ähnlich. Google hat inzwischen in verdammt vielen Bereichen quasi das Monopol.
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Re: Allgemeiner Politik/Zeitgeschehen-Thread, Teil 2

Beitrag von tafkasc »

NegatroN hat geschrieben:Bei Smartphones ist es nicht 50/50, sondern 85/15 für Google. In anderen Bereichen ist es ähnlich. Google hat inzwischen in verdammt vielen Bereichen quasi das Monopol.
Es ist definitiv ein Problem. Ich muss gestehen, dass ich persönlich immer etwas Rücksicht für Alphabet habe, weil sie IMO immer noch die besten sind, mit dem angenehmsten Spirit, was sie so an Forschung raushauen ist einfach beeindruckend. Das machen die anderen auch, aber nicht in dem Maße. Und irgendwie habe ich den Eindruck, dass ich ihrer Werbung ganz gut aus dem Weg gehen kann. Aber das ist letztendlich alles Sentimentalität. Ich mag aber auch den Vendor-Lock-In von Apple nicht und da ich es bisher geschafft habe ohne Apfel auszukommen soll das auch so bleiben. Ich versuche letztendlich damit umzugehen, indem ich mehrere Infrastrukturen gleichzeitig benutze und ggfs. auch auf einen Teil davon verzichten kann. Aber das is aufwändig.
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Re: Allgemeiner Politik/Zeitgeschehen-Thread, Teil 2

Beitrag von metalbart »

Das ganze dünkt mir wie ein Reality Drehbuch von GoT: libertäre, liberale und rechtskonservative streiten sich um Diskurshoheit, während der Klimawandel auf leisen Sohlen heranschleicht und dann im Jahr 2100 sowieso alles egal ist.
Aber schön weiter das Gelabr von Eliten vs. andere Menschen betreiben.
Gibt leider keine Drachen in dem Szenario :D
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Re: Allgemeiner Politik/Zeitgeschehen-Thread, Teil 2

Beitrag von playloud308 »

Hier ein IMO guter Artikel zum Thema Notre-Dame Spenden:

https://www.jetzt.de/politik/notre-dame ... ie-spenden

 
Es ist eine Debatte, die gleichermaßen von Prominenten wie etwa Natascha Ochsenknecht und auch großen Medienhäusern geführt wird. Bevor man sich aber über die Moralität der Spenden von Notre-Dame aufregt, muss man aber die Relevanz des Problems einordnen: Ist die Spendenaktion um Notre-Dame Ausdruck einer Tendenz, dass Menschen gegenüber dem Leid anderer immer abgestumpfter werden? Dass Symbole einem wichtiger sind, als echte Menschen? Oder handelt es sich um einen nichtssagenden Einzelfall?
Für deutsche Verhältnisse spricht hier viel für einen Ausreißer: Von den 5,3 Milliarden Euro Spendengeldern, die 2018 von Privatpersonen gegeben wurden, gingen 73,7 Prozent an humanitäre Zwecke und nur 2,5 Prozent an den Erhalt von Kulturdenkmälern. Die höchste Summe, die in den vergangenen fünfzehn Jahren für einen Zweck gespendet wurde, wurde an die Erdbeben- und Tsunami-Opfer im Jahr 2004 gespendet, bei dem etwa 230 000 Menschen starben. Im Jahr 2005 hatte fast jeder zweite Deutsche Geld dafür gegeben. Das belegen Zahlen des Deutschen Spendenrats, einer Organisation, die sich unter anderem auch für Spenden-Transparenz einsetzt.
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Re: Allgemeiner Politik/Zeitgeschehen-Thread, Teil 2

Beitrag von infected »

http://www.tagesschau.de/investigativ/n ... e-103.html

"Arbeitshypothesen" und "suggestive Bearbeitungen"

Im Strafprozess um die gewalttätigen Ausschreitungen auf der Elbchaussee während des G20-Gipfels im Jahr 2017 äußert das Gericht Zweifel an der Ermittlungsakte der Polizei. In einem Beschluss der zuständigen Strafkammer des Landgerichts Hamburg soll es heißen, auf das "geschriebene Wort" sei "wenig Verlass". Angeklagt sind vier Deutsche und ein Franzose. Gegen sie wird unter Ausschluss der Öffentlichkeit verhandelt.

Nach Recherchen des NDR sollen Zeugen bei ihrer Vernehmung während der Hauptverhandlung Aussagen entschieden bestritten haben, die die Polizei in deren Namen in der Ermittlungsakte vermerkt hatte. Zeugen sollen Polizeivermerke gar als "Quatsch" bezeichnet und beteuert haben, sie hätten solche Aussagen nie gemacht. Den Recherchen zufolge wollen sich die Richter darum nicht mehr auf "weitere Polizeivermerke" verlassen und laden stattdessen deutlich mehr Zeugen vor als ursprünglich geplant.
Die Richter sind nach der Vernehmung des Ermittlungsführers der Polizei außerdem zu dem Schluss gekommen, dass auf dessen Abschlussbericht "nur wenig gestützt werden kann", nachdem der Beamte in seiner Vernehmung selbst angebliche Ermittlungsergebnisse als "Arbeitshypothesen" bezeichnet hatte. Auch die Videos vom Aufmarsch auf der Elbchaussee während des G20-Gipfels seien nicht so aussagekräftig, wie es zuerst schien. Das gelte besonders dann, wenn man die Videos ohne die - aus Sicht der Richter - "suggestiven Bearbeitungen" der Polizei anschaue. Für die Identifizierung des Angeklagten Franzosen sei nun ein Sachverständigengutachten geboten.
(...)
Wird ja immer besser.
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