*unfasshuld @ Pink Floyd*

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Rivers
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Re: *unfasshuld @ Pink Floyd*

Beitrag von Rivers »

Apparition hat geschrieben:Aber Frage: haben sie bei den Konzerten damals nicht auch Astronomy Domine gespielt, was nicht auf der DVD drauf ist? Eventuell sogar ganz zu Anfang? Ich meine sowas mal gelesen zu haben...
Ja, ist bei der CD Lied 2.

Bei meiner alten Video-CD fehlen aber auch z.B. Teile von Sorrow. Vielleicht hat es nicht draufgepasst, oder es kam mal eine remastered heraus, auf Youtube dauert die Version teilweise länger.

edit: Und bei dem Live Bell Bootleg, der mir mal als CD vorlag, war die Songreihenfolge noch anders. Der ist von Anfang der Tour und da begannen sie mit Astronomy und Shine On... war Ende der ersten Hälfte des Konzertes. Da hatten die aber auch nicht komplett Dark Side gespielt.
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Re: *unfasshuld @ Pink Floyd*

Beitrag von VoiceOfTheSoul »

LEARNING TO FLY

Zweiter Song, ursprünglich vom 'A Momentary Lapse of Reason'-Album und somit aus der späteren Bandphase mit Gilmour als Bandleader. An dieser Stelle greifen Zweitgitarrist Tim Renwick und Percussionist/Zweitdrummer Gary Wallis erstmals ins Geschehen ein. Und sie sind es auch, die dieser Version des Songs ihren Stempel aufdrücken. Bereits die ersten donnernden Percussionklänge/Drumwirbel entziehen allem Genörgel (unter anderem meines früher schon erwähnten Kumpels *g*), all die zusätzlichen Banditglieder und insbesondere einen zweiten Drummer bräuchte keine Sau, jedwede Grundlage. Gary unterstützt Nick Masons Parts gekonnt, spielt teilweise auch völlig eigenständige Figuren, mit denen er zusätzliche Klangfarben liefert (so auch hier), und hüpft nebenbei noch rum wie ein Irrer *g*. Und Tim Renwick übernimmt bei dem Song interessanterweise die komplette Leadgitarrenarbeit. Insbesondere sein Solo gegen Ende des Stücks hat es mir angetan, da er hier tolle eigene Akzente setzt inklusive gekonnter Tapping-Technik. Spätestens hier zeigt sich, was David Gilmour AUCH auszeichnet: Obwohl in dieser Bandphase (und auch bei dieser Show) musikalischer Mittelpunkt und unangefochtener Chef im Ring, erhält jeder der 10 (!) anderen Musiker auf der Bühne ebenfalls seine Momente im Rampenlicht, Freiraum um sein Können zu zeigen. Auch solche Dinge unterscheiden einen wirklich großen Musiker von einem überschätzten Egomanen der Marke Malmsteen & Co...
Sind Pink Floyd-Songs sonst sehr häufig melancholisch, nachdenklich oder sonst in irgendeiner Weise "ernst", ist die Gesamtatmosphäre von "Learning To Fly" durchweg positiv und beschwingt, allerdings mit dem Floyd-typischen Zauber unterlegt. Ein YT-Kommentar zu dieser Version hier trifft es perfekt: "like flying underwater". Atmosphärischer Höhepunkt ist der ruhige Mittelteil, bei dem ein weiteres Mal die schier überirdisch gute Lightshow zum Einsatz kommt, die von Marc Brickman designt und bis zum heutigen Tage nie mehr von irgendwem erreicht wurde. Dunkle Bühne, Suchscheinwerfer zucken und grüne Laser strahlen durch die gesamte Halle, auf dem Bildschirm sieht man passend zu den Soundsamples (Funkverkehr) Sequenzen, die mit Fliegerei zu tun haben. Dann ein kleiner Lichtkegel auf Gilmour, der mit seiner warmen melodischen Stimme die nächsten Zeilen singt, und um ihn herum sieht man die Bühne nicht mehr, sondern durch Scheinwerfer und Nebel wird die Illusion eines Himmels erzeugt; als ob Sonnenstrahlen durch Wolken brechen. Unglaublich, atemberaubend!! :o Gigantischen Respekt an Marc Brickman, der in seinem Metier genau so ein Genie zu sein scheint wie Waters oder Gilmour in ihrem, und an alle beteiligten Licht- und Lasertechniker!!
Nach dem letzten Refrain endet das Stück so wie es begonnen hat: Mit donnernden Drum/Percussion-Figuren von Nick und Gary, unterlegt von zuckenden Lichtblitzen. Ein letztes TA-DAAM und aus.
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Re: *unfasshuld @ Pink Floyd*

Beitrag von VoiceOfTheSoul »

HIGH HOPES

Puh, wieder mal sitze ich völlig ergriffen und mit feuchten Augen hier und muss mich erstmal sortieren. Also, der Reihe nach: Eine erste Ansage von David (eine der ganz wenigen bei diesem Konzert überhaupt), kurz, leise und beinahe schüchtern. Und dann spricht die Musik. Besser auch hier: DIE Musik! Denn wie Ploppi in seinem Dauer-Reviewthread schon richtig festgestellt hat: Besser als hier geht Musik nicht! Ich wüsste nicht, wie man ein Musikstück schreiben sollte, das noch schöner und ergreifender ist als dieses...
Bereits an dritter Stelle im Set dieses Meisterwerk, letzter Song, Highlight und Herzstück des damals aktuellen 'The Division Bell'-Albums. Ein weiterer Hinweis darauf, dass wir es hier mit einer Jahrhundertband zu tun haben; bei jeder anderen Gruppe könnte nach so einem Song überhaupt nichts mehr kommen, geschweige denn dass 99,999 % aller Bands auch nur annähernd überhaupt sowas zustande brächten *g*... Gary Wallis spielt live die einleitende Glocke, die Division Bell. Jon Carin steigt mit dieser charakteristischen, simpel-genialen Klaviermelodie ein, und dann geht es los. David singt mit sonorer, warmer Stimme den zutiefst melancholischen, wortgewaltigen Text aus der Feder seiner damaligen Freundin (und heutigen Frau) Polly Samson: "Beyond the horizon of the place we lived when we were young..." Es geht um die verlorene Kraft der Jugend, um einen wehmütigen Rückblick auf die Zeit, als man gemeinsam mit seinen Freunden große Pläne geschmiedet hat, mit Staunen in die Welt hinaus und mit blühender Phantasie in die Zukunft blickte und ein Sommer schier unendlich lang war. Das mag sich furchtbar abgedroschen und kitschig anhören, aber so kommt der Song überhaupt nicht rüber. Im Gegenteil: Im Refrain explodiert das Ganze in schier überirdischen Gesangs-, Gitarren- und Keyboardmelodien, die tatsächlich wie aus einer anderen, besseren, irgendwie weit entfernten Welt anmuten und die einem gleichzeitig das Gefühl geben, angekommen, verstanden und zu Hause zu sein. Zumindest mir treibt es an dieser Stelle wie ferngesteuert immer die Tränen in die Augen...
Passend zur Thematik sehen wir wieder mal eine surreale, grandios-verträumte Videosequenz, diesmal das bekannte Musikvideo zu dem Stück. Wieder eine Fülle verfremdeter Eindrücke, wie im Traum: Freunde sitzen am Lagerfeuer und lassen große Ballons steigen; ein Kind trägt in einem Haus einen riesigen Teddybär und lässt ihn aus dem ersten Stock fallen (die Szene fand mein 5-jähriger Sohn irgendwie schlimm *g*); Menschen ziehen einen gigantischen Damenschuh, später eine riesige Büste eines jungen Mannes (vielleicht Syd Barrett?); Männer tragen Glocken auf dem Rücken. Auch diese Videountermalung von Storm Thorgerson ist bereits ein Kunstwerk für sich.
Bei der letzten Strophe singt Jon Carin eine Zweitstimme, und hier zeigt sich ein weiterer Aspekt, der dieses Konzert zum für mich besten Livedokument aller Zeiten macht: Egal wer hier neben Gilmour am Gesang beteiligt ist, und das sind bis auf die beiden Drummer und Dick Parry alle, die teilweise vielstimmigen Vocals harmonieren perfekt!!
In den letzten zwei, drei Minuten dann der Höhepunkt des Songs: David Gilmours Solo an der Lap Steel Guitar! Im Ernst, als ich das zum ersten Mal gehört und gesehen habe, konnte ich es schlicht nicht glauben, wie man so verdammt genial sein kann!! Dieser überirdisch schöne Klang dieser Gitarre, und jede langgezogene, elegisch-verträumte Note ist einfach PERFEKT!! Tongewordenes Paradies; ein Solo besser als Sex, so schön und intensiv wie das Leben in seinen guten Momenten! Dann das Ende; alles fadet aus, noch ein paar wunderbare Farbtupfer aus Davids und Tims Gitarren, und dann Schluss.

Wegen solchen Songs hör ich Musik. Weil Musik so viel mehr sein kann als Scheißwichs-Hintergrundgeplärre im Radio. Weil sie gottverdammt nochmal die SEELE berührt!!! Und solange es noch sowas gibt, ist die Menschheit noch nicht ganz am Arsch!
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Re: *unfasshuld @ Pink Floyd*

Beitrag von VoiceOfTheSoul »

So, erstmal Ende hier. Besser kann es erstmal nicht mehr werden, und außerdem dauert das hier weit länger als gedacht. Aber ich finde auch zu jedem Song so unglaublich viel zu schreiben, und um dem gerecht zu werden, dauert es lange das so zu formulieren... :)
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Re: *unfasshuld @ Pink Floyd*

Beitrag von TAFKAR »

VoiceOfTheSoul hat geschrieben:Die Show wurde seinerzeit nicht nur als Video für die Nachwelt festgehalten, sondern auch live per Pay-per-View in zig Länder ausgestrahlt.
ICh erinnere mich dunkel, dass ich das damals gesehen habe, weil Premiere im Zuge einer Marketingmaßnahme unverschlüsselt übertrug. Und ich erinnere mich noch, dass ich als junger Bub so beeindruckt war, als die Kommentatorin meinte, die Übertragung hätte manchmal Aussetzer, weil die Scheinwerfer und Laser von PF so stark wären und das Bild beeinträchtigen würden.
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Re: *unfasshuld @ Pink Floyd*

Beitrag von Thunderforce »

Boah ey, was für geile Reviews. :)

zur Show genrell:
Das war damals so geil, das wurde ja auf Premiere übertragen, die ersten 4 oder 5 Songs auch unverschlüsselt. Ich saß zusammen mit meinem Vadder davor und ich war völlig fertig mit der Welt. Sowas hatte ich noch nie gesehen und danach auch niemals wieder. Ich habe sogar kurz vor der Show noch eine Freundin aus meiner Klasse angerufen, deren Eltern Premiere hatten, damit sie mir die Show auf VHS aufnimmt - was sie auch gemacht hat. Das Video habe ich danach so oft geguckt, bis das Band irgendwann durchsichtig war *leicht übertreib* *g* - Danke Sabrina, an dieser Stelle. :D

Ich weiß noch, dass das Bild an einigen Stellen so durchlief, quasi wie eine schnelle Abfolge von Dias. Die Moderatorin hat sich dann in der Pause dafür entschuldigt und meinte, das liege daran, dass die Kameras mit dem ganzen Licht überfordert wären *lol* - Keine Ahnung, ob das stimmt, aber das war dann natürlich gleich nochmal beeindruckender.


Zu Shine on:
Geniale Beschreibung, der es nicht mehr viel hinzuzufügen gibt. Das Video auf dem Bildschirm ist wirklich toll. Eigentlich völlig logisch, dass der gezeigte Typ wohl Syd Barrett sein soll, allerdings so naheliegend, dass ich das selbst bisher noch nie so gesehen habe *LOL* - Aber natürlich, es macht ja völlig Sinn, gerade auch mit dem ertrinken am Ende. Trotzdem hab ich die Verbindung irgendwie noch nie hergestellt und es einfach für ein surreales, unglaublich gut zum Song passendes Video gehalten.

Dieses erste Solo von David ist natürlich gleich einer der unfassbarsten Momente der gesamten Show. Da geht man völlig ein vor Geilheit. Und das Saxophon ist völlig Gott. Das ist ohnehin ein großartiges Instrument, das viel zu selten zum Einsatz kommt.


Zu Learning to fly:
Auch alles richtig. Allein diese Percussion-Orgie zu Beginn, über die dann Guy Pratts Bass zu tuckern beginnt, das ist doch sowas von gottgleich ey. Absolutes Highlight ist für mich die letzte Strophe nach diesem Laser-Mittelteil mit den Funksamples. Wie da alle Scheinwerfer ins Publikum strahlen, man vor lauter Licht nichts mehr sieht und Gilmour in diesem Tunnel aus Licht steht, lecko mio Junge! Gänsehaut hoch 70. Toll finde ich noch das Ende (normalerweise wird der Song ja ausgeblendet), wo unmittelbar vor dem Finalen TA-DAMM diese 2 lustigen, kleinen Countrymelodien eingebaut werden, ich liebe diese Stelle.


Zu High Hopes:
Dem kann ich tatsächlich nicht mehr viel hinzufügen. Eigentlich gar nichts *g* - Großartige Beschreibung, an der jedes Wort stimmt.
Außer, dass ich die Büste immer für eine Frau gehalten habe. *g* - Und vielleicht, dass hier einer der wenigen Momente ist, wo definitiv etwas nachbearbeitet wurde. Das finale „Forever and ever“ war nämlich damals in der Liveübertragung auf Premiere nicht zu hören, weil es einfach nicht gesungen wurde. David kann da eh nicht singen, weil er gerade seine Klampfe wegstellt und an der Lap Steel Platz nimmt. Aber auch die übrigen haben das nicht gesungen und ich finde, man hört das auf der DVD, es klingt irgendwie von der Stimmfarbe her etwas anders als der restliche Chorus. Auch ein zwei Unsauberkeiten im Solo sind auf der DVD glattgezogen (ja, ich kannte da auch jeden kleinen Fehler auswendig *g*). Das Solo ist natürlich eins der besten drei aller Zeiten (Comfortably Numb ist ein weiteres, Brothers in Arms das dritte). Wer das nicht gutfindet, ist emotional tot und auch ansonsten eigentlich nicht zurechnungsfähig. Wie da am Ende des Solos noch die Akustikgitarre einsteigt, aller-allerspätestens da brechen alle Dämme.


Zu Astronomy Domine @ Apparition:
Auf der DVD ist es nicht drauf, auf der CD aber schon. Die stammt von einem anderen Konzert / Konzerten.
Die Setlist war nicht immer die gleiche, einige Lieder wurden durchgetauscht. Auf der CD ist zum Beispiel auch "Hey You" drauf.
Auf der DVD dafür wiederum z.B. "One of these Days". Gibt auch noch ein paar andere Abweichungen.


Dass die Bühne ein riesiges Auge ist, ist mir übrigens auch noch nie bewusst aufgefallen *g*

*freu* @ hoffentlich baldiges weitergehen
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Re: *unfasshuld @ Pink Floyd*

Beitrag von MasterOfWurst »

Ist nicht umsonst meine Lieblingsband, seitdem ich Musik höre. Unerreichbar. :)
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Re: *unfasshuld @ Pink Floyd*

Beitrag von Rivers »

Thunderforce hat geschrieben:Dass die Bühne ein riesiges Auge ist, ist mir übrigens auch noch nie bewusst aufgefallen *g*
Man braucht ein bisschen Fantasie, aber seitdem kann ich das nicht mehr ungesehen machen. Ich habe eine Show einer Tribute Band gesehen, die hatten die Bühne ähnlich, aber der große Bogen oben war ein Halbkreis, kein Halboval. Das wirkt anders. Zweitens stellt das Cover der DVD ja auch zwei Augen dar und bei Brain Damage oder On the run haste ja auch das wirre Auge, was schaut, sieht ja sehr lustig aus. Irgendwann ist mir das mal aufgefallen, aus der Totalen von rechts hinten: Ein Auge, dass mehr oder weniger gegen die Hallendecke gerichtet ist. Diese Laserstangen, die waagerecht über der Bühne stehen, sehen ein bisschen aus wie Wimpern, muss aber nicht sein. Ich kann mir vorstellen, dass das baulich nicht komplett so gemacht werden könnte, habe aber auch keine Draft-Zeichnungen gesehen, die das vielleicht bestätigen könnten.
TAFKAR hat geschrieben:ICh erinnere mich dunkel, dass ich das damals gesehen habe, weil Premiere im Zuge einer Marketingmaßnahme unverschlüsselt übertrug. Und ich erinnere mich noch, dass ich als junger Bub so beeindruckt war, als die Kommentatorin meinte, die Übertragung hätte manchmal Aussetzer, weil die Scheinwerfer und Laser von PF so stark wären und das Bild beeinträchtigen würden.
Damit wären wir 3, die sich genau an diesen Kommentar erinnern. Ich glaube, ich hatte das Video auch auf VHS ohne einen VHS Recorder zu haben. *g* Auch die Venedig-Konzert von 1987 hatte ich auf VHS...

edit: Soweit ich mich erinnere waren die Aussetzer eher von der Bildwiederholfrequenz der Fernseher her kommend.
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Re: *unfasshuld @ Pink Floyd*

Beitrag von VoiceOfTheSoul »

Erstmal vielen Dank für die bisherigen Rückmeldungen und Ergänzungen. :) Dass die Bühne ein gigantisches Auge sein soll, ist mir tatsächlich auch noch nicht aufgefallen, genau wie die "Forever and ever"-Passage, die logischerweise gar nicht live gesungen sein kann. Man sieht ja David an der Lap Steel Platz nehmen, und ich habe unterbewusst bisher angenommen, dass die Zeile von Rick Wright oder Jon Carin gesungen wird, aber das ist ja schon unverkennbar Davids Stimme. Scheint also ein Sample der Studioversion zu sein...

Hut ab, dass ihr das damals sogar live mitverfolgt habt und die Klasse der Band auch als junge Stöpsel schon erkannt habt. :prost: Ich war damals längst nicht so weit. Als 16-jähriger war ich gerade dabei, mich von Metallica ausgehend in Richtung der ganz harten Musik zu bewegen und Sodom und Sepultura zu entdecken. Kann mich noch dunkel dran erinnern, wie irgendwann Ende `94 oder Anfang `95 tatsächlich das "High Hopes"-Video mal auf Metalla lief. Da war ja regelmäßig irgendein Metal-Musiker zu Gast, der seine Favoriten vorstellte; ich glaube, in dem Fall war das Johan Edlund mit dem damals brandneuen 'Wildhoney'-Album. Auf jeden Fall ist "High Hopes" komplett an mir vorbeigerauscht (wie komischerweise bis vor kurzem ja quasi alles von PF); habe mich nur kurz darüber aufgeregt, was so eine langweilige Scheiße denn in einer Metal-Sendung zu suchen hat und was der Mist denn solle. *auslol* & *kopfklatsch* @ mich selbst... :D

Ich versuch heute abend mal weiterzumachen. Dauert schon erheblich länger als erwartet, meine Eindrücke so in Worte zu fassen, aber ich will dieser göttlichen Musik ja auch irgendwie gerecht werden; deswegen muss ich das in kleine Häppchen zerlegen...
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Re: *unfasshuld @ Pink Floyd*

Beitrag von VoiceOfTheSoul »

TAKE IT BACK

Weiter geht's mit einem weiteren Song von 'The Division Bell'. Auch "Take It Back" besitzt den für dieses Album typischen "Wohlklang", dieses Schöne und Fließende. Die ersten wunderbaren Keyboardmelodien haben mich beim ersten Sehen des Konzertes eine Ballade erwarten lassen; wenn aber die charakteristische perlende, mit Delay unterlegte Gitarrenmelodie ertönt und die volle Band einsteigt, wird klar, dass wir es hier mit einem für PF-Verhältnisse recht flotten Rocksong zu tun haben. Erstmals gibt es dazu keinerlei Filmsequenzen auf der Leinwand, sondern das Stück wird nur durch die Lightshow untermalt. Was heißt hier "nur": Das Ganze ist natürlich wieder komplett over the top, mit blitzenden und flimmernden Scheinwerfern und Lichtern in allen nur möglichen Farben. Um komplett zu raffen was hier abgeht, werde ich die DVD wohl noch an die 50mal gucken müssen *LOL*...
Der Song als solcher erinnert mich (bei allen Unterschieden in Instrumentierung, Stimmung und Machart) an die 'Hold Your Fire'-Phase von Rush: Lupenreiner Poprock mit anspruchsvollem instrumentalen Unterbau und wieder mal schier unglaublich genialen Gesangsmelodien. Apropos Gesang: Bei diesem von den drei Backing-Sängerinnen nach jedem Refrain intonierten, langgezogenen "Uuuuuuhh" lassen sich unter dem Kopfhörer die drei Stimmen wunderbar unterscheiden, die jeweils in unterschiedlichen Tonlagen singen und dabei dennoch ein komplett harmonisches Ganzes bilden. Auch in den eher versteckt im Hintergrund ablaufenden Details finden wir also nichts anderes als huldigungswürdige Weltklasse!
Komplett irrsinnig wird's dann wieder im Mittelteil: Die Band setzt aus, nur David spielt über ruhige Keyboardflächen ein wunderbar schwebendes Solo, bevor Tim Renwick mit einsteigt und die beiden zusammen eine kurze, sich mehrmals leicht verändernde Gitarrenharmonie spielen, die schon wieder so dermaßen überirdisch schön ist, dass man sich ungläubig kneifen möchte, ob man das hier gerade wirklich hört. Dazu tasten sich grüne Laserbündel durch die Halle und machen die himmlische Geilerei perfekt, bevor der treibende Grundrhythmus wieder einsetzt und die dritte Strophe folgt.
Wenn dann nach dem letzten Chorus der Song verklingt und diese durch die ganze Riesenhalle reichenden grünen Laserstrahlen einfach stehen bleiben für den Beginn des nächsten Stücks, sind wir ziemlich exakt 33 Minuten im Konzert und vier Lieder sind vorbei. Und bereits jetzt wird einem klar, dass es bessere Musik nicht geben kann, dass kein Livedokument irgendeiner Band noch jemals an das herangekommen ist, was hier passiert.
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Re: *unfasshuld @ Pink Floyd*

Beitrag von VoiceOfTheSoul »

COMING BACK TO LIFE

Ein melancholischer Keyboardton steht im Raum, die Laserbündel wechseln von grün zu orange, David setzt mit einer unglaublich sehnsuchtsvollen Gitarrenmelodie ein, und ein weiterer Gottsong beginnt. Ich saß vor einigen Monaten beim ersten chronologischen Ansehen der Show auf YT nur noch kopfschüttelnd hier vor dem Rechner und dachte mir, das KANN doch gar nicht auf DEM Niveau weitergehen?! Doch, kann es!! Ein weiteres, den Song eröffnendes unbeschreibliches Gitarrensolo von David, das alleine eigentlich schon das Eintrittsgeld bzw. den Kaufpreis der DVD wert ist, dann beginnt David zu singen, und erneut ist alles zu spät (ich weiß, ich wiederhole mich :prost: ). "Where were you when I was burned and broken?" intoniert er mit fast schon herzzerreißender Inbrunst, und man sitzt da, hört mit angehaltenem Atem zu und fragt sich erneut, ob derartige Klänge eigentlich menschengemacht sein können oder nicht eher aus einer anderen, irgendwie besseren Dimension zu uns geschickt wurden. Sehnsucht, Melancholie, tiefe Nachdenklichkeit, und doch scheint irgendwie etwas Positives, zutiefst Beruhigendes durch. So geht das eine Strophe lang, nur Keyboards und Gesang, und diesmal glaubt man wirklich, man habe es mit einer reinrassigen Ballade zu tun.
Bis David singt: "I was staring straight into the shining sun", der Song eine unerwartete Wendung nimmt und die beschworene 'shining sun' tatsächlich aufgeht. Drums und Bass setzen ein, einer der Drummer spielt eine Cowbell, das Stück wird treibend, beschwingt, optimistisch, als ob ein tiefes Tal nun durchschritten ist, als ob man nach einer langen tiefen Lebenskrise endlich wieder obenauf ist. Das Geniale dabei ist auch ein Punkt, der von Ploppi mal vor ein paar Jahren in einem Review des Songs angesprochen wurde: Die zutiefst melancholischen Gesangsmelodien ändern sich nicht, aber durch den völlig veränderten musikalischen Unterbau wirken sie komplett anders. "I knew the moment had arrived for killing the past and coming back to life" - Von der Stimmung und dem lyrischen Inhalt her ein interessanter Gegensatz zu "High Hopes": Statt des wehmütigen Blicks zurück nun der optimistische Blick nach vorne.
Völlig genial übrigens der Gesichtsausdruck von Nick Mason beim Spielen des Songs; der Mann hat definitiv Spaß *g*. David spielt zwei weitere Soli vor und nach dem letzten Refrain, die ebenfalls die pure, ansteckende Freude sind, dann ist das Stück zu Ende.
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Re: *unfasshuld @ Pink Floyd*

Beitrag von Thunderforce »

Take it back:
Indeed. Warum ich das noch weiß, liegt irgendwie an meinem Nerdhirn, aber an der beschriebenen Stelle mit den flackernden Scheinwerfern in allen Farben, die es im Farbraum gibt, meinte mein Vadder damals staunend: "Ob sich der Waters manchmal ärgert, dass er nicht mehr dabei ist?" *g* - Großartige Version eines großartigen Liedes. Die Stelle nach dem Mittelteil mit dem Kinder-Abzählreim, wo dann diese beschriebenen Gitarrenharmonien einsetzen, dann die Drums und sich alles immer mehr aufschwingt, steigert, lauter wird und dann in der Bridge zur dritten Strophe explodiert, ist (mal abgesehen von High Hopes) vermutlich meine Lieblingsstelle auf Division Bell. Abartig gut.


Coming back to life:
Auch nicht mehr viel hinzuzufügen. Der Anfang ist so genial gesungen immer, ey... Mann! Ich meine, gut - damals war Gilmour erst Ende 40, aber auch 2006 mit 60 hat er es noch perfekt gesungen - das ist ja schon ziemlich hoch und kraftvoll gesungen. Ich meine sogar, dass er es auf der aktuellen Tour immer noch gespielt hat, aber da war ich leider nicht. Die Stelle, in der die andere Instrumentierung bzw. eigentlich fast nur der einsetzende Rhythmus aus der tiefmelancholischen Ballade einen positiven Rocksong macht, obwohl die Gesangsmelodie und IMO auch das Tempo, in dem er singt, gleich bleiben, hast Du ja schon erwähnt.
Irgendwelche Musiker könnten mir jetzt wieder erklären, warum das so ist, vermutlich hat es mit Tonarten zu tun und so, aber ich wills wie immer gar nicht wissen. Das ist einer dieser magischen Momente, wo eine relativ kleine Änderung eine riesengroße Wirkung erzielt. Wie die das machen, finde ich unwichtig. Hauptsache, es funktioniert.
Schöner Hinweis mit dem gegensätzlichen textlichen Ansatz zu High Hopes. Stimmt.


Wenn ich mich richtig erinnere, war dann ab jetzt das Konzert damals auf Premiere verschlüsselt. Ich hab aber noch ein wenig weiter"geguckt" *g*
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Re: *unfasshuld @ Pink Floyd*

Beitrag von VoiceOfTheSoul »

SORROW

Düster anschwellende Synthies, zwei gelbe Laserstrahlen durch die Halle, und dann heult David Gilmours Gitarre unglaublich mächtig auf. Was für eine schiere MACHT, was für eine Soundgewalt dieses Intro erzeugt, ey... Gerade beim Hören und Sehen habe ich mich wieder gefragt, wie es wohl gewesen sein muss, damals im Publikum gewesen zu sein und DAS HIER live vor Ort erlebt zu haben... Da muss doch jeder einzelne Zuschauer 'ne Ganzkörpergänsehaut gehabt haben! Die Laser wechseln zu grün und wandern durch die Halle, die durchdringenden Synthies wechseln die Tonart, und David spielt weiter dieses alles zermalmende Intro. Wie er da seine Stratocaster aufheulen und -röhren lässt und durch geschickten Einsatz des Tremolohebels einzelne Töne schier eine halbe Ewigkeit lang stehen lässt, das lässt einen wieder mal schier sprachlos zurück! Wie hier eine unscheinbar aussehende Strat in den Händen dieses Mannes zur Naturgewalt wird, ist mit "genial" wieder mal nur unzureichend beschrieben.
Nach ungefähr 3 Minuten dieser Urgewalt steigen die übrigen Instrumente ein, und "Sorrow" wird zum treibenden Rocksong, der jedoch stets einen düsteren Ton behält. Das Interessante dabei ist, dass es einen Refrain im herkömmlichen Sinn nicht gibt; ungefähr in der Mitte des Songs gibt es diesen "One world, one soul..."-Part, der jedoch nur dieses eine Mal vorkommt. Prägend für das Stück neben den gesungenen Strophen und Davids allgegenwärtig solierender Gitarre sind vor allem die geilen, treibenden Bassparts (jedes Mal wenn ich "Sorrow" höre, fällt mir wieder ein, dass ich die unbedingt noch lernen will *g*). Guy Pratts Spielfreude ist schier mit Händen zu greifen; er springt herum, feixt mit David um die Wette und verziert diese sich eigentlich stets wiederholenden Parts immer wieder mit kleinen, einfallsreichen Läufen. Auch hier: Chapeau!!
Kurz nach besagtem "One world, one soul..." folgt ein weiterer kurzer Part, bei dem alle Instrumente außer den Synthies aussetzen und der von einer grenzgenialen Laserchoreographie untermalt wird. Dann die letzten gesungenen Strophen, bei denen wieder Jon Carin für die Backing Vocals sorgt; und im Gegensatz zu "High Hopes" singt er diesmal in einer tieferen Tonlage als David. Eine kleine musikalische Feinheit im Hintergrund, die wieder mal zeigt, dass hier ausschließlich Ausnahme- und Vollblutmusiker auf der Bühne stehen. Ein weiteres, eher amüsantes Detail am Rande: Bewegen sich die drei Sängerinnen zu den ersten Strophen noch einheitlich rhythmisch im Takt wie meist bei dieser Show, bewegt sich Sam Brown zu den letzten Strophen gegenläufig zu den anderen beiden. Gehen diese einen Schritt vor, macht Sam einen Schritt zurück und umgekehrt, was ihr auch sichtlich Spaß zu machen scheint. :D
Nach der letzten gesungenen Strophe geht der Song noch eine ganze Weile weiter, wirkt jedoch nie künstlich in die Länge gezogen, da das Ganze halt einfach geil ist. Der Bass und die Drums drücken und treiben, Synthies und Backing Vocals füllen den Hintergrund aus, und über allem thront Davids Gitarre mit erhabenen Soli. Dann, nach mehr als 8 Minuten, fadet alles aus, und das ultramächtige Introthema wird wieder aufgegriffen. Besonders geil ist hier, dass David den allerletzten Ton schier unendlich lange hinauszögert, bis er dann endlich kommt: RRRRRRRRRRRÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAARRRRRRRRR... Nach dieser weiteren Machtdemonstration faden die düsteren Synthies dann langsam aus, und es ist Schluss.
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Re: *unfasshuld @ Pink Floyd*

Beitrag von Thunderforce »

Nichts hinzuzufügen.
Mehr Metal und Doom als in dem Intro und Outro ist jedenfalls nicht möglich.

Die Lightshow gegen Ende ist der Hammer, wo alle paar Takte diese 4 Schläge komnen tammtammtamm.. TAMM und beim vierten jeweils jede fucking Lampe auf der Bühne aufleuchtet.

Und dann halt das Outro. Dein RRRÖÖÖAAAAARR triffts halt auf den Punkt. Unglaublich, wie heavy man sein kann, da senkt selbst Tony Iommi sein Haupt in Demut. *g*
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Re: *unfasshuld @ Pink Floyd*

Beitrag von JAYMZZ »

Vollkommen genial beschrieben. Da gibt es eigentlich nichts mehr hinzuzufügen.
Für mich das beste Livedokument aller Zeiten und auch musikalisch geht es eigentlich nicht besser. Ich habe dieses Konzert bestimmt 200 mal angeguckt und selbst heute winke ich immer noch ungläubig ab wie Gott eine Band und eine Show sein können. Irrsinn hoch 1000!
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