Zur Zeit ist ja bei uns in Dortmund die PF-Ausstellung "Their Mortal Remains", die ja ein User hier schon in London besucht hat und die ich mir natürlich nicht entgehen lassen will. Im Zuge dessen habe ich beschlossen, meine abseits der 'großen' Alben und der späten Gilmour-Ära immer noch vorhandenen Lücken zu schließen und mir endlich mal die gesamte PF-Diskographie chronologisch zu geben. Gestern Abend habe ich mir via YT also zum ersten Mal die 'The Piper at the Gates of Dawn' angehört. Tja, und ich weiß irgendwie überhaupt nicht, was ich von dem Album halten soll; ich sehe mich momentan außerstande, da irgendeine Bewertung abzugeben.
Den YT-Kommentaren unter den Songs zu urteilen scheint es wohl einige Leute zu geben, für die die Syd Barrett-Ära das einzig Wahre ist. Solche Leute scheint es irgendwie bei jeder größeren Band zu geben; es gibt ja auch genügend Fans, für die Maiden einzig mit Paul Di'Anno akzeptabel sind oder für die Metallica nach 'Kill 'Em All' nur noch Mist veröffentlicht haben...
Wie dem auch sei, eine solche Einschätzung des PF-Debüts kann ich auf jeden Fall für mich ausschließen. Die etwas kauzigen Songs von 'Piper' übers Märchen vorlesen, Versteckspielen, über Zwerge und Fahrräder können für mich schonmal rein inhaltlich im Leben nicht mit der lyrischen Tiefe von 'Animals' oder gar 'The Dark Side of the Moon' mithalten. Und musikalisch finde ich das schräge Gezische und Gewaber von 'Pow R. Toc H.' oder 'Interstellar Overdrive' auch ziemlich, nun ja, gewöhnungsbedürftig.
Trotzdem war es auf jeden Fall eine interessante Hörerfahrung, die ich keinesfalls bereut habe. Den Opener 'Astronomy Domine' kannte ich schon von diversen Bootlegs der "The Division Bell"-Tour und finde ihn nach wie vor originell, atmosphärisch und superklasse. 'Interstellar Overdrive' hat mir in den letzten zwei Minuten aufgrund der abgefahrenen, immer schneller von links nach rechts und zurück wandernden Soundeffekte unterm Kopfhörer tatsächlich einen WTF-Moment beschert; für 1967 ist das ja wirklich krass und revolutionär... Von den reinen Barrett-Songs gefällt mir aufgrund des wirklich schönen Gesangs 'Matilda Mother' am Besten; da hatte ich sofort das Verlangen, den nochmal zu hören.
Ansonsten fand ich noch zwei Sachen bemerkenswert zu hören, wenn man an die spätere Entwicklung der Band denkt. Zum Einen ist Rogers Bassspiel hier verglichen mit den späteren Alben, auf denen er ja eher reduziert und solide zu Werke geht, noch regelrecht verspielt zu nennen und sticht sehr häufig heraus. Und zum Anderen ist das Ende des letzten Songs 'Bike' schon regelrecht unangenehm-prophetisch: Zunächst wie die meisten Barrett-Songs auf diesem Album eher kindlich, naiv und unschuldig klingend, kippt das Ganze dann eine Minute vor Schluss unvermittelt in den Wahnsinn ab, endet mit wirrem Gewaber und Gegacker und gibt somit, mit Sicherheit damals völlig unbeabsichtigt, einen ziemlich düsteren Ausblick auf Syd Barretts weiteres Schicksal...
Aber wie schon gesagt: Zusammenfassend könnte ich das Album außer "interessant" jetzt absolut nicht bewerten. Aber schon krass wie bewegt die Geschichte von PF war und wie facettenreich; dieses Debütalbum klingt im Vergleich zu den 'großen' Jahren von 1973 bis 1979 oder zur späten Gilmour-Phase einfach wie eine komplett andere Band...