Wieder schöne Rezi!acore hat geschrieben: ↑22.07.2011 20:11 Firefly (1977)
COVER
Veröffentlichung: Februar 1977
Besetzung:
John Lawton: Lead Vocals
Mick Box: Guitars
Ken Hensley: Keyboards/Guitars/Vocals
Lee “The Bear” Kerslake: Drums/Vocals
Trevor Bolder: Bass Guitar
Die Tour zu „High And Mighty“ zeigt, dass die Probleme innerhalb der Band immer größer werden. Speziell die Sauferei von David Byron nimmt inzwischen immer schädlichere Ausmaße an. Während er früher immer erst nach dem Auftritt richtig abgestürzt ist und somit niemals die Konzerte unter seinem Alkoholkonsum leiden mussten, hat er nun die Trinkerei gar nicht mehr Kontrolle. Absoluter Tiefpunkt ist ein Auftritt vor 20.000 Zuschauern in Philadelphia. Der betrunkene David stürmt auf die Bühne, trampelt auf eines der Beine seines Mikrophonständers und das Mikro kracht in seine Fresse. Die Menge ist natürlich amüsiert, während David voll angepisst ist: „You can go and fuck off if you don’t like it!“ Nach der Beleidigung bekommt die Band natürlich kein Bein mehr auf den Boden. Hensley ist so bestürzt über das Verhalten von David, dass er nach England zurück fliegt. Nur das gute Zureden von Manager Gerry Bron aus seinem Barbados-Urlaub verhindert, dass Ken sofort die Brocken hinwirft und die Band verlässt. Dabei sind die Macken von Ken (z.B. eigener Umkleideraum oder eigener persönlicher Tourmanager) auch nicht gerade teamfördernd. Hinzu kommt, dass Ken als Hauptsongwriter ein Großteil des Geldes einsackt. Nach weiteren Eskapaden von David auf der Tour (z.B. eingetretene Glastüren) wird er nach dem letzten Auftritt in Spanien aus der Band geworfen. Eine Ära ist beendet!
Gleichzeitig packt John Wetton, der sich nie richtig wohl in der Band gefühlt hat, seine Sachen, um seine Solo-Karriere und ein Projekt mit Bryan Ferry an den Start zu bringen.
Während noch spekuliert wird, wer die Nachfolge von David Byron antreten wird, geht der Posten am Bass an Trevor Bolder (u.a. Musiker bei David Bowie). Für die Position am Mikrophon machen Namen wie David Coverdale, Ian Hunter (Mott The Hoople), Paul Rodgers oder Gary Holton (Heavy Metal Kids, bei denen er ironischerweise am gleichen Tag und nach dem gleichen Konzert gefeuert wurde wie David bei Uriah Heep!) die Runde. David Coverdale nimmt sogar an Auditions teil und beeindruckt die Band positiv. Allerdings bekommt er endlich die Kohle, um Whitesnake an den Start bringen zu können, so dass sich ein Einstieg bei Uriah Heep erledigt hat. Ken ist darüber nicht sehr traurig, schließlich hatten sie gerade einen betrunkenen Sänger mit deutscher Ehefrau gefeuert, so dass ihm ein Sänger, der mit seiner deutschen Freundin sowie einer Flasche Jack Daniels in der Hand ins Studio spaziert, ohnehin suspekt ist. Am Schluss setzt sich John Lawton durch. Dieser war zuletzt bei der deutschen Rockband Luzifer’s Friend und den Les Humphries Singers (religiöse Popsongs) aktiv. Außerdem war er an Roger Glover’s Butterfly Ball beteiligt. Glover ist es auch, der Uriah Heep auf Lawton aufmerksam macht. Imagemäßig mag er zwar nicht genau das sein, was die Band sucht, aber seine Stimme passt perfekt. Was sich Ken mit Hinblick auf Johns deutsche Ehefrau Iris gedacht hat, ist nicht überliefert. Immerhin sind beim Bandeintritt von Lawton keine Alkoholgeschichten des Sängers überliefert, so dass hier die Parallelen zu David enden.
Innerhalb von drei Wochen wird Brons Roundhouse-Studio geentert, um die nächste Scheibe in Angriff zu nehmen. Die Songs stehen schon vor Lawtons Eintritt in die Band, er muss nur noch seinen Gesang einbringen. Diesmal übernimmt auch wieder Gerry Bron den Platz hinter den Reglern, was sich gleich positiv auf den Sound auswirkt. Sogar das Fantasy-Cover von Martin White passt endlich wieder, auch wenn es nicht das absolute Highlight ist. Neben Kerslake, der für ein Lied alleine verantwortlich ist, gibt es diesmal auch Songwriting-Credits beim Opener für Jack Williams, der im gleichen Ort wie Ken wohnt und zusammen mit ihm komponiert.
Die Lieder:
1. The Hanging Tree (Hensley/Williams)
Der starke Opener lässt gleich den recht zahnlosen Vorgänger vergessen. Sofort zeigt sich auch, dass Lawton zwar ganz anders als Byron klingt, aber dennoch perfekt zum Bandsound passt.
2. Been Away Too Long (Hensley)
Und gleich ein Highlight hinterher! Für mich ist das eines der schönsten Lieder von Uriah Heep. Tolle Melodie, abwechslungsreich, viele Tempo- und Härtegradwechsel und perfektes Schlagzeugspiel. Schon hier zeigt sich, dass die Band zu alter Stärke zurückgefunden hat.
3. Who Needs Me (Kerslake)
Das rockige Lied ist dann eher einfach gestrickt und erinnert vom Chorus her deutlich an diverse Lieder aus der glorreichen Phase der Band. Auch die Höhe des Gesangs von Lawton weist teilweise Parallelen zu vergangenen Tagen auf. Voll überzeugen kann mich die Komposition dennoch nicht.
4. Wise Man (Hensley)
Das ruhige Epos ist mit einem gelungenen Chorus ausgestattet und ist die Erfolgssingle des Albums und bringt der Band sogar einen Auftritt bei Top Of The Pops ein, für den Mick extra aus den USA eingeflogen wird. Hier darf Lawton zeigen, was alles in ihm steckt.
5. Do You Know (Hensley)
Dreckiger, kleiner Rocker mit schönem Refrain, der auf der “Easy Livin’”-Schiene fährt, ohne als Plagiat bezeichnet werden zu müssen.
6. Rollin‘ On (Hensley)
Eine eher ruhige und getragene Nummer mit atmosphärischem Instrumentalteil in der Mitte. Das hätte auch auf ein älteres Album der Band gepasst, ist im Endeffekt aber kein absoluter Überflieger.
7. Sympathy (Hensley)
Wesentlich zwingender geht es hier zur Sache. Die geniale Gitarrenmelodie ist mir seit dem ersten Hören vor ca. 30 Jahren gut im Gedächtnis geblieben. Außerdem liefert Lawton hier wieder eine perfekte Gesangsleistung ab. Eines der besten Lieder der Scheibe!
8. Firefly (Hensley)
Mit dem Titelsong zeigt sich die Band dann von ihrer epischen Seite. Nach einem ruhigen Auftakt schlägt das Lied nach knapp drei Minuten in einen Rocker um, um anschließend wieder ruhig auszuklingen. Tolle Komposition.
Bonustracks
9. Crime Of Passion (Hensley/Box/Kerslake) (B-side of the “Wise Man” single)
Ganz okay, hat aber nicht ganz das Niveau der regulären Lieder auf dem Album, speziell den Chorus finde ich etwas schwachbrüstig.
10. A Far Better Way (Hensley/Box/Kerslake/Bolder/Lawton) (Out-take from the Firefly sessions. Previously unreleased version.)
Wie kann es bloß sein, dass dieses Epos nur als Bonusmaterial auftaucht? Hier werden wirklich alle Trademarks, die die Band so einzigartig machen, in einem Song untergebracht. Selbst noch so schwindelerregende Höhen im Gesang meistert Lawton perfekt. Leider sind die Original-Bänder beschädigt, so dass dieses geniale Stück Musik viel zu früh ausgeblendet wird. Das wäre wohl der ultimative Longtrack der Lawton-Ära geworden, so sind es sechs der großartigsten Minuten aus dieser Phase. Definitiv das Lied aus der Zeit mit Lawton, das kompositorisch den alten Liedern am nächsten ist.
11. I Always Knew (Hensley/Box/Kerslake/Bolder/Lawton) (Out-take from the Dance/Firefly sessions. Previously unreleased version.)
Das Lied ist mir jetzt doch etwas zu schunkelig-kitschig und wohl zu Recht nie offiziell veröffentlicht worden.
12. Dance Dance Dance (Out-take from the Dance/Firefly sessions. Previously unreleased version.)
Puh, was soll ich bloß von dem Lied halten? Wollte die Band damit die Discos dieser Welt erobern? Zum Glück wurde der Weg nicht großartig weiter verfolgt!
13. Been Away Too Long (Hensley) (Alternate version, previously unreleased)
Interessante Fassung des Liedes, speziell des Intro klingt ganz anders und ist deutlich länger.
14. Do You Know (Hensley) (Demo mix)
Diese Version dürfte eines der ersten Lieder sein, das Lawton für die Band eingesungen hat.
15. Who Needs Me (Kerslake) (Alternative live version - previously unreleased)
Eine bisher unveröffentlichte Fassung des Liedes von der 79er-Fallen Angel Tour mit ausufernden Jam-Einlagen.
16. Wise Man (Hensley) (T.V. backing track)
Diese Version wurde speziell für eine TV-Werbekampagne editiert und gemixt. Allerdings weiß heute keiner mehr, was damals überhaupt beworben werden sollte.
Mit „Firefly“ meldet sich die Band wieder in gewohnter Stärke zurück. Die neuen Mitglieder passen perfekt, speziell Lawton kann voll überzeugen und steht seinem Vorgänger gesangstechnisch in nichts nach. Hinzu kommen einige überragende Kompositionen, so dass man wirklich sagen kann, dass die Durststrecke endlich überwunden ist. Ganz reicht man zwar auf Albumlänge nicht an die Überflieger der Frühphase heran, aber immerhin fast. Und mit „A Far Better Way“ befindet sich ja noch ein weiteres geniales Epos bei den Bonustracks. Meiner Meinung nach hätte man übrigens die ersten beiden Lieder tauschen sollen, denn „Been Away Too Long“ wäre als Oepner die deutlich bessere Wahl gewesen. 8,5/10
Rückkehr zu alter Stärke:
Sorry, nur eine Live-Aufnahme von 2002, aber Lawton und Hensley sind sogar mit an Bord!
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Die Story mit David Byron und dem Publikum ist jedoch schon auf der Tour zu "Return to Fantasy" passiert.
Den Titelsong `Firefly` singt übrigens Ken Hensley.