Apparition und die wilden Siebziger
- Apparition
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Apparition und die wilden Siebziger
So, ich hab Bock.
Warum dieser Thread? Ich habe vor einiger Zeit angefangen, mir die Siebziger musikalisch neu zu erschließen. Musik aus der Zeit höre ich schon immer, eigentlich war das sogar die Phase, mit der ich angefangen habe, mich überhaupt für Musik zu interessieren, bevor dann The Offspring und Metallica in mein Leben traten, aber das ist eine andere Geschichte. Black Sabbath mit Ozzy sind mein altes Testament des Metal, Alben von Deep Purple, Led Zeppelin, Rainbow und Thin Lizzy stehen seit Jahren hier im Regal, denn man interessiert sich ja früher oder später für die Wurzeln von diesem Metal.
Um diese Bands geht es hier nicht. Zumindest mehrheitlich. Was soll ich noch über "Rising", "Machine Head", "Jailbreak", "Powerage" oder "Paranoid" schreiben, was nicht jeder hier schon dutzendfach gelesen hat? Ebenso werde ich die großen Klassiker des britischen Progressive Rock maximal streifen, zum einen, weil das nur zum Teil mein Metier ist, zum anderen, weil "Wish You Were Here", "Selling England By The Pound" und "Red", so sehr ich sie liebe, wahrscheinlich bei jedem zweiten hier ebenfalls im Schrank stehen.
Die Initialzündungen für das, was hier passiert, waren einerseits Youtube, Spotify und ihre Musikvorschläge, andererseits eine Veranstaltung in Köln, die ich mit schöner Regelmäßigkeit besuche und wo man zu eher untypischen Sounds von damals tanzen kann. Da entdeckte ich nicht nur neue Bands, sondern ganze Stilrichtungen, die ich vorher gar nicht auf dem Schirm hatte.
Mein Ziel für diesen Thread ist, etwa einmal in der Woche ein Album zu besprechen, das hoffentlich noch nicht jeder auf dem Schirm hat. Dabei geht es nicht nur um obskures Underground-Zeug, sondern durchaus um große Klassiker, aber halt um welche, auf die man als metalaffiner Mensch nicht automatisch stößt. Der Bogen, den ich spannen will, soll von Classic Rock über Krautrock, Prog, Folk, Hardrock, Jazzrock, Soul, frühe Elektro-Pioniere bis hin zum Punk reichen.
Was das ganze für mich spannend macht ist, dass ich bei weitem kein Experte bin und noch viel zu entdecken habe. Dabei werde ich Euch zum Teil mitnehmen. Ich werde hier Alben besprechen, die ich schon besitze und kenne, aber auch welche, die ich bisher nur auf der Liste habe und noch antesten will. Da ich neugierig bin, und da kommt Ihr ins Spiel, bin ich natürlich für Vorschläge offen. Um das etwas zu strukturieren, werde ich Euch gelegentlich fragen, was ich mir vornehmen soll und noch nicht kenne. Möglich, dass die Frage lautet "Welches Album von Band XY soll ich unbedingt hören?", möglich aber auch, dass ich drei Alben zur Auswahl stelle und dann eine Umfrage starte. Anfangen werde ich allerdings mit Sachen, die ich schon kenne oder die zumindest oben auf meiner Liste stehen.
Vom Umfang her werden das eher keine ausufernden Song-für-Song-Reviews, aber ich will schon versuchen, alles aufzuschreiben, was mir auffällt. Beim Entdecken von für mich neuen Sachen kann das durchaus auch mal ein Livereview werden.
Morgen oder übermorgen geht's los.
Besprochene Alben:
Traffic - John Barleycorn Must Die
Peter Hammill - The Silent Corner And The Empty Stage
Horslips - The Book of Invasions (A Celtic Symphony)
10cc - Live and let Live
Humble Pie - Performance: Live Rockin' the Filmore
Television - Marquee Moon
Beggars Opera - Waters of Change
Rare Earth - Get Ready
Pentagram - Die frühen Jahre
Can - Rundumschlag
Spooky Tooth - Spooky Two
Sandy Denny - The North Star Grassman and the Ravens
Aerosmith - Rundumschlag
Warum dieser Thread? Ich habe vor einiger Zeit angefangen, mir die Siebziger musikalisch neu zu erschließen. Musik aus der Zeit höre ich schon immer, eigentlich war das sogar die Phase, mit der ich angefangen habe, mich überhaupt für Musik zu interessieren, bevor dann The Offspring und Metallica in mein Leben traten, aber das ist eine andere Geschichte. Black Sabbath mit Ozzy sind mein altes Testament des Metal, Alben von Deep Purple, Led Zeppelin, Rainbow und Thin Lizzy stehen seit Jahren hier im Regal, denn man interessiert sich ja früher oder später für die Wurzeln von diesem Metal.
Um diese Bands geht es hier nicht. Zumindest mehrheitlich. Was soll ich noch über "Rising", "Machine Head", "Jailbreak", "Powerage" oder "Paranoid" schreiben, was nicht jeder hier schon dutzendfach gelesen hat? Ebenso werde ich die großen Klassiker des britischen Progressive Rock maximal streifen, zum einen, weil das nur zum Teil mein Metier ist, zum anderen, weil "Wish You Were Here", "Selling England By The Pound" und "Red", so sehr ich sie liebe, wahrscheinlich bei jedem zweiten hier ebenfalls im Schrank stehen.
Die Initialzündungen für das, was hier passiert, waren einerseits Youtube, Spotify und ihre Musikvorschläge, andererseits eine Veranstaltung in Köln, die ich mit schöner Regelmäßigkeit besuche und wo man zu eher untypischen Sounds von damals tanzen kann. Da entdeckte ich nicht nur neue Bands, sondern ganze Stilrichtungen, die ich vorher gar nicht auf dem Schirm hatte.
Mein Ziel für diesen Thread ist, etwa einmal in der Woche ein Album zu besprechen, das hoffentlich noch nicht jeder auf dem Schirm hat. Dabei geht es nicht nur um obskures Underground-Zeug, sondern durchaus um große Klassiker, aber halt um welche, auf die man als metalaffiner Mensch nicht automatisch stößt. Der Bogen, den ich spannen will, soll von Classic Rock über Krautrock, Prog, Folk, Hardrock, Jazzrock, Soul, frühe Elektro-Pioniere bis hin zum Punk reichen.
Was das ganze für mich spannend macht ist, dass ich bei weitem kein Experte bin und noch viel zu entdecken habe. Dabei werde ich Euch zum Teil mitnehmen. Ich werde hier Alben besprechen, die ich schon besitze und kenne, aber auch welche, die ich bisher nur auf der Liste habe und noch antesten will. Da ich neugierig bin, und da kommt Ihr ins Spiel, bin ich natürlich für Vorschläge offen. Um das etwas zu strukturieren, werde ich Euch gelegentlich fragen, was ich mir vornehmen soll und noch nicht kenne. Möglich, dass die Frage lautet "Welches Album von Band XY soll ich unbedingt hören?", möglich aber auch, dass ich drei Alben zur Auswahl stelle und dann eine Umfrage starte. Anfangen werde ich allerdings mit Sachen, die ich schon kenne oder die zumindest oben auf meiner Liste stehen.
Vom Umfang her werden das eher keine ausufernden Song-für-Song-Reviews, aber ich will schon versuchen, alles aufzuschreiben, was mir auffällt. Beim Entdecken von für mich neuen Sachen kann das durchaus auch mal ein Livereview werden.
Morgen oder übermorgen geht's los.
Besprochene Alben:
Traffic - John Barleycorn Must Die
Peter Hammill - The Silent Corner And The Empty Stage
Horslips - The Book of Invasions (A Celtic Symphony)
10cc - Live and let Live
Humble Pie - Performance: Live Rockin' the Filmore
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Zuletzt geändert von Apparition am 23.01.2021 19:27, insgesamt 18-mal geändert.
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Re: Apparition und die wilden Siebziger
Voll schön, hab ich richtig Bock drauf.
- hunziobelix
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Re: Apparition und die wilden Siebziger
Da bin ich auch gespannt wie ein Flitzebogen.
Urban Priol:"Wir müssen alle Kulturen verstehen,auch Die im Joghurt."
Salvador Dali:"Das Schlimmste an der heutigen Jugend ist,dass man nicht mehr dazu gehört."
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Re: Apparition und die wilden Siebziger
Ich hin gespannt.
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Re: Apparition und die wilden Siebziger
Erstmal grundsätzlich super, dass Du das startest. Es ist nicht gerade meine Lieblingszeit und -ausrichtung (bis auf die Klassiker, hehe!), aber wenn Du das machst, kann das nur gut werden.
The Rangers had a homecoming...
Re: Apparition und die wilden Siebziger
Das wird garantiert schön zu lesen sein, da bin ich dabei.
Aufgrund des Themas wird aber sehr sicher nichts für mich dabei sein, deshalb werde ich mit auf stilles Mitlesen beschränken.
Aufgrund des Themas wird aber sehr sicher nichts für mich dabei sein, deshalb werde ich mit auf stilles Mitlesen beschränken.
Re: Apparition und die wilden Siebziger
Gentle Giant und vor allem Jethro Tull nix für dich?Porcupine hat geschrieben:Das wird garantiert schön zu lesen sein, da bin ich dabei.
Aufgrund des Themas wird aber sehr sicher nichts für mich dabei sein, deshalb werde ich mit auf stilles Mitlesen beschränken.
moo-ah!
- costa
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Re: Apparition und die wilden Siebziger
Das einzige, womit ich im Ausgangspost hadere ist die Aussage, dass hier im Forum schon alles zu "Jailbreak" geschrieben worden sei. *g*
Ich glaube, sollten wir den Rush-Thread jemals beenden bau ich hier mal einen Lizzy-Reviewthread.
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- Thunderforce
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Re: Apparition und die wilden Siebziger
Damn, da könnte ich auch mal wieder ran. Naja, ist ja bald Herbst.costaweidner hat geschrieben:Das einzige, womit ich im Ausgangspost hadere ist die Aussage, dass hier im Forum schon alles zu "Jailbreak" geschrieben worden sei. *g*
Ich glaube, sollten wir den Rush-Thread jemals beenden bau ich hier mal einen Lizzy-Reviewthread.
- MetalEschi
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Re: Apparition und die wilden Siebziger
Dank einem früheren Review hatte mir Apparition ja schon mal ein sehr cooles, mir vorher völlig unbekanntes 70er Album nahegelegt (MESSAGE - From Books And Dreams), daher werde ich hier auch interessiert mitlesen und -hören.
Kennt ihr dieses leichte Prickeln der Vorfreude und Herzklopfen, wenn ihr einen Thread öffnet, dessen neueste Antwort mit hoher Wahrscheinlichkeit mit beleidigter Leberwurst bestrichen ist?
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Re: Apparition und die wilden Siebziger
Nein. Ich mag diese staubigen Produktionen von damals nicht, das ist einfach nicht meine Welt.OldschdodPiranha hat geschrieben:Gentle Giant und vor allem Jethro Tull nix für dich?Porcupine hat geschrieben:Das wird garantiert schön zu lesen sein, da bin ich dabei.
Aufgrund des Themas wird aber sehr sicher nichts für mich dabei sein, deshalb werde ich mit auf stilles Mitlesen beschränken.
- Apparition
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Re: Apparition und die wilden Siebziger
Von dem Mythos bin ich inzwischen weg. Ich weiss was Du meinst, aber ein paar von den Platten, die hier kommen, haben Produktionen, da legst Du die Ohren an.Porcupine hat geschrieben:Nein. Ich mag diese staubigen Produktionen von damals nicht, das ist einfach nicht meine Welt.OldschdodPiranha hat geschrieben:Gentle Giant und vor allem Jethro Tull nix für dich?Porcupine hat geschrieben:Das wird garantiert schön zu lesen sein, da bin ich dabei.
Aufgrund des Themas wird aber sehr sicher nichts für mich dabei sein, deshalb werde ich mit auf stilles Mitlesen beschränken.
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Re: Apparition und die wilden Siebziger
Die Siebziger, zumindest die frühen Siebziger, waren eine Epoche des "Everything Goes"- Wir kennen das von Queen, Led Zeppelin oder David Bowie, die mehr oder weniger schrankenlos alles in ihre Musik verwoben, was ihnen an Einflüssen in die Finger kam. In diese Kategorie fällt auch das dritte Album von Traffic. Traffic hatten bereits 1967 und 68 zwei Alben veröffentlicht, bevor die Band kurzzeitig auseinander brach. Wenig später wollte Bandkopf Steve Winwood es aber noch mal wissen und hob die Band zusammen mit Jim Capaldi und Chris Wood noch mal aus der Taufe. Das Resultat hört auf den Namen "John Barleycorn Must Die", erschienen 1970.
Oberflächlich wirkt das Album etwas richtungslos. Man merkt recht deutlich, dass hier vor allem die Lust an der Musik im Vordergrund stand und weniger ein Interesse, in irgendeine kommerziell verwertbare Richtung zu gehen. Die Band bestand auch nur aus Winwood (Vocals, Piano, Orgel, Akustikgitarre, Bass...) ,Capaldi (Drums, Percussion, Flöte), und Chris Wood (Saxophon, Flöte, Percussion).
Das Openerdoppel "Glad/Freedom Rider" war eigentlich der Song, der mich zu Traffic gebracht hat. Wir hören recht perkussiven Jazzrock mit Funkuntertönen (Glad), der im zweiten Teil (Freedom Rider) zu einer eigentümlichen Mischung aus zeittypischem Orgelrock mit Jethro Tull-artigen Flöten übergeht. Klar scheint mir, dass Winwood und Capaldi sehr vom Soul und frühen Funk dieser Ära inspiriert waren, denn der Song wird von einem sehr smoothen, aber bestimmten Groove getragen, für Bassisten müsste das eigentlich ein Fest sein. Steve Winwoods Stimme erinnert manchmal etwas an einen tieferen Peter Gabriel. Diese unverschämt tanzbare Schiene sollten Traffic auf den folgenden Alben noch ausbauen.
Die A-Seite beschließt Empty Pages, ein Song, der noch etwas mehr im Spätsechziger-Pop hängt und vor allem von der starken Orgel und Winwoods Piano getragen wird. Chilliger Sonntagmorgen-Song.
E-Gitarren gibt es übrigens auf dem Album kaum. Damit waren sie nicht allein (siehe auch ELP, Quatermass, Triumvirat etc.), man vermisst sie aber auch nicht. Ich würde das Album aber trotzdem im groben Bereich "Rock" ansiedeln.
Auf der B-Seite wird es etwas erdiger. "Stranger to Himself". Hier tatsächlich mal mit Gitarre, erinnert der Song etwas an eine glattere, rhythmisch ausgefeiltere Version der Stones der späten Sechziger. Es kommt also Blues(Rock) dazu. Hier können z.B. auch Fans der Faces, Quireboys usw. mal reinhören, könnte ein Anknüpfungspunkt sein.
Das Herzstück des Albums, der titelgebende John Barleycorn, muss also sterben. 1970 rollte in England ja die Electric Folk-Welle (Fairport Convention, Steeleye Span, Trees, Pentangle...). Davon ließen sich auch Traffic anstecken und liefern eine lupenreine Interpretation eines alten englischen Folkstücks, laut Linernotes mindestens von Mitte des 15. Jahrhunderts. Besagter John Barleycorn stand möglicherweise für den Gerstenschnaps, mit dem sich die Landbevölkerung reihenweise zugrunde richtete ("And little Sir John and the nut-brown bowl, And he's brandy in the glass; And little Sir John and the nut-brown bowl, Proved the strongest man at last."). Ein sehr, sehr englischer Song, dank der Flöte zwischen Jethro Tull und Fairport Convention. Man kann die neblige Countryside vor dem geistigen Auge sehen, ein paar kleine Bauernhöfe, Armut, karge Ernten.
"Every Mother's Son" hat schließlich nochmal Gitarrenunterstützung, diesmal aber nicht so sehr bluesig, sondern fast mit einer Gospelnote, aber auf jeden Fall "schwarz" beeinflusst.
So endet ein sehr abwechslungsreiches Album, irgendwie typisch für die Zeit und darum auch mein Einstieg in diesen Thread. Traffic wurden in der Folge noch sehr erfolgreich und lieferten noch drei hervorragende Jazzrockalben ab ("When The Eagle Flies" kann ich noch sehr empfehlen), bevor Steve Winwood als Solokünstler erfolgsmäßig noch mal einen drauflegte.
Glad/Freedom Rider in einer Liveversion von Woodstock 94:
John Barleycorn Must Die:
Oberflächlich wirkt das Album etwas richtungslos. Man merkt recht deutlich, dass hier vor allem die Lust an der Musik im Vordergrund stand und weniger ein Interesse, in irgendeine kommerziell verwertbare Richtung zu gehen. Die Band bestand auch nur aus Winwood (Vocals, Piano, Orgel, Akustikgitarre, Bass...) ,Capaldi (Drums, Percussion, Flöte), und Chris Wood (Saxophon, Flöte, Percussion).
Das Openerdoppel "Glad/Freedom Rider" war eigentlich der Song, der mich zu Traffic gebracht hat. Wir hören recht perkussiven Jazzrock mit Funkuntertönen (Glad), der im zweiten Teil (Freedom Rider) zu einer eigentümlichen Mischung aus zeittypischem Orgelrock mit Jethro Tull-artigen Flöten übergeht. Klar scheint mir, dass Winwood und Capaldi sehr vom Soul und frühen Funk dieser Ära inspiriert waren, denn der Song wird von einem sehr smoothen, aber bestimmten Groove getragen, für Bassisten müsste das eigentlich ein Fest sein. Steve Winwoods Stimme erinnert manchmal etwas an einen tieferen Peter Gabriel. Diese unverschämt tanzbare Schiene sollten Traffic auf den folgenden Alben noch ausbauen.
Die A-Seite beschließt Empty Pages, ein Song, der noch etwas mehr im Spätsechziger-Pop hängt und vor allem von der starken Orgel und Winwoods Piano getragen wird. Chilliger Sonntagmorgen-Song.
E-Gitarren gibt es übrigens auf dem Album kaum. Damit waren sie nicht allein (siehe auch ELP, Quatermass, Triumvirat etc.), man vermisst sie aber auch nicht. Ich würde das Album aber trotzdem im groben Bereich "Rock" ansiedeln.
Auf der B-Seite wird es etwas erdiger. "Stranger to Himself". Hier tatsächlich mal mit Gitarre, erinnert der Song etwas an eine glattere, rhythmisch ausgefeiltere Version der Stones der späten Sechziger. Es kommt also Blues(Rock) dazu. Hier können z.B. auch Fans der Faces, Quireboys usw. mal reinhören, könnte ein Anknüpfungspunkt sein.
Das Herzstück des Albums, der titelgebende John Barleycorn, muss also sterben. 1970 rollte in England ja die Electric Folk-Welle (Fairport Convention, Steeleye Span, Trees, Pentangle...). Davon ließen sich auch Traffic anstecken und liefern eine lupenreine Interpretation eines alten englischen Folkstücks, laut Linernotes mindestens von Mitte des 15. Jahrhunderts. Besagter John Barleycorn stand möglicherweise für den Gerstenschnaps, mit dem sich die Landbevölkerung reihenweise zugrunde richtete ("And little Sir John and the nut-brown bowl, And he's brandy in the glass; And little Sir John and the nut-brown bowl, Proved the strongest man at last."). Ein sehr, sehr englischer Song, dank der Flöte zwischen Jethro Tull und Fairport Convention. Man kann die neblige Countryside vor dem geistigen Auge sehen, ein paar kleine Bauernhöfe, Armut, karge Ernten.
"Every Mother's Son" hat schließlich nochmal Gitarrenunterstützung, diesmal aber nicht so sehr bluesig, sondern fast mit einer Gospelnote, aber auf jeden Fall "schwarz" beeinflusst.
So endet ein sehr abwechslungsreiches Album, irgendwie typisch für die Zeit und darum auch mein Einstieg in diesen Thread. Traffic wurden in der Folge noch sehr erfolgreich und lieferten noch drei hervorragende Jazzrockalben ab ("When The Eagle Flies" kann ich noch sehr empfehlen), bevor Steve Winwood als Solokünstler erfolgsmäßig noch mal einen drauflegte.
Glad/Freedom Rider in einer Liveversion von Woodstock 94:
John Barleycorn Must Die:
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Tolle Band.Das Livealbum "On The Road" ist sehr empfehlenswert.
Urban Priol:"Wir müssen alle Kulturen verstehen,auch Die im Joghurt."
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