Die Beatles waren schon wichtig. Haben viel geleistet und viel ermöglicht und dabei sind auch ne Reihe wirklich guter Songs rausgekommen. Ich beschleunige die Debatte jetzt mal ein bisschen, denn:
Es gibt noch weitere Bestellungen, deswegen machen wir mal weiter.
Survivor - When Seconds Count
Ja, Survivor sind so eine Art Guilty Pleasure von mir. Alles, was man der Musik vorwerfen kann (und hier sicher wird) ist wahr. Im Grunde ist es Schlagermusik mit ein bisschen Gitarren und sehr omnipräsenten Keyboards, alles auf den Gesang von (in diesem Fall Jimi Jamison) ausgerichtet, bei der Produktion hat man nur das Mindeste investiert, instrumental gibt es so gut wie keinen Anspruch, den man entdecken kann. Es ist kitschig bis zum Gehtnichtmehr und einige Songs triefen nur so vor Schmalz. Aber, es bringt nichts: Ich liebe und verehre nunmal die 80er und speziell „Vital Signs“ und vorliegendes „When Seconds Count“ sind eben 80er Massentauglichkeit ein Reinkultur.
Subjektiv gesehen dürfte eine Ballade wie „Man Against The World“ eigentlich gar nicht gehen, aber es nützt nichts: Das Lied spricht mein Emotionszentrum an wie eine ausufernde Liebesszene in nem Blockbuster-Movie: Man schämt sich zwar, aber findet das Mädchen halt doch heiß. Das Songwriting, auch da gibt es eigentlich keine zwei Meinungen, ist brillant, das Melodieverständnis der Band war herausragend. Highlight des Albums ist womöglich „Rebel Son“, das ruhig beginnt und sich dann zu einem beschwingten Melodic Rocker steigert, bei dem Survivor wie so oft inhaltlich ihrem Bandnamen alle Ehre machen: nicht aufgeben, weiter machen, an sich glauben. Survivor sind die optimale Begleitmusik zu allem, was man im Leben erreichen will, und allzu oft sehe ich Sportler oder dergleichen vor mir, mit einem großen Ziel vor Augen, kämpfend, erschöpft, die aber mit letzter Kraft alles aus sich herausholen.
Bemerkenswert ist der Hitfaktor, ähnlich hoch wie auf den besseren Journey-Alben, musikalisch auch gar nicht so weit von den hochgelobten Königen des AOR weg, auch wenn Survivor den anspruchsvollen Teil von deren Kompositionen weglassen (und Journey zugegeben schon die weitaus "wertigere" Band sind). Es gibt hier und auch auf dem Vorgänger keinen Song, der nicht das Potenzial hatte, ein riesiger Megaseller zu werden. „Oceans“ mit seinem ausufernden Refrain und der bildhaften Sprache von Jamison ist ein perfektes Beispiel für Kommerzmusik aus den 80ern. Kann man im Grunde nur hassen oder lieben. Schwer einzuschätzen indes, wie hoch der kompositorische Anteil von Hauptsongwriter und Gitarrist Frankie Sullivan tatsächlich ist, da wie erwähnt die gesamte Musik auf die Gesangsmelodien ausgerichtet ist. Dass Survivor nach dessen Ausstieg (und erst Recht dessen Tod) keinerlei neue Musik mehr gemacht haben, spricht im Grunde für sich. Sein Vorgänger Dave Bickler (der unter Anderem auf dem größten Hit der Band „The Eye of The Tiger“ gesungen hat) hat lange nicht mehr die stimmliche Präsenz von früher.
Wie erklärt man Menschen also glaubhaft, dass man die Musik auf „When Seconds Count“ tatsächlich gut findet? Am Besten gar nicht. Man hört es sich an und stellt fest, dass die Songs etwas ausstrahlt, etwas Magisches, Besonderes. Das ist ihre Absicht und dieses Ziel erreicht sie. Mehr muss es ja manchmal auch gar nicht sein. „When Seconds Count“ zählt man nicht zu den besten Alben aller Zeiten oder lässt sich wochenlang von seiner Genialität fesseln. Gut unterhalten lassen kann man sich davon aber allemal.
Musik:
Schönes theatralisches Video zu Man Against The World:
und zu Is This Love