The Man Who Sold The World (1970)
Tracklist:
Seite A:
01 The Width Of A Circle
02 All The Madmen
03 Black Country Rock
04 After All
Seite B:
01 Running Gun Blues
02 Saviour Machine
03 She Shook Me Cold
04 The Man Who Sold The World
05 The Supermen
Besetzung:
David Bowie – vocals; guitars; Stylophone; organ; saxophone
Mick Ronson – guitars; backing vocals
Tony Visconti – bass; piano; guitar; recorder; producer; backing vocals
Mick Woodmansey – drums; percussion
Ralph Mace – Moog synth
Ken Scott – engineer
Dass es hier länger nicht weiterging, ist nicht nur, aber auch dem Mangel an Ideen geschuldet und dem etwas zwiespältigen Verhältnis, das ich zu dieser Scheibe pflege. „The Man Who Sold The World“ gilt gemeinhin als das erste „richtige“ Bowie-Album, wirkt auf mich aber eher wie zerfahrenes Stückwerk, weitgehend orientierungslos und ohne die überzeugende emotionale Stahlkraft, die sämtliche seiner Releases offenbarten, die in den Jahren darauf noch folgen sollten.
Album Nummer drei des britischen Ausnahmetalents bildet den Auftakt seiner ersten, wirklich exzentrischen Phase. Das (damals noch) äußerst kontroverse Plattencover zeigt David, wie er in einem Kleid auf einem Sofa posiert, ein für die frühen Siebziger sehr gewagtes Erscheinungsbild. In den USA wurde die Platte mit einem anderen, ursprünglich entworfenen Comic-Cover veröffentlicht, in Deutschland entschied man sich sogar für ein noch simpleres, unscheinbareres Bild. Der Einfluss auf diverse andere Künstler ist unzweifelhaft, wenn man sich die visuelle Komponente von Acts wie Marilyn Manson oder diverse Glam-Rocker ansieht.
Musikalisch setzte Bowie auf dem Album verstärkt auf Rock-Einflüsse, im Fahrwasser von Led Zeppelin und Black Sabbath lief die Scheibe damals sogar unter dem Heavy Metal-Label. Das ist unter Umständen ein wenig zu dick aufgetragen, dass das Album aber einen enormen Einfluss auf die Welt des harten Rock hatte, daran gibt es keinen Zweifel. Das gesamte Werk ist sehr gitarrenorientiert und lebt besonders vom Einfluss des langjährigen Bowie-Gitarristen Mick Ronson, bietet aber auch Platz für einige folkige, auch progressive Einflüsse.
Eröffnet wird die Platte bereits relativ zerfahren, mit „The Width Of A Circle“, einem folkig beginnenden Epos, das sich in der zweiten Hälfte scheinbar ziemlich Zusammenhanglos zu einem härteren R&B-Stück entwickelt. „All The Madman“ ist Bowies erster vollwertiger Heavy Rocker, das darauf folgende „Black Country Rock“ ist direkt der zweite. Hier wird das Album dem Hardrock-Stempel, der im aufgedrückt wird, kurzzeitig gerecht, während Seite eins mit „After All“ abschließt, einem psychedelischen Folk-Song, der ein wenig wie eine Mischung aus Pink Floyds Debüt und einem frühen Vorboten des Düster-Gothic erscheint.
Die B-Seite wirkt ähnlich überambitioniert. Der psychedelische Titelsong wurde zahlreich gecovert, am prominentesten ist wohl die Version, die die Nirvana auf ihrer warum auch immer legendär gewordenen MTV-Unplugged-Session von sich gaben. Davor und danach wechselt Bowie typisch für ihn ständig seine Erscheinung und wandelt nervös zwischen Folk und Hardrock, muss aber im Vergleich gegen die wirklichen Größen dieser Zeit Federn lassen – seine Stärke ist diese Art wilde, ungestüme Robustheit nicht, auch wenn das einige Fans anders zu sehen scheinen und das Album als unterschätztes Juwel bezeichnen. Abzusehen, in welche kompositorischen und künstlerischen Höhen sich der Meister bereits ein Jahr später begeben würde, war auf diesem Werk noch nicht, die Songwriting-Ideen hängen allesamt irgendwie in der Luft und den Songs mangelt es an einer klaren, nachvollziehbaren Botschaft.
Der Schritt, den Bowie mit dem nächsten Album vollziehen sollte jedenfalls, war ziemlich gewaltig, und was vor uns liegt ist die vielleicht homogenste und makelloseste Albumserie eines Künstlers überhaupt.
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