BRUCE SPRINGSTEEN - Eine Werkschau (aktuell: Human Touch)

Alles über Musik im Allgemeinen und ohne Bezug zu einem speziellen Genre
Benutzeravatar
JudasRising
Beiträge: 5691
Registriert: 26.03.2004 00:21
Wohnort: Lippstadt

Re: BRUCE SPRINGSTEEN - Eine Werkschau (aktuell: Born to Run)

Beitrag von JudasRising »

Darth_Kai hat geschrieben:Ich hab mir vor einigen Tagen aufgrund der tollen Reviews hier einfach mal und Born to run und Born in the USA geholt und bin schwer begeistert.
Die Alben dazwischen kommen so schnell wie möglich auch noch ins Haus.

Ich glaub Downbound Train läuft derzeit ca. 15 mal am Tag. :clown:
YEAH!!

Bei unserem nächsten Sit-In gibt's dann das hier:
https://www.amazon.de/London-Calling-Li ... ing+bluray
Frank2 hat geschrieben:Trotz all der anderen Hits ist "Downbound Train" definitiv auch mein
absoluter Favorit auf "Born in the USA".
Ein unglaubich eindringlicher Song, der mich auch heute noch immer
wieder zutiefst berührt.
+ No Surrender
BLASPHEMER!
Benutzeravatar
JudasRising
Beiträge: 5691
Registriert: 26.03.2004 00:21
Wohnort: Lippstadt

Re: BRUCE SPRINGSTEEN - Eine Werkschau (aktuell: Born to Run)

Beitrag von JudasRising »

Darth_Kai hat geschrieben:
Die Alben dazwischen kommen so schnell wie möglich auch noch ins Haus.
Die Nebraska kannst du am HOA bei mir gegen ein Bierchen oder Braunen ertauschen :)
BLASPHEMER!
Benutzeravatar
costa
Stammposter
Stammposter
Beiträge: 31286
Registriert: 26.03.2004 00:21
Wohnort: The phone booth, it's the one across the hall
Kontaktdaten:

Re: BRUCE SPRINGSTEEN - Eine Werkschau (aktuell: Born to Run)

Beitrag von costa »

JudasRising hat geschrieben:
Frank2 hat geschrieben:Trotz all der anderen Hits ist "Downbound Train" definitiv auch mein
absoluter Favorit auf "Born in the USA".
Ein unglaubich eindringlicher Song, der mich auch heute noch immer
wieder zutiefst berührt.
+ No Surrender
Dies.
Bei meinem einzigen Springsteen-Konzert ist er mal amtlich mit 'No Surrender' eingestiegen. Fan war ich.
How can I have disbelieved the wrong egg thing?

Letterboxd - My life in film.
Benutzeravatar
Rivers
Stammposter
Stammposter
Beiträge: 9422
Registriert: 26.03.2004 00:21

Re: BRUCE SPRINGSTEEN - Eine Werkschau (aktuell: Born to Run)

Beitrag von Rivers »

Wunderbar geschriebenes Review von der "Born To Run", lieber Knitter! Ich komme jetzt auch mal dazu, hier in ein paar Sachen reinzuhören, weil ich von Springsteen wirklich gar nicht viel kenne. Da habe ich noch einiges vor.

Aber der Aufwand Deiner Reviews und wie Du schreibst ist bemerkenswert gut. :pommes:
Benutzeravatar
JudasRising
Beiträge: 5691
Registriert: 26.03.2004 00:21
Wohnort: Lippstadt

Re: BRUCE SPRINGSTEEN - Eine Werkschau (aktuell: Born to Run)

Beitrag von JudasRising »

costaweidner hat geschrieben:
JudasRising hat geschrieben:
Frank2 hat geschrieben:Trotz all der anderen Hits ist "Downbound Train" definitiv auch mein
absoluter Favorit auf "Born in the USA".
Ein unglaubich eindringlicher Song, der mich auch heute noch immer
wieder zutiefst berührt.
+ No Surrender
Dies.
Bei meinem einzigen Springsteen-Konzert ist er mal amtlich mit 'No Surrender' eingestiegen. Fan war ich.
Ich hab ihn leider noch nie live gesehen, aber bei der Nummer hat mir sogar 'ne (sehr gute!) Coverband hier in der Nähe mal 'ne dicke Gänsehaut beschert.
BLASPHEMER!
Benutzeravatar
costa
Stammposter
Stammposter
Beiträge: 31286
Registriert: 26.03.2004 00:21
Wohnort: The phone booth, it's the one across the hall
Kontaktdaten:

Re: BRUCE SPRINGSTEEN - Eine Werkschau (aktuell: Born to Run)

Beitrag von costa »

JudasRising hat geschrieben: Ich hab ihn leider noch nie live gesehen, aber bei der Nummer hat mir sogar 'ne (sehr gute!) Coverband hier in der Nähe mal 'ne dicke Gänsehaut beschert.
Wenn ich meine aktuelle Finanzsituation betrachte, war das eine Mal vermutlich auch das letzte, aber dafür war's halt auch richtig gut. *g*
How can I have disbelieved the wrong egg thing?

Letterboxd - My life in film.
Benutzeravatar
KnitterRitter
Stammposter
Stammposter
Beiträge: 2553
Registriert: 26.03.2004 00:21
Kontaktdaten:

Re: BRUCE SPRINGSTEEN - Eine Werkschau (aktuell: Born to Run)

Beitrag von KnitterRitter »

Darkness on the Edge of Town (1978)

A-Seite
1. Badlands
2. Adam Raised a Cain
3. Something in the Night
4. Candy’s Room
5. Racing in the Street

B-Seite
1. The Promised Land
2. Factory
3. Streets of Fire
4. Prove It All Night
5. Darkness on the Edge of Town

Nach dem Erfolg von "Born to Run" und der anschließenden Tour, die Ende Mai 1976 endete, hatte strebte sein Manager Mike Appel ein Live-Album an und eine weitere Tour mit eigenem Zirkuszelt für 6000 Leute - beides Vorhaben, von denen Jon Landau Bruce energisch abriet (aus offensichtlichen Gründen - zu früh für ein Live-Album; Logistik-Chaos mit der Zelt-Tour). Das war nur eines von vielen Beispielen dafür, wie die Kluft zwischen Appel und Landau immer tiefer wurde, was ein gemeinsames Arbeiten (was während "Born to Run" wohl schon nicht ganz einfach war) irgendwann quasi unmöglich machen sollte.

Das war auch die Zeit, als sich Bruce seinen Vertrag, den er annodazumal mit Appel abgeschlossen hatte, mal genauer durchgelesen hat, und den er auch angesichts des mittlerweile präsenten Erfolgs neu verhandeln wollte - Appel lehnte dies ab. Im Juni 1976 verkündete Columbia schließlich, dass Bruce ab August für die Aufnahmen des vierten Albums wieder ins Studio gehen würde, ohne Mike Appel. Dieser hat dies umgehend unterbunden, da Bruce vertraglich sowohl zu einer Zusammenarbeit mit Appel verpflichtet war als auch dazu, dass alle seine Aufnahmen - wie bisher auch - in den Besitz von Appels Firma Laurel Canyon übergehen würden. Daraufhin reichte Springsteen eine Klage gegen Appel ein (Betrug, Vertrauensbruch, unzulässige Beeinflussung), woraufhin Appel Gegenklage einreichte (Vertragsbruch). Im September wurde dann gerichtlich entschieden, dass es Springsteen nicht gestattet war, ein Aufnahmestudio zu betreten, bis das Gerichtsverfahren beendet war.

Also machte Bruce das einzige, was im übrig blieb: Er ging wieder auf Tour (die sog. "Lawsuit Tour"). Zum einen half das natürlich die Rechnungen zu bezahlen, aber es sorgte auch dafür, dass er nicht komplett von der Bildfläche verschwand - in dieser Zeit nicht jährlich ein Album zu veröffentlichen grenzte an musikalischen Selbstmord, und hier sollten es fast drei Jahre bis zum "Born to Run"-Nachfolger dauern. Dabei waren bereits während der ersten Shows der Tour Songs wie "Something in the Night" und "The Promise" im Programm, und irgendwann später auch "Don't Look Back" (welcher nach '77 erst wieder '99 mit dem Erscheinen von "Tracks" live gespielt wurde). Im Mai 1977 einigte man sich im Rechststreit schließlich auf einen Vergleich, der Bruce die Rechte an seinen Songs zurückgab für eine nicht unerhebliche Ausgleichszahlung an Mike Appel (plus 50% publishing rights an den bisher veröffentlichten Songs). Damit konnte es dann endlich nach einem Jahr Wartezeit an die Aufnahmen zu "Darkness on the Edge of Town" gehen.

Ähnlich wie schon "Born to Run" war auch "Darkness..." eine schwere Geburt. Man startete die Aufnahmen in den Atlantic Studios, womit man aus verschiedenen Gründen (v.a. Sound und die allgemeine Umgebung) nicht so richtig zufrieden war, so dass man letztlich zumindest teilweise wieder in The Record Plant umgezogen ist, wo schon der Großteil von "Born to Run" aufgenommen wurde. Die Arbeit an diesem Album war völlig anders als am Vorgänger. Während man bei "Born to Run" sehr penibel arrangierten Songs und sehr festen Strukturen hatte, die man versuchte, in bestmöglicher Qualität auf Band zu bringen, ist "Darkness..." deutlich organischer entstanden, mit schlankeren Arrangements und deutlich mehr Freiraum für die einzelnen Musiker. Man versucht hier, ein bisschen mehr die Live-Atmosphäre der Band einzufangen, und insgesamt war es auch deshalb das erste echte E-Street-Band-Album. Insofern liefen die Aufnahmen selbst auch relativ unproblematisch ab, die große Herausforderung war der Mix, an dem sich Bruce beinahe die Zähne ausgebissen hätte. Er hatte eine genaue Vorstellung vom Klang des Albums: Schlanker, transparenter und trotzdem lebendig (wie eben live). Was man nicht wollte, waren wieder diese großen multiinstrumentalen Arrangements von "Born to Run" - vor allem Bläser und Geigen wollte man dieses Mal nicht. "We wanted no sweetening" meinte Jon Landau, "we wanted… coffee black" - und das umschreibt das Album auch sehr gut. Die Bodenständigkeit der Produktion sollte sich auch in den Lyrics wiederfinden, die dieses Mal das einfache Leben der Arbeiterklasse beleuchten. Der Behandlung ihrer täglichen Probleme, Wünsche und der täglichen Kämpfe fühlte sich Bruce aufgrund seiner Herkunft auch auf persönlicher Ebene verpflichtet, und das zeigte sich sowohl in den Lyrics als auch in der Musik.

Musik - ja... davon schrieb Bruce in dieser Zeit eine Menge. Die Rede ist von über 50 Songs, manchmal wird sogar von über 70 gesprochen, alles kreuz und quer durch verschiedenste Stilrichtungen. Harter Rock, dunkle Balladen, kitschiger Pop, flotte Schlager, Liebeslieder - alles war dabei. Etwa 30 Songs davon wurden aufgenommen, und die 10 kernigsten davon, die die angestrebete Stimmung am besten transportierten, wurden ausgewählt. Unter den nicht verwendeten Nummern waren aber durchaus einige dabei, die sich qualitativ vor dem Album nicht hätten verstecken müssen, und ein Großteil davon wurde mittlerweile auch nachträglich veröffentlicht (siehe Outtakes unten).

Die Struktur des Albums ist sogar recht ähnlich zu „Born to Run“. A- und B-Seite beginnen jeweils mit einem eingängigen Song, der in irgendeiner Form einen Aufbruch und einen aktiven Widerstand, aber stets mit positiver Message beinhaltet. Das Ende jeder Seite zeichnet dann wieder ein etwas dunkleres Bild, und zwischen diesen Eckpfeilern liegt dann auch Spannungsfeld der restlichen Songs.

Das Album hatte zunächst, verglichen mit "Born to Run", nur eher mäßigen Erfolg, auch wenn die Kritiken mal wieder gut bis überschwänglich waren (das Rolling Stone alleine sprach damals von "a record that changes fundamentally the way we hear rock & roll, the way it's recorded, the way it's played"). Erst so ein bisschen im Nachhinein war sich auch die restliche Welt darüber im Klaren, dass "Darkness on the Edge of Town" als so etwas wie der erwachsene und etwas wütendere Bruder von "Born to Run" ebenfalls ein absoluter Klassiker der Musikgeschichte war.

Badlands [anhören]
Schon nach den ersten Tönen ist klar, dass das hier nicht mehr allzu viel mit dem Stil des Vorgängers zu tun hat: Drums, Bass und Gitarren haben die Führung übernommen, und das Piano ist hier eher ein markantes Begleitinstrument. Die Texte erzählen nicht mehr von dem Drang nach einem Ausbrechen und den romantischen Visionen von einem besseren Leben, sondern davon, wie jemand im Leben angekommen ist und damit zu kämpfen hat. Das ist vielleicht auch das Thema, das sich durch das Album zieht: Keine wirklich dunkle, negative Message, sondern eher ein unermüdlicher Kampf gegen die triste Welt, die einen umgibt und ein unnachgiebiges Streben nach einem kleinen Stück Glück im harten Leben des einfachen Mannes ("I believe in the faith that can save me, I believe and I hope and I pray that someday it will raise me above these Badlands…“). “Badlands“ begann, wie viele Springsteen-Songs, mit dem Titel. Er selbst meinte dazu „‘Badlands‘ - that's a great title, but it would be easy to blow it! But I kept writing, and I kept writing, and I kept writing and writing until I had a song that I felt deserved that title." Und so entstand einer der besten und vielleicht ikonischsten und typischsten Springsteen-Songs überhaupt und, ähnlich wie „Thunder Road“ drei Jahre vorher, der perfekte Einstand für eines der besten Alben der Rockgeschichte. 10/10

Adam Raised a Cain [anhören]
“Imagine a movie with two lovers having a picnic… suddenly the scene cuts to a dead body… This song is that body” – so in etwa beschrieb Bruce dem zu Hilfe gerufenen Mixer Chuck Plotkin die Stimmung, die von dem Song und dessen Kontrast zu den melodiöseren Stücken des Albums erzeugt werden sollte. Der schwere Beat und die kreischenden Gitarren sorgen hier auch tatsächlich dafür, dass vielleicht nicht einer der schnellsten, aber einer der härtesten und aggressivsten Springsteen-Songs entstanden ist. Die teils sehr dunklen Lyrics beschreiben mit teils biblischen Bildern eine Beziehung zwischen Vater und Sohn – und bei diesem Thema entspringt stets nicht wenig davon der realen Beziehung zwischen Bruce und seinem Vater. Douglas Springsteen hatte, wie auch Bruce, sein Leben lang mit Depressionen zu kämpfen und konnte damit nie ein echtes Verhältnis zu seinem Sohn aufbauen. Das hier ist nur ein Beispiel, wie Bruce das verarbeitet hat – mal eher metaphorisch distanzierter wie hier, mal auch sehr explizit und direkt wie z.B. in „Independence Day“ (ein Song, der auch zu dieser Zeit entstanden ist). „Adam Raised a Cain“ ist wahrscheinlich nicht der beste Song des Albums, aber er trägt enorm zur Gesamtstimmung der Scheibe bei und ist in seiner Art und Weise auch ziemlich einzigartig im Springsteen-Katalog. 9,5/10

Something in the Night [anhören]
Vielleicht der unterbewertetste Song des Albums, wenn man so etwas überhaupt sagen kann. Jedenfalls geht er im Gesamtkontext beinahe etwas unter, aber jedes Mal wenn er läuft, finde ich ihn absolut großartig. Vor allem wäre es so einfach gewesen, die Nummer als reine Ballade stehen zu lassen – auch so wäre der Song toll gewesen. Aber die klagenden choralen, fast operesken Gesangsparts (die vielleicht besten Vocals des ganzen Albums) und die spätere Bridge, wenn der Song noch ein wenig Fahrt aufnimmt („nothing is forgotten or forgiven…“), heben das alles auf eine ganz andere Ebene. Extrem melancholische und stimmungsvolle Nummer, die mich aufgrund der Vocals vielleicht noch am ehesten an „Born to Run“ (Backstreets!) erinnert. 9,5/10

Candy’s Room [anhören]
Dieser Song hat eine recht bewegte Geschichte hinter sich. Es gab während der der „Darkness“-Sessions irgendwann mal einen Song mit Namen „Candy’s Boy“ (auch sehr gut - kann man unten in den Outtakes anhören) – eine Ballade mit identischem Text zu diesem Song hier. Und dann gab es eine Nummer, die unter dem Arbeitstitel „The Fast Song“ kursierte, von dem es aber keine offizielle Aufnahme gibt. „The Fast Song“ war im Grunde „Candy’s Room“ mit anderem Text. „Candy’s Boy“ und „The Fast Song“ wurden dann schließlich verheiratet zu diesem Song hier, einer beklemmenden Nummer über die (vermutlich – bestätigt wurde es nie) Prostituierte Candy. Musikalisch ein sehr hektischer, rastlos und getrieben wirkender Song, der verhalten beginnt und sich dann langsam steigert und sich schließlich zu einer furiosen Uptempo-Nummer entwickelt. Ein kurzer, aber knackiger Song voll von unterdrücktem Schmerz und dunkler Romantik. Manchmal habe ich das Gefühl, dass man hier noch etwas mehr hätte rausholen können (für mich klingt die Nummer ein wenig wie ein Teil eines längeren Songs), aber das ist Meckern auf extrem hohen Niveau. 9/10

Racing in the Street [anhören / Alternative Version (’78)]
Die A-Seite endet mit einem der besten Springsteen-Songs überhaupt, der fast 7-minütigen Halbballade „Racing in the Street“. Der Text unterscheidet hier zwischen zwei Arten von Menschen – denen, die dem Leben nichts mehr entgegen zu setzen haben und sich selbst aufgegeben haben („some guys they just give up living and start dying little by little, piece by piece)“, und anderen, die zwar auch vom Leben gezeichnet sind, aber ihr Schicksal annehmen und einen Grund zum Weitermachen gefunden haben („some guys come home from work and wash up, and go racin‘ in the street“). Für den Protagonisten ist dieser Strohhalm das Straßenrennen, mit sich dem er und sein Kumpel über Wasser halten – und die Art wie der Song präsentiert ist suggeriert, dass er auch darin keine Erfüllung findet, es ist eher so etwas wie der einzige Lichtstrahl in der düsteren Ödnis des Lebens. In der tieftraurigen letzten Strophe lernen wir dann jemanden von der anderen Seite des Spektrums kennen: Eine Frau, die er wohl bei einem seiner Rennen „gewonnen“ hat, und die selbst dabei alles verloren hat, wofür es sich zu leben gelohnt hat. Aber wie so viele niederschmetternde Geschichten dieses Albums hat auch dieser Song, wenn auch sicher kein Happy End, aber zumindest ein etwas hoffnungsvolles und offenes Ende, wenn die beiden versuchen, die Vergangenheit ruhen zu lassen und in die Zukunft zu blicken – wie trist auch immer diese aussehen mag („tonight my baby and me w’re gonna ride to the sea, and wash these sins off our hands“). Bisher habe ich fast nur vom Text geschrieben – aber Tom Morello hat z. B. über den Song gesagt, „the meaning is as much in the parts where he doesn’t sing as where he does… you really feel this endless helplessness as they drive into an uncertain future“. Dem gibt es eigentlich kaum etwas hinzuzufügen. In gewisser Weise ist das hier seine erste von noch einigen folgenden ausladenden dunklen Balladen (alleine “The River” wird einige davon beinhalten), die neben seinen später dominierenden Rock/Pop-Songs die andere Seite von Bruce Springsteen zeigen. Und das hier ist die Blaupause und die nie mehr erreichte Referenz dieser Art von Songs. Da es gerade von dieser Nummer im Zuge der Aufnahmen sehr viele Versionen und sehr viele alternative Textstellen gab, wurde auf „The Promise“ eine dieser Versionen mit etwas anderen Lyrics und etwas anderer Instrumentierung veröffentlicht (oben verlinkt). Ähnlich wie die unsterbliche Albumversion natürlich auch großartig. 10/10

The Promised Land [anhören]
Die B-Seite beginnt ähnlich wie die A-Seite mit einem eingängigen Uptempo-Song über jemanden, der in seinem perspektivlosen Alltag gefangen ist, aber die Hoffnung auf ein besseres Leben nicht aufgegeben hat und sein Schicksal in die eigenen Hände nehmen will. Auch hier bewegen wir uns in diesem allgegenwärtigen Spannungsfeld zwischen Frustration, Einsamkeit, Isolation und auf der anderen Seite dem Glauben an etwas besseres und den Hunger nach Unabhängigkeit und persönlicher Erfüllung. Der Song ist voll von starken Bildern und Statements, sowohl was die formulierte Perspektivlosigkeit und Frustration angeht (“your eyes go blind and your blood runs cold; sometimes I feel so weak, I just wanna explode … explode and tear this town apart, take a knife and cut this pain from my heart”) als auch den angenommenen Widerstand gegen diese Unmstände (“blow away the dreams that tear you apart; blow away the dreams that break your heart; blow away the lies that leave you nothing but lost and brokenhearted”). Dabei ist das “Promised Land” keine ferne illusorische Vision, der man noch in “Born to Run” hinterhergejagt ist, es ist eher das Bild eines Geistes- und Gemütszustandes, mit dem sich selbst verwirklichen und befreien kann, aber alles im Rahmen der gegebenen Realität. Laut Springsteen geht es in dem Song darum, wie wir unsere Herkunft und die Gesellschaft wertschätzen, allerdings hat er hier wohl auch teilweise seine damalige Frustration über den Rechtsstreit und die damit verbundenen Umstände kanalisiert. Er meinte “the message of the song is the need to lose one's illusions of a life without limitations while holding onto a sense of the possibilities in life.” Musikalisch ist der Song zum einen von dem unverkennbaren einleitenden Mundharmonika-Solo geprägt, aber auch durch die straighte, treibende, bodenständige Instrumentierung, die sich durch das komplette Album zieht. Es ist meines Wissens auch der einzige Springsteen-Song, der Gitarrensolo, Saxophonsolo und Mundharmonikasolo in direktem Anschluss enthält. “The Promised Land” war nicht nur einer der letzten Songs, die für das Album geschrieben und aufgenommen wurden, es war auch die Nummer, die noch ganz kurz vor Veröffentlichung geändert wurde (Steves Gitarrensolo wurde z.B. Erst im letzten Moment noch hinzugefügt) und damit den Release um einige Tage verschoben hat. Ähnlich wie “Badlands” einer der besten schnelleren Songs im Springsteen-Katalog. 10/10

Factory [anhören / Come On (Let's Go Tonight)]
Von diesem Song gab es im Zuge des Songwritings und der Recording-Sessions so einige Manifestationen und Versionen. Die letztliche Albumfassung ist aus einem anderen Song - “Come On (Let's Go Tonight)” (oben verlinkt) – entstanden, welcher schließlich auch auf “The Promise” veröffentlicht wurde und dessen Melodie fast 1:1 “The Factory” mit etwas ausladenderer Instrumentierung ist. Der Song erzählt von dem harten Arbeitsalltag der einfachen Leute, am recht expliziten Beispiel von Bruces Vater, der damals in einer Kunststofffabrik gearbeitet hatte. Er adressiert die Situation, dass einem die Arbeit ein Leben ermöglicht, aber einem auch sehr viel – manchmal zu viel – abverlangt. Der kürzestes Song des Albums, mit einer wunderschön-traurigen Melodie und einer Message, die nur Bruce so brutal offen und entwaffenend ehrlich rüberbringen kann. 9,5/10

Streets of Fire [anhören]
Der vielleicht minimalistischeste und gleichzeitig auch verbitterste und wütendste Song des Albums, der mit seiner schleppenden, leicht bluesigen Melodieführung den Ärger und Frust über das Gefangensein in einem Netz von Lügen zum Ausdruck bringt. Diese Nummer ist ein perfektes Beispiel dafür, wie ein Song nicht vom Songwriting selbst oder seinen Arrangements getragen wird (in diesen beiden Punkten hat er gar nicht so viel zu bieten), sondern von der Performance der Band und vor allem den Vocals. Wie Springsteen diese Zeilen singt und schreit, wie er sie atmet und verkörpert – dadurch erst wird der Song so lebendig und schafft es, dem Album ein weiteres aggressives Element zu verleihen und es damit – auch wenn der Songs alleine zu den weniger großartigen des Albums gehört – auf eine noch höhere Ebene zu heben. 9/10

Prove It All Night [anhören / Live mit Intro ‘78]
“Prove it All Night” ist wahrscheinlich der eingängigste Song des Albums und auch der, der noch am ehesten als Pop-Song bezeichnet werden kann. Konsequenterweise war er auch die erste (nur mäßig erfolgreiche) Single-Auskopplung der Platte. Wie so viele Songs aus dieser Zeit hat auch diese Nummer eine lange Geschichte verschiedener Versionen und Revisionen hinter sich (Springsteens Notizblok enthielt alleine 9 Seiten Textfassungen nur für diesen Song). Als Inspiration nannte Bruce einen Taxifahrer in New York: “He was just talking about how... all your life you gotta prove something to sombody... I gotta go home, I gotta prove it to my wife – I come to work, I gotta prove it to my boss.” Das vielleicht bemerkenswerteste dieses großartigen Songs ist die sensationelle Live-Version während der 78er Tour, bei der die Nummer von einem großartigen langen Gitarrensolo eingeleitet wurde (oben ist ein Beispiel dafür verlinkt). Auch im Albumkontext ist der Song eine willkommene Auflockerung zwischen den zwei dunklen Brocken “Streets” und “Darkness...”. 9,5/10

Darkness on the Edge of Town [anhören]
Das Album endet mit diesem Song, der für sich alleine schon sensationell ist, als Abschluss und Zusammenfassung des Albums als Ganzes ist er aber absolut einzigartig. Der Protagonist des Songs hat alles verloren – seine Frau, sein Geld, alle Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Aber trotzdem nimmt er den Kampf an, und sein Widerstand ist ungebrochen. Die letzte Strophe zeichnet eines der stärksten Bilder eines solchen Widerstands, das jemals auf einem Tonträger verewigt wurde: “Tonight I'll be on that hill 'cause I can't stop... I'll be on that hill with everything I got. Lives on the line where dreams are found and lost, I'll be there on time and I'll pay the cost... For wanting things that can only be found in the darkness on the edge of town.” Es ist ein Statement dafür, dass man auch in den dunkelsten Momenten weiter am Leben festhalten kann, und wie einem diese Erlebnisse sogar stärker und besser machen können bzw. erst eine persönliche Entwicklung möglich machen. Es ist auch ein bisschen ein Abbild von Bruces fast zwanghaftem musikalischen Arbeiten, in einer Zeit als er Gefahr lief, alles zu verlieren. Steve Van Zandt meinte zu dem Song und der enthaltenen Message: “It looks heroic, sometimes it feels heroic, but it's actually an obsession, a compulsion. The song just sums up that record very accurately, in terms of 'the stories now, we're gonna not necessarily have a happy ending.' You still have the cinematic thing going on, but it's smaller. The cameras are zooming in. It's more of an independent film now." Und so endet also die Geschichte mit dem Bild eines Mannes auf einem Berg, der trotzig in eine ungewisse Zukunft blickt. Selten war Musik stärker, selten Texte eindringlicher. Ein großer Abschluss eines großen Albums. 10/10

FAZIT:
Wenn ein junger Musiker nach seinem ersten großen Erfolg die Richtung, die Message und vor allem das Feeling seiner Songs für die nächste Veröffentlichung nahezu völlig ändert, ist das schon für sich bemerkenswert. Wenn dieses Album dann auch noch von einer solchen Stärke, Qualität und Intensität ist, dass man die Songs nicht nur miterlebt sondern teilweise auch direkt mit LEBT, dann ist das – vor allem im Angesicht des quasi untoppbaren Vorgängers – vielleicht sogar einzigartig in der Musikgeschichte. Was neben der Qualität der Songs hier bisher nur am Rande erwähnt wurde, ist der Sound: Ich kenne kaum ein Album mit einem besseren und vor allem passenderen Sound als auf “Darkness on the Edge of Town”. Druckvoll, rockig, und dabei super transparent – und weil man hier nun jedes einzelne Instrument perfekt heraushört, merkt man erstmals überhaupt, was für eine gute Band hier spielt. Das ist auf “Born to Run”, wo die Arrangments eher so angelegt, dass alles wie ein einziges riesiges Instrument klingt, noch ein bisschen untergegangen. Aber bei allen Kontrasten gibt es auch viele Parallelen zum Vorgänger: Die durchgehend homogene Stimmung, der Spannungsbogen von hoffnungsvollen Openenern hin zu dunkleren Schlusstracks, und die immer noch allgegenwärtige Hoffnung auf etwas besseres im Leben. Bruce selbst schrieb über dieses Album: "Darkness was my samurai sword, all stripped down for fighting. My protagonists in these songs had to divest themselves of all that was unnecessary to survive. On Born to Run a personal battle was engaged, but the collective war continued. On Darkness, the political implications of the lives I was writing about began to come to the fore and I searched for a music that could contain them. (...) By the end of Darkness, I'd found my adult voice." Well said sir. Well said. 10/10


Outtakes:

Springsteen hat für “Darkness on the Edge of Town” eine Menge Musik geschrieben, insgesamt wohl über 50 Songs, wobei die genaue Anzahl nicht ganz so klar ist, weil zum einen viel Material noch immer nicht aufgetaucht ist, und weil einige Songs auch Vorstufen oder alternative Versionen anderer Songs waren oder zumindest Fragmente davon enthielten.

Laut Engineer Jimmy Iovine waren etwa 30 Songs so fertig aufgenommen, dass man sie auf dem Album hätte veröffentlichen können. Von den Outtakes existiert sein einiger Weile eine Vielzahl von Studio-Bootlegs aus geleakten Aufnahme, welche im Internet kursieren und teils von sehr schlechter Qualität sind. Offiziell wurden 1998 einige Songs auf „Tracks“ und dann 2010 nochmal ein ganzer Haufen auf „The Promise“ veröffentlicht, wobei davon viele mit neuen Overdubs und häufig auch neuen Gesangsspuren versehen wurden („Save My Love“ auf „The Promise“ ist sogar komplett neu eingespielt).

Viele der Outtakes waren eher eingängige Pop/Rock-Songs, ein bisschen in der Art wie später Teile von „The River“ klingen sollten. Die meisten davon sind wirklich gute bis sehr gute Nummern, andere sind mir dann doch etwas zu seicht, wobei es gut sein kann, das ein Album aus diesen Outtakes sogar mehr Erfolg gehabt hätte als „Darkness…“ letztlich selbst. Alles in allem wurden sie aber wohl vor allem deshalb zu Outtakes, weil sie nicht zur Stimmung und zum Gesamtbild des Albums passten. In dieser Hinsicht hätte wohl nur eine Handvoll nicht verwendeter Songs auf dem Album stehen können (und das sensationelle „The Promise“ oder das erst in letzter Sekunde wieder entfernte „Don’t Look Back“ gehören definitiv dazu).

Ein paar Songs wurden auch von anderen Künstlern veröffentlicht. Konkret waren das „Fire“ (Robert Gordon & später Pointer Sisters), „Rendezvous“ (The Greg Kihn Band), „Hearts of Stone“ und „Talk to Me“ (Southside Johnny) sowie natürlich „Because the Night“ (Patti Smith). Alle diese Nummern wurden aber dann auf „Tracks“ oder „The Promise“ auch als Springsteen-Aufnahmen nachgereicht.

Ich werde mich ab jetzt bei den Outtakes etwas kürzer fassen, weil das irgendwann ein Fass ohne Boden wird (von „The River“ gibt’s auch über 30 offiziell veröffentlichte Outtakes, von „Born in the U.S.A.“ um die 20, mit jeweils noch einer Menge bislang unveröffentlichtem Material). Lediglich zu den wichtigeren Nummern werde ich vielleicht etwas mehr schreiben. Also, here we go:

The Promise [anhören]
Nicht nur das beste aller Springsteen-Outtakes, sondern auch einer seiner besten Songs überhaupt. Die Nummer ist wohl nur deshalb nicht auf dem Album gelandet, weil einige Textzeilen von seinem Zerwürfnis mit Mike Appel beeinflusst wurden, oder zumindest so interpretiert werden können, und Bruce wollte vermeiden, dass dieser Eindruck das restliche Album überschattet. Der Song hätte nicht nur musikalisch und von seiner Stimmung gut aufs Album gepasst, er hätte auch eine kleine Brücke zum Vorgänger „Born to Run“ gebildet, da man die Texte auch als Fortsetzung von „Thunder Road“ verstehen kann, in denen erzählt wird, wie es den beiden Protagonisten so ergangen ist nach ihrer romantischen Flucht (spoiler alert: es endet natürlich deutlich weniger romantisch). Große große Nummer. 10/10

Don't Look Back [anhören]
Bis kurz vor Veröffentlichung war die Nummer hier Teil des Albums und wurde erst ganz zuletzt rausgeschmissen, damit das Album nicht zu lange wird. Starke straighte Rock-Nummer, die sich gut ins Album eingefügt hätte. 9/10

Hearts of Stone [anhören]
Großartige Ballade, die auch stilistisch aufs Album gepasst hätte. Die Bläser wurden für die Veröffentlichung auf “Tracks” 1998 hinzugefügt, ansonsten ist das alles original 1977. Den Song hat Springsteen schließlich an Southside Johnny gegeben, der ihn direkt zum Titeltrack seines neuen Albums gemacht hat. Dessen Version ist abgesehen von Johnnys Gesang identisch zu der von Bruce, d.h. sie enthalt die originale E-Street-Band-Instrumentierung (anhören). Die Springsteen-Version ist natürlich etwas besser. *g* 9,5/10

Iceman [anhören]
Noch eine tolle Pianoballade, die es nicht aufs Album geschafft hat und in der 77er Originalversion schließlich auf “Tracks” veröffentlicht wurde. Schon ziemlich unglaublich, welche Kracher Springsteen geschrieben und dann einfach zur Seite gelegt hat. 9/10

Give the Girl a Kiss [anhören]
Uptemo Pop/Rock-Nummer, die zwar stark ist und sogar Single-Potential hat, aber die keinesfalls zur Stimmung des Albums gepasst hätte. Auch hier ist, soweit man das beurteilen kann, alles Original 1977. Coole Clemons-Background-Vocals am Ende. 8,5/10

Gotta Get That Feeling [anhören (‘78 bootleg)]
Hier wird es schon deutlich poppiger – aber dafür ist das schon ein guter Song, ohne spektakulär zu sein. Der Link führt zu dem alten Bootleg, das noch leicht unvollständige Vocals enthält. Für “The Promise” wurden diese Vocals durch ein 2010er Take ersetzt. 7,5/10

Outside Looking In [anhören]
Guter rockiger Song, der bei vielen Musikern wohl ein Highlight wäre, der aber auch völlig zurecht nicht auf dem Album ist. Ist wohl noch ziemlich original 1977. 8/10

Someday (We'll Be Together) [anhören]
Eieiei… ich glaube zu verstehen, was Bruce hier versucht hat, aber Roy Orbison-Style darf einfach nur Roy Orbison. Klar, die Melodie ist eingängig und die Arrangements gut, aber alles in allem ist das halt schon Carmen Nebel-kompatible Musik, die irgendwelche Desperate Housewives beim Bügeln hören. Vielleicht mein einziger vehementer Skip-Song dieser Outtakes. 6/10

One Way Street [anhören]
Schöne Ballade, die vermutlich für “The Promise” mit neuen Vocals versehen wurde. 8,5/10

Because the Night [anhören]
Den Song hat Bruce an Patti Smith gegeben, die die Lyrics dafür fertiggestellt und damit einen großen Hit hatte. Bruce hat den Song anfangs live noch mit etwas anderen Texten präsentiert – das hier ist die fertige Version mit Pattis Version der Lyrics. Natürlich eine großartige Nummer, und hier finde ich die Smith-Version (anhören) sogar etwas besser, weil sie intimer und etwas passender für ihre Stimme klingt. 9,5/10

Wrong Side of the Street [anhören]
Auch eine sehr ordentliche Nummer, die stellenweise etwas an “Loose Ends” aus den “The River”-Sessions erinnert. Die Vocals sind definitv nicht von 1977 und wurden wohl für “The Promise” neu eingesungen. 8/10

The Brokenhearted [anhören]
Pianoballade, die ziemlich original klingt. Lediglich ein paar Bläser wurden für “The Promise” neu eingespielt. Guter Song, aber verglichen mit vielen anderen Springsteen-Balladen fehlt hier schon ein wenig die emotionale Tiefe. 8/10

Rendezvous [anhören (live)]
Von dem Song, den Springsteen an Greg Kihn gegeben hatte (anhören), kursieren einige Versionen: Zum einen eine etwas unfertige alte Bootlegversion, bei der Teile der ersten Strophe fehlen, eine Live-Version, die auf “Tracks” veröffentlicht wurde (oben verlinkt), und dann noch die Version von “The Promise”, wofür die Vocals neu aufgenommen wurden. Guter Pop/Rock-Song. 8/10

Candy's Boy [anhören (’78 bootleg)]
Der Song, der schließlich zu “Candy's Room” wurde (mit anderer Musik, aber gleichen Texten). Ebenfalls eine tolle und melancholische Ballade, die natürlich nicht ganz die Dramatik des Album-Songs hat, aber die meiner Meinung nach die Lyrics auch gut transportiert. Die verlinkte Version ist etwas länger als die etwas aufpolierte Version von “The Promise”. 8,5/10

Ain't Good Enough For You [anhören (cooles Video!)]
Ziemlich lässige Nummer, die man im deutschen Sprachraum wohl als “Schlager” bezeichnen würde. Hätte natürlich nullkommagarnicht aufs Album gepasst, aber man lernt hier eine humorige Seite von Springsteen kennen, die er sonst selten zeigt. Könnte ich mir ständig anhören, und die Nummer hätte vielleicht sogar ein echter Hit werden können – denn das, was der Songs sein will, macht er perfekt. 9/10

Fire [anhören (’78 bootleg)]
Ursprünglich für den zu der Zeit gestorbenen Elvis Presley geschrieben, wurde diese Soul/Pop-Nummer an Robert Gordon gegeben (anhören). Später hatten dann The Pointer Sisters damit einen Hit (anhören), in dem die Lyrics aus der anderen Perspektive erzählt werden, und das sollte bei Weitem nicht die letzte Cover-Version bleiben. Völlig irre, in welch unterschiedlichen Stilrichtungen Springsteen damals geschrieben hat. Auch der hier ist für das, was er sein will, ein großartiger Song, wenn auch sehr untypisch für Bruce. 9/10

Spanish Eyes [anhören (’78 bootleg)]
Tolle Ballade, die für “The Promise” mit ein paar neuen Elementen versehen wurde (der Link oben ist die ursprüngliche Version). Einige der Lyrics wurden später für “I'm on Fire” wieder verwendet. 8,5/10

It's a Shame [anhören]
In dieser Nummer, die vor der Veröffentlichung von “The Promise” noch völlig unbekannt war, ist Jon Landau an den Drums zu hören. Die Vocals und vermutlich auch ein paar andere Elemente sind Neuaufnahmen. Guter, wenn auch etwas unspektakulärer Song. 8/10

Talk to Me [anhören]
Ziemlich gute, fetzige Pop/Rock-Nummer, und der zweite Song, den Southside Johnny für sein “Hearts of Stone”-Album verwendet hat (anhören (auch hier sing er einfach über die originale E-Street-Band-Aufnahme). 9/10

The Little Things (My Baby Does) [anhören]
Hier wirds wieder etwas beliebiger und kitschgier. Viele Elemente hier sind wohl Neuaufnahmen (die Vocals sehr sicher), und der Song war vor “The Promise” auch noch völlig unbekannt. Kann man sich anhören, aber kann man auch mal skippen. 7/10

Breakaway [anhören]
Auch der hier trat erst mit “The Promise” an die Oberfläche, und auch der Song enthält neue Vocals und vermutlich noch einige andere neue Elemente. Schöne Ballade. 8,5/10

City of Night [anhören]
Eine alte Aufnahme, die auch unter “Taxi Cab” oder “City at Night” bekannt war. Netter Song, wirkt aber insgesamt etwas unfertig. 7,5/10

The Way [anhören]
Ist als Hidden Track auch auf “The Promise” vertreten. Ein lupenreiner Lovesong, für den so mancher Pop-Sänger wohl seine Mutter verkaufen würde. Die Version auf “The Promise” ist glaube ich etwas schneller als der verlinkte Song. 8,5/10

Save My Love [1976 live im Proberaum (ab ca. 0:40) / Neuaufnahme 2010]
Der einzige Song von “The Promise”, der eine komplette Neuaufnahme ist und vermutlich auch nie während der “Darkness”-Sessions aufgenommen wurde. Aus der Zeit gibt es nur die ebenfalls verlinkte Proberaum-Aufnahme. Guter Pop/Rock-Song. 8,5/10

Outtakes, nur als Bootleg verfügbar Outtakes, später für „The River“ aufgenommen
  • Independence Day
  • Sherry Darling
  • Drive All Night [1977 Bootleg-Version anhören]
  • Ramrod
  • Bring On the Night (am Ende auch Outtake von “The River” und so auf “Tracks” veröffentlicht)
  • I Wanna Be With You (am Ende auch Outtake von “The River” und so auf “Tracks” veröffentlicht)
  • Frankie (wurde mehrmals unberücksichtigt gelassen und letztlich als “Born in the USA”- Outtake auf “Tracks” veröffentlicht; bereits 1976 live gespielt => Hörprobe Live 1976)
Weitere Outtakes (noch unveröffentlicht)
  • Our love Will Last Forever
  • Cheap Thrills
  • Triangle Song
  • I Got My Eye On You
  • After Dinner
  • King's Big Chance
  • Blue Moon
  • (I Love) Everything About You
Zuletzt geändert von KnitterRitter am 17.07.2017 06:12, insgesamt 2-mal geändert.
They throw the best damn parties at the rim of hell
---
Knitter Marketplace
Benutzeravatar
Frank2
Beiträge: 13721
Registriert: 26.03.2004 00:21
Wohnort: Köln

Re: BRUCE SPRINGSTEEN - Eine Werkschau (aktuell: Darkness on the Edge of Town)

Beitrag von Frank2 »

Wieder einmal eine mehr als gelungene Abhandlung zum Album.
Zudem mit vielen Informationen gespickt die mir bislang noch nicht
bekannt waren.
Vor allen Dingen die ausführlichen Aufzählungen der Outtakes sind
sehr interessant.

Sollte es irgenwann mal eine Rubrik "Thread des Jahres" geben, hier
dürfte wohl der unangefochtene Gewinner desselben sein :D
Benutzeravatar
Apparition
Beiträge: 19913
Registriert: 26.03.2004 00:21
Wohnort: At the End of the Line

Re: BRUCE SPRINGSTEEN - Eine Werkschau (aktuell: Darkness on the Edge of Town)

Beitrag von Apparition »

Ein Album, mit dem ich mir wesentlich schwerer tue als mit Born to Run oder The River. Der einzige Song, der sich mir wirklich einbrennt, ist eigenartigerweise das recht untypische "Adam Raised A Cain", der aber dafür richtig. Hör ich mir gleich nochmal an, vielleicht klickt es mit den Hintergrundinfos.
That is delightful news for someone who cares.
Benutzeravatar
PetePetePete
Stammposter
Stammposter
Beiträge: 17413
Registriert: 26.03.2004 00:21
Wohnort: breehm.

Re: BRUCE SPRINGSTEEN - Eine Werkschau (aktuell: Darkness on the Edge of Town)

Beitrag von PetePetePete »

Ha, gestern erst gehört. Eines seiner allerbesten Alben, an manchen Tagen sogar das beste.
Knowledge is power, France is bacon.
Benutzeravatar
NegatroN
Stammposter
Stammposter
Beiträge: 27841
Registriert: 26.03.2004 00:21
Wohnort: Schräg dahoam
Kontaktdaten:

Re: BRUCE SPRINGSTEEN - Eine Werkschau (aktuell: Darkness on the Edge of Town)

Beitrag von NegatroN »

Großes Album, eigentlich kann man da wenig hinzufügen. Mein einziges ganz persönliches Problem damit ist Badlands. Ich finde den Song insgesamt eher mittelmäßig, der dümmliche Drumbeat mit den drei betonten Snare-Schlägen am Zeilenende nervt mich hingegen meist so sehr, dass ich zum Skippen geneigt bin. Und darunter leidet dann das ganze Album, weswegen es immer gegen Born To Run verlieren wird. Obwohl die restlichen Songs völlig makellos sind.
And we’re bored of the fireworks
We want to see the fire
We’re long past being careful of what we wish for
Benutzeravatar
costa
Stammposter
Stammposter
Beiträge: 31286
Registriert: 26.03.2004 00:21
Wohnort: The phone booth, it's the one across the hall
Kontaktdaten:

Re: BRUCE SPRINGSTEEN - Eine Werkschau (aktuell: Darkness on the Edge of Town)

Beitrag von costa »

War tatsächlich mein erstes Springsteen-Album nachdem ich vorher nur die "Greatest Hits" kannte. Somit war mir beim Erstdurchlauf vor zig Jahren (ha, kann ich sowas auch mal sagen) auch nur 'Badlands' bekannt.
Wahnsinnig tolles Review wieder, das extrem Bock auf das Album macht. Ich hör's aber nicht, weil grade "Tunnel of Love" läuft. *g*

Wollte erst was von drei Highlights faseln ('Badlands', 'Candy's Room' und 'Racing in the Street'), ist aber völliger Käse wie ich dann merkte, schließlich kommen ja noch Großstaten wie 'The Promised Land' und 'Factory'. Ich liebe das Album wirklich extrem, wobei 'Adam Raised a Cain' (den ich auch mag) für mich immer noch etwas wie ein Fremdkörper wirkt. Aber wirklich nur marginal, denn ich finde das Album wahnsinnig homogen. Was du zum Sound schreibst, stimmt auch zu hundert Prozent.

In meinem persönlichen Ranking auf Platz 3 nach den beiden "Born..."-Alben.
How can I have disbelieved the wrong egg thing?

Letterboxd - My life in film.
Benutzeravatar
KnitterRitter
Stammposter
Stammposter
Beiträge: 2553
Registriert: 26.03.2004 00:21
Kontaktdaten:

Re: BRUCE SPRINGSTEEN - Eine Werkschau (aktuell: Darkness on the Edge of Town)

Beitrag von KnitterRitter »

NegatroN hat geschrieben:Großes Album, eigentlich kann man da wenig hinzufügen. Mein einziges ganz persönliches Problem damit ist Badlands. Ich finde den Song insgesamt eher mittelmäßig, der dümmliche Drumbeat mit den drei betonten Snare-Schlägen am Zeilenende nervt mich hingegen meist so sehr, dass ich zum Skippen geneigt bin. Und darunter leidet dann das ganze Album, weswegen es immer gegen Born To Run verlieren wird. Obwohl die restlichen Songs völlig makellos sind.
Kann ich zwar nicht ganz nachvollziehen, aber interessant. Dass der Drumbeat etwas stumpf ist stimmt zwar, aber Weinberg-Drumming ist allgemein nicht dafür bekannt, besonders innovativ und abwechslungsreich zu sein.
They throw the best damn parties at the rim of hell
---
Knitter Marketplace
Benutzeravatar
KnitterRitter
Stammposter
Stammposter
Beiträge: 2553
Registriert: 26.03.2004 00:21
Kontaktdaten:

Re: BRUCE SPRINGSTEEN - Eine Werkschau (aktuell: Darkness on the Edge of Town)

Beitrag von KnitterRitter »

costaweidner hat geschrieben:Ich liebe das Album wirklich extrem, wobei 'Adam Raised a Cain' (den ich auch mag) für mich immer noch etwas wie ein Fremdkörper wirkt. Aber wirklich nur marginal, denn ich finde das Album wahnsinnig homogen.
Ich finde, sowohl Adam als auch Streets of Fire wirken beide etwas wie Fremdkörper, aber beide geben dem Album die zusätzliche Aggressivität, die mMn extrem zum Gesamtbild beiträgt.
They throw the best damn parties at the rim of hell
---
Knitter Marketplace
Benutzeravatar
NegatroN
Stammposter
Stammposter
Beiträge: 27841
Registriert: 26.03.2004 00:21
Wohnort: Schräg dahoam
Kontaktdaten:

Re: BRUCE SPRINGSTEEN - Eine Werkschau (aktuell: Darkness on the Edge of Town)

Beitrag von NegatroN »

KnitterRitter hat geschrieben: Kann ich zwar nicht ganz nachvollziehen, aber interessant. Dass der Drumbeat etwas stumpf ist stimmt zwar, aber Weinberg-Drumming ist allgemein nicht dafür bekannt, besonders innovativ und abwechslungsreich zu sein.
Stumpf ist es nicht, er ist auf eine penetrante Art und Weise plakativ.
And we’re bored of the fireworks
We want to see the fire
We’re long past being careful of what we wish for
Antworten