NEW MODEL ARMY (aktuell: Unbroken - 26.01.2024)

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PineappleFace
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Beitrag von PineappleFace »

Steht bei mir knapp hinter dem Nachfolger, da vom Songwriting her einen klitzekleinen Deut weniger brilliant, dafür aber charmanter. Favoriten auszuwählen fällt schwer, da sich alle Songs auf etwa gleichem Niveau befinden.
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Hobbit Motherfucker
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Beitrag von Hobbit Motherfucker »

Ich hab ja nur die "Impurity" und die "Thunder...." (beide 10/10), aber muss da dringend mal nachkaufen.
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Thunderforce
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Beitrag von Thunderforce »

THUNDER AND CONSOLATION (1989)

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Das ist es nun wahrscheinlich – Das NEW MODEL ARMY-Album. Wenn man nur ein Album dieser Band besitzen will (warum auch immer man so etwas krankes wollen sollte), dann sollte es wohl definitiv „Thunder And Consolation“ sein. Das vierte Album dürfte vermutlich das bekannteste und in den Augen vieler Fans auch das beste Album der ARMY sein. Ich bin mir bis heute nicht sicher, ob jetzt dieses oder der Nachfolger „Impurity“ das bessere Album ist, aber das ist auch völlig irrelevant: Denn in jede gottverfluchte Rock-Plattensammlung gehören diese beiden zusammen mit dem bereits vorgestellten „The Ghost Of Cain“ sowieso hinein. Essentiell ist überhaupt gar kein Ausdruck für „Thunder And Consolation“.

Wer nun also beschämt ist und umgehend in den Laden rennen möchte, um sich „Thnder And Consolation“ zu besorgen, der sei auf folgendes aufmerksam gemacht:
Richtig verstanden habe ich es bis heute nicht, aber offenbar enthält die ursprüngliche Version von „Thunder And Consolation“ nur 11 Tracks und endet nach „Archway Towers“ (was in der Tat ein verdammt geiles Ende wäre) – Nichtsdestotrotz ist die CD-Version mit 15 Tracks ausgestattet, von denen aber keiner auch nur als Bonustrack erwähnt wird. Auf der CD sieht es so aus, als sein 15 Songs die Regel, und davon bin ich ich auch jahrelang immer ausgegangen. Vor etwa zwei Jahren gab es aber einen Rerelease des NMA-Katalogs und diese CD enthielt auf einmal wieder nur 11 Songs. Also Obacht: Es müssen 15 Tracks und somit die alte CD-Version sein, wenn Ihr Euch das Album kauft.

Bassist Stuart Morrow war auf „Thunder And Consolation“ erstmals nicht mehr in der Band und so gestaltete sich das neue Line Up wie folgt:

Justin Sullivan – Vocals, Guitars, Keyboards
Rob Heaton – Drums, Guitars, Bass, Backing Vox
Jason Harris – Bass, Keyboards, Guitars
desweiteren war als Gast Ed Elain Johnson (Violine) dabei.

Man merkt bereits: Die Aufgabenfelder der Bandmitglieder hatten sich ganz schön vergrößert, durch die Hinzunahme der Geige gab es auch diverse Folkelemente im Sound und generell wurde der Sound von der Post-Punk-Schiene der ersten drei Alben nun in etwas gemäßigtere Rockgefilde gelenkt. Die Jungs wurden erwachsen *g* - Oder aber sie benutzten einfach nur neue Mittel für ihre alte Botschaft, so scheint es mir wahrscheinlicher.
Genug des Vorgeplänkels, kommen wir zur überragenden Musik auf „Thunder And Consolation“


01. The World
Das Backcover spricht zwar von „I Love The World“, im Booklet heißt es aber „The World“ und so wird dieser Song auch für alle Zeiten für mich heißen. Läßt man persönliche Dinge wie Erinnerungen, die man evtl. an bestimmte Songs hat einmal außen vor, so kann man wahrscheinlich sagen: „The World“ ist das beste Lied, das NEW MODEL ARMY jemals gemacht haben. Eingeleitet durch Bass und unheilverkündenende Keyboards geht der Song bald über in einen jener schnelleren ARMY-Tracks, wie man sie bereits kennen und lieben gelernt hat. Doch hier passiert mehr: Ich könnte vor lauter Begeisterung den kompletten Text zitieren. In unfassbarer Düsternis und in einem Umgang mit der englischen Sprache, dass man Feudentränen weinen möchte, wird in hochdramatischen Strophen beschrieben, wie die Erde sich zurücknimmt, was die Menschen ihr genommen haben. Man könnte wirklich wahllos jede Zeile als Beispiel nennen für diese Gottlyrik, ich nehme also einfach mal die: „We've seen the iron carcass rust, and bulidings topple into dust“ - Oder auch: "You blind yourselves with comfort lies, like lightning never strikes you twice" - Gottgleich.
Jede dieser Strophen gipfelt dann in einem Refrain in dem die Wörter “I love the world“ auf fasts schon kinderliedmäßige Weise wiederholt werden. Mit der dritten Strophe steigert man sich immer mehr bevor die Band auf einmal aussetzt und Justin sein anklagendes „I told you soooooooooooo“ in den Raum schreit. Ein Song von solch höllischer Intensität, dass das Album jetzt schon beendet sein könnte und es würde trotzdem als Klassiker gelten. „The World“ ist der Irrsinn und gehört zu den 10 besten Songs, die jemals geschrieben wurden *einfach mal behaupt*

02. Stupid Questions
Der Song nimmt etwas Tempo raus und kommt eher im Midtempo daher. Gekrönt durch einen wieder höchst eingängigen Refrain kann er nach dem unfassbaren Opener natürlich trotzdem nur verlieren. Lange Zeit mochte ich ihn gar nicht, weil er gegen „The World“ halt einfach abkackt, dennoch ist das ein richtig guter Song, wenn man ihn für sich nimmt. Stellvertretend kann man hier mal auf den geänderten Sound achten: Wo früher Morrows Bass durch sein Geklacker und Geknarze die treibende Kraft war, ist nun endgültig die Gitarre als führendes Instrument getreten – der Bass ist immer noch da, klingt aber lange nicht mehr so evil und krank wie zu Morrows Zeiten.

03. 225
Falls jemand weiß, was der Titel bedeuten soll, so möge er mich bitte mal aufklären!
„225“ ist gleich das nächste Highlight. Nach kurzem Intro geht es wieder mit hoher Geschwindigkeit zur Sache, einer meiner persönlichen Lieblingssongs, nicht nur von NMA, sondern überhaupt. Den Text darüber, ob unser Leben ohne all die Computer, modernen Kommunikationsmittel, Überwachungsmechanismen und die Jetfighter, die selbst in der schönsten Natur noch über einen hinwegballern, nicht schöner wäre, mag man als romantisch-verklärt betrachten. Ich finde ihn einfach nur toll. “I swear, we never asked for any of this“ singt Justin im Refrain und er hat verdammt nochmal Recht. Trotz seiner Geschwindigkeit haftet dem Song eine unglaubliche Melancholie und Traurigkeit an, die mich auch beim 300. Hören noch mitreißt. 10/10

04. Inheritance
Auf NEW MODEL ARMY ist in jeder Hinsicht Verlass, und so findet sich selbst auf „Thunder And Consolation“ ein Song, mit dem ich eher wenig anfangen kann. Völlig außergewöhnlich ist jedenfalls die Instrumentierung von „Inheritance“ - Lediglich das Schlagzeug ist hier zu hören, ab und an mal unterbrochen von einem Klavierton, Dazu singt Justin über das zerrüttete Verhältnis aus der Sicht eines Sohnes zu seinen Eltern. Die Textstelle “And now I find out that I'm doing all those things you would have done“ deutet vermutlich darauf hin, dass es nicht unbedingt seine eigene Sicht ist (es sei denn, seine Eltern hatten für ihn vorgesehen, Rockmusiker zu werden *g*)
Kurzer Song, der mir halt einfach nichts gibt. Aber groß geht es weiter:

05. Green And Grey
Kennen vermutlich die meisten Leute. Eingeleitet durch das mächtige Gewitterintro, dann einen orgelartigen Keyboardteppich (hat bis hierhin was von „Brothers In Arms“), über den sich eine Akustikgitarre legt, startet DIE Ballade dieser Band. Akustische Gitarre steht im Vordergrund, später gesellt sich wieder einer von Rob Heatons irgendwie unruhigen Drumteppichen hinzu.
Ein wunderschöner Song, und als ich dieses Lied einmal live erleben durfte, wäre ich an der Intensität dieses Moments beinahe verreckt. Textlich geht es um einen Freund (?) Justins, der offenbar die Stadt verlassen hat, um irgendwo ein neues, „besseres“ Leben anzufangen. Ein sehr berührender und ehrlicher Text, voller zerrissener Gefühle zwischen Sehnsucht, Enttäuschung, Heimweh, , Fernweh, Heimatliebe und Freundschaft, Groß!

06. Ballad Of Bodmin Pill
Wer oder was Bodmin Pill ist – keine Ahnung. Das ändert allerdings nichts an der Tatsache, dass die Superlative für dieses Album langsam knapp werden. Ein weiterer schneller Song, jedoch hauptsächlich wieder von der Akustikgitarre bzw. zumindest sehr unverzerrten Gitarren getragen. Wieder diese Melancholie, ähnlich wie in „225“ und der mehrstimmig gesungene Chorus ist dann zugleich zum mitgröhlen und zum nachdenklichen zuhören geeignet. Die Melodieführung ist überirdisch gut und fast nicht auzuhalten schön. Der Song wird dann zum Ende immer ruhiger und leiser, Justin flüstert beinahe, lacht dann kurz und schon endet „Ballad Of Bodmin Pill“ wieder. Spätestens hier muss doch ernsthaft jedem klar sein, dass NEW MODEL ARMY eine der besten und talentiertesten Bands ever sind. Ich behaupte ernsthaft, dass man „Ballad of Bodmin Pill“ nicht scheiße finden kann.

07. Family
Ein Song ein bißchen im Stil von „Stupid Questions“, wenn auch etwas unruhiger und aufgewühlter. Auffällig ist auf jeden Fall der fast schon Morrow-mäßige Basslauf ab der zweiten Strophe. Ein Violinensolo gibt es auch zu hören, während es textlich um den Zerfall des Wertes „Familie“ geht, bzw. um die zunehmende Isolierung von Kindern und Jugendlichen. Praktischerweise sind NEW MODEL ARMY nicht U2, und so geschehen solche Texte stets ohne erhobenen Zeigefinger oder Moralpredigt. Denkanstoß ja, aber keine Lehrstunde. Sehr fein also, auch wenn der Song nicht zu meinen Lieblingen gehört. Das liegt allerdings eher daran, dass die meisten übrigen Songs halt einfach NOCH besser sind.

08. Family Life
Nett von der Band, zwei Songs mit so ähnlichen Titel gleich hintereinader zu plazieren. Bis heute weiß ich nicht, wenn ich einen davon höre, ob es nun „Family“ oder „Family Life“ ist *g* - Aber egal. „Family Life“ jedenfalls gehört dann wieder zu den zahlreich vertretenden Zehnpunktesongs auf „Tunder And Consolation“. Einziges Instrument ist die akustische Gitarre, Justin singt dazu irgendwie ein Stück tiefer, als er es sonst tut, was dem Song noch zusätzliche Dramatik verleiht. Worum es genau geht, wird nicht klar (was es umso härter macht), jedenfalls um jemanden, dem offenbar sehr wehgetan wurde und dessen Leben zerstört ist. Am Ende heißt es dann auch “Who was it that did this to you? - Well if I could have my way, I would line em up against a wall, do unto them as they have done to you“, wobei die verzweifelte und hilflose Wut in Justins Stimme schon mehr als beeindruckend ist. Wie man solche Songs schreiben kann, ist mir unbegreiflich.

09. Vagabonds
Der nach „51st State“ wahrscheinlich bekannteste NEW MODEL ARMY-Song. Die einzig wahre Version ist natürlich die vom Album, mit dem ausgedehnten Geigenintro, die komische Version, die direkt mit der Band und dem „Hey!“ einsetzt und die auf diversen Compilations zu finden ist, braucht hingegen niemand. Ein unglaublich mitreißender Song und der einzig wirklich positive auf diesem Album. Ein fröhlicher Song, der meiner Meinung nach einfach das Tourleben beschreiben soll, wobei hier aber eher auf kleine Sachen wie “the roadsmell after the rain“ hingewiesen wird, immerhin sind wir hier nicht bei der Crüe *g* - Ein toller Song, eine Granate von einem Song, aber im Gegensatz zu „51st State“ habe ich diesen „Hit“ irgendwie über die Jahre ein bißchen abgehört. Was natürlich nicht heißen soll, dass sich andere Bands nicht alle Arme ausreißen würden, um wenigstens einmal einen Song von der Klasse eines „Vagabonds“ zu schreiben.

10. 125 mph
Passend zum Titel wieder ein eher schneller Song, der zwar nach dem zweiten Chorus einmal das Tempo komplett rausnimmt, bevor aber dann wieder Gas gegeben wird und sich ein derwischmäßiges Geigensolo anschließt. Die dritte Strophe ist dann jedoch wieder ganz leise gesungen. Interessante Laut/Leise-Dynamik also, der Chorus ist wieder einmal hitverdächtig, aber dennoch ist „125 mph“ für mich ein eher nur ganz netter Song, der halt so mitläuft und den ich nicht zwingend brauche. Kann man aber lassen, zumal es textlich teilweise etwas an RUSHs „Red Barchetta“ erinnert – und RUSH ist immer gut *g*

11. Archway Towers
Offenbar also das ursprüngliche Ende dieser Scheibe stellt dieser Track dar und wenn man sich das vor Augen hält, so hätte es auch irgendwie gepasst. Es ist einer jener düsteren, bösen Tracks, die NMA gerne als Abschluß nehmen. Ruhig beginnend, die Gitarrenmelodie fräst sich während des Songs immer mehr ins Gehirn ein, der Song wird lauter, wütender, böser. Immer wieder ballert das Schlagzeug los, dann wird es wieder ganz ruhig. Gegen Ende dann Justins “No, no, no, no!“ Schreie und mächtige Abschlußakkorde, während die Gitarrenmelodie, die sich durch den ganzen Track zieht, immer weitergespielt wird. Nach einem Break, wo man eigentlich annimmt, der Song sei zu Ende, geht es dann noch einmal eine Minute weiter mit dieser seltsamen Klimpermelodise. Lange Zeit konnte ich null mit diesem höchst sperrigen Track anfangen, inzwischen reiht er sich nahtlos in die lange Riege der Klassiker dieser Band ein. Der Text ist mir allerdings zu hoch, was genau da beschrieben wird, weiß ich nicht. Aber es ist mit Sicherheit irgendetwas höchst unschönes und/oder perverses.

12. The Charge
„The Charge“ zieht das Tempo wieder etwas an. Wieder einer dieser vordergründig gutgelaunten ARMY-Songs, die aber von ihrem Text auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt werden. Offenbar geht es hier um Soldaten, die in den Krieg ziehen sowie die Leute, die darüber entscheiden. Musikalisch aufgebaut ist der Song aber eher wie eine Western-Nummer mit Cowboyfeeling. Heldenverehrung und -verklärung werden hier irgendwie auf die Schippe genommen, das ist jedenfalls mein Eindruck von „The Charge“, einem – Ihr ahnt es bereits – weiteren Gottsong.

13. Chinese Whispers
Sehr weit in den Vordergrund gemischte Drums dominieren diesen Song völlig. Tempomäßig geht’s auch wieder gut nach vorn los, stimmlich gibt’s diverse Experimente, Justin lacht desöfteren mal dreckig oder summt Ommmmm-mäßig durch die Gegend. Extrem seltsamer Track, der (wenn es denn nun ein Bonustrack ist), zu Recht diesen Titel trägt. *g* - Gefällt mir nicht besonders.
Klingt allerdings irgendwie nach ganz alten NEW MODEL ARMY, daher kommt schon eine gewisse Melancholie auf *g*

14. Nothing Touches
Der ruhigste Track des Albums, leise gezupfte Akustikgitarre, sanfte Key-Untermalung, dazu Justins Gesang, der ebenfalls ungewöhnlich sanft ausfällt. Ein schönes Lied, welches 1989 schon ein bißchen Justins Soloalbum vorwegnimmt, was erst zig Jahre später erscheinen sollte. Im Gegensatz zu anderen sehr ruhigen Songs wie „Ballad“ oder „The Attack“ ist diese Anspannung hier kaum zu spüren. „Nothing Touches“ klingt für mich wirklich außerordentlich entspannt und zurückgelehnt. Ein wunderbarer Song, um ihn beim Whisky des Abends auf der Terrasse zu hören, während die Sonne hinter den Bergen versinkt. Dummerweise habe ich weder Berge noch Terrasse, und der Whisky ist auch fast alle. *g*

15. White Coats
“Well we know what makes the flowers grow but we don't know why. And we all have the knowledge of DNA but we still die / We perch so thin and fragile here upon the land. And the Earth that moves beneath us we don't understand“ – Muss man noch mehr über die Texterqualitäten des Justin Sullivan sagen? Eigentlich nicht. Wie „Thunder And Consolation“ begann, so endet es auch: Mit einem dramatischen Song über unseren Heimatplaneten und darüber, wie chancenlos wir sein werden, wenn uns die ganze Scheiße eines schönen Tages um die Ohren fliegt.
Wieder einer dieser scheinfröhlichen Refrains, wieder einer dieser bitteren Texte, wieder einer dieser Zehnpunktesongs. Vielleicht sogar ein besserer Abschluß als es „Archway Towers“ gewesen wäre.


Jau, das wars. Man merkt schon daran, dass es etwas länger geworden ist (*unfass* @ dass dieser Satz die fünfte Seite anfängt), dass es sehr viel über diese grandiose Scheibe zu sagen gibt. Neben den zahlreichen Highlights gibt es halt auch 2-3 Songs, die mich nicht ganz so überzeugen, weswegen ich am Ende dann vielleicht doch dem 1990er Album „Impurity“ den Vorzug geben würde. Aber dann denke ich an „The World“, „225“, „White Coats“ oder „Ballad of Bodmin Pill“ und weiß es wieder nicht.

Und zumindest "The World" hört sich hier jetzt bitte mal jeder an!

The World (plus 3 Minuten Schweigen *lol*)
Green And Grey
White Coats
Vagabonds
Stupid Questions
The Charge
225 (Live 2008)
Ballad Of Bodmin Pill (Live 2007 / Ausschnitt)
If you twist, you fail. Twisting equals tears.
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Beitrag von My Friend Of Misery »

Wieder einmal großartig geschrieben, Tobi. *huld*

Von den drei NMA Platten, die ich habe, ist TaC wohl diejenige, die ich am liebsten mag und mit "White Coats" ist auch mein Lieblingsstück enthalten.
Perfektion ist Langeweile.

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Beitrag von OriginOfStorms »

*niederknie@meisterwerk*
Überirdisch, unglaublich. Ich mag auch gar nicht daran rum mäkeln, daß Stupid Questions für mich bei dir zu schlecht weg kommt.
Da sind riesige Songs für die Ewigkeit dabei. Green An Grey, White Coats, das wie 51st State nie totgenudelte Vagabounds. Gigantisch.:)
¡No pasarán!
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Beitrag von KnitterRitter »

Thunderforce hat geschrieben:THUNDER AND CONSOLATION (1989)

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Das ist es nun wahrscheinlich – Das NEW MODEL ARMY-Album. Wenn man nur ein Album dieser Band besitzen will (warum auch immer man so etwas krankes wollen sollte), dann sollte es wohl definitiv „Thunder And Consolation“ sein. Das vierte Album dürfte vermutlich das bekannteste und in den Augen vieler Fans auch das beste Album der ARMY sein. Ich bin mir bis heute nicht sicher, ob jetzt dieses oder der Nachfolger „Impurity“ das bessere Album ist, aber das ist auch völlig irrelevant: Denn in jede gottverfluchte Rock-Plattensammlung gehören diese beiden zusammen mit dem bereits vorgestellten „The Ghost Of Cain“ sowieso hinein. Essentiell ist überhaupt gar kein Ausdruck für „Thunder And Consolation“.

Wer nun also beschämt ist und umgehend in den Laden rennen möchte, um sich „Thnder And Consolation“ zu besorgen, der sei auf folgendes aufmerksam gemacht:
Richtig verstanden habe ich es bis heute nicht, aber offenbar enthält die ursprüngliche Version von „Thunder And Consolation“ nur 11 Tracks und endet nach „Archway Towers“ (was in der Tat ein verdammt geiles Ende wäre) – Nichtsdestotrotz ist die CD-Version mit 15 Tracks ausgestattet, von denen aber keiner auch nur als Bonustrack erwähnt wird. Auf der CD sieht es so aus, als sein 15 Songs die Regel, und davon bin ich ich auch jahrelang immer ausgegangen. Vor etwa zwei Jahren gab es aber einen Rerelease des NMA-Katalogs und diese CD enthielt auf einmal wieder nur 11 Songs. Also Obacht: Es müssen 15 Tracks und somit die alte CD-Version sein, wenn Ihr Euch das Album kauft.
Die alte Vinyl-Version enthielt 11 Tracks und endete (meines Wissens) mit Archway Towers (teilweise gab es 125 mph als Bonustrack). Auf der normalen CD-Version hat man dann einige B-Seiten teils älterer Singles rangehängt, die streng genommen nicht zu "Thunder And Consolation" gehören. "The Charge", "Chineses Whispers" und "White Coats" waren EP-Songs aus dem Jahr 1987, "Nothing Touches" die B-Seite der "Stupid Questions"-Single. Mit der Remastered hatte man dann aus irgendeinem Grund versucht, die alte Ursprungsversion zu reproduzieren.

Der reguläre Album hätte also quasi nach Archway Towers aufgehört, und endsgeniale Songs wie The Charge oder White Coats dürften streng genommen nicht mit in die Wertung des Albums einbezogen werden.
Thunderforce hat geschrieben:01. The World
Das Backcover spricht zwar von „I Love The World“, im Booklet heißt es aber „The World“ und so wird dieser Song auch für alle Zeiten für mich heißen. Läßt man persönliche Dinge wie Erinnerungen, die man evtl. an bestimmte Songs hat einmal außen vor, so kann man wahrscheinlich sagen: „The World“ ist das beste Lied, das NEW MODEL ARMY jemals gemacht haben. Eingeleitet durch Bass und unheilverkündenende Keyboards geht der Song bald über in einen jener schnelleren ARMY-Tracks, wie man sie bereits kennen und lieben gelernt hat. Doch hier passiert mehr: Ich könnte vor lauter Begeisterung den kompletten Text zitieren. In unfassbarer Düsternis und in einem Umgang mit der englischen Sprache, dass man Feudentränen weinen möchte, wird in hochdramatischen Strophen beschrieben, wie die Erde sich zurücknimmt, was die Menschen ihr genommen haben. Man könnte wirklich wahllos jede Zeile als Beispiel nennen für diese Gottlyrik, ich nehme also einfach mal die: „We've seen the iron carcass rust, and bulidings topple into dust“ - Oder auch: "You blind yourselves with comfort lies, like lightning never strikes you twice" - Gottgleich.
Jede dieser Strophen gipfelt dann in einem Refrain in dem die Wörter “I love the world“ auf fasts schon kinderliedmäßige Weise wiederholt werden. Mit der dritten Strophe steigert man sich immer mehr bevor die Band auf einmal aussetzt und Justin sein anklagendes „I told you soooooooooooo“ in den Raum schreit. Ein Song von solch höllischer Intensität, dass das Album jetzt schon beendet sein könnte und es würde trotzdem als Klassiker gelten. „The World“ ist der Irrsinn und gehört zu den 10 besten Songs, die jemals geschrieben wurden *einfach mal behaupt*
Ganz so geil wie du finde ich den Song zwar nicht, aber er gehört schon sehr klar zu den 10 besten Songs von NMA. Der Text ist allerdings der absolute Wahnsinn und unterstützt die wütend-dunkle Stimmung. Große Klasse - besser kann man ein Album nicht anfangen. Und der Song heißt selbstverständlich "I Love The World". *g*
Thunderforce hat geschrieben:02. Stupid Questions
Der Song nimmt etwas Tempo raus und kommt eher im Midtempo daher. Gekrönt durch einen wieder höchst eingängigen Refrain kann er nach dem unfassbaren Opener natürlich trotzdem nur verlieren. Lange Zeit mochte ich ihn gar nicht, weil er gegen „The World“ halt einfach abkackt, dennoch ist das ein richtig guter Song, wenn man ihn für sich nimmt. Stellvertretend kann man hier mal auf den geänderten Sound achten: Wo früher Morrows Bass durch sein Geklacker und Geknarze die treibende Kraft war, ist nun endgültig die Gitarre als führendes Instrument getreten – der Bass ist immer noch da, klingt aber lange nicht mehr so evil und krank wie zu Morrows Zeiten.
Ich mochte den Song lange Zeit lieber als "I Love The World", heute sehe ich die beiden fast wie eine Einheit, die bei mir auch immer hintereinander laufen müssen. Klar, an sich haben die Nummern nichts miteinander zu tun, aber der späte Drumschlag (Tom?) des Openers, auf den dann taktgenau "Stupid Questions" einsetzt, stellt eine sehr interessante Verbindung her. Wie auch immer, ich mochte den Song von Anfang an und mag ihn auch heute. Für durchaus einer der Hits des Albums.
Thunderforce hat geschrieben:03. 225
Falls jemand weiß, was der Titel bedeuten soll, so möge er mich bitte mal aufklären!
„225“ ist gleich das nächste Highlight. Nach kurzem Intro geht es wieder mit hoher Geschwindigkeit zur Sache, einer meiner persönlichen Lieblingssongs, nicht nur von NMA, sondern überhaupt. Den Text darüber, ob unser Leben ohne all die Computer, modernen Kommunikationsmittel, Überwachungsmechanismen und die Jetfighter, die selbst in der schönsten Natur noch über einen hinwegballern, nicht schöner wäre, mag man als romantisch-verklärt betrachten. Ich finde ihn einfach nur toll. “I swear, we never asked for any of this“ singt Justin im Refrain und er hat verdammt nochmal Recht. Trotz seiner Geschwindigkeit haftet dem Song eine unglaubliche Melancholie und Traurigkeit an, die mich auch beim 300. Hören noch mitreißt. 10/10
Der Text ist natürlich toll und der Song selbstredend auch, aber ähnlich wie bei dir vorhin, stand der Song für mich immer etwas im Schatten von "Stupid Questions", auch wenn das eigentlich keinen Sinn ergibt. Im Prinzip ist es müßig, darüber zu diskutieren - die Songs 1-3 sind alles 10-Punkte-Kracher, von denen man halt den einen etwas geiler findet als den anderen. Für mich ist der hier aber der am wenigsten geile der 3.
Thunderforce hat geschrieben:04. Inheritance
Auf NEW MODEL ARMY ist in jeder Hinsicht Verlass, und so findet sich selbst auf „Thunder And Consolation“ ein Song, mit dem ich eher wenig anfangen kann. Völlig außergewöhnlich ist jedenfalls die Instrumentierung von „Inheritance“ - Lediglich das Schlagzeug ist hier zu hören, ab und an mal unterbrochen von einem Klavierton, Dazu singt Justin über das zerrüttete Verhältnis aus der Sicht eines Sohnes zu seinen Eltern. Die Textstelle “And now I find out that I'm doing all those things you would have done“ deutet vermutlich darauf hin, dass es nicht unbedingt seine eigene Sicht ist (es sei denn, seine Eltern hatten für ihn vorgesehen, Rockmusiker zu werden *g*)
Kurzer Song, der mir halt einfach nichts gibt. Aber groß geht es weiter:
Ich finde den Song deshalb so toll, weil er eine unglaubliche Dynamik und Abwechslung in den Fluss des Albums bringt. Im Prinzip ist es ja fast mehr atmosphärischer Sprechgesang mit Schlagzeugbegleitung, aber dieses kurze "Intermezzo" tut mir zumindest so richtig gut nach der Geilerei der ersten drei Nummern. Unabhängig von dieser "Wohltat" ist die Stimmung des Songs natürlich sehr dunkel und bedrückend.
Thunderforce hat geschrieben:05. Green And Grey
Kennen vermutlich die meisten Leute. Eingeleitet durch das mächtige Gewitterintro, dann einen orgelartigen Keyboardteppich (hat bis hierhin was von „Brothers In Arms“), über den sich eine Akustikgitarre legt, startet DIE Ballade dieser Band. Akustische Gitarre steht im Vordergrund, später gesellt sich wieder einer von Rob Heatons irgendwie unruhigen Drumteppichen hinzu.
Ein wunderschöner Song, und als ich dieses Lied einmal live erleben durfte, wäre ich an der Intensität dieses Moments beinahe verreckt. Textlich geht es um einen Freund (?) Justins, der offenbar die Stadt verlassen hat, um irgendwo ein neues, „besseres“ Leben anzufangen. Ein sehr berührender und ehrlicher Text, voller zerrissener Gefühle zwischen Sehnsucht, Enttäuschung, Heimweh, , Fernweh, Heimatliebe und Freundschaft, Groß!
Die beste NMA-Ballade und gleichzeitig einer ihrer schönsten Songs. Ganz ganz großartig, vor allem Justins gebrechliche Stimme verleiht der Nummer eine ganz besondere Ausstrahlung. Das ist nicht einfach nur eine Singleauskopplung, das ist ganz große Kunst mit einfachen Mitteln.
Thunderforce hat geschrieben:06. Ballad Of Bodmin Pill
Wer oder was Bodmin Pill ist – keine Ahnung. Das ändert allerdings nichts an der Tatsache, dass die Superlative für dieses Album langsam knapp werden. Ein weiterer schneller Song, jedoch hauptsächlich wieder von der Akustikgitarre bzw. zumindest sehr unverzerrten Gitarren getragen. Wieder diese Melancholie, ähnlich wie in „225“ und der mehrstimmig gesungene Chorus ist dann zugleich zum mitgröhlen und zum nachdenklichen zuhören geeignet. Die Melodieführung ist überirdisch gut und fast nicht auzuhalten schön. Der Song wird dann zum Ende immer ruhiger und leiser, Justin flüstert beinahe, lacht dann kurz und schon endet „Ballad Of Bodmin Pill“ wieder. Spätestens hier muss doch ernsthaft jedem klar sein, dass NEW MODEL ARMY eine der besten und talentiertesten Bands ever sind. Ich behaupte ernsthaft, dass man „Ballad of Bodmin Pill“ nicht scheiße finden kann.
Mein persönlicher Lieblingssong von NMA, mit dem ich auch persönlich sehr viel verbinde (obwohl ich ihn erst seit 2 Jahren kenne). Neben dem unfassbaren Songwriting mit der großen Dynamik und den unsterblichen Melodien ist es vor allem der Text, der mich völlig um den Verstand bringt. Die Blaupause eines jungen Menschen, der in der tollsten Zeit seines Lebens ist, aber nicht weiß, wie er sein weiteres Leben anpacken soll. Jemand, der Angst vor der Zukunft hat, schwach und ohnmächtig ist, sich aber nach außen sich stets stark zeigen muss (bzw. meint, sich so zeigen zu müssen), allerdings kapieren muss, dass er nicht der große Matador ist, sondern nur einer von vielen, und dass es vielen anderen genauso geht.

Shot down, once again
Sitting in a chair crying
What am I going to do with my life ?
Just learn to hide the way
That you really feel
Never let them know that you're scared
But understand that you're not
The special only one
Watch us now, watch us real close


Neben dieser nachdenklichen Seite nimmt mich aber besonders die letzte Strophe ziemlich mit, und mit auf die Reise in meine späte Jugend. In die Zeit, als wir einfach irgendwo ein Feuer gemacht und dann am Feuer übernachtet haben, ohne über irgendetwas nachzudenken - nur im Moment lebend. Eine Erinnerung an meine beste Zeit.

Let's go build a fire down on the empty
Beach when the waves are crashing high
White heat purify as the sparks fly up
Into the great black sky
Sacrifice these crutches to the crackling flames
Stand as silhouettes against the dawn
It's far too late to try to sleep now
Seems I'm never tired any more


Der Refrain fasst alles zusammen und bringt es in ein umfassendes Bild: Lasst uns dieses Gefühl der Unbekümmertheit mitnehmen, habt keine Angst vor der Zukunft. Denn auch wenn wir alle schwach und unbedeutend sind, wir sind die wahren "Erben dieser Welt".

I wanna dance with this fire
Cos it's all that I know
And as the spotlight turns toward me
I just try our best to show
We are lost we are freaks
We are crippled, we are weak
We are the heirs, we are the true heirs
To all the world


Für immer und ewig für mich einer der ganz ganz großen Songs dieser Erde.
Thunderforce hat geschrieben:07. Family
Ein Song ein bißchen im Stil von „Stupid Questions“, wenn auch etwas unruhiger und aufgewühlter. Auffällig ist auf jeden Fall der fast schon Morrow-mäßige Basslauf ab der zweiten Strophe. Ein Violinensolo gibt es auch zu hören, während es textlich um den Zerfall des Wertes „Familie“ geht, bzw. um die zunehmende Isolierung von Kindern und Jugendlichen. Praktischerweise sind NEW MODEL ARMY nicht U2, und so geschehen solche Texte stets ohne erhobenen Zeigefinger oder Moralpredigt. Denkanstoß ja, aber keine Lehrstunde. Sehr fein also, auch wenn der Song nicht zu meinen Lieblingen gehört. Das liegt allerdings eher daran, dass die meisten übrigen Songs halt einfach NOCH besser sind.
Stimmt alles, für mich war der Song auch immer eher ein Übergang zum deutlich geileren "Family Life". In den Albumkontext passt er aber perfekt.
Thunderforce hat geschrieben:08. Family Life
Nett von der Band, zwei Songs mit so ähnlichen Titel gleich hintereinader zu plazieren. Bis heute weiß ich nicht, wenn ich einen davon höre, ob es nun „Family“ oder „Family Life“ ist *g* - Aber egal. „Family Life“ jedenfalls gehört dann wieder zu den zahlreich vertretenden Zehnpunktesongs auf „Tunder And Consolation“. Einziges Instrument ist die akustische Gitarre, Justin singt dazu irgendwie ein Stück tiefer, als er es sonst tut, was dem Song noch zusätzliche Dramatik verleiht. Worum es genau geht, wird nicht klar (was es umso härter macht), jedenfalls um jemanden, dem offenbar sehr wehgetan wurde und dessen Leben zerstört ist. Am Ende heißt es dann auch “Who was it that did this to you? - Well if I could have my way, I would line em up against a wall, do unto them as they have done to you“, wobei die verzweifelte und hilflose Wut in Justins Stimme schon mehr als beeindruckend ist. Wie man solche Songs schreiben kann, ist mir unbegreiflich.
Alles absolut richtig. Wahnsinns-Nummer.
Thunderforce hat geschrieben:09. Vagabonds
Der nach „51st State“ wahrscheinlich bekannteste NEW MODEL ARMY-Song. Die einzig wahre Version ist natürlich die vom Album, mit dem ausgedehnten Geigenintro, die komische Version, die direkt mit der Band und dem „Hey!“ einsetzt und die auf diversen Compilations zu finden ist, braucht hingegen niemand. Ein unglaublich mitreißender Song und der einzig wirklich positive auf diesem Album. Ein fröhlicher Song, der meiner Meinung nach einfach das Tourleben beschreiben soll, wobei hier aber eher auf kleine Sachen wie “the roadsmell after the rain“ hingewiesen wird, immerhin sind wir hier nicht bei der Crüe *g* - Ein toller Song, eine Granate von einem Song, aber im Gegensatz zu „51st State“ habe ich diesen „Hit“ irgendwie über die Jahre ein bißchen abgehört. Was natürlich nicht heißen soll, dass sich andere Bands nicht alle Arme ausreißen würden, um wenigstens einmal einen Song von der Klasse eines „Vagabonds“ zu schreiben.
An Vagabonds hat mich immer etwas das monotone Schlagzeug gestört, das dem Song meiner Meinung nach eine Menge Tiefgang nimmt. Trotzdem ist das natürlich eine großartige Nummer, und das Geigenintro ist selbstverständlich Pflicht.
Thunderforce hat geschrieben:10. 125 mph
Passend zum Titel wieder ein eher schneller Song, der zwar nach dem zweiten Chorus einmal das Tempo komplett rausnimmt, bevor aber dann wieder Gas gegeben wird und sich ein derwischmäßiges Geigensolo anschließt. Die dritte Strophe ist dann jedoch wieder ganz leise gesungen. Interessante Laut/Leise-Dynamik also, der Chorus ist wieder einmal hitverdächtig, aber dennoch ist „125 mph“ für mich ein eher nur ganz netter Song, der halt so mitläuft und den ich nicht zwingend brauche. Kann man aber lassen, zumal es textlich teilweise etwas an RUSHs „Red Barchetta“ erinnert – und RUSH ist immer gut *g*
Bis auf diese komische Rush-Aussage sehe ich das alles ähnlich. Der Song gehört irgendwie dazu, hab bei mir aber nie so richtigen Eindruck hinterlassen.
Thunderforce hat geschrieben:11. Archway Towers
Offenbar also das ursprüngliche Ende dieser Scheibe stellt dieser Track dar und wenn man sich das vor Augen hält, so hätte es auch irgendwie gepasst. Es ist einer jener düsteren, bösen Tracks, die NMA gerne als Abschluß nehmen. Ruhig beginnend, die Gitarrenmelodie fräst sich während des Songs immer mehr ins Gehirn ein, der Song wird lauter, wütender, böser. Immer wieder ballert das Schlagzeug los, dann wird es wieder ganz ruhig. Gegen Ende dann Justins “No, no, no, no!“ Schreie und mächtige Abschlußakkorde, während die Gitarrenmelodie, die sich durch den ganzen Track zieht, immer weitergespielt wird. Nach einem Break, wo man eigentlich annimmt, der Song sei zu Ende, geht es dann noch einmal eine Minute weiter mit dieser seltsamen Klimpermelodise. Lange Zeit konnte ich null mit diesem höchst sperrigen Track anfangen, inzwischen reiht er sich nahtlos in die lange Riege der Klassiker dieser Band ein. Der Text ist mir allerdings zu hoch, was genau da beschrieben wird, weiß ich nicht. Aber es ist mit Sicherheit irgendetwas höchst unschönes und/oder perverses.
Eigenartige Nummer, die ich bei Hören immer ganz großartig finde, die sich aber aus irgendeinem Grund niemals auf auch nur irgendeiner wie auch immer gearteten NMA-Best-of wiederfinden würden. Keine Ahnung warum.
Thunderforce hat geschrieben:12. The Charge
„The Charge“ zieht das Tempo wieder etwas an. Wieder einer dieser vordergründig gutgelaunten ARMY-Songs, die aber von ihrem Text auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt werden. Offenbar geht es hier um Soldaten, die in den Krieg ziehen sowie die Leute, die darüber entscheiden. Musikalisch aufgebaut ist der Song aber eher wie eine Western-Nummer mit Cowboyfeeling. Heldenverehrung und -verklärung werden hier irgendwie auf die Schippe genommen, das ist jedenfalls mein Eindruck von „The Charge“, einem – Ihr ahnt es bereits – weiteren Gottsong.
So, nun also der erste Bonustrack. *g*
Für mich der geilste der fünf Zusatzsongs. Dieses Stimmung aus einer Mischung aus Irish Folk, Punk und einer Spur Country (schwer zu beschreiben) schafft zusammen mit dem treibenden Rhythmus eine unglaubliche Dynamik. Gerade am Ende steigert sich der Refrain in eine völlige Ekstase - grandios geil.
Thunderforce hat geschrieben:13. Chinese Whispers
Sehr weit in den Vordergrund gemischte Drums dominieren diesen Song völlig. Tempomäßig geht’s auch wieder gut nach vorn los, stimmlich gibt’s diverse Experimente, Justin lacht desöfteren mal dreckig oder summt Ommmmm-mäßig durch die Gegend. Extrem seltsamer Track, der (wenn es denn nun ein Bonustrack ist), zu Recht diesen Titel trägt. *g* - Gefällt mir nicht besonders.
Klingt allerdings irgendwie nach ganz alten NEW MODEL ARMY, daher kommt schon eine gewisse Melancholie auf *g*

14. Nothing Touches
Der ruhigste Track des Albums, leise gezupfte Akustikgitarre, sanfte Key-Untermalung, dazu Justins Gesang, der ebenfalls ungewöhnlich sanft ausfällt. Ein schönes Lied, welches 1989 schon ein bißchen Justins Soloalbum vorwegnimmt, was erst zig Jahre später erscheinen sollte. Im Gegensatz zu anderen sehr ruhigen Songs wie „Ballad“ oder „The Attack“ ist diese Anspannung hier kaum zu spüren. „Nothing Touches“ klingt für mich wirklich außerordentlich entspannt und zurückgelehnt. Ein wunderbarer Song, um ihn beim Whisky des Abends auf der Terrasse zu hören, während die Sonne hinter den Bergen versinkt. Dummerweise habe ich weder Berge noch Terrasse, und der Whisky ist auch fast alle. *g*
Beides gute Songs, aber trotzdem schon klare B-Seiten, die ich persönlich auch nicht vermissen würde auf dem Album.
Thunderforce hat geschrieben:15. White Coats
“Well we know what makes the flowers grow but we don't know why. And we all have the knowledge of DNA but we still die / We perch so thin and fragile here upon the land. And the Earth that moves beneath us we don't understand“ – Muss man noch mehr über die Texterqualitäten des Justin Sullivan sagen? Eigentlich nicht. Wie „Thunder And Consolation“ begann, so endet es auch: Mit einem dramatischen Song über unseren Heimatplaneten und darüber, wie chancenlos wir sein werden, wenn uns die ganze Scheiße eines schönen Tages um die Ohren fliegt.
Wieder einer dieser scheinfröhlichen Refrains, wieder einer dieser bitteren Texte, wieder einer dieser Zehnpunktesongs. Vielleicht sogar ein besserer Abschluß als es „Archway Towers“ gewesen wäre.
Der Song ist zwar schon arg simpel, aber unglaublich effektiv. Der Text ist zwar recht einseitig, aber trotzdem treffend, und die Melodien sind natürlich mal wieder nicht von dieser Welt. Irgendwie fehlt mir zwar der letzte Biss, aber trotzdem einer der großen NMA-Songs.

Thunderforce hat geschrieben:Jau, das wars. Man merkt schon daran, dass es etwas länger geworden ist (*unfass* @ dass dieser Satz die fünfte Seite anfängt), dass es sehr viel über diese grandiose Scheibe zu sagen gibt. Neben den zahlreichen Highlights gibt es halt auch 2-3 Songs, die mich nicht ganz so überzeugen, weswegen ich am Ende dann vielleicht doch dem 1990er Album „Impurity“ den Vorzug geben würde. Aber dann denke ich an „The World“, „225“, „White Coats“ oder „Ballad of Bodmin Pill“ und weiß es wieder nicht.
Das Album ist knapp vor "The Ghost of Cain" schon das beste NMA-Album. Es hat zwar ein paar winzigkleine Ausschläge nach unten (etwas weiter nach unten als der Vorgänger), aber dafür sind die Ausschläge nach oben für mich eine Winzigkeit intensiver.

Wahrscheinlich ist das Album mittlerweile sogar in meine Alltime-Top20 gerutscht. Viel besser, viel intensiver und ehrlicher ist Rock (ich nenn das jetzt einfach mal so) nicht spielbar.
Zuletzt geändert von KnitterRitter am 19.08.2008 22:10, insgesamt 1-mal geändert.
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Beitrag von Thunderforce »

*gigahuld* @ Bodmin Pill Worte von Dir.
Du Gott. :-)

Wegen Rush: Keine AHnung, war eben so ein spontaner Gedanke, wahrscheinlich wegen der ersten Strophe. Schnell fahren, Wind im Gesicht und so *g*
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Beitrag von oger »

*Eben bestellt hab*

Wobei ich die meisten Songs kenne.
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Beitrag von KnitterRitter »

Thunderforce hat geschrieben:*gigahuld* @ Bodmin Pill Worte von Dir.
Danke. Ich bin auch gerade wieder völlig sentimental. *Song gerade 3x hintereinander gehört hab* :)
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Beitrag von monochrom »

Thunderforce hat geschrieben:
12. The Charge
„The Charge“ zieht das Tempo wieder etwas an. Wieder einer dieser vordergründig gutgelaunten ARMY-Songs, die aber von ihrem Text auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt werden. Offenbar geht es hier um Soldaten, die in den Krieg ziehen sowie die Leute, die darüber entscheiden. Musikalisch aufgebaut ist der Song aber eher wie eine Western-Nummer mit Cowboyfeeling. Heldenverehrung und -verklärung werden hier irgendwie auf die Schippe genommen, das ist jedenfalls mein Eindruck von „The Charge“, einem – Ihr ahnt es bereits – weiteren Gottsong.
Hier kann ich weiterhelfen. Der Song bezieht sich auf eine der bekanntesten englischen Heldenballaden die es gibt, "The Charge of the Light Brigade" von Alfred Lord Tennyson.

Half a league half a league,
Half a league onward,
All in the valley of Death
Rode the six hundred:
'Forward, the Light Brigade!
Charge for the guns' he said:
Into the valley of Death
Rode the six hundred.

'Forward, the Light Brigade!'
Was there a man dismay'd ?
Not tho' the soldier knew
Some one had blunder'd:
Theirs not to make reply,
Theirs not to reason why,
Theirs but to do & die,
Into the valley of Death
Rode the six hundred.

Cannon to right of them,
Cannon to left of them,
Cannon in front of them
Volley'd & thunder'd;
Storm'd at with shot and shell,
Boldly they rode and well,
Into the jaws of Death,
Into the mouth of Hell
Rode the six hundred.

Flash'd all their sabres bare,
Flash'd as they turn'd in air
Sabring the gunners there,
Charging an army while
All the world wonder'd:
Plunged in the battery-smoke
Right thro' the line they broke;
Cossack & Russian
Reel'd from the sabre-stroke,
Shatter'd & sunder'd.
Then they rode back, but not
Not the six hundred.

Cannon to right of them,
Cannon to left of them,
Cannon behind them
Volley'd and thunder'd;
Storm'd at with shot and shell,
While horse & hero fell,
They that had fought so well
Came thro' the jaws of Death,
Back from the mouth of Hell,
All that was left of them,
Left of six hundred.

When can their glory fade?
O the wild charge they made!
All the world wonder'd.
Honour the charge they made!
Honour the Light Brigade,
Noble six hundred!

Es lag mehr als nahe dieses pathetische und verlogene Heldengesäusel zu nehmen und mit der Realität des Krieges zu konfrontieren. Klar, Tennyson hat da rein formal ein Meisterwerk abgeliefert, aber Menschen mit Hirn kotzen halt zurecht wenn sie die alte Lüge von Opfer, Ehre, Heldentum lesen. Danke New Model Army. Und danke Thunderforce für diese wunderbaren Reviews!
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Beitrag von Thunderforce »

Bitte :-)

Übrigens ist "The Trooper" von Maiden anscheinend auch dadurch inspiriert. Jedenfalls tauchen diverse Textfragmente davon auch im Video auf.
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Beitrag von NegatroN »

Ich reiche meinen Senf zu der Scheibe heute Abend nach, da hab ich in der Arbeit keine Muße zu ...
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Beitrag von playloud308 »

thunderforce, sag mir einen einzigen Song wo ich sofort Feuer und Flamme für diese Band bin!
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Beitrag von Thunderforce »

playloud308 hat geschrieben:thunderforce, sag mir einen einzigen Song wo ich sofort Feuer und Flamme für diese Band bin!
The World, wie oben beschrieben.
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Beitrag von playloud308 »

Thunderforce hat geschrieben:
playloud308 hat geschrieben:thunderforce, sag mir einen einzigen Song wo ich sofort Feuer und Flamme für diese Band bin!
The World, wie oben beschrieben.
OK, Band gibt mir weiterhin nichts. :ka:
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